Beruflich verordnetes Dauerlächeln macht krank

Begonnen von Kater, 16:54:47 Fr. 17.März 2006

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Kater

ZitatBeruflich verordnetes Dauerlächeln macht krank
Donnerstag 16. März 2006, 16:33 Uhr
 
Frankfurt/Berlin (dpa) - Beruflich verordnetes Dauerlächeln macht krank. Besonders gefährdet sind nach Untersuchungen von Psychologen der Frankfurter Universität Stewardessen, Verkäufer und Mitarbeiter von Call-Centern, von denen aus Rücksicht auf Kunden das «zwanghafte Vortäuschen» von Freundlichkeit verlangt werde. Ihnen drohten beispielsweise Depressionen.

«Immer dann, wenn man seine tatsächlichen Gefühle unterdrückt, hat das negative gesundheitliche Auswirkungen», erläuterte der Emotionsforscher Prof. Dieter Zapf einen am Donnerstag vorab veröffentlichten Bericht der in Berlin erscheinenden Verbraucherzeitschrift «Guter Rat».

Die Wissenschaftler setzten beispielsweise Studenten in ein fiktives Call-Center und ließen sie von einer vermeintlichen Kundin beschimpfen. Einige der Teilnehmer durften zurückschimpfen, die anderen mussten freundlich bleiben. Wer sich wehrte, hatte nur kurzzeitig erhöhtes Herzklopfen. Bei den Dauerfreundlichen raste das Herz noch lange nach Ende des Gesprächs mit der Kundin. Das Fazit der Forscher: Nettsein wider Willen ist Stress pur. Die Forscher werteten zudem Fragebögen von Flugbegleitern und Pflegepersonal und Krankenhäusern aus. Insgesamt untersuchten sie bei ihren Gefühlstests bis Herbst 2005 nach Angaben von Zapf gut 4000 Menschen.

«Wir alle steuern unsere Emotionen - problematisch wird es, wenn sich das über einen längeren Zeitraum hinzieht wie bei Flugbegleitern auf dem Langstreckenflug», sagte Zapf der dpa. Die Mitarbeiter bräuchten Räume ohne Kundenkontakt, in denen sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen könnten. «Wir müssen weg von dem starren "Der Kunde ist König" hin zu mehr Respekt gegenüber dem Servicemitarbeiter», mahnte Zapf.

http://de.news.yahoo.com/16032006/3/beruflich-verordnetes-dauerlaecheln-krank.html

Wilddieb Stuelpner

Auch auf S. 59 der Zeitschrift "Guter Rat", Ausgabe 04/2006 nachlesbar. diesen Artikel sollte man der Leipziger Zwangsgrinsfirma und Peter Escher zukommenlassen, der diese Firma so lobte.

Chefduzen.de: Thread zu Nutzwerk GmbH Leipzig

Zeitschrift "Guter Rat": Gar nicht lustig: Beruflich verordnetes Dauerlächeln macht krank

Spätlese

Trotzdem findet diese sog. renommierte Firma immer wieder neue Zuhörer, die ihr in Form eines Beitrages die Kosten für Werbung ersparen.

Siehe hier beim ZDF sogar im heute-Magazin vom 12.01.06:
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/19/0,3672,3271667,00.html

Waschmaschine für´s Internet (also das was Jedermann sowieso umsonst bekommt bzw. downloaden kann - aber das kostenpflichtige Geschäft mit der Angst siegt, weil eine große Anzahl Firmendeppen zu blöd ist ihre EDV selbst zu pflegen.)

und auch hier mit besonderer Erwähnung das sogenannte:

Kreative Betriebsklima


- aber man dreht sich im Kreis und die Themen auch, es verändert sich nichts, solange nicht ein wenig französischer Geist hierzulande einzieht. Nur das Gekakel bleibt wie es war und ist.
Alle von mir getätigten Aussagen/Antworten/Kommentare entsprechen lediglich meiner persönlichen Meinung und stellen keinerlei Rechtsberatung dar.

Kater

ZDF,  Dienstag, den 19.09.2006
22.45 - 23.15  
 
Zitat37º   Immer gut drauf  
 
Ohne Lächeln - kein Job  
 
Dokumentationsreihe, Deutschland, 2006    
 
Jeden Morgen übt Lena ihr Lächeln vor dem Spiegel. Das ist ihr Kapital für den ganzen Tag. Lena arbeitet als Kellnerin für eine Personalagentur. Ihr Lächeln und ihre Arbeitskraft werden an Hotels, Fußballstadien und Messehallen entliehen. Die Dienstleistungsbranche des immer freundlichen Service wächst unaufhaltsam. Die Zeitarbeitsfirmen beschäftigen inzwischen rund 500.000 Arbeitnehmer und haben zweistellige Wachstumsraten von jährlich über 20 Prozent. Der Boom des Lächelns funktioniert auch in den Callcentern der Republik. Längst verdienen mit dem "Phony-Smile" 350.000 Menschen in Deutschland, festangestellt und in Teilzeit, ihre Brötchen. Auch sie müssen lächeln, wenn sie gerade nicht gut drauf sind - und das will gelernt sein.

Eine von ihnen ist die 29-jährige Steffi, die schon seit über neun Jahren in einem Callcenter arbeitet. Damit gehört sie zu den dienstältesten Mitarbeitern. Die meisten sehen das als vorübergehenden Job und bleiben nicht länger als zwei bis drei Jahre. Auch Steffi wollte nach der Schule nur vorübergehend in einem Callcenter arbeiten, um die Zeit bis zur Ausbildung zu überbrücken und ist dort hängen geblieben. Man muss stark sein, um die 80 Prozent Neins der Kunden zu verkraften. Dem Ärger Luft machen, um wieder lächeln zu können, das hat sie inzwischen mühevoll gelernt.

Mike Simon hat die "Schule des Lächelns" ins Leben gerufen, eine Akademie zur Ausbildung von Mitarbeitern aus der Dienstleistungsbranche. Sein Ziel ist es, die Freundlichkeit bis in Kleinste zu perfektionieren. Ein "Marathon-Mann", der nicht eher aufgibt, bis das "authentische Lächeln" auf den Gesichtern seiner Mitarbeiter leuchtet, das für ihn persönlich längst eine Selbstverständlichkeit ist. Welcher Gast im Restaurant oder Hotel, welcher Kunde, der in Callcentern nach Informationen nachfragt, freut sich nicht, als Kunde freundlich "bedient zu werden"? Doch das strahlende Lächeln zu jedem Gast und zu jeder Zeit, bei Beschwerden und Reklamationen ist eine harte Arbeit, weiß die 25-jährige Lena. Eine "Gefühlsarbeit", eine Arbeit mit und manchmal auch gegen die eigenen Gefühle.

Mit heißen Tellern und schmerzenden Füßen den Job auszuüben, dazu ein herzhaftes Lächeln, das erfordert intensives Training. Damit das auch klappt, bietet die Personalagentur entsprechende Kurse an, in denen es nicht nur darum geht, "immer gut drauf zu sein", sondern auch um Tipps und Kniffe, dem schlecht gelaunten Kunden mit einem Lächeln zu begegnen. Doch wie wird das 10-Stunden-Lächeln am Feierabend verkraftet? Kann es gar zu Positivierung des eigenen Lebensgefühls führen, oder wird es eher als Anstrengung erlebt? Wie schafft es Lena, auch am nächsten Tag wieder mit freundlichem Lächeln die Teller zu servieren, auch gegen die schlechte Laune von so manchem Kunden? Und wie gelingt es Steffi trotz Abwehrreaktionen ihrer Telefonpartner, die gute Ausstrahlung nicht zu verlieren?

Die 37º-Sendung "Immer gut drauf" wirft eine intensiven Blick hinter die Kulissen der immer freundlichen Dienstleister in Gastronomie- und Hotel-Gewerbe und in Callcentern.

Länge: 30 min

Regie: Sibylle Trost

uwenutz

Nicht nur Dauerlächeln macht krank, allein schon die pure
Anwesenheit in diesem Land kann schon krank machen!

Kater

Zitat37º   Immer gut drauf  
 
Ohne Lächeln - kein Job  
 
Dokumentationsreihe, Deutschland, 2006    
 

wird heute wiederholt:

Phönix, Do, 08.02.07, 18.00 Uhr

http://www.phoenix.de/immer_gut_drauf/2007/02/08/0/119917.1.htm

Wilddieb Stuelpner

Wer gezwungen wird, ein aufgesetztes Lächeln zu zeigen, der wird sich in seiner eigenen Haut nicht wohl fühlen und das erkennt sein Gesprächspartner sehr schnell.

Wer aus Profitgründen lächelt, um sich durch Übervorteilung seines Gegenübers einen ungerechtfertigten Unternehmens- oder Karrierevorsprung zu erhoffen, der heuchelt, der ist zynisch, ein krummer Hund und dem kann man nicht über den Weg trauen. Von berufswegen sind krumme Hunde vorrangig Politiker, Unternehmer und Beamte.

Kater

ZitatOriginal von joachimkuehnel
Wer gezwungen wird, ein aufgesetztes Lächeln zu zeigen, der wird sich in seiner eigenen Haut nicht wohl fühlen und das erkennt sein Gesprächspartner sehr schnell.

Wer aus Profitgründen lächelt, um sich durch Übervorteilung seines Gegenübers einen ungerechtfertigten Unternehmens- oder Karrierevorsprung zu erhoffen, der heuchelt, der ist zynisch, ein krummer Hund und dem kann man nicht über den Weg trauen. Von berufswegen sind krumme Hunde vorrangig Politiker, Unternehmer und Beamte.

es gibt einen sehr guten britischen Film zu (auch) diesem Thema aus den 70ern:

O Lucky Man!

http://en.wikipedia.org/wiki/O_Lucky_Man!  (auf englisch)

PREKARIAT

Arbeite nun selbst seit einem dreiviertel Jahr als Call-Center-Sonnenscheinchen. Wenn man den diversen Beiträgen im Internet glauben will, dann scheint dieser Branche beinahe schon die Zukunft zu gehören, was doch ziemlich zum kotzen ist...

...Call Center werden auch als der Ersatz für unsere alten Industrie-Arbeitsplätze bezeichnet. Freundlichkeit im Akkord. Wer mal in den Genuß gekommen ist, diese Pseudo-Innovation zelebrieren zu dürfen, weiß wo das Hämmerchen hängt. Ich für meinen teil bin nun schon seit längerem krank geschrieben und suche nach dem Hinterausgang.

Wenn sich allerdings so der Umbau unseres Landes in die "Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft" darstellt, sage ich schonmal Gute Nacht Johnboy.
"Hurenspender Peter Hartz" - Song gratis als mp3 downloaden| www.prekariat.net

Hartzhetzer

Mir fällt es manchmal schon schwer bei ARGE SB freundlich zu bleiben und da gehe ich vielleicht 5 mal im Jahr hin.
So eine Kotzfreundlichkeit über Monate hinweg , täglich für  mehrer Stunden aufrecht zu erhalten muss echt der Hass sein.

Respekt @PREKARIAT
Die Nazis vollzogen auf ihre Weise, was die Sozialdemokratie sich immer erträumt hatte: eine »ordentliche Revolution«, in der alles ganz anders wird, damit alles so bleiben kann, wie es ist.

Zitat Schwarzbuch Kapitalismus Seite 278

Wilddieb Stuelpner

Ein berufliches Dauerlächeln artet dann in einer Gesichtslähmung aus, die nicht als Berufskrankheit anerkannt wird, obwohl sie berufsbedingt hervorgerufen war.

Hartzhetzer

Die Nazis vollzogen auf ihre Weise, was die Sozialdemokratie sich immer erträumt hatte: eine »ordentliche Revolution«, in der alles ganz anders wird, damit alles so bleiben kann, wie es ist.

Zitat Schwarzbuch Kapitalismus Seite 278

oskar215

Bei uns macht nicht nur das Dauerlächeln krank, sondern der gesamte Umgang mit den Kollegen.

Was bei uns gelästert wird ist nicht mehr normal, und tgl ist wer anders dran über den herzgezogen wird..

Die Arbeit ansich ist eigentlich garnicht schlimm wenn bessere Stimmung wär.
Das Hauptproblem sind die Kollegen...

Hartzhetzer

Das ist der Frust der Kollegen, weil sie vielleicht auch gern mehr Zeit und weniger Stress hätten. Manche werden bestimmt auch verbittert sein das sie im Leben nicht weitergekommen sind als bis zu diesem Job.
Dann sind vielleicht noch zusätzlich private Probleme am köcheln.

Das alles braucht dann halt ein Ventil, der Dampf wird dann in der Regel dort abgelassen wo er ohne Hindernisse verpuffen kann.
Wenn ein betroffener dabei wäre, dann müsste man mit Feedback rechnen                                  und das ist ja nicht gewollt.

Am besten alles auf Band aufnehmen und wenn alle beisammen sind Play drücken und sich die dummen Gesichter ansehen.
Wäre aber nur empfehlenswert wenn ein neuer Job bereits in Aussicht ist. ;)
Jedoch wäre das ein Grund für ein ungezwungenes Dauerlächeln. :D
Die Nazis vollzogen auf ihre Weise, was die Sozialdemokratie sich immer erträumt hatte: eine »ordentliche Revolution«, in der alles ganz anders wird, damit alles so bleiben kann, wie es ist.

Zitat Schwarzbuch Kapitalismus Seite 278

oskar215

Gute Idee   :D

Werde ich im Herbst mal machen, wenn ich da abhaue...löl

Kater

ZitatJapanische Firma prüft Angestellten-Lächeln per Software

Freundlichkeit dem Kunden gegenüber wird in Japan groß geschrieben. Deshalb hat das Bahnunternehmen Keihin Electric Express Railway jetzt einen Software-Scan eingeführt, der das Lächeln der Angestellten automatisch bewertet.

Das System besteht aus einer Videokamera und einem Computer mit spezieller Gesichtserkennungs-Software. Diese analysiert laut der Tageszeitung "Mainichi Daily News" bestimmte Bereiche der Gesichter, darunter die Bewegung der Augen, die Lippenkrümmung und der Faltenwurf der Haut. Wer nicht kräftig genug lächelt, erhält über den Bildschirm Ratschläge wie "sie sehen noch immer zu ernst aus" oder "heben sie ihre Mundwinkel". Jeden Tag überprüfen die rund 530 Angestellten des Unternehmens ihr Lächeln auf diese Weise. Sie drucken außerdem ein Bild ihres "besten Lächelns" aus, um sich besser daran erinnern zu können. Entwickelt worden ist die "Lächelbewertungs-Software" von dem in Kyoto ansässigen Elektronik-Unternehmen Omron.
http://de.news.yahoo.com/12/20090714/ttc-japanische-firma-prueft-angestellten-a8a9a5f.html

Mosh

Kranker Scheiß !!!

Ich kenn das, hab das nen halbes Jahr mitgemacht bei meinem FÖJ. Andere haben das Jahr wohl (ohne Probleme?) im selbe Laden durchgezogen, aber ich bin ein gradeaus Typ und mir ging es echt schlecht nach dem halben Jahr. Ich war nicht mehr ich selbst, hatte starke Emotionsschwankungen und wusste nich weiter. Echt krank.... Ich lass mich nie wieder dazu zwingen mir ein Lächeln aufzwingen zu müssen!

Die FAU-Bremen hat nen Interview mit mir in der DA veröffentlicht:

ZitatLockmittel Umweltschutz?

Missbrauch und Schattenseiten des ,,Freiwilligen Ökologischen Jahres"

Jährlich absolvieren in Deutschland rund 2000 junge Menschen ein ,,freiwilliges ökologisches Jahr" (FÖJ). Wie ergeht es den FÖJlerinnen und FÖJlern dabei? Und wie steht es um Arbeitsbedingungen und Bezahlung? Die FAU Bremen sprach mit dem ehemaligen FÖJler Fedor Gracie*.

FAU-Bremen: Was war deine Motivation, ein FÖJ zu absolvieren?

Fedor: Ich sehe, wie mit der Welt umgegangen wird. Die momentane Gesellschaft lebt auf Kosten der Umwelt, und wenn nicht bald ein Richtungswechsel stattfindet, bekommen wir die Quittung für unser Verhalten. Irgendwer muss ja einen Anfang machen. Ich wollte etwas für meine Umwelt tun und dabei auch noch meine persönlichen Interessen mit einbringen. Ein Freund brachte mich auf das freiwillige ökologische Jahr. Zu diesem Zeitpunkt war ich höchst motiviert und habe mich quer durch Deutschland beworben. Letztendlich bin ich dann bei der Bremer-Umwelt-Beratung e.V. gelandet. Diese ist für die Beratung von Bürgern in Umweltfragen zuständig. Weiterhin gibt es dort Informationen und Gelder zur Förderung von umweltgerechten Renovierungsmaßnahmen. Um dort arbeiten zu können, musste ich umziehen: circa 250 Kilometer von meiner geliebten Heimatstadt weg.

FAU: Wie gestaltete sich dein FÖJ?

Fedor: Es war ganz anders, als erwartet. Gearbeitet habe ich in einem Büro. Meine Hauptaufgaben bestanden im Telefonieren, Leute in Listen eintragen und anderen Büroarbeiten, wie z.B. kopieren. Irgendwie hatte ich das Gefühl, der Arsch für alles zu sein.

FAU: Das hört sich an, als hättest du nicht wirklich etwas mit ökologischer Relevanz gemacht. Lag das an der Stelle, in der du dein FÖJ absolviert hast oder ging es anderen FÖJlern ähnlich?

Fedor: Inhaltlich habe ich so gut wie nichts gemacht. Die Arbeit machte keinen Spaß, und ein finanzielle Anreiz war auch nicht vorhanden: Ich musste 30 Stunden in der Woche für einen Lohn von 155 Euro ,,Taschengeld" und 77 Euro ,,Zuschuss für Unterkunft und Verpflegung" arbeiten. Das entspricht einem Stundenlohn von 2 Euro. Ich entschied mich also, das FÖJ nach sechs Monaten Arbeit zu beenden. Ab dann gilt das FÖJ als anerkannter Freiwilligendienst. So habe ich nach der in meinen Augen weggeworfenen Zeit zumindest etwas in der Hand. Bei anderen FÖJlern habe ich geteilte Meinungen über ihren Job gehört.

FAU: Kannst du das näher erläutern?

Fedor: Die Arbeitsumstände sind stark von der Einsatzstelle abhängig. Ich habe mit FÖJlern gesprochen, die 38,5 Stunden in der Woche arbeiten und sich über ähnliche Zustände beschweren. Für Organisationen mit ökologischen Kontaktpunkten lohnt es sich scheinbar, FÖJler als billige Bürokräfte zu benutzen.

Wir teilten unseren Unmut über diese Zustände bei der FÖJ-Zuständigen des Trägers eContur mit. Sie meinte, wir würden schon ökologisch relevante Arbeit leisten, indem wir den Einsatzstellen die Büroarbeit abnehmen und diese sich auf die eigentliche Arbeit konzentrieren könnten. Zu der offensichtlich schlechten Bezahlung sagte sie, dass sich viele Einsatzstellen sonst keine FÖJler mehr leisten könnten. Dieses Argument halte ich für nicht zutreffend! In anderen Bundesländern erhalten FÖJler weit mehr Geld, zudem entgeht uns ja auch nicht, wie viel die regulären Mitarbeiter in den jeweiligen Arbeitsstellen verdienen.

Mit den Einsatzstellen an sich scheint es auch viel Ärger zu geben. Ein anderer FÖJler arbeitete beim Tierheim. Diese Stelle wurde recht schnell gestrichen. Der Grund wurde mir trotz Nachfrage beim Träger nicht genannt. Eine weitere FÖJlerin beendete ihre Stelle aufgrund finanzieller Schwierigkeiten. Sie konnte von dem wenigen Geld nicht mehr leben. Als besonders heftig sehe ich folgenden Fall an: Bei einer FÖJlerin änderte die Chefin nachträglich den Teil des Vertrages, der die Krankheitsmeldungen regelt und nötigte die FÖJlerin, diesen zu unterschreiben. Die FÖJlerin arbeitet nun nicht mehr dort.

FAU: Warum wird denn nichts an den bestehenden Umständen geändert?

Fedor: Ich denke, dass dafür mehrere Faktoren verantwortlich sind. Das FÖJ ist auf ein Jahr begrenzt, was bewirkt, dass die FÖJler sich ohne zu Murren durchbeißen. FÖJler sind meist auch ziemlich jung, haben vielleicht gerade erst ihren Schulabschluss gemacht, und deshalb wenig Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt.

FAU: Gab es gewerkschaftlich organisierte FÖJler?

Fedor: (lacht laut) Nein, nicht dass ich wüsste. Ich denke, das FÖJ fällt in einen Bereich, der nicht das Arbeitsfeld der großen Gewerkschaften tangiert. Es verhält sich ähnlich wie mit der Generation Praktikum oder den Hartz IV-Empfängern: Es fehlt der nötige Widerstand, um die Situation zu verbessern.

FAU: Was kann denn gegen die prekären Arbeitsbedingungen gemacht werden?

Fedor: Ich denke ein gutes Mittel ist, Öffentlichkeit herzustellen. Oder mit den Menschen zu reden, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, um gemeinsam etwas gegen die bestehenden Umstände zu tun.

FAU: Abschließende Worte?

Fedor: Ja, also die Idee, die wahrscheinlich ursprünglich hinter dem FÖJ stand, finde ich weiterhin gut. Zudem möchte ich sagen, dass es sicherlich FÖJler gibt, denen ihre Arbeit Spaß macht. Ich appelliere an diese, sich einzusetzen und Solidarität zu zeigen, so dass auch den anderen FÖJlern und den nachfolgenden Generationen ihre Arbeit Spaß macht. Die Forderung nach einer angemessenen Vergütung teilen, so denke ich, alle FÖJler.

*Name geändert
Kontakt zur FAU Bremen:

http://www.fau.org/bremen

fauhb(a)fau.org

YA BASTA!

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