Gewerkschaften

Begonnen von GotthilfFischer, 18:50:13 Mi. 12.Februar 2003

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Fritz Linow

Laut Geschäftsbericht erzielte die IG Metall im Jahr 2018 allein durch Mitgliedsbeiträge Einnahmen von 600 Mio Euro. Für Streiks wurden bummelige 28 Mio ausgegeben. Die Personalkosten beliefen sich auf 124 Mio Euro. Dieses Geschäftsmodell hat keine Pointe.


https://www.igmetall.de/download/20191104_IGM_Geschaeftsbericht_2015_2018__gesamt2__01b426da7c85f3facc1c2c0a00103377beef8037.pdf

Kuddel

Die Zeit bringt ein Beispiel aus Österreich.

ZitatVerwirrende Kampfansagen
Im Konflikt bei Laudamotion stellen sich die schlecht bezahlten Angestellten gegen ihre eigene Gewerkschaft.
ZitatEr stand vor Angestellten, die in der Gewerkschaft keine Verbündeten, sondern Gegner sahen. "Wir müssen uns fragen, wie wir die Menschen in den Unternehmen heute erreichen."
ZitatMan müsse zur Organisation werden, in der sich alle solidarisieren, die einen vermeintlich übermächtigen Gegner haben – vom selbstständigen Lkw-Fahrer und der Leiharbeitskraft bis zum Kapitän. "Wir müssen uns wandeln von einer Arbeiterbewegung – und ich verwende bewusst die männliche Form", sagt Hebenstreit, "hin zu einem Interessenverband der Arbeit in ihrer vielfältigen Form." Es klingt wie eine Kampfansage an die eigene Organisation. Es wäre eine andere Gewerkschaft.
https://www.zeit.de/2020/25/laudamotion-tarifverhandlung-arbeitnehmer-gewerkschaft-solidaritaet

Kuddel

Ich finde dieses Abwarten, das Schweigen zu den entscheidenden Konflikten ziemlich bedrückend.

Es stehen die größten Massenentlassungen und Angriffe auf die Arbeitsbedingungen in der Geschichte der Bundesrepublik an und man duckt sich einfach weg und hofft darauf, es möge vorüberziehen, wie ein Gewitter.

Wir müssen uns wehren und sollten uns bereits im Vorfeld Gedanken machen, welche Möglichkeiten es denn gin. In der Bundesrepublik der letzten Jahrzehnte sind die Kampferfarungen eher dünn gesät.

Ich habe kein Interesse an einem Gewerkschaftsbashing, ich stelle aber fest, daß die Gewerkschaften nicht nur unvorbereitet sind, sie wollen auch nicht kämpfen. Das einzige, was sie interessiert, ist mit ihrer Standortpolitik die Deutsche Wirtschaft gegen die ausländische Konkurrenz zu verteidigen.

Zitat"In so einer Situation ergeben Streiks keinen Sinn"
Bis zu 26.000 Jobs sollen bei der Lufthansa wegfallen, trotz Rettung durch den Staat. Gewerkschafterin Christine Behle will im Aufsichtsrat für den Erhalt von Stellen kämpfen - auch wenn das oft aussichtslos scheint.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/lufthansa-aufsichtsraetin-zum-stellenabbau-in-so-einer-situation-ergeben-streiks-keinen-sinn-a-244377a8-8176-4c99-b9b2-5029ca0a21f1

Im Aufsichtsrat kämpfen. Was für eine Lachnummer!

Warum werden nicht überall Kampfstrukturen für anstehende betriebliche Kämpfe diskutiert?

Ferragus

Es wäre doch begrüßenswert, wenn die Kritik am DGB und seine Unfähigkeit in Bezug auf den Klassenkampf mal pointiert in einer Broschüre oder Ähnlichem zusammengefasst würden - vielleicht gibt es da bereits auch etwas. Jedenfalls müssen diese enttäuschenden Erfahrungen weitergegeben und tiefgehend reflektiert werden. Wenn es wirklich an den Aufbau neuer Strukturen ( seien es Betriebsgruppen oder Solidaritätsnetzwerke oder Unionen etc.) in größerem Maßstab gehen sollte, dürfte eine solche Analyse große Bedeutung bekommen. Auch für viele jüngere Mitglieder der FAU, denen die entsprechenden Erfahrungen fehlen, wäre eine solche Zusammenstellung sehr hilfreich - vor allem wenn sie die Weiterentwicklung ihrer syndikalistischen Gewerkschaft voranbringen und nicht eine unwiderbringliche Organisation der Vergangenheit restaurieren wollen.

Kuddel

ZitatLobbyisten besonderer Art

Gewerkschaftsführer werben für Subventionen in "ihre" Betriebe


Der Vorsitzende der IG-Metall Jörg Hoffmann betätigt sich als Lobbyist, indem er im gemeinsamen Interview mit Arbeitsminister Hubertus Heil für Subventionen wirbt zugunsten der deutschen Elektro- und Metallindustrie, und zwar in Form eines staatlichen Zukunftsfonds': "Denn ob die Transformation unserer Industrie weg vom Verbrenner gelingt, entscheidet sich in den Regionen, in denen viele Zulieferer-Betriebe vom Verbrenner abhängen. Der Zukunftsfonds für die regionalen Initiativen und die Weiterbildungsverbünde können helfen, den Umbau aktiv anzugehen." (WAZ, 23.11.2020)
https://www.heise.de/tp/features/Lobbyisten-besonderer-Art-4975991.html

Fritz Linow

Zitat4.2.21
Stahlbranche: Die fragwürdige Politik der IG Metall

Die größte Gewerkschaft des Landes hat einen Rekonstruierungstarifvertrag bei den Deutschen Edelstahlwerken abgeschlossen. Wer aber profitiert davon?

"Die Zukunft der Deutschen Edelstahlwerke ist gesichert", vermeldete die Westdeutsche Allgemeine Zeitung am 30. Januar, schränkte das Urteil aber mit dem Beisatz "zumindest für die kommenden zwei Jahre" ein. Das Blatt führte weiter aus: "Die Arbeitnehmer verzichten zur Rettung des kriselnden Unternehmens auf Urlaubs- und die Hälfte des Weihnachtsgeldes. Im Rahmen eines Sozialplans können aber bis 2024 bis zu 400 Stellen abgebaut werden."
(...)
https://www.heise.de/tp/features/Stahlbranche-Die-fragwuerdige-Politik-der-IG-Metall-5045365.html

Kuddel

Irgendwie bewegt sich in dem Bereich wenig.

ZitatPetra Zahradka ist Feinmechanikerin bei Jenoptik und Gewerkschafterin, obwohl sie 1993 einmal im Zorn austrat
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-frauenstreik-tut-uns-gut

Wenn man mit Leuten redet, kommt man immer wieder darauf, wie wenig die Gewerkschaften bei uns taugen. Dann heißt es stets, man sei neidisch auf die Situation in Frankreich.

Hier sind die Gewerkschaften nicht nur lasch und ohne Biß. Mit ihrer Sozialpartnerschaft verhalten sie sich als Comanager, sie verteidigen das System der Ausbeutung und wollen es bestenfalls ein wenig abmildern.

Es wird auf die Gewerkschaften geschimpft, man tritt aus und entweder zieht man sich zurück aus den betrieblichen Auseinandersetzungen oder man tritt wieder ein in diese Gewerkschaften. Sie sind ja schließlich die einzige Vertretung der Beschäftigten.

Warum eigentlich?

counselor

Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

ZitatVW-Betriebsratschef wechselt die Seiten

Der "König von Wolfsburg" hat einen neuen Job: Bernd Osterloh war der größte Kontrahent von Volkswagen-Chef Herbert Diess. Jetzt wird er selbst Vorstand.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/volkswagen-osterloh-1.5273678

Ich sehe da keinen Seitenwechsel. Osterloh sah sich schon immer als Co-Manager und jetzt kriegt er den Lohn dafür, die Arbeiter so lange verraten zu haben.

Kuddel

Es ist so ein wichtiges Thema:
Wie organisiert man, bzw. organisieren die arbeitenden Menschen sich selbst?
Wenn man ersthaft die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern will, kommt man an der Organisierung der Beschäftigten nicht vorbei. Die scheißverkackten sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften wollen jedoch nichts anderes als eine Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft zum Rest der Welt und sie sorgen für eine betriebliche und gesellschaftliche Friedhofsruhe bis ans Ende aller Tage.

"Faire Mobilität" organisert prekäre migrantische Beschäftigte. Faire Mobilität macht eine recht gute Arbeit. Es sind teilweise wirklich gute Leute in den Strukturen unterwegs. Finanziert wird das Ganze von der Bundesregierung und vom DGB. Was führen die Geldgeber im Schilde?

Es fehlt an einer lebendigen Diskussion über Gewerkschaftsarbeit. Woran lag das Scheitern der RGO (Revolutionäre Gewerkschaftoposition) in den 70ern, warum sind die Basisgewerkschaften so schwach?

Ist die Arbeit innerhalb der Verdistrukturen bei Amazon ein neuer Aufguß alster gewerkschaftslinker Politik?

Bei den Gorillas heißt es "Der Streik wird vom Gorillas Workers Collective organisiert" und "das auch die Vorwahl zum Betriebsrat initiierte".

Der Streik wird scheinbar von der Betriebsgruppe organisiert, "Weder die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), die zunächst auch bei der Betriebsratswahl involviert war, noch Verdi hätten vorab von der Arbeitsniederlegung gewusst oder seien daran beteiligt", schreibt busisnesinsider (https://www.businessinsider.de/gruenderszene/food/gorillas-streik-fahrer-gekuendigt-a/)

Ferragus hat sich leider im Forum rar gemacht. Ich habe seine Beiträge zum Thema gern gelesen. Es wäre schön, wenn hier eine kontinuierliche Diskussion entstehen könnte...


Kuddel

Fairwandel? Die IGM hat nen Sockenschuß.

ZitatFairwandel? Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft!

Für den 29. Oktober ruft die IG Metall zum bundesweiten Aktionstag ,,Fairwandel" auf. Deutschlandweit soll es in vielen Bezirken an diesem Tag Aktionen, Kundgebungen, Demos usw. geben. Mit dem Aktionstag will die IGM Druck machen auf die Politik. Diese soll dafür sorgen, dass der Umbau der Industrie auf neue Technologien fair, sozial und ökologisch verlaufe. Dazu brauche es eine ,,faire Lastenverteilung" so Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. Doch ist was wirklich in unserem Interesse? Wollen wir Arbeiter:innen eine ,,faire Lastenverteilung" bei der Einführung neuer Technologien in der Industrie? NEIN!

Die Kapitalist:innen der großen Monopole haben durch die Ausbeutung unserer Arbeitskraft in den vergangene Jahrzehnten Milliarden Gewinne eingefahren. Und nun sollen wir mit Lohnverzicht, längeren Arbeitszeiten, Beschneidung von Alterssicherung, Werksschließungen und Massenentlassungen für die Einführung neuer Technologien bezahlen. Wir sagen NEIN!

Statt Bitten an die zukünftige Regierungskoalition zu stellen und einen ,,fairen Interessensausgleich" zwischen Monopolen und uns als Arbeiter:innenklasse zu fordern, müssen wir gegen die Abwälzung der Kosten der Krise auf unseren Rücken kämpfen! Überall dort wo die Angriffe des Kapitals auf uns treffen, müssen wir uns zusammenschließen und diese Angriffe mit Streiks beantworten.

Fairwandel? Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft!
https://betriebskampf.org/2021/10/25/fariwandel-klassenkampf-statt-sozialpartnerschaft/

Naja. Ist ja gut gemeint und richtig.

BGS

Zitat
Research - 02.11.2021 klo 09.24

Strong trade union movements narrows income differences

According to a recent study, broad collective agreement coverage appears to be particularly effective in reducing ...
As regards income differences, the study's findings were clear: trade union action narrows income differences. On the other hand, Näätänen's study indicates that trade union action does not appear to have any clear impact on companies' international competitiveness one way or another.the number of people living below the poverty line and levelling out income differences. ... .

Countries with a strong trade union movement have high levels of social protection

In the Nordic countries, for example, the trade union movement is strong and there are relatively few poor people. Great Britain, Ireland and New Zealand are examples of countries at the other extreme. In these countries, relatively high numbers of people live below the poverty line, but collective agreement coverage is not comprehensive.

... .

Quelle: https://www.pam.fi/en/news/strong-trade-union-movements-narrows-income-differences.html?dir=DESC&q=fack+terminalarbeare&cem_token=16192d00777679&cem_channel=cem%2C5c012cd1e689f

Von Deutschland ist keine Rede... .

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

ManOfConstantSorrow

Ich weiß nicht ob es zu früh und zu optimistisch ist...
Ich habe den Eindruck, wir können gerade spannende Entwicklungen verfolgen.

App basierte- oder Plattformarbeit, "Gig-Work" gilt das DAS Zukunftsmodell. Jeder ist Freelancer, man hat quasi keinen Chef und keine Kollegen. Jeder steht für sich allein und wird von Algorithmen gesteuert.

Und in diesem Bereich entsteht eine weltweite Rebellion. Die Art, wie man sich (global) organisiert, könnte die Arbeiterbewegung revolutionieren. Die traditionellen Gewerkschaften stehen am Rande und scheinen nicht zu kapieren, was sich da entwickelt.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung wird ohne den Kampf in der Arbeitswelt nicht möglich sein.
Gewerkschaften kämpfen für den Erhalt der Arbeitsbedingungen im besten Falle für Lohnerhöhungen. Das deutsche Arbeitsrecht will auch nicht mehr zulassen und Gewerkschafter verstecken sich hinter diesen Regeln. Ich sehe die Gewerkschaften nicht als Motor gesellschaftlicher Umwälzungen, ganz im Gegenteil. Ich gerate auch immerwieder mit Gewerkschaftslinken aneinander, die von den gewerkschaftlichen Traditionen geprägt sind.

Die feministische Bewegung und die Umweltbewegung halte ich für die spannendsten Entwicklungen zur Zeit.
Der "Frauenstreik" hat in Deutschland bisher eine eher symbolische Form und ich sehe noch nicht, daß er in der Arbeitswelt angekommen ist. Als Fridays for Future zu einer echten Massenbewegung geworden ist, versuchten die Gewerkschaften, die an Relevanz und Mitgliedern verlieren, sich da irgendwie ranzuhängen. Der Aufruf, sich am "Klimastreik" zu beteiligen (war es der DGB oder Verdi?) und für die Teilnahme am Massenprotest Urlaub zu nehmen, war ja ein schlechter Witz. Ein Streik, für den man Urlaub nimmt, ist kein Streik.

Vielleicht kommt es nun zu weiteren Begnungen von betrieblichen Kämpfen und Kämpfen um die Umwelt. Im günstigsten Fall kann es die gesamte betriebliche Kampfestradition (die in Deutschland für'n Arsch ist) über den Haufen werfen und die Karten neu mischen. Auf eine Veränderung innerhalb der verkrusteten Gewerkschaftsstrukturen habe ich jede Hoffnung fahren lassen. Sie muß von außen ausgelöst werden.

Es muß aber auch innerhalb der Klima- und Umweltbewegung noch viel diskutiert und gelernt werden. In Bezug auf gesellschaftliche Zusammenhänge ist man noch reichlich naiv und verpeilt. Antikapitalistische Parolen sind folgenlose Worthülsen.

Kuddel

ZitatVerdienste von Millionen Tarifbeschäftigten steigen so langsam wie noch nie
Die Tarifverdienste haben im dritten Quartal zum Vorjahr im Schnitt leicht zugelegt. Die hohe Inflation können sie bei weitem nicht ausgleichen.
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/tarifverdienste-verdienste-von-millionen-tarifbeschaeftigten-steigen-so-langsam-wie-noch-nie/27846658.html

Hat der DGB ja gut hingekriegt.

Kuddel

Vom DGB erwarte ich stets nur das Schlimmste.
Aber damit habe nicht einmal ich gerechnet:

ZitatDGB stellt sich hinter das 100-Milliarden-Aufrüstungspaket der Regierung

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat sich in einer gemeinsamen Erklärung im wesentlichen hinter die aktuelle Linie der Bundesregierung im Ukraine-Konflikt gestellt. Die ,,scharfen wirtschaftlichen Sanktionen" werden befürwortet. Zudem habe die Regierung ,,zu Recht verteidigungspolitisch schnell" reagiert. Damit dürfte das 100-Milliarden-Aufrüstungspaket gemeint sein.
https://perspektive-online.net/2022/03/dgb-stellt-sich-hinter-das-100-milliarden-aufruestungspaket-der-regierung/

Ich bin fassungslos!


dagobert

Zitat von: Kuddel am 19:43:55 Fr. 04.März 2022
Vom DGB erwarte ich stets nur das Schlimmste.
Aber damit habe nicht einmal ich gerechnet:
Der DGB hat Hartz IV befürwortet, die DGB-Funktionäre führen sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit als Co-Manager auf, statt als Arbeitnehmervertreter, und wenn es um den "Standort Deutschland" geht, sind die DGB-Gewerkschaften auch immer vorne mit dabei.
Für mich passt das ins Bild.

Nicht zu vergessen: Rüstungsaufträge sichern Arbeitsplätze. Da kann der DGB nicht widersprechen.
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Kuddel


Kuddel

@dagobert, ich kenne diese Hintergründe des DGB Apparats.
DGB Chef Reiner Hoffmann kriegt 13.500 Euro (Zahl von 2018) monatlich und gehört zur Atlantikbrücke (https://www.atlantik-bruecke.org/die-atlantik-bruecke/gremien/ ruhig lesen!)

Der DGB hat aber 6 Millionen Mitglieder. Die sind ja nicht dabei, weil sie solchen Scheißdreck gut finden.
Sie wissen da eine Rechtsschutzversicherung zu haben und darüber hinaus hoffen sie, daß sie zumindest ganz grob eine Vertretung für ihre Interessen als Arbeiter zu haben. Daß das alles nicht so dolle ist, weiß heute eigentlich jeder.

Daß der DGB jedoch so offen und krass sich gegen die Interessen der Arbeitenden wendet, ist alles andere als normal.
Daß sowas lautlos über die Bühne geht, kann ich mir nicht vorstellen.

Kuddel

DGB unter neuer Führung

Yasmin Fahimi


  • seit 1986 SPD-Mitglied, 2014-15 Generalsekretärin
  • seit Juni 1998 Mitglied der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie IGBCE
  • August 2001 Entsendung zur XXIII. Deutsch-amerikanischen ,,Young Leader"-Konferenz der Atlantikbrücke e.V.
  • 2016 - 2017 Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Der DGB bleibt sich treu.
Organisation zur Kontrolle der Arbeiterklasse mit Einbindung in Staat und Atlantikbrücke.
(Die IGBCE ist die reaktionärste und untermerfreundlichste der DGB Gewerkschaften)

ZitatKünftige DGB-Chefin Yasmin Fahimi
"Scholz weiß, dass er keinen Schmusekurs kriegt"
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/fahimi-interview-dgb-1.5544054?reduced=true

       

ManOfConstantSorrow


(...)

Als aktive Gewerkschafter:innen fordern wir:

   

  • Ein Ende der Militäroffensive der russischen Armee: sofortiger Abzug der Truppen und ein Ende der Bombardierungen!
  • Rückzug von NATO-Truppen und Nein zur NATO-Osterweiterung! Keine Waffenlieferungen an die Ukraine!
  • Ausstieg Deutschlands aus der NATO und Kampf für die Auflösung der NATO! Stopp aller Auslandseinsätze der Bundeswehr!
  • Arbeiter:inneneinheit gegen Krieg und Aufrüstung
  • Für eine starke internationale Anti-Kriegsbewegung, maßgeblich angeführt von Gewerkschaften – bis hin zu Mobilisierungen und notfalls Arbeitsniederlegungen (z.B. bei Waffen- und Truppentransporten, wie Kolleg:innen in anderen Ländern es bereits in der Vergangenheit gemacht haben)
  • Unterstützung des Aufbaus unabhängiger Gewerkschaften in Russland und in der Ukraine
  • Keinerlei Repression und Einschränkungen der Presse- und der Meinungsfreiheit in Russland und der Ukraine
  • Schluss mit den Inhaftierungen von Kriegsgegner*innen
  • Aufnahme aller Asylsuchenden und Geflüchteten unabhängig vom Pass, gegen rassistische Selektion an den Grenzen
  • Stopp der Sanktionen! Keine Preiserhöhungen!
  • Der DGB und seine Gewerkschaften dürfen ihre antimilitaristischen Positionen nicht aufgeben!
            Wie in der Erklärung des DGB vom 25.2.22 geschrieben: Nein zu allen Waffenexporten
            Wie 2019 vom DGB beschlossen: Nein zum Ziel von Rüstungsausgaben nach Vorgaben der NATO (zwei Prozent des jährlichen BIP)
  • Gegen den Sonderetat von 100 Milliarden zur Ausrüstung der Bundeswehr u.a. mit atomwaffenfähigen Kampfjets
  • Gegen jede Kürzung in anderen Bereichen der öffentlichen Versorgung für die Finanzierung des Sonderetats von 100 Mrd. Euro und gegen eine Erhöhung des jährlichen Rüstungshaushaltes
  • Stattdessen dieses Geld gesellschaftlich sinnvoll nutzen – für ein massives Investitionsprogramm in die Bereiche Gesundheit, Bildung, Soziales mit ausreichend Stellen und Bezahlung nach Tarif sowie Unterstützung für Geflüchtete aller Herkunft!
(...)

https://www.vernetzung.org/gewerkschafterinnen-gegen-krieg-und-aufruestung-2/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Lesenswert:

ZitatGewerkschaften sind gut – aber nicht gut genug

Damit die arbeitende Klasse das Kapital herausfordern kann, muss sie organisiert sein – und dafür sind Gewerkschaften unentbehrlich. Doch um den Kapitalismus zu überwinden, reicht das nicht.


Gewerkschaften nehmen seit Langem eine widersprüchliche Stellung in der marxistischen Theorie ein. Als Ausdrucksmittel der arbeitenden Klasse sind sie unerlässlich, damit man als handlungsfähiges Kollektiv auftreten kann. Und sie sind zudem ein essenzielles Instrument im Arbeitskampf. Wenn wir über die »arbeitende Klasse« oder eine »Aktion der Arbeiterklasse« sprechen, betrachten wir üblicherweise entweder Aktionen von Arbeitenden, die bereits in Gewerkschaften organisiert sind oder genau das erkämpfen wollen. Gleichzeitig offenbaren sich Gewerkschaften als mangelhaftes und unzureichendes Vehikel für die arbeitende Klasse, um eine der zentralen Ziele der marxistischen Theorie zu erringen: den Umsturz des Kapitalismus. Als Organisationen, die hauptsächlich mit Arbeitgebern über Löhne, Sozialleistungen und Arbeitsbedingungen verhandeln, existieren Gewerkschaften nur in Relation zu den Kapitalisten. Dadurch entwickelten sie sich fast zwangsläufig zu reformerischen Institutionen, die Arbeitsverhältnisse entschärfen und verwalten, aber nicht transformieren.
(...)
https://jacobin.de/artikel/gewerkschaften-barry-eidlen-hal-draper-robert-michels-operaismo-new-unions-us-knights-of-labor/

Kuddel

ZitatBraucht es noch Gewerkschaften? Wenn ja: welche?
Eine notwendige Debatte


Schon lange nicht mehr waren so wenige Beschäftigte in einer Gewerkschaft organisiert: Derzeit sind es nur noch 17 Prozent aller Lohnabhängigen; bei den Jüngeren ist es nur jede/r Zehnte. Und die Zahlen sinken weiter. In Großbetrieben mit Betriebsrat und im öffentlichen Dienst sind Organisationen wie die IG Metall, ver.di oder die Gewerkschaft Nahrung-Gaststätten-Genussmittel (NGG) noch präsent. Aber wer kümmert sich um das neue Prekariat der Solo-Selbständigen, um die einsamen Arbeitskräfte der digitalen Ökonomie, um die Ausgegrenzten und Marginalisierten? Und wer mobilisiert sie? Marschieren die Gewerkschaften in die Bedeutungslosigkeit? Läuft da was falsch? Versagt die Bewegung? Ist sie zu verkrustet, zu institutionell, zu unpolitisch? Die Gewerkschaften, sagte einmal der französische Soziologe Pierre Bourdieu, »müssen sich ständig wandeln, um bestehen zu können«. Aber in welche Richtung? Müssen sich die Gewerkschaften neu erfinden?

Eine Diskussion mit Johanna Vogt, Moritz Gallus und anderen jungen Aktiven von Konstanzer Einrichtungen und Betriebsgruppen, mit Manuel Oestringer  vom Klimacamp Konstanz und N.N. von der anarchosyndikalistischen FAU.

Termin: Mittwoch, 25. Mai 2022, 20 Uhr
Ort: Bürgersaal, Stephansplatz Konstanz
Freier Eintritt. Es gelten die aktuellen Corona-Regeln.
https://druck-machen.net/braucht-es-noch-gewerkschaften-wenn-ja-welche/

Ferragus

der jacobin-text "Gewerkschaften sind gut – aber nicht gut genug" ist weitausholend und wirklich gut . Ein Hinweis auf den rev. Unionismus vermisst man etwas (d.h. Verschmelzung von ökonomischen und politischen Kampf in einer Organisation).Den Schlusssatz teile ich nicht: sicherlich sehen wir Militanz bei Aktionen der  Lohnabhängigen gern, aber solange sie nicht begreifen, warum sich ihre eigenen Organisationen bürokratisiert und in eine konservative Kraft umgewandelt haben, und keine praktischen Mittel dagegen gefunden werden, solange kommen wir nicht voran.

Kuddel

Zitat Gewerkschafterinnen, fürchtet euch nicht!
Arbeitskampf. Nur mit einem radikalen Neuanfang kommen die Gewerkschaften aus ihrem Tief. So könnte er aussehen
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/arbeitskampf-wie-die-gewerkschaften-gerettet-werden-koennen

Ich halte betriebliche Kämpfe für das bedeutendste Mittel für die grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse.

Ich teile aber die Hoffnung nicht, daß die DGB Gewerkschaften ein geeignetes Mittel zur Organisierung dieser Kämpfe sind. Seit mindestens 50 Jahren hofft man, wenn Linke in die Gewerkschaften gehen, sie daraus kämpferische Organisationen machen können. Sie haben sich irgendwann in dem Apparat verschlissen, haben resigniert oder reden immernoch den gleichen Mist wie vor Jahrzehnten... doch sie erreichen nichts. Ich halte den DGB für ebensowenig reformierbar wie Vatikan oder FIFA.

Den Aktivisten bei Amazon ist unglaubliches gelungen, sie haben nicht nur gewerkschaftliche Strukturen genutzt für ihre Organisierung und ihren Kampf, ihnen ist es auch gelungen, einen großen Freiraum innerhalb des Gewerkschaftsapparats zu entwickeln. Sie erhielten ein Kontigent an Streiktagen, über die sie spontan und autonom entscheiden können, ohne die Gewerkschaft um Genehmigung bitten zu müssen. Das ist aber eine Ausnahmesituation bei Amazon. Das lag einerseits an der besonderen Situation, daß der US Konzern den Laden völlig gewerkschaftsfrei halten wollte und Verdi es nicht ungern sah, daß ein paar klassenkämpferische Aktivisten ihr nun mehrere Tausend neuer Mitglieder beschert haben. Außerdem waren es recht gewiefte Betriebsaktivisten, die mit einem geschckten Umgang mit Verdi in diese Position gekommen sind.

Ich kenne auch andere, die nicht nur eine Verbesserung betrieblicher Bedingungen anstreben, sondern einen Umsturz der gesellschaftlichen Verhältnisse, die in DGB Gewerkschaften organisiert sind. Sie treffen sich und diskutieren außerhalb der gewerkschaftlichen Strukturen, haben teilweise Leute im Betriebsrat und/oder Betriebsgruppen. Ich finde das gut. Eine solche Gruppe hat auch einen Wilden Streik auf die Beine gestellt, also einen Arbeitskampf jenseits der Gewerkschaft.

Ich finde erstmal alles gut, was dazu beiträgt, daß Kämpfe innerhalb des Ausbeutungssystems entstehen. Das können Leute in der Gewerkschaft sein, die auch bereit sind, einen gewerkschaftsunabhängigen Kurs zu fahren. Es können Basisgewerkschaften sein, die sich nicht auf den beschissenen sozialpartnerschaftlichen Kurs des DGB eigeschworen haben, sondern für den aktiven Kampf mit den Kollegen stehen oder diejenigen, die einfach mit Basisarbeit und Betriebsgruppen Kämpfe vorantreiben wollen.

Auch die aktuelle Krankenhausbewegung ist sehr inspirierend, die sich außerhalb der bürokratischen Gewerkschaftstradition bewegt und die Spaltungen zwischen Pflegekräften, Servicepersonal und Ärzten überwindet und auch Unterstützer von Außen einbezieht, wie Patienten, Angehörige oder Stadtteilgruppen und andere.

ZitatYasmin Fahimi steht für einen Neuanfang. Misslingt er, ist es mit der gesellschaftlichen Gestaltungskraft für lange Zeit vorbei.
Hilmar Höhn, Autor des Artikels im Freitag, verdient seine Brötchen bei der DGB-nahen Böcklerstiftung.

Kuddel

ZitatVerrat bei Tarifabschlüssen in Zeiten von Preisexplosionen: Wie sich die DGB-Gewerkschaften an unserer Verarmung beteiligen

Die Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse werden immer krasser: Die Preisexplosion erfährt keinen Abbruch und Kapitalvertreter:innen träumen von einer Aushebelung des Streikrechts und einer 42-Stunden-Woche. Derweil hat der DGB schon in den vergangenen Arbeitskämpfen gezeigt, auf wessen Seite er steht.
https://perspektive-online.net/2022/07/verrat-bei-tarifabschluessen-in-zeiten-von-preisexplosion-wie-sich-die-dgb-gewerkschaften-an-unserer-verarmung-beteiligen/

Fritz Linow

Zitat5.7.22
Europäischer Menschengerichtshof weist Beschwerde gegen Tarifeinheitsgesetz zurück

Der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sieht in den Bestimmungen des Tarif­einheitsgesetzes keinen Verstoß gegen Artikel 11 (Vereinigungsfreiheit) der Europäischen Menschenrechts­kon­vention. Dies geht aus einem heute veröffentlichten Urteil hervor.
Der Marburger Bund (MB) hatte Ende 2017 beim EGMR Beschwerde gegen das Gesetz in der Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereicht, weil die im Tarifeinheitsgesetz vorgesehene Verdrängung des Tarifvertrages einer Minderheitsgewerkschaft in unverhältnismäßiger Weise in eine Kerngewährleistung der Konvention eingreife.
(...)
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/135706/Europaeischer-Menschengerichtshof-weist-Beschwerde-gegen-Tarifeinheitsgesetz-zurueck?

Fritz Linow

Zitat4.8.22
Wie viel darf ein Betriebsrat verdienen? Überraschendes Gerichtsurteil alarmiert Konzerne

Betriebsräte dürfen nach einem Richterspruch keine bessere Bezahlung erhalten als vor ihrer Wahl. Sonst droht dem Management eine Untreue-Klage.

Der Prozess um die hohe Bezahlung des früheren VW-Betriebsratschefs Bernd Osterloh hat ein überraschendes Nachspiel. In seinem Urteil setzt das Landgericht Braunschweig sehr enge Grenzen für die Entlohnung von Betriebsräten. Diese dürften nicht mehr verdienen als in der letzten Position vor ihrer Wahl. Das geht aus der erweiterten Urteilsbegründung hervor, die dem Handelsblatt vorliegt. Osterloh hätte demnach statt 750.000 Euro in der Spitze lediglich knapp 50.000 Euro pro Jahr erhalten dürfen.

(...)

[spoiler]Für deutsche Unternehmen könnte das weitreichende Folgen haben. Das Landgericht habe sich mit dem Urteil für die ,,strengste Sicht" entschieden, sagt Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht der Universität Bonn. ,,In den Unternehmen führt das zu totaler Rechtsunsicherheit." Die Firmen seien nun, da die Urteilsbegründung vorliege, gut beraten, ihre Betriebsratsvergütung zu überprüfen.
Die Urteilsbegründung kommt überraschend, denn in dem Verfahren hatten die Richter vier VW-Manager im September 2021 freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihnen Untreue zulasten des Unternehmens vorgeworfen. Durch die hohe Entlohnung von Osterloh und anderen Betriebsräten sei dem Volkswagen-Konzern über die Jahre ein Schaden von einigen Millionen Euro entstanden, hatten die Ankläger argumentiert.
Das Landgericht begründete die Freisprüche damit, dass die Manager nicht vorsätzlich gehandelt hätten. Es also nicht besser gewusst haben. Dem Vorwurf einer zu hohen Entlohnung für die Betriebsräte stimmten die Richter jedoch in vollem Umfang zu – und das kann nun jeder schwarz auf weiß nachlesen. ,,Dieses Urteil kann jetzt jeder kennen, deshalb kann es sein, dass es eine Anzeige oder einen Strafantrag gibt und die Staatsanwaltschaft ermittelt", sagt der Arbeitsrechtler und frühere Justiziar des IG-Metall-Vorstands, Thomas Klebe.


Bisher war die Bezahlung von Arbeitnehmervertretern lediglich vor den Arbeitsgerichten verhandelt worden - jetzt greift mit Blick auf das Management auch das Strafrecht. Das Urteil könnte ein Präzedenzurteil werden, wenn es vom Bundesgerichtshof als nächste Instanz bestätigt würde.
Bewerbung auf besser bezahlte Jobs
Denn Volkswagen ist kein Einzelfall. In den meisten größeren Unternehmen erhalten Betriebsräte über die Jahre Gehaltszuschläge. Begründet werden diese mit der enormen Belastung gerade für die erste Reihe der Arbeitnehmervertreter sowie zusätzlichen Qualifikationen, die sie im Ehrenamt erworben haben. Bei Mercedes etwa können Betriebsräte über Weiterbildung und Uniabschlüsse Punkte erwerben, die ein höheres Gehalt rechtfertigen.

Die Gewerkschaft Verdi hingegen rät ihren Betriebsräten, sich auf besser bezahlte Positionen zu bewerben. Den Job sollten sie bei Zuschlag nicht annehmen, aber damit wäre ein bessere Qualifikation und damit eine Begründung für eine höhere Entlohnung in der Personalakte dokumentiert. Diese Praxis wenden viele Handelsbetriebe und Banken an.
Bei der Deutschen Telekom orientiert sich das Gehalt eines Betriebsrats am Karriereweg von drei ausgewählten Mitarbeitern, die vergleichbare Ausgangspositionen haben. Steigen die eine Tarifgruppe auf, dann kann auch der Betriebsrat mehr verdienen, berichtet ein Vertreter aus den Reihen der Telekom. ,,Exorbitante Bezüge wie bei Volkswagen sind da nicht drin."

Nach dem Richterspruch aus Braunschweig wäre keine dieser Lösungen zulässig, da Betriebsräte keine Karrieresprünge machen könnten. Die Kammer betonte, dass sie sich der ,,strengsten Ansicht" anschließe. Aufgrund des unentgeltlichen Ehrenamts sei eine Bezahlung als ,,Co-Manager" oder ,,auf Augenhöhe" mit den Verhandlungspartnern auf Arbeitgeberseite unzulässig. Für die Vergütung sei ,,die betriebsübliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer zugrunde zu legen, mithin der typische Normalverlauf".
Streit bei Vattenfall
Unter den knapp 50.000 Betriebsräten verdienen einige wenige Jahresgehälter in sechsstelliger Höhe - und Osterloh stach auch aus diesem Kreis hervor. Das Thema indes beschäftigt die Wirtschaft und die Gewerkschaften. Wirklich betroffen seien von dem Urteil vielleicht 40 oder 50 Großunternehmen, hieß es in Kreisen der Arbeitgeber.
Einer davon ist Vattenfall: Die deutsche Einheit des schwedischen Energiekonzerns hatte Betriebsratschef Rainer Kruppa im September 2020 die Jahresvergütung von bis dahin 160.000 Euro halbiert. Dem Vernehmen nach erfolgten die Anpassungen bei Kruppa und anderen Vattenfall-Betriebsräten, nachdem das Problem bei Volkswagen sichtbar geworden war. Vattenfall sei aufgrund der aktuellen Lage zu dem Schritt gezwungen gewesen, sagte ein Vertreter eines Industriekonzerns. Kruppa klagt nun gegen die Kürzung. Das Unternehmen selbst äußerte sich nicht dazu.
Wie Betriebsräte entlohnt werden, wird eigentlich im Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Die entsprechenden Paragrafen sind indes aus Sicht von Juristen wachsweich. Es ist lediglich festgelegt, dass Arbeitnehmervertreter durch ihre Tätigkeit nicht benachteiligt werden dürfen, allerdings auch nicht bevorteilt. Dies erlaubt einen größeren Spielraum als nun vom Landgericht Braunschweig beurteilt.

So sollte die Vergleichsgruppe aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts immer nur eine Untergrenze der Vergütung markieren, aber keine Grenze nach oben setzen, sagt Anwalt Klebe. Mit dem Braunschweiger Urteil rückt indes mehr das Management der Firmen in den Fokus, da diesem Untreue unterstellt werden kann. Ein Sprecher von Volkswagen sieht daher die Begründung in dem Strafverfahren nicht im Einklang mit der gängigen Rechtsprechung.
Diese Sicht teilt auch die Gewerkschaft IG Metall, deren Hoffnungen nun auf dem Bundesgerichtshof liegen. Die Staatsanwaltschaft hat mit dem Verweis auf Verfahrensfehler Revision eingereicht, um letztlich eine Verurteilung der Personalvorstände zu erreichen. Denkbar ist, dass die höchsten Richter das Urteil mit den harten Einkommensgrenzen kassieren. Zum Stand des Verfahrens äußerte sich der BGH nicht.
Der Gesetzgeber ist gefordert
Arbeitsrechtler Gregor Thüsing sieht ungeachtet des offenen Ausgangs die Politik am Zuge: ,,Der Gesetzgeber sollte handeln, um die Rechtsunsicherheit zu beenden." Mit einer gesetzlichen Neuregelung wäre beiden Seiten gedient: Die Arbeitgeber wären aus dem Strafbarkeitsrisiko raus und Betriebsräte müssten nicht mit ,,sicherheitshalber" gekürzten Vergütungen rechnen, sagte Thüsing.
Die Gewerkschaft IG Metall fordert ebenfalls ein neues Gesetz. ,,Die nun ausgelöste Debatte zeigt, dass die gesetzliche Grundlage für die Bemessung der Betriebsratsvergütung dringend klar gefasst werden muss", sagte eine Sprecherin. Die Betriebsräte müssten entsprechend der Verantwortung und der Komplexität der Aufgaben, die sie übernommen haben, bezahlt werden.

,,Aus der rechtlichen Grauzone kommt man aus meiner Sicht nur mit einer Gesetzesänderung heraus, wie sie im DGB-Gesetzentwurf vorgesehen ist", betont Klebe. Der Gewerkschaftsbund hatte vorgeschlagen, dass die bei der Betriebsratstätigkeit erworbenen Fähigkeiten und die wahrgenommene Verantwortung bei der Vergütung berücksichtigt werden müssen. Bisher gibt es in der Politik aber keine Bestrebungen, das Thema anzupacken.
Es geht bei dem Konflikt um mehr als Geld - es geht um die Qualität der Mitbestimmung. ,,Die Art die Betriebsratsvergütung zu bemessen hat ganz klar Einfluss auf die Arbeit, die diese leisten können", sagte die Arbeitsrechtlerin Andrea Panzer-Heemeier. Die Partnerin der Kanzlei Arqis begleitet VW in den Auseinandersetzungen um die Betriebsratsgehälter. ,,Wer Leistung und hohe fachliche Qualität erwartet, muss auch vergleichbar bezahlen. Deshalb sollten Betriebsräte auch wie ,normale' Arbeitnehmer angemessen vergütet werden."
Der Gesetzgeber müsse sich daher entscheiden, welcher Art der Mitbestimmung er wolle. ,,Bei den großen Herausforderungen, die in den kommenden Jahren beispielsweise in der Digitalisierung und bei Nachhaltigkeitsthemen anstehen, braucht es in der deutschen Wirtschaft eine qualitativ hochwertige Mitbestimmung. Diese funktioniert aber nur mit Betriebsräten, die sich intensiv in solch komplexe Themen einarbeiten und auch entsprechend entlohnt werden", ist sich Panzer-Heemeier sicher. ,,Die aktuelle, von Unsicherheit geprägte Situation um die Betriebsratsgehälter schadet daher dem Mitbestimmungssystem in Deutschland", gibt sie sich überzeugt.[/spoiler]https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/praezedenzfall-vw-wie-viel-darf-ein-betriebsrat-verdienen-ueberraschendes-gerichtsurteil-alarmiert-konzerne/28574940.html?

Kuddel

ZitatVerdi unter Verdacht
Vorwurf: Ehepartner bei Gewerkschaft sollen sich einem Bericht zufolge Aufträge zuschanzen – Bundesvorstand bestreitet »Vetternwirtschaft«


Einzelne Passagen des »Enthüllungsberichts« wirken verstörend. »Verdacht auf Vetternwirtschaft bei Verdi«, hatte das Onlineportal Business Insider (BI), das zum Springer-Konzern gehört, am vergangenen Dienstag getitelt. Dem Beitrag zufolge sollen Ehepartnerinnen und -partner von hochrangigen Funktionärinnen und Funktionären der Dienstleistungsgewerkschaft gutdotierte Aufträge bekommen haben. Brisant dabei: ohne Ausschreibung, ohne Vergleichsangebote, so der BI-Autor. Mehr noch, Spitzenkräfte aus dem Verdi-Bundesvorstand sollen Beraterverträge mit ihrer Gewerkschaft abgeschlossen haben.  (...)

Besonders heikel scheint der behauptete Jobmix bei einzelnen Verdi-Spitzenfunktionären, hauptamtlich und beratend für die Gewerkschaft tätig zu sein. Kenntnisse dafür gebe es indes nicht, versicherte ein Gewerkschaftssprecher auf BI-Anfrage. Außerdem verstoße dies – im Vergleich zur Vermittlung von Verdi-Aufträgen unter der Verwandtschaft – gegen die Statuten.

Trotz aller Erklärungen aus der Verdi-Pressestelle, ein Geschmäckle bleibt. Umso mehr bei einer Gewerkschaft, die sich allein über Beiträge ihrer Mitglieder, bundesweit knapp 1,9 Millionen, finanziert. Und nicht zuletzt bei einer Interessenvertretung lohnabhängiger Belegschaften, für die das Solidarprinzip gilt – und eben nicht das der Vetternwirtschaft. Schon der geringste Verdacht auf Vorteilsbeschaffung durch und für Familienangehörige, Verwandte oder Bekannte kann Vertrauen und Glaubwürdigkeit verspielen.

Nicht von ungefähr fordern einige Gewerkschafter nach jW-Informationen eine »lückenlose Aufklärung der Vorkommnisse« bei Verdi Handel – mittels »Selbstanzeige« bzw. »tätiger Reue« des Bundesvorstands etwa. Das dürfte kaum zu erwarten sein. Dafür fehle eines: »Fehlverhalten«, hieß es aus der Berliner Verdi-Zentrale gegenüber Business Insider.
https://www.jungewelt.de/artikel/433001.besch%C3%A4ftigtenorganisation-verdi-unter-verdacht.html

Fritz Linow

Zitat27.8.22
Showdown bei Verdi

Sofortige Abberufung: Konflikt zwischen Bundesvorstand und Fachgruppenleiter Handel eskaliert – keine Entschärfung in Sicht
(...)
Die Vermutung liegt für ihn nahe: Mail-Account und Laptop mussten geknackt worden sein, Daten kopiert. Brisant, zumal sensible Informationen auf dem Rechner bzw. im Mailpostfach lagern. Mails mit dem Betriebsrat oder mit Journalisten – und besonders explosiv: Unterlagen von Aufsichtsräten. Akman sitzt für Verdi in vier dieser Gremien (unter anderem bei »Galeria Karstadt-Kaufhof« und Douglas).
(...)
https://www.jungewelt.de/artikel/433404.gewerkschaftspolitik-showdown-bei-verdi.html

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