Wie lange maximal Krank ohne Kündigung

Begonnen von extasy, 11:45:58 Mo. 07.August 2006

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extasy

Ich bin Betriebsrat in einem Ambulanten Pflegedienst. Seid ich im BR bin bin ich permanenten Mobbing durch den Vorgesetzten ausgesetzt. Ich möchte ihm nun die Gelbe Karte zeigen. Aber leider gibt es ja auch Fälle wo man aufgrund zu langer Krankzeit gekündigt werden kann.

Was hat sich denn jetzt im Arbeitsrecht durchgesetzt ? Wie lange darf man als Arbeitnehmer krank sein im Jahr ?

uwenutz

Es ist weniger eine Frage der Krankheitsdauer, die eine Kündigung im
Krankheitsfalle ermöglicht als vielmehr eine Frage von bestimmten
Nachhaltigkeitsvariablen, die diese Kündigungsmodalität ermöglichen
würde. Erst einmal grundsätzlich, fällt ein Arbeitsverhältnis unter das
KSchG (Kündigungsschutzgesetz) und damit unter einem dem entspr.
allgemeinen Kündigungsschutz benötigt der Arbeitgeber für die in Frage
kommenden ordentlichen Kündigung einen wirksamen Kündigunggrund.
Da eine krankheitsbedingte Kündigung immer personenabhängig zu
beurteilen ist, sprechen wir von personenbedingten Gründen, die auf
den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers
beruhen. Folgende elementaren drei Voraussetzungen müssen der
rechtlich haltbaren personenbedingten Kündigung vorliegen:
1. eine negative Gesundheitsprognose, d.h.: zu dem Zeitpunkt
des Zugangs der Kündigungserklärung müssen objektive Tatsachen
vorliegen, die die ernste Möglichkeit künftiger Erkrankungen in dem
bisherigen Umfang erkennen lassen (Anzahl der bisherigen krankheits-
bedingten Fehlzeiten als Indiz als Zukunftsprognose. Der Arbeitgeber
muss allerdings die Fehlzeiten über einen längeren Beobachtungszeit-
raum (im Regelfall zwei bis vier Jahre) nach Zahl, Dauer und zeitlicher
Abfolge detailliert bezeichnen. Der Arbeitnehmer kann jedoch diese
Indizwirkung erschüttern, wenn er (durch ärztliche Gutachten)
nachweisen kann, dass mit seiner baldigen Genesung zu rechnen ist.
2. Interessenbeeinträchtigung: Die langandauernde Krankheit
muß betriebliche oder wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers
beeinträchtigen, d.h.:  in diesem Prüfungsschritt ist zu ermitteln, ob der
Ausfall des Arbeitnehmers zu Störungen im Betriebsablauf sowie zu
erheblichen wirtschaftlichen Belastungen (z. B. Engeldfortzahlungs-
kosten, Überstundenzuschläge für andere Mitarbeiter, Kosten für
Aushilfskräfte und Produktionsausfall) führt. Ist dies der Fall besteht
eine "erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen".
3. Interessenabwägung:
Zuletzt muß im Rahmen einer "Interessenabwägung" geprüft werden,
ob die durch die Krankheit verursachten Belastungen betrieblicher
Interessen aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles vom
Arbeitgeber noch hinzunehmen sind oder diese ein solches Ausmaß
erreicht haben, dass sie ihm nicht mehr zugemutet werden können.
Hier ist z. B. zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, wenn
die Krankheit mit den Arbeitsbedingungen im Betrieb im Zusammenhang
steht, das Arbeitsverhältnis bereits längere Zeit ungestört bestand,
Familienstand und Unterhaltsverpflichtungen höheren sozialen Schutz
erfordern oder die Situation auf dem Arbeitsmarkt für ihn besonders
schwierig ist. Zu seinen Gunsten wirkt auch, wenn die Ausfallquote bei
den übrigen Kollegen ähnlich hoch ist. Der Interessenabwägung kommt
in der Regel besonderes Gewicht zu. Fällt eines der drei beschriebenen
Voraussetzungen weg, liegt jenes nicht vor, ist eine krankheitsbedingte
Kündigung unwirksam.
Ein Sonderfall und besonders praxisrelevant ist die Kündigung wegen
häufiger Kurzerkrankungen. Grundsätzlich wird auch hier nach den
obigen Kriterien geprüft, ob eine Kündigung gerechtfertigt ist.
Umstritten ist allerdings in der Rechtsprechung, über welchen Zeitraum
die überdurchschnittlichen krankheitsbedingten Fehlzeiten in der
Vergangenheit zu ermitteln sind. Unstreitig ist zunächst, daß
Fehlzeiten, die auf eine einmalige Ursache zurückzuführen sind und
keinerlei Wiederholungsgefahr bergen, außer acht zu lassen sind. Z. B.
Fehlzeiten wegen inzwischen ausgeheilter Krankheiten oder
abgeschlossener Behandlungen wegen Unfallfolgen. Hinsichtlich der
ansonsten in Frage kommenden Krankheitstage ist die Rechtsprechung
allerdings recht uneinheitlich. Das Bundesarbeitsgericht hält
Fehlzeitquoten von sechs Wochen im Durchschnitt der letzten drei
Jahre für unschädlich, bei den Instanzgerichten liegt der "kritische"
ert zwischen 25% - 40% für den vorangegangenen Dreijahreszeitraum.,

extasy

Danke, das nenne ich mal eine ausführliche Antwort.

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