Der gelbe Schein

Begonnen von admin, 03:32:27 Di. 31.Dezember 2002

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

admin

In den vergangenen Jahren sank die Zahl der Krankmeldungen beständig aus Angst einen Scheiß-Job zu verlieren. In den Letzten paar Jahren hat sich die Zahl der Krankschreibungen aus psychischen Gründen mehr als verdoppelt. Die Leute drehen bei dem wachsenden Druck und Konkurenzkampf bei der Arbeit einfach ab.

DOKTOR CHEFDUZEN rät: Lieber einen "Gelben Schein" zuviel, als einen zuwenig!!!

MehrTyrer

Die Arbeit entfernt sich wieder vom Menschen. Waren es früher die physischen Anstrenungen, die den Menschen zu Grunde gerichtet hat, wird es immer mehr der psychische Druck.

Die Produktivität ist seit der Industriellen Revolution nicht nur durch zunehmende Mechani- und Technisierung unglaublich gesteigert worden. Einen großen Anteil hat auch, daß die Menschen selbst immer produktiver werden. Man denke doch nur an die Geschichten aus der Mitte des 20. Jahrhunderts - damals war die Wochenarbeitszeit zwar noch wesentlich länger - während der Arbeitszeit konnten viele doch aber eine ruhige Kugel schieben. Lange Mittagspausen oder Nichtstun, wenn der Chef grad nicht guckt. Inzwischen wird in den 38-40 vorgeschriebenen Stunden in vielen Betrieben richtig geschuftet - dazu werden Überstunden gemacht und in der Werbebranche gilt das auch noch als Auszeichnung.

Da gibt es 4,x Millionen Arbeitslose und niemand findet es merkwürdig in einem solchen Fall die Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeit wieder zu verlängern. Das führt doch nur zu einem - ab spätestens 50 werden wir von unseren Firmen aussortiert und dürfen dann noch bis 70 Arbeitslos sein. Da wir aber auch nicht gleich in den Job gefunden haben und zwischendurch auch noch arbeitslos waren, können wir uns lieber gleich den Strick nehmen.

Derweil gibt der Staat immer mehr Macht an die Wirtschaft ab und verliert damit jedes Druckmittel - wer will VW denn noch davon abhalten komplett in der dritten Welt zu produzieren, wenn es keine Staatsbetriebe mehr gibt, die dann dazu angehalten werden könnten, keine VWs mehr zu kaufen.

DeadBoy

"Die Arbeit entfernt sich wieder vom Menschen."

MehrTyrer,
es scheint, du glaubst auch an Marx´Theorie von der Entfremdeten Arbeit.
Ich teile das nicht. Mir ist es meist scheißegal welche Arbeit ich tue solange genug bei rüberkommt, die Arbeit nicht zu hart ist und die Zeit halbwegs vergeht. Wenn die Arbeit etwas stumpf und blöd ist habe ich zumindest den Kopf frei meinen eigenen Gedanken nachzuhängen.

Diejenigen, die sich sich mit ihrer Arbeit identifizieren wie heutzutage oft bei Medien- oder Computerjobs, lassen sich mehr ausbeuten als Leute in der Industie. Und Feierabend ist nicht Feierabend, man nimmt die Sorgen mit nach Haus und versucht sich selbst am Wochenende oder noch in der Nacht an Problemlösungen...

Davon mal ab kann ich Dir nur beipflichten!

Headache

Man braucht nur ins Forum "lieber Krankfeiern als Gesundschuften" reinzuschauen und man sieht wie der Hase läuft: diejenigen, die auf Teufel-komm-raus sich ein paar Tage Arbeitsfrei oranisieren wollen, haben mit Abstand am häufigsten den "Nervösen Erschöpfungszustand" angeklickt.

Ist es nicht erbärmlich?
In den 80er Jahren war die Jugendszene aus eigenen Stücken frei von Arbeit. Diejenigen, die sich aus freien Stücken in die Ausbeutungsmühle geworfen haben und keine weiteren Träume als "Kindermachen & Reihenhaus" hatten, nannte man einfach Zombies.

Heutzutage hat man die Wahl zwischen am-Hungertuch-nagen-und-völlig-verschuldet-sein und (jetzt kommt die großartige Alternative:) Nix-mehr-vom-Leben-haben-und nix-mehr-als Arbeit-kennen. Bei Letzterem ist die einzige Hoffnung: Ein paar Tage FREI wegen Überarbeitung.

Tolle Sache! Da freuen wir uns doch wenn die Gewerkschaften ARBEIT FÜR ALLE fordern.

Traurig, aber wahr:

Weil man nicht zusammen WENIGER ARBEIT erkämpft hat, läuft man nun allein zum Arzt um ihm etwas vorzuspinnen um als Notnagel zumindest den Gelben Schein zu kriegen.

Gerade eben (20.10.03) wurde im Radio berichtet:
Der Krankenstand ist im Vergleich zum Vorjahr um weitere 11,2% gesunken. Das Klima der Angst breitet sich immernoch aus und Leute schleppen sich noch Krank zur Arbeit.

Ich glaub´ich spinne!


ZitatDOKTOR CHEFDUZEN rät: Lieber einen "Gelben Schein" zuviel, als einen zuwenig!!!

Zitat
 Die Angst vor der Krankmeldung

Der Krankenstand in den Betrieben ist im Jahr 2003 auf ein Rekordtief seit 1990 gefallen. Gegenüber 2002 sanken die krankheitsbedingten Fehlzeiten erneut um zehn Prozent. Dies gehe aus neuen Statistiken des Bundesgesundheitsministeriums hervor, berichtet die Tageszeitung "Die Welt" in ihrer Montagausgabe. Danach fehlten die Arbeitnehmer 2003 rund 3,6 Prozent der Sollarbeitszeit. Dies entspricht neun Arbeitstagen. 2002 habe die Fehlzeit noch 4,0 Prozent betragen.

Arbeitsmarktforscher nannten der Zeitung als Gründe für den niedrigen Krankenstand die schwache Konjunktur und die Angst der Arbeitnehmer, in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit den Job zu verlieren.

Im Jahresdurchschnitt fehlten die ostdeutschen Arbeitnehmer häufiger als ihre Kollegen im Westen. Insgesamt seien die Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren seltener krank gewesen als in der ersten Hälfte der 90er Jahre, schreibt die Zeitung.
 
 
 Stand: 28.12.2003  

wie lange dauert es noch, bis die Angst in Wut umschlägt!?!"

Reit-Igel

Die Arbeitslosigkeit steigt.
Jemand, der Arbeitslos ist, wird es theoretisch absolut vermeiden, krank zu sein, da er damit kaum Aussicht auf einen Job hat. Ausnahme: man möchte einen bestimmtn Job auf gar keinen Fall antreten müssen.

Jemand der Arbeitslos ist, muß nicht unbedingt zum Arzt gehen, wenn er krank ist (außer, er/sie ist in so´ner verfickten Massnahme).

Ich glaube nur der Statistik die ich selber verfasst habe
.

Gruß Birthe

ManOfConstantSorrow

Bei diesem Thema werden stets alle Rekorde gebrochen! Wie lange geht es wohl noch weiter, daß sich Leute aus Angst vor Kündigung oder anderen Nachteilen krank zur Arbeit schleppen?

ZitatDeutschlandfunk:

Der Krankenstand in deutschen Betrieben ist 2004 auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken.
Wie die Zeitung "Die Welt" unter Berufung auf das Bundesgesundheitsministerium berichtet, hat 2004 jeder deutsche Arbeitnehmer durchschnittlich etwa sieben Tage gefehlt. Dem Bericht zufolge ist der Krankenstand im Westen sogar niedriger als je zuvor seit Einführung der Statistik 1974.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow


Niedriger Krankenstand spart Arbeitgebern eine Milliarde Euro


Berlin (dpa) - Der historisch niedrige Krankenstand dürfte den Arbeitgebern nach Schätzung des Bundesgesundheitsministeriums im ablaufenden Jahr rund eine Milliarde Euro Einsparung bringen. Mit einem Rückgang auf 3,4 Prozent sei der Krankenstand 2004 auf das niedrigste Niveau seit der Einführung der Lohnfortzahlung im Jahr 1970 gesunken, teilte das Ministerium mit. Schon 2003 seien die Arbeitgeber durch sinkenden Krankenstand um etwa 1,5 Milliarden Euro entlastet worden.

dpa/online vom 29.12.2004
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

shekido

Tja. Ich war krank und bin dennoch zur Arbeit gegangen, weil ich sonst wahrscheinlich meine Stelle nicht bekommen hatte. Und jetzt muss ich Dinge machen, die mir völlig gegen den Strich laufen, bloß um nicht wieder vom Amt unter Druck gesetzt zu werden. Ich hasse diesen Zwang, sinnwidrig handeln, sogar *lügen* zu müssen, bloß um nicht in eine noch schlechtere Situation zu geraten... Aber bald bin ich raus aus meinen Schulden und hätte dann wieder keine Angst mehr vor Harz IV...
Krank finde ich an diesem System, dass Leute Geld bekommen dafür, dass sie Geld nicht in Ihren Schränken (auf Ihren Konten oder wieauchimmer) wegsperren - Zinsen. "Freigeld", "Wörgel" oder "Robinsonade" etc. sind hierzu interessante Stichworte. Ich halte Zinsen tatsächlich für eines der Grundübel dieser Gesellschaft. Sie erzwingen über die Zeit geradezu eine ungerechte Verteilung des Besitzes und der Chancen, ein relativ selbstbestimmtes, gutes Leben zu führen.

Beste Wünsche,
shekido.

  • Chefduzen Spendenbutton