Tarife, Gewerkschaften, Entleiher etc.

Begonnen von mynock, 10:08:06 Di. 02.März 2004

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mynock

hallo,

ich verfolge hier sehr interessiert die diskussionen über die za. ich sehe aber die tendenz das zau am schlechtesten wegkommen! weder die gewerkschaften noch die entleihbetriebe oder politikvertreter bekommen hier ihr fett weg! die neuen tarife sind von allen verbrochen worden! und im speziellen von den gewerkschaften! diese wollten dem feind (die za-branche) mächtig eins auswischen und haben diese idiotischen tarifverträge vorgeschlagen und ausgehandelt (die zau mußten sich dem druck der politik + der gewerkschaften beugen!)! also beschwert euch auch mal bei denen!

in der za sind zu 80% niedriglöhner beschäftigt! das heißt löhne von 6,70 € (inz) und 6,85 € (dgb) als unterster stundenlohn! diese neuen tarifverträge (speziell die gestiegenen bruttolöhne) interessieren die meisten entleihbetriebe null die bohne. was heißt das preiserhöhungen nicht durchführbar sind! was widerum der in der za angestellte zan zu spüren bekommt. und zwar in form eines noch niedrigeren netto-lohnes. war das zau letztes jahr noch in der lage steuerfreie vergünstigungen (essensgeld, fahrgeld, etc) zu zahlen (was das netto um bis zu 200 € im monat erhöhen konnte) ist das dieses jahr mit den gestiegenen bruttolöhnen und der stagnierenden preisgestaltung bei den entleihbetrieben nicht möglich.

hier im folgenden eine zau-kalkulation (auf inz-basis):

6,70 € Stundenproduktivlohn + 50 % Lohnnebenkosten= 10,05 €
+ 1 € Beitrag zur Berufsgenossenschaft=11,05 €
+ 1,10 € Aufwandsentschädigung für das ZAU (Büros, interne löhne, Verwaltung, etc.)= 12,15 €
+ 1,75 € Risikoabdeckung für den ZAN ( Krank, Urlaub, Ausfall, etc.)
= 13,90 €/Stunde

Diese 13,90 € entsprechen in vielen Regionen in D den Stundensätzen für Helfertätigkeiten (Lager, Produktion, etc.) bei den Entleihern.

((wo hingegen die qualifikation (facharbeiter, kfm, etc.) eines zan steigt, sind löhne + gehälter in einem akzeptabelem rahmen + die chance auf übernahme in einem entleihbetrieb steigt!))

ich bin auf eure kommentare gespannt!

cu

mynock

wehrt euch

ein netter Beitrag der Arbeitgeberseite,
nur darfst du nicht vergessen, war es nicht die BZA und IGZ die Angst hatten den gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu zahlen.
Und haben nicht gerade diese Vereinigungen gedrängt einen Tarifvertrag zu bekommen um nicht "gleichen Lohn für gleiche Arbeit" zu zahlen.
6,85€ das ich nicht lache!
Alle Möglichkeiten in welcher Form auch immer werden von euch ausgenutzt um weniger zu zahlen.

Also vergiss dein Gejammer wir haben kein Mitleid.

Kleiner Tipp mach die Bude dicht und versuch es mal mit ehrlicher Arbeit!

Sklave

RICHTIG, dem Kommentar von "wehrt Euch" schließe ich mich an!

M y n o c k    mach Deine Bude zu und suche Dir bei einer Zeitarbeits- firma eine Anstellung. Da findest Du bestimmt für 3,50 Euro die Stunde auch eine Anstellung als Erntehelfer. Wenn Du viel Glück hast, bekommst Du auch schon was für 5 Euro die Stunde, womit Du Deine Familie ernähren kannst, falls Du eine haben solltest.
Dir geht es zu gut, daß ist alles.

mynock

ZitatOriginal von Sklave

RICHTIG, dem Kommentar von "wehrt Euch" schließe ich mich an!

M y n o c k    mach Deine Bude zu und suche Dir bei einer Zeitarbeits- firma eine Anstellung. Da findest Du bestimmt für 3,50 Euro die Stunde auch eine Anstellung als Erntehelfer. Wenn Du viel Glück hast, bekommst Du auch schon was für 5 Euro die Stunde, womit Du Deine Familie ernähren kannst, falls Du eine haben solltest.
Dir geht es zu gut, daß ist alles.

@sklave

ich wollte hier auch nicht die za heilig sprechen, sondern auf die thematik aufmerksam machen. aber dein statement ist echt für`n arsch (wieso geht es mir zu gut?) :twisted:

mynock

Jürgen

Hallo mynock ( driver ? ),

laut Gesetzgeber ( § 3 des AÜG ) ist ab dem 01.01.2004 nach spätestens 6 Wochen das sogenannte " equal treatment " ( gleiche Arbeitsbedingungen für ZAN und Stammarbeiter ) zu gewähren, es sei denn :
" .. Ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren..." ( Zitat aus dem § 3, Abs.1, Nr.3 des AÜG ).

Diese Tarifvertrags-Klausel ist auf drängen der AG-Verbände ( hier an erster Stelle der BZA ) im Gesetz aufgenommen worden, ansonsten hätte es diese Klausel nicht gegeben und somit würde das "equal treatment" für alle ZA-Unternehmen ausnahmlos gelten !
Ohne diese Tarifvertrags-Klausel würde es auch keine Tarifverträge geben, da ZAN automatisch die gesamten Arbeitsbedingungen ( Lohn ,Urlaub,usw.) des Entleihbetriebes gewährt werden müssten
( der TV des Entleihers wäre dann auschlaggebend ).

Wie Du sicherlich weißt, sind nur ca. 20 % der ZA-Unternehmen in AG-Verbänden organisiert und nur sehr sehr wenige ZAN in Gewerkschaften organisiert, so das ganz allein die nicht-organisierten ZA-Unternehmen ( also 80 % der ZA-Unternehmen ) darüber entscheiden können, ob sie den ZAN das "equal treatment" gewähren ( wie in vielen anderen EU-Ländern ) oder ob sie durch die Anwendung von Tarifverträgen von diesem Grundsatz abweichen wollen.
Da der Organisationsgrad von ZAN in der Zeitarbeit allgemein sehr sehr gering ist, ist die Frage, ob die Gewerkschaften im Bereich der Zeitarbeit überhaupt tariffähig sind ( siehe CGM-Verfahren ). Diese Frage beziehe ich auf alle Gewerkschaften, die TV`s mit ZA-Unternehmen oder AG-Verbänden unterschrieben haben.
Die Frage ist also, ob die TV`s in Zukunft überhaupt einen rechtlichen Bestand haben können, wenn gerichtlich festgestellt werden kann, das einige Gewerkschaften nicht tariffähig sein könnten, wenn nur sehr sehr wenige ZAN organisiert sind.
Wenn z.B. nur 100 von über 20.000 ZAN bei Randstad streiken, lacht sich die Geschäftsführung kaputt ! Das ist kein Druckmittel, um gewerkschaftliche Forderungen zu untermauern !
Oder sollen Gewerkschaftsmitglieder des Entleihers für ZAN in den ZA-Unternehmen streiken ?

Mit der Gewährung von " equal treatment " würden die ZA-Unternehmen in D. in die Insolvenz gehen ?

Ds sehe ich nicht so, da in der Mehrzahl der EU-Staaten den ZAN das "equal pay" ( also gleicher Bruttolohn wie Stammarbeiter ) gewährt wird. Siehe hierzu Tabelle 2 , Spalte 3 + 4 unter :

http://doku.iab.de/kurzber/2002/kb2102.pdf

Daneben gibt es in 9 von 15 EU-Ländern noch gesetzliche Mindestlöhne :

http://www.eu-datashop.de/download/DE/sta_kurz/thema3/nk_02_05.pdf

Zur Niederlande ( ZAN-Quote = 4 % ) heißt es unter
http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2003/zumutbarkeit_niedriglohn.html :

" .. in den Niederlanden liegt der gesetzliche monatliche Bruttomindestlohn etwa in der Höhe wie oben gefordert. Wegen niedrigerer Abgaben ist aber der Nettomindestlohn höher für über 21-Jährige beträgt er seit Juli 2002 1.059,59 €, und dazu kommen noch, ebenfalls gesetzlich garantiert, 54,60 € Urlaubsgeld (kurze Übersicht über die soziale Sicherheit in den Niederlanden, Ministerium für Arbeit und Soziales, Den Haag, Juli 2002, S. 19 f. Der Gesamtbetrag ist gleichzeitig der Sozialhilfenormbetrag für 2 Erwachsene). Aber selbst diejenigen, die die Niederlande so sehr als Vorbild loben, was Lohnzurückhaltung, Arbeitspflicht oder Einsatz von Zeitarbeit angeht, haben wenig Interesse, diese Tatsache in Deutschland bekannt zu machen. .. "

Welcher ZAN bekommt in D. schon einen gesetzlich garantierten Nettolohn ( !! ) von 1114,19 Euro/Monat ?

Der tarifliche Mindest-Bruttolohn beträgt ( ohne Anwendung des § 8.6 im Mantel-TV des BZA ) 6,85 Euro/Std. und somit 1041,20 Euro/Monat, was in D. ein Armutslohn ist.

Wie groß der Unterschied allein in der Entlohnung zwischen ZAN und Stammarbeiter ist, kann jeder in Tabelle 5 + 6 unter

http://doku.iab.de/kurzber/2002/kb2002.pdf   selbst nachlesen.

Du schreibst :
" war das zau letztes jahr noch in der lage steuerfreie vergünstigungen (essensgeld, fahrgeld, etc) zu zahlen (was das netto um bis zu 200 € im monat erhöhen konnte) ist das dieses jahr mit den gestiegenen bruttolöhnen und der stagnierenden preisgestaltung bei den entleihbetrieben nicht möglich. "

Das ist richtig, nur liegt es ja daran, das die gutverdienenden ZA-Unternehmen ja jedes Jahr immer einen höheren Reingewinn haben wollen und es ist doch wohl klar, das wenn die Bruttolöhne für ZAN steigen, dann die Reingewinne der ZAU etwas zurückgehen, oder nicht ?
Natürlich liegt es auch daran, das die Entleiher nicht mehr zahlen wollen, jedoch solltest Du auch dabei bedenken, das die Arbeitsplätze bei den Entleihern sind, die Arbeit der ZAN scheinbar benötigt wird ( ZAN machen ja auch massenweise Überstunden ) und somit ist klar, das Entleiher die ZAN selbst fest einstellen müßten, wenn es keine ZA-Unternehmen geben würde, die auch noch an der Arbeitsleistung der ZAN mitverdienen.

Reduziert sich das ausgezahlte Geld für ZAN ( Nettolohn + steuerfrei Auslösen ) könnte es passieren, das für viele ZAN sich die Arbeit nicht mehr lohnt, wenn die Überstunden nicht mehr ausgezahlt werden ( jetzt Freizeitausgleich ) und zum Großteil die Kfz-Kosten selbst bezahlt werden müssen ! Dann kann es leicht passieren, das eine staatliche Leistung höher ist, als das jetzige verbleibende Geld !

Wenn die steuerfreien Auslösen gekürzt werden, können ZAN nur noch ihren Privat-Pkw abmelden und fahren dann nur noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Einsatzort, da die ZA-Unternehmen ja die Tickets für die öffentlichen Verkehrsmittel in voller Höhe ersetzen !

Es ist zwar dann nicht so bequem und die Fahrtzeit ist mit dem Privat-Pkw kürzer, aber dann muss ein ZAN auch nicht mehr zum großen Teil selbst die Kfz-Kosten tragen.
Natürlich können dann ZAN nur noch wenige oder keine Überstunden mehr machen, aber die werden ja eh nicht mehr ausgezahlt.

ZAN werden entlassen, wenn sie ihren Privat-Pkw nicht mehr benutzen, um Überstunden zu leisten oder zum Schichtdienst zu kommen ?

Und ?

" Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit enden alle Leiharbeitsverhältnisse zu 56,22 % innerhalb von 3 Monaten. Zeiträume von 12 Monaten und mehr wurden schamhaft aus der Statistik gestrichen, weil sie sich im Bereich von 1-2 % bewegten."

http://www.aueg-meyer.de/site/Tarifvertraege.htm

Hier mal ne andere Rechnung für Berlin
(
http://www.personalorder.de/magazin/main/docs/INZ-Entgelttarifvertrag-Ost.pdf ) :

6,20 Euro/Std. * 152 Std./Monat ( 35-Std.-Woche ) = 942,40 Euro/Monat Bruttolohn

Berechnung des Nettolohnes
http://www.disque.de/cgi-bin/ra/index.pl

Annahme : ledig, Berlin, StKl. 1, ohne Kinder, 14,0 % KV , keine Kirchensteuer, Januar 2004 :  740,15 Euro/Monat Nettolohn

Berechnung des fiktiven Sozialhilfebedarfs einer Einzelperson in Berlin
( Juli 2003 ; Auskunft eines Sozialamtes ) :

" Regelsatz eines Alleinstehenden 296,00 EUR
angemessene Unterkunft 225,00 EUR (1)
Bekleidungshilfe (1/12 Jahresbetrag)  22,97 EUR
fiktiver Mehrbedarf (max. Freibetrag vom Erwerbseink.) 148,00 EUR

zusammen (fiktiver Sozialhilfebedarf) 691,97 EUR (2)

(1)Dieser Betrag gilt als höchste angemessene N e t t o k a l t miete
(ohnr Betriebs- und Heizkosten) für eine Einzelperson in einer
Neubauwohnung (erbaut ab 1950). Für eine Altbauwohnung (erbaut bis 1949)
werden bis zu 227,50 EUR berücksichtigt.
(2)Diesem Bedarf sind noch die in den Unterkunftskosten (siehe (1) )
nicht enthaltenen Betriebs- und Heizkosten in tatsächlicher Höhe hinzu zu
rechnen."

Betragen die Betriebs- und Heizkosten 100 Euro/Monat, ergibt sich ein fiktiver Sozialhilfebedarf von insgesamt 791,97 Euro/Monat.

Im Urteil des ArbG Bremen vom 30.08.2000 heißt es :
" Bei einem Lohn für eine Vollzeittätigkeit, der unter Zugrundelegung der Vertragsarbeitszeit das Niveau der Sozialhilfe für einen Alleinstehenden nicht deutlich überschreitet, ist zur Überzeugung der Kammer daher grundsätzlich von einem auffälligen Mißverhältnis im Sinne von § 138 Abs. 2 BGB auszugehen, ohne daß es darauf ankommt, wie gravierend der Abstand zum Normallohn ist."

§ 138,Abs.2 des BGB = illegaler Lohnwucher

" Die Kammer hält aus Gründen der Rechtssicherheit weiter für erforderlich; daß die Rechtsprechung zumindest für den Regelfall Kriterien aufstellt, die den Beteiligten eine realistische Einschätzung ermöglicht, wann ein Niedriglohn sittenwidrig ist. Da es um vergleichbare Rechtsgüter geht, bietet sich an, hierfür das vom BVerfG gebilligte Abstandsgebot bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (BVerfG NZA 99, 992) entsprechend anzuwenden, so daß sich ein ,,Mindestüberschreitungsgebot" gegenüber der Sozialhilfe einschließlich Freibeträgen für Erwerbstätige von 20% ergibt. Das korrespondiert auch mit dem Grundsatz aus § 22 Abs. 3 BSHG, wonach die Regelsätze der Sozialhilfe niedriger zu bemessen sind als die unteren Nettoeinkommen. "

791,97 Euro/Monat * 1,2 ( 120 % ) = 950,36 Euro/Monat

950,36 Euro/Monat wäre also in diesem Beispiel die Höhe des Mindest-Nettolohnes für einen Sozialhilfeempfänger in Berlin ( Juli 2003 ), in Bezug auf den § 22 BSHG und den Ausführungen der Bremer Arbeitsrichter, der trotz Vollzeittätigkeit nicht noch zusätzlich auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen sein möchte.

Die untersten Tariflöhne der neuen TV`s befinden sich also haarscharf an der Grenze der Sittenwidrigkeit !

Frau Prof. Dr. Helga Spindler schreibt :

" ..  Aber was unter den geforderten ca. 1300.- € brutto bleibt, sollte angesichts der geltenden Sach-, Rechts- und Verfassungslage überprüft werden. .. "

Hierzu ein Berechnungs-Beispiel aus dem Urteil des SG Berlin vom 18.01.2002 ;
http://www.ra-kotz.de/lohnwucher.htm ) :

Zitat aus dem Urteil des SG Berlin :

" .. Mit dem im Streit stehenden Stellenangebot verletzte die Beklagte bereits den Vermittlungsgrundsatz des § 36 Abs. l SGB III. Denn mit einem Bruttostundenlohn von 11,- DM für Hilfsarbeiten in Berliner Industrieunternehmen sollte ein Arbeitsverhältnis begründet werden, das wegen Lohnwucher gegen die guten Sitten verstößt. "

( 11 DM/Std. entspricht 5,62 Euro/Std. )

" Objektive Tatbestandsvoraussetzung für die Annahme eines der Wuchertatbestände des § 138 BGB ist ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Dies beurteilt sich nach dem objektiven Wert der zu erbringenden Arbeit, wie er sich nach der verkehrsüblichen Vergütung bestimmt. Zur Ermittlung dieser verkehrsüblichen Vergütung ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur auf den Vergleich mit den Tariflöhnen des jeweiligen Wirtschaftszweiges abzustellen, sondern von dem allgemeinem Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen (vgl. zuletzt B AG, Urteil vom 23. Mai 2001 - 5 AZR 527/99 mit weiteren Nachweisen)."

" Dem Kläger ist eine Hilfsarbeitertätigkeit im 4-Schichtsystem in Berliner Industrieunternehmen angeboten worden. Das Gericht hat daher die durchschnittlichen Bruttostundenverdienste der ungelernten Arbeiter im produzierenden Gewerbe herangezogen. Nach den Ermittlungen des Statistischen Landesamtes Berlin lag der Bruttostundenverdienst im Jahre 2000 - für das Jahr 2001 liegen noch keine Tabellen vor - in Berlin-West bei 24,78 DM, in Berlin-Ost bei 20,38 DM, in Gesamt-Berlin bei 23,78 DM."

Umrechnung der o.g. Lohnhöhen in Euro :
West = 24,78 DM/Std. entspricht 12,67 Euro/Std.
Ost = 20,38 DM/Std. entspricht 10,42 Euro/Std.
Gesamt-Berlin = 23,78 DM/Std. entspricht 12,16 Euro/Std.

Das ist die Höhe der ortsüblichen Löhne für ungelernte Tätigkeiten
( Hilfsarbeitertätigkeiten ) im produzierenden Gewerbe von Berlin im Jahr 2000.

Berechnung der 2/3-Grenze ( 66,67 % ) in Bezug auf das BAG - Urteil vom 23.05.2001 :

West = 12,67 Euro/Std. * 66,67 % = 8,45 Euro/Std.
Ost = 10,42 Euro/Std. * 66,67 % = 6,95 Euro/Std.
Gesamt-Berlin = 12,16 Euro/Std. * 66,67 % = 8,11 Euro/Std.

Der Lohn von 5,62 Euro/Std. hat diese 2/3-Grenze erheblich unterschritten und wurde deshalb vom Sozialgericht als Lohnwucher abgeurteilt !

Zum BAG - Urteil vom 23.05.2001 ( 5 AZR 527/99 ) heißt es :

" ,,PRAXISTIPP
Bei der Vereinbarung der Vergütung ist darauf zu achten, dass diese mindestens 2/3 der ortsüblichen Vergütung erreicht, da ansonsten das Vorliegen eines auffälligen Missverhältnisses zur Nichtigkeit der getroffenen Vergütungsabrede führen würde mit der Folge, dass dann die ortsübliche Vergütung als vereinbart anzusehen und somit zu zahlen wäre.

Insbesondere sollte der Arbeitgeber beachten, dass der Lohn nicht unter 2/3 des Tariflohns vergleichbarer Arbeitnehmer und zugleich unter 2/3 des ortsüblichen Lohns liegt oder im Laufe des Arbeitsverhältnisses fällt, da er sich sonst wegen Lohnwuchers strafbar machen kann.

Vergütet der Arbeitgeber jedoch vergleichbare Arbeitnehmer nach einem bestimmten, erkennbaren und generalisierenden Prinzip, dann darf er einen anderen Arbeitnehmer nicht ungleich, insbesondere schlechter behandeln.
RA Martin Uhmann, Berlin, und RA Dirk Andresen, Berlin aus "Arbeit und Arbeitsrecht" Heft 04/2002 "

Wird also die 2/3-Grenze des BAG unterschritten, so gilt der ortsübliche Lohn für die Tätigkeit als vereinbart, so das die Differenz dann vom AG nachgezahlt werden muß !

Die immer wieder genannte Übernahmequote von 30 % ist bis dato mit keiner objektiven Statistik bewiesen und das IAB geht in einer wissenschaftlichen Studie von ca. 18 % aus.

In Bezug auf die PSA sieht der "Klebeeffekt" so aus :

" .. Man beachte: Die Selbstsuche der Arbeitnehmer - 11,3 % klappt besser als der Klebeeffekt 11,0 %

Nicht erfasst wurde ebenfalls die so hoch gepriesene berufliche Qualifizierung während der Nichteinsatzzeiten. Wahrscheinlich liegen diese im Bereich von Promillesätzen und entziehen sich der statistischen Erfassung ganz.."

http://www.aueg-meyer.de/site/PSA.htm

Mir ist klar, das Dir mein Kommentar nicht gefällt, aber so ist nun einmal die Realität, die ich mit Quellen belegen kann.

Gruß
Jürgen

Jürgen

Hier noch ein Link zu einem erfolgreichen Widerspruch eines Arbeitslosen, der in einer Zeitarbeitsfirma ( Adecco ) für einen Lohn von nur 6,50 Euro/Std. arbeiten sollte :
 
" Widerspruch gegen eine Sperrzeit erfolgreich - Arbeitsangebot nicht zumutbar .
 
Der BAG-SHI liegt ein erfolgreicher Widerspruch eines Braunschweiger Arbeitslosenhilfebeziehers gegen eine Sperrzeit wegen vermeintlicher unzulässiger Ablehnung eines vermeintlich zumutbaren Arbeitsangebots vor. Nach Angaben des eingeschalteten Rechtsanwalts hat das Arbeitsamt Braunschweig den Widerspruch im vollem Umfang anerkannt. Die Widerspruchsstelle ist demnach auch der Feststellung gefolgt, dass eine Stundenvergütung in Höhe von 6.50 € (brutto) ohne Zuschläge für Sonntagsarbeit, Rufbereitschaft, Nachtarbeit etc. für eine Tätigkeit bei der Straßenreinigung/Winterdienst gegen § 36 I SGB III verstößt, weil ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Im vorliegenden Fall hat das Beschäftigungsangebot der Firma Adecco gegen die guten Sitten verstoßen, die vom Arbeitsamt verhängte Sperrzeit war nicht begründet. Der besagte Widerspruch liegt der BAG-SHI vor (leider nur in Papierform) Jetzt als pdf-Datei zum download im LabourNet und kann als Handlungshilfe in der Geschäftsstelle per Fax oder E-Mail angefordert werden. Bitte, wenn möglich, ein Faxnummer angeben, um den Bearbeitungsaufwand gering zu halten. BAG-SHI, Moselstraße 25, 60329 Frankfurt/Main. Fax: 069-27 22 08 97, Email: bagshi-frankfurt@web.de "


http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/alos/widerspruch.pdf

Gruß
Jürgen

wehrt euch

hallo Jürgen,

ich danke dir für deinen Beitrag endlich mal einer der Ahnung von der Materie hat und weiß was er sagt. :!:  :!:  :!:  :!:  :!:  :!:  :!:


Grüße von

wehrt euch

HERBERT

ZitatOriginal von Jürgen

Hier noch ein Link zu einem erfolgreichen Widerspruch eines Arbeitslosen, der in einer Zeitarbeitsfirma ( Adecco ) für einen Lohn von nur 6,50 Euro/Std. arbeiten sollte :
 
" Widerspruch gegen eine Sperrzeit erfolgreich - Arbeitsangebot nicht zumutbar .
 
Der BAG-SHI liegt ein erfolgreicher Widerspruch eines Braunschweiger Arbeitslosenhilfebeziehers gegen eine Sperrzeit wegen vermeintlicher unzulässiger Ablehnung eines vermeintlich zumutbaren Arbeitsangebots vor. Nach Angaben des eingeschalteten Rechtsanwalts hat das Arbeitsamt Braunschweig den Widerspruch im vollem Umfang anerkannt. Die Widerspruchsstelle ist demnach auch der Feststellung gefolgt, dass eine Stundenvergütung in Höhe von 6.50 € (brutto) ohne Zuschläge für Sonntagsarbeit, Rufbereitschaft, Nachtarbeit etc. für eine Tätigkeit bei der Straßenreinigung/Winterdienst gegen § 36 I SGB III verstößt, weil ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Im vorliegenden Fall hat das Beschäftigungsangebot der Firma Adecco gegen die guten Sitten verstoßen, die vom Arbeitsamt verhängte Sperrzeit war nicht begründet. Der besagte Widerspruch liegt der BAG-SHI vor (leider nur in Papierform) Jetzt als pdf-Datei zum download im LabourNet und kann als Handlungshilfe in der Geschäftsstelle per Fax oder E-Mail angefordert werden. Bitte, wenn möglich, ein Faxnummer angeben, um den Bearbeitungsaufwand gering zu halten. BAG-SHI, Moselstraße 25, 60329 Frankfurt/Main. Fax: 069-27 22 08 97, Email: bagshi-frankfurt@web.de "


http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/alos/widerspruch.pdf

Gruß
Jürgen


HALLO JÜRGEN,

DEINE ERKLÄRUNGEN HIER ZU ALLEM MÖGLICHEM SIND VERDAMMT GUT!
ABER MIT VERLAUB, DIESER ARBEITSLOSE DER GEKLAGT HAT, DAS EIN JOB FÜR 6,50€ NICHT ZUMUTBAR IST, LIEGT DOCH VÖLLIG FALSCH. IST ES DEN BESSER WEITER ARBEITSLOS ZU SEIN? WENN ER VOM AA EINEN JOB BEI DER MÜLLABFUHR ODER BEIM WINTERDIENST ANGEBOTEN BEKOMMEN HAT, IST ER BESTIMMT NICHT SONDERLICH QUALIFIZIERT! ODER? WAHRSCHEINLICH HAT ER FÜR SEINE AUS-, WEITER- ODER FORTBILDUNG NICHTS GETAN. WARUM BESCHWERT ER SICH JETZT ÜBER SO EINEN JOB?

GRUSS

HERBERT

Jürgen

Hallo Herbert,

1.) dieser Arbeitslose hat nicht geklagt, sondern ein Widerspruch gegen eine Sperrzeit eingelegt, der von der BA akzeptiert wurde.
Hätte der Arbeitslose gegen den AG und gegen die BA geklagt, wäre es heftiger abgegangen.

2.) " IST ES DEN BESSER WEITER ARBEITSLOS ZU SEIN? "

Nein, natürlich nicht, jedoch ist es selbstverständlich, das ein Brutto- bzw. Nettolohn so hoch in D. sein muss, das ein AN ( und seine zu versorgende Familie ) davon existieren kann, ohne trotz Vollzeittätigkeit noch auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen zu sein ( also faktisch als in Vollzeit arbeitender Sozialhilfeempfänger zu vegetieren ).
Dazu ein paar § und Gerichtsurteile :
- § 1 des BSHG ( Zielsetzung des Sozialhilfe )
- Art.4, Abs.1 der international geltenden ESC
- BAG-Urteil vom 23.05.2001
- Urteil des SG Berlin vom 18.01.2002
- Urteil des ArbG Bremen vom 30.08.2000
- § 121, Abs.3 des SGB III
- § 36 des SGb III
- usw.

Wieso ist es nach deiner Meinung besser, das ein Arbeitsloser eine Arbeit annehmen sollte, dessen verbleibendes Geld ( Nettolohn - Aufwendungen für die Arbeit, wie z.B. Fahrtkosten für den Pkw ) niedriger ist, als sein Arbeitslosengeld und deshalb dann noch zum Sozialamt gehen muss, um noch ergänzende Sozialhilfe zu beantragen, trotz Vollzeittätigkeit ?

Und dann auch noch für ein Leiharbeitsverhältnis, das in 56,22 % der Fälle nicht länger als 3 Monate ist bzw. in 98-99 % der Fälle keine 12 Monate dauert ?

Auch wenn es keinen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in D. ( im Gegensatz zu 9 von 15 EU-Staaten ! ), die Arbeitslosenquote sehr hoch ist und die Zumutbarkeitskriterien ab 2005 noch weiter verschärft werden, so muss noch immer ein Brutto- bzw. Nettolohn in D. die Existenz eines Arbeitnehmers und seiner Familie sichern ( was ich als normal denkender Mensch als Selbstverständlichkeit ansehe ! ) !!!!

Dazu heißt es sehr deutlich im § 36 des SGB III :

" (1) 1 Die Agentur für Arbeit darf nicht vermitteln, wenn ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis begründet werden soll, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt."

Zitat aus dem Urteil des SG Berlin :

" .. Mit dem im Streit stehenden Stellenangebot verletzte die Beklagte bereits den Vermittlungsgrundsatz des § 36 Abs. l SGB III. Denn mit einem Bruttostundenlohn von 11,- DM für Hilfsarbeiten in Berliner Industrieunternehmen sollte ein Arbeitsverhältnis begründet werden, das wegen Lohnwucher gegen die guten Sitten verstößt. "

( 11 DM/Std. entspricht 5,62 Euro/Std. )

Da es keinen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in D. gibt ( als konkrete Grenze zwischen legalen und illegalen Löhnen ), muss heute das BAG-Urteil vom 23.05.2001 auch von der BA bei der Vermittlung berücksichtigt werden !
Tut sie das nicht, wird es sicherlich noch mehr Urteile im Sinne des Urteils des SG Berlin vom 18.01.2002 geben.
Wenn Du das Urteil genau durchgelesen hast, weißt Du auch, warum so geurteilt wurde.

Zitat :

" Überdies kann sich die Unzumutbarkeit auch aus Folgen einer Vermittlungstätigkeit ergeben, die den Zielsetzungen des SGB III zuwiderlaufen (vgl. Brandt in Niesel § 121 SGB III Rdnr. 2). Den vom Arbeitsgericht Bremen (a. a. O.) herangezogenen Hilfserwägungen zur Ausweitung von Billiglohn-Verhältnissen kommt daher im vorliegenden Zusammenhang wesentliche Bedeutung zu: es widerspricht allerdings Zielsetzungen des SGB III, vermittels einer sperrzeitsanktionierten Ausweitung solcher Lohnverhältnisse die Bereitschaft zur eigenverantwortlichen Arbeitssuche zu schwächen und einen Lohnsektor zu etablieren, der sich langfristig auf das gesamte Lohngefüge nachteilig auswirken wird."

" .. einen Lohnsektor zu etablieren, der sich langfristig auf das gesamte Lohngefüge nachteilig auswirken wird."

Wie sich der Niedriglohnsektor "Ostdeutschland" ( NBL ) auswirkt
( 20 % Arbeitslosigkeit und Massenflucht der Jugend ), ist Dir ja sicherlich auch bekannt,oder nicht ?

" WENN ER VOM AA EINEN JOB BEI DER MÜLLABFUHR ODER BEIM WINTERDIENST ANGEBOTEN BEKOMMEN HAT, IST ER BESTIMMT NICHT SONDERLICH QUALIFIZIERT! ODER?"

Das ist nicht korrekt, siehe § 121, Abs.5 des SGB III.
Zitat :
" (5) Eine Beschäftigung ist nicht schon deshalb unzumutbar, weil sie befristet ist, vorübergehend eine getrennte Haushaltsführung erfordert oder nicht zum Kreis der Beschäftigungen gehört, für die der Arbeitnehmer ausgebildet ist oder die er bisher ausgeübt hat."

Dennoch hat auch ein Hilfsarbeiter das Recht auf einen existenzsichernden Lohn, mit dem er sich und seine Familie in D. angemessen versorgen kann, auch wenn das einige Menschen nicht einsehen wollen, um noch mehr Reingewinn zu bekommen !

Auch für ein Hilfsarbeiter gilt der Art. 1 des GG, denn ein Lohn der nicht die Existenz sichert, ist in meinen Augen menschenunwürdig !

" WARUM BESCHWERT ER SICH JETZT ÜBER SO EINEN JOB?"

Er hat sich nicht über den Job beschwert, sondern er hat den Job abgelehnt, da er von dem angebotenen Hungerlohn nicht leben kann ( 6,50 Euro/Std. * z.B. 152 Std./Monat = 988 Euro/Monat Bruttolohn = ? Nettolohn - die Aufwendungen für doe Arbeit, wie z.B. die Fahrtkosten für den Pkw ), dafür eine Sperrzeit von der BA bekommen und mittels eines Anwalts gegen diese Sperrzeit ( mit richtigen Argumenten und der Nennung eines Gerichtsurteils ) ein Widerspruch eingelegt, der erfolgreich war !

Was willst Du mir also mit deinem Statement sagen ?

Es ist besser als in Vollzeit arbeitender Sozialhilfeempfänger zu arbeiten, so das die gesamte Familie in Armut leben muss und dadurch so wenig Beiträge gezahlt werden, da später zur Rente noch ergänzende Sozialhilfe gezahlt werden muss oder die Kinder und Enkel die Differenz zahlen dürfen ?

Jürgen

Hallo Herbert,

wie hoch sollte denn nach deiner Meinung ein Bruttolohn in D. sein, damit aus dem resultierenden Nettolohn ein AN sich und seine Familie angemessen versorgen kann ?

Wie hoch ist allein die Miete deiner Wohnung oder der monatliche Abtrag für dein Haus ?

Es ist nun einmal so, das wir hier in D. ein deutsches Preisniveau haben und kein Preisniveau von Polen oder Afrika !

Dadurch ist es nun einmal so, das bestimmte angebotene Bruttolöhne nicht allein die Existenz einer Familie in D. sichern können und daher als Lohnwucher abgeurteilt werden können.

Am 24.03.2004 werden wir z.B. sehen können, ob das BAG den damaligen tariflichen Mindestlohn ( 6,20 Euro/Sd. ) von Randstad/Verdi als Lohnwucher betrachtet oder nicht.

Würdest Du in einer Vollzeittätigkeit arbeiten, bei der Du dennoch zum Sozialamt gehen mußt, damit Du und deine Familie in D. existieren kann ?

Denk mal drüber nach.

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