Burnout

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 18:51:18 Di. 02.Januar 2007

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ManOfConstantSorrow

Stillstand im Hamsterrad

» Es trifft vor allem Beschäftigte, die gerne arbeiten und viel Energie in ihren Beruf stecken. «


Arbeitgeber müssten diese Ergebnisse alarmieren. Denn an Burnout erkranken gerade die Leistungsträger, die besonders motiviert sind und alles für die Arbeit geben. ,,Es trifft vor allem Beschäftigte, die gerne arbeiten und viel Energie in ihren Beruf stecken", sagt Zaudig. Besonders gefährdet seien ,,engagierte Persönlichkeiten, die besonders fleißig und leistungsorientiert sind."

Der Weg in den Burnout ist ein regelrechter Verschleißprozess. Am Ende steht die Diagnose ,,Erschöpfungs-Depression". Die Betroffenen fühlen sich lustlos, schlapp und antriebslos. Sie haben Konzentrationsstörungen und häufig auch körperliche Beschwerden wie Kopf- oder Rückenschmerzen. Wenn sie nach Hause kommen, wollen sie sich nur noch hinlegen und ihre Ruhe haben. ,,Sie sehen keine Sinn mehr, indem, was sie tun und fragen sich: Warum mache ich das eigentlich alles?", sagt Psychotherapeut Zaudig.

Burnout-Kandidaten sind im wahrsten Sinne des Wortes "ausgebrannt". Sie reagieren zynisch auf ihre Umgebung und sind nicht mehr fähig, den täglichen Anforderungen gerecht zu werden.

Wen es erwischt hat, der muss regelrecht erst einmal wieder zur Besinnung kommen. ,,Man muss den Patienten aus seinem Umfeld nehmen und ihm die Möglichkeit geben, auf sich selbst zu achten, zu sich zu finden und sich zu fragen: Was will ich eigentlich?", sagt Zaudig. Viele müssten erst ihre Lust auf das Leben neben der Arbeit wieder entdecken. Vier bis sechs Wochen dauert es, bis aus einem Burnout-Fall wieder ein einsatzfähiger Arbeitnehmer wird. Bestenfalls hat er in dieser Zeit gelernt, anders mit Belastungen umzugehen und auch mal ,,Nein" zu sagen.

Klinik-Chef Zaudig befürchtet, dass der Burnout-Boom noch anhalten wird. Gerade die seit Jahren niedrigen Krankenstände machen ihn skeptisch. ,,Wer weiß, wie viele von den angeblich Gesunden nicht schon einen versteckten Burnout mit sich herumtragen und Angst haben, sich krank zu melden", sagt Zaudig.

Gerade die Gefährdeten beugen dem Ausbrennen nicht rechtzeitig vor. David Ruß müsste sich dafür erst einmal fragen, ob er das Zeug zum Burnout mitbringt und dann bewusst gegensteuern: ,,Sport, Entspannungstraining, Freundschaften pflegen, Unterstützung von der Familie einholen", zählt Zaudig auf.

Auch für Arbeitgeber, denen an der Einsatzfähigkeit ihrer Beschäftigten gelegen ist, hat Zaudig einen Rat parat. ,,Arbeitstage von mehr als acht Stunden sind aus physiologischer Sicht unproduktiv. Wer von seinen Mitarbeitern 100 Prozent Leistung will, muss dafür sorgen, dass sie sich erholen können - und sie rechtzeitig nach Hause schicken."

Süddeutsche 20.12.2006


Ausserdem:
http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/berufstudium/artikel/786/73713/
http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/erfolggeld/artikel/886/91795/
http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/berufstudium/artikel/151/93058/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Die 60-Stunden-Woche: kein Problem. Noch ein Projekt durchziehen: auch kein Problem. Alles zu schaffen, befriedigt schließlich auch. Magenschmerzen und Schlafstörungen können ausgeblendet werden, solange bis die Psyche streikt. Viele Berufstätige merken erst viel zu spät, dass sie ihre Grenzen überschritten haben.

http://www.handelsblatt.com/news/Karriere/Arbeit-Geld/_pv/_p/200813/_t/ft/_b/1214914/default.aspx/die-selbstverbrenner.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Hartzhetzer

Auf jeden Fall ist das noch nicht allzu lange her das so etwas über den Eingängen staatlicher Einrichtungen stand.
Heute heißt es die Erwerbsarbeit für wenig Geld steigert das Selbstwertgefühl, mache einem zu einen nützlichen Mitglied der Gesellschaft. Oder jeder sei für sein Schicksal selbst verantwortlich. Betriebe sind laut Aussage ihrer Chefs große Familien in der jeder sein Teil zum Wohl der Familie beitragen müsste (abgesehen vom Chef selbst, der nur an seinem Wohl interessiert ist). Wer auf diesen Neoliberalen Spam nicht reinfällt dem wird gesagt er habe die Falsche Einstellung.
Nehmen wir mal an jeder ist für sein Schicksal selber verantwortlich dann wäre die Sache ja ganz einfach.
Der an Burnout erkrankte Herr Meier ist selber Schuld, er hätte ja kündigen und Hartz IV beantragen können. Hätte er das gemacht hätte er doch nur eine Speerfrist bekommen und sich doch nur sagen lassen müssen er sei ein Sozialschmarotzer, Besitzstandswahrer und habe die falsche Einstellung. Und würde ihn das dann noch kränker machen tritt wieder Regel 1 in Kraft: "Jeder ist für sein Schicksal selbst verantwortlich.".
Denn er hätte sich ja auch mal zusammenreißen können, stattdessen Kündigt die faule Sau und jammert allen die Ohren voll das seine Nerven kaputt sind. In Wirklichkeit will der Schauspieler doch nur volle Hartz IV Fettlebe. Wie alle anderen Rolfigen Hartzis nach Florida ziehen und die Sozialkassen plündern.
Leider geht das nicht, denn in unserem neuen Aufblühenden Deutschland der Multinationalen Konzerne hat niemand das recht auf Faulheit. Und ich brauche ja nicht zu erklären das ein Krankenschein gleich ein Faulenzerfreibrief ist.

Burnout, Mobbing sind alles nur ausreden von Arbeitnehmern die nicht belastbar und flexibel genug sind um sich den Bedingungen unserer wunderbaren neuen Globalisierten Welt anzupassen.

Glaubt mir Angie und ihre CDU Bonzen könnten euch Lieder noch und nöcher darüber singen, während sie euch von eurer sozialen Hängematte schmeißen und die idealen Rahmenbedingungen dafür schaffen das Erwerbsarbeit immer mehr mit dem Verlust sämtlicher Bürgerrechte im Einklang steht so wie es bei den Arbeitslosen jetzt schon der Fall ist.

Ein hoch auf das perverse neue Deutschland in dem jeder einfache Mensch von Geburt an zum Industrieroboter abgerichtet wird.
Die Nazis vollzogen auf ihre Weise, was die Sozialdemokratie sich immer erträumt hatte: eine »ordentliche Revolution«, in der alles ganz anders wird, damit alles so bleiben kann, wie es ist.

Zitat Schwarzbuch Kapitalismus Seite 278

ManOfConstantSorrow

ZitatEin hoch auf das perverse neue Deutschland in dem jeder einfache Mensch von Geburt an zum Industrieroboter abgerichtet wird.

Da hilft alle neoliberale Propaganda nix, die Fakten sprechen eine eigene Sprache.

Jetzt berichtet auch der STERN über den menschlichen Ausschuß, der im Produktionsprozeß entsteht:

http://www.stern.de/presse/stern/581369.html?q=burnout
http://www.stern.de/magazin/gesund_leben/581421.html?q=burnout
http://www.stern.de/wissenschaft/mensch/581373.html?q=burnout
http://www.stern.de/wissenschaft/mensch/581289.html?q=burnout
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Studie: IT-Spezialisten weisen viermal häufiger Stress-Symptome auf als der Durchschnitt der befragten Arbeitnehmer

http://derstandard.at/?id=2863043
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Ziggy

Kann ich gut nachvollziehen. Mich hat's 1999 "derbröselt" ... völlig am Ende damals.
Jetzt Zeitarbeit, wenig Geld, Rücken kaputt, aber von Burnout keine Spur. Hat alles seine Vor- und Nachteile.
Als Systemadministrator oder dergleichen würde ich nicht mehr arbeiten wollen. Im Kundendienst schon gar nicht.

Grüße, Ziggy
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

Stumme Ursel

Bei mir war es die Arbeit auf der Intensivstation, manchmal drei Schichten hintereinander wenn mal wieder ein Kollege Krank war, wer mal 11 Tage am Stück gearbeitet hat, und dass mit bis zu 14 Stunden täglich, der weis was abgeht. Eines Tages bin ich selbst zusammengebrochen und lag dann selbst in der Klinik. Das passiert mir sei dem nicht mehr, was folgte war die 100% anerkannte Berufsunfähigkeit dann eine Umschulung, Zeitarbeit usw, usw, heute mache ich mich nicht mehr verrückt, schon gar nicht für einen Arbeitgeber.
Nichts im Universum ist ohne Wert, denn die Natur tut nichts vergeblich (Aristoteles)
Ein böses Wort ist wie ein Stein, der in einen Brunnen geworfen wird: die Wellen mögen sich glätten, doch der Stein bleibt. (Konfuzius)

ManOfConstantSorrow

Ein weiterer Artikel der Mainstreampresse für die Menschen auf der Schrotthalde der verbrauchten Arbeitskräfte:

http://www.stern.de/wirtschaft/arbeit-karriere/arbeit/:Arbeitnehmer-Ausgebrannt/593640.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Regenwurm

Millionen Arbeitnehmer in Deutschland leiden unter den Bedingungen in ihrem Betrieb. Besonders starker Termin- und Leistungsdruck macht den Beschäftigten zu schaffen, wie eine Auswertung der Dortmunder Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ergab. 43 Prozent der Befragten klagten demnach über derartigen Stress an ihrem Arbeitsplatz.

Über häufige Störungen und Unterbrechungen der Arbeit beklagten sich laut der Befragung 38 Prozent der Beschäftigten. 31 Prozent kritisierten, dass sie an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit arbeiten müssten. Als belastend empfunden werden zudem Leistungsvorgaben, die Notwendigkeit der gleichzeitigen Erledigung verschiedener Arbeiten sowie Arbeiten bei Lärm.

Weiter unten auf der Liste befänden sich Klagen über Kälte, Hitze, Nässe, Feuchtigkeit oder Zugluft bei der Arbeit, das permanente Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Arbeit im Stehen, berichtete die Bundesanstalt.

Quelle:

ZitatUm Termine einhalten zu können, werden von Vorgesetzten, wie auch von eigenverantwortlich agierenden Mitarbeitern scheinbar kalkulierbare Arbeitsrisiken eingegangen - die jedoch z.B. beim Zusammentreffen mehrerer unerwarteter Ereignisse zu Unfällen  führen. Es ist eine Eigenart des Menschen, das Grenzrisiko falsch einzuschätzen. Aus diesem Grund erließ der Gesetzgeber eine Vielzahl von Vorschriften und Gesetzestexten, welche den Unternehmer, wie auch die Mitarbeiter in die Pflicht nehmen.
Quelle
Das System macht keine Fehler, es ist der Fehler.

Invisible_Halo

Fix und fertig - Burnout,die Krankheit die soviele trifft
Heute auf Phoenix 21.45 - 22.15
"Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen,
werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann."

Weisheit der Cree-Indianer

Kater

ZitatUmfrage: Deutsche fühlen sich gestresst

Gestresst und teilweise ausgebrannt fühlen sich viele Deutsche. Rund 75 Prozent der Bundesbürger sehen sich entweder beruflich oder privat nach eigener Einschätzung derzeit übermäßiger Belastung ausgesetzt. Mit 22,9 Prozent hat fast jeder Vierte den Eindruck, der Stress nehme sogar stetig zu, wie eine Umfrage der "Apotheken Umschau" unter mehr als 1 900 Personen ergeben hat.

Bei den meisten Betroffenen hat der stressige Alltag gesundheitliche Folgen. So klagen fast 30 Prozent über häufige Kopfschmerzen, Nacken- und Schulterverspannungen. Mehr als ein Viertel der Befragten wird von Schlafproblemen geplagt. Bei jeweils rund jedem sechsten Bundesbürger ruft Stress Herzrasen und hohen Blutdruck oder Magenbeschwerden hervor. Bei gut zehn Prozent der Deutschen geht der Stress sogar soweit, dass sie sich regelrecht ausgebrannt fühlen und fürchten, irgendwann umzukippen.

http://de.news.yahoo.com/gp/20080211/thl-umfrage-deutsche-fuehlen-sich-gestre-d343981_1.html

counselor

18.08.12 - Erkrankungen durch Erschöpfung nehmen zu

Aus dem neue Fehlzeiten-Report des wissenschaftlichen Instituts der Krankenkasse AOK geht hervor, dass bei Arbeitern und Angestellten die Zahl psychisch Erkrankungen 2011 doppelt so häufig diagnostiziert wurde als noch 1997. Die Zahl psychisch erkrankter Beschäftigter hat seit 2004 um mehr als 40 Prozent zugenommen. Die Fehlzeiten wegen eines "Burnout" stiegen in den letzten acht Jahren von durchschnittlich 8,1 auf 94,4 Tage. Der Report belegt einen Zusammenhang zu längeren und flexibleren Arbeitszeiten und der ständigen Erreichbarkeit über Handys und E-Mails.

Quelle: RF News
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

schmetti

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man diese Erschöpfung sehr unterschätzt bzw. man sie nicht im Bewusstsein hat, selbst wenn man im Prozess dahin steckt..
Man meint, alles im Griff zu haben und superreflektiert zu sein, fühlt sich teilweise euphorisiert vor lauter Energie, fühlt sich vital und zieht monatelang (einige vielleicht jahrelang?) voll durch. Und dann, unerwartet, gibbet plötzlich leichte Wahrnehmungsstörungen und jede Bewegung, die vorher noch mit Leichtigkeit bewerkstelligt wurde, zerrt jetzt spürbar am Energielevel. Du fühlst dich plötzlich ziemlich unsicher und der Körper fängt an, rumzuweinen (ja, auch wortwörtlich!) aus lauter Erschöpfung. Und dann weißt du, dass dein Körper deinem Geist nicht folgen konnte.

Joah, deswegen würd ich jedem raten, sich auch mal zwischendrin einfach mal auszuklinken und sich nicht ständig mit seinen "Pflichten" rumzuplagen.

carrol

Mit Burnout ist wirklich nicht zu spaßen - daran kann der Mensch schneller zerbrechen, als man ihm zugestehen möchte! Allerdings scheint es mir in den letzten Jahren vermehrt zu einer "Modekrankheit" zu verkommen.
"Man sieht nur mit dem Herzen gut - das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar."

counselor

Zitat von: carrol am 17:21:59 Fr. 31.August 2012Allerdings scheint es mir in den letzten Jahren vermehrt zu einer "Modekrankheit" zu verkommen.
Da habe ich Zweifel: http://www.chefduzen.de/index.php?topic=24344.msg264576#msg264576
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

BGS

"Modekrankheit" ist schwachsinniges Geschwafel.

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

Ziggy

Ich habe @carrol so verstanden, daß mittlerweile jeder Depp, der grade mal einen schlechten Tag hat, von Burnout faselt - eine Beobachtung, die ich teile -, und so kommt es, daß Burnout zu einer Trendkrankheit verkommt und die wirklichen Burnout-Patienten nicht mehr ernst genommen werden. Gleiches lässt sich über Depressionen sagen. Depressionen sind etwas Furchtbares, aber wenn du heute sagst, du seist depressiv, wirst du gar nicht mehr ernst genommen. Außer du bist Fußballer.

Inflationär genutzte Begriffe stumpfen ab. Manche Leute, die mir was von "Hach, ich hab ja so'n Burnout ..." erzählen, würde ich am liebsten nur in die Fresse hauen.
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

Troll

Da bleibt die Frage ob ich alle übergehe weil es angeblich in Mode gekommen ist, wie bei den "Sozialschmarotzern", ~1% rechtfertigen den Umgang mit dem Rest?
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Ziggy

Tut mir leid, ich verstehe den Vergleich nicht. Ich kenne niemanden, der sagt "Ich bin ein Sozialschmarotzer!", aber ich kenne jede Menge Arschgeigen, die von sich behaupten "Ich habe Burnout!". Wenn ich die alle ernstnehmen und hochrechnen würde, wären 80 % der Bevölkerung betroffen, das kann ja wohl nicht stimmen. Die allermeisten Leute, die ich persönlich kenne, haben garantiert keinen Burnout, tun aber so. Die wirklich Kranken reden ja gar nicht darüber, das ist es ja.

Und eine Tatsache ist - und auch da teile ich @carrols Beobachtung - daß die Mehrheit lieber zum Doktor rennt und sich Stimmungsaufheller reinpfeift, statt ihr Leben umzukrempeln und schädliche Faktoren auszumerzen. Man "lässt machen" statt selbst aktiv zu werden, lieber setzt man sich hin und sagt "Herr Doktor, helfen Sie mir!", und der schreibt brav sein Rezept. Das hat nichts mit irgendeiner Krankheit zu tun, sondern ist Bequemlichkeit und Teil des Gesellschaftsspiels "Man müsste etwas tun, also wer fängt an?"

Das betrifft selbstverständlich nicht die, die tatsächlich an Burnout Syndrom leiden oder echte Depressionen haben.

Das ist die gleiche Scheiße wie mit dem Alkoholismus, da gibt es diese bescheuerten Fragebögen und die Aussage "Wer täglich mehr als 2 Bier säuft, ist Alkoholiker!" So ein Schwachsinn. Und so sind auch die wenigsten, die das von sich behaupten, wirklich von Burnout betroffen, die müssten nur zwei, drei Kleinigkeiten in ihrem Scheißleben ändern, die eine oder andere liebgewonnene Gewohnheit aufgeben, sich mehr um sich selber kümmern als überall dabeisein zu müssen, und da wäre Burnout kein Thema mehr. Ich kenne genug von diesen Arschlöchern, diese Sprüche "Was, du arbeitest 35 Stunden Woche?! Ich schaffe das Doppelte, wenn nicht mehr! Was denkst du, wie fertig ich manchmal bin!" Und da sind die stolz druff! Und ich bin die faule Sau! Daß denen allen schon die Frau weggelaufen ist, und alle sozialen Bindungen weggebrochen sind, haben die gar nicht mitgekriegt. Und das sind dann genau die, die weitermachen, Pillen reinschmeißen, bis sie dann weinerlich dahocken. Und schuld - na klar! - sind natürlich immer die anderen!

Die "schöne neue Arbeitswelt", natürlich macht die krank, aber sie ist nicht die Ursache, sondern vielmehr auch nur ein Symptom der Über-Krankheit "Entfesselter Kapitalismus". Unser Gott heißt Mammon, dem ordnen wir alles unter, unser Denken, Fühlen und Handeln. Wir sind schon lange nicht mehr wir selbst, sondern ferngesteuerte Marionetten. Wir sind Sklaven unseres "Fortschritts", unserer Technik, unserer Geschwindigkeit. Wir bewegen uns schneller als alle Generationen vor uns, und trotzdem sind wir immer zu spät und haben keine Zeit, immer sind wir gehetzt, auf dem Sprung, als stünde einer mit der Peitsche daneben. Kaum einer kommt mal auf die Idee zu sagen: "Sorry, Leute, aber bei dem Scheißspiel mache ich nicht mehr mit!" Tut er's doch, gilt ER als krank, das will aber keiner, also immer weitermachen.

Nicht Burnout ist die Krankheit, sondern das, was dazu führt. Burnout ist das ultimative Stoppschild unseres Ichs, das uns sagt "Wenn du jetzt nicht aufhörst mit der Scheiße, dann mache ich Schluß mit dir!" Und - verdammt, ja! - natürlich muß man das ernst nehmen! Aber die meisten Arschlöcher, die mir so über Weg laufen und über "Burnout" klagen, nee, die nehme ich bestimmt nicht ernst. Die sollen mal schön weiter ihre Zonen-Geli wählen und vor der Glotze weiter verblöden, Hauptsache nicht selber denken.

Kürzlich hocken wir zusammen - also wir Leihkeulen - und reden über unsere Bezahlung, da kommt so'n Tankwagenfahrer, setzt sich dazu und hört zu, und nach einer Weile sagt er grinsend: "Na, wenn ich euch so höre - ich verdiene mindestens das Doppelte!" Und ich sage ihm: "Wohl kaum. Du arbeitest 250 Stunden im Monat, bei sechs Tagen in der Woche, ich etwa 160 bei fünf Tagen in der Woche. Stundenlohnmäßig stehst du nicht besser da als ich, aber ich habe eine Lebensqualität, die dir völlig fremd ist, intaktes Familienleben und vieles mehr, was du dir verkneifen musst, denn deine karge Freizeit zwischen Samstagnachmittag und Sonntagabend wirst du überwiegend damit zubringen, richtig auszuschlafen, um für die Arbeit (!) wieder fit zu werden. Deine Frau ist entweder längst weg oder schläft sich durch den Bekanntenkreis. Meine Frau arbeitet Teilzeit, wir haben zusammen 2.500 im Monat, das reicht dicke, und wir haben viel Spaß mieinander. Du bist 40 und siehst aus wie 60, ich bin 55 und schlage dich aber garantiert in jeder sportlichen Disziplin, außerdem pflege ich ausgiebig meine Hobbys. Denkst du immer noch, du stehst besser da als einer von uns?" Da hat er sich wüst verabschiedet. Der wird auch bald beim Doktor hocken. Denkst du, ich hab Mitleid mit dem? Bei denen stehen jetzt Entlassungen an, denkst du, die halten zusammen wie wir das schon getan haben, und kämpfen zusammen? Von wegen, jeder gegen jeden, aber wie, zum Fürchten!
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

counselor

Zitat von: Ziggy am 17:45:32 Sa. 01.September 2012Die "schöne neue Arbeitswelt", natürlich macht die krank, aber sie ist nicht die Ursache, sondern vielmehr auch nur ein Symptom der Über-Krankheit "Entfesselter Kapitalismus".
Meiner Ansicht nach stören die immer schlechter werdenden Produktions- und Reproduktionsbedingungen im Kapitalismus den ansich dialektisch ablaufenden materiellen Denkprozess durch Veränderungen des Hirnstoffwechsels, so dass das Bewußtsein (bzw. der Geist) der Betroffenen nicht mehr mit der Realität übereinstimmt. Wo die Schwelle zum Erkranken liegt, ist recht individuell, siehe Diathese - Stress - Modell. Nach diesem Modell hängt die Neigung zum Krankwerden aufgrund von ungünstigen Umweltfaktoren von der Wechselwirkung des hierdurch erzeugten Stresses mit der  Diathese. Stress und Diathese bilden eine dialektische Einheit. Die Diathese wiederum hängt von der Beschaffenheit der dialektischen Einheit von Risikofaktoren und Schutzfaktoren ab. Risikofaktoren bzw. "Ursachen" bei der Depression sind unter anderem:

* Erbliche Belastung
* negative Lebensumstände
* Biochemische Fakoren

Mit ihnen stehen die allgmeinen Schutzfaktoren in dialektischer Wechselwirkung.

Ob jemand auf umweltbedingte emotionale und körperliche Belastungen mit einem vorübergehenden Stimmungstief antwortet oder krank wird, d.h. seelisch und körperlich permanent leidet, hängt von der Intensität des Stresses einerseits ab, und dem Mix aus Risikofaktoren und Schutzfaktoren andererseits ab.

Daraus ergeben sich dann zwei individuelle Behandlungsmöglichkeiten:

* Medikamente zur physiologischen Beeinflußung des materiellen Denkprozesses
* Umstellung des Lebens und Aufbau von mehr Schutzfaktoren, ggf. vermittelt durch eine Psychotherapie

und gesamtgesellschaftlich muß der Kapitalismus angegriffen werden, damit die Stressquellen schlechte Produktions- und Reproduktionsverhältnisse überwunden werden.

Zum materiellen Denkprozess: vgl. Gerhard Roth, "Das Gehirn und seine Wirklichkeit - Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen, Frankfurt am Main 1994, Suhrkamp, stw 1275, ISBN 3-518-28875-X, S. 102, 109 und 179".
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Troll

Zitat von: Ziggy am 17:45:32 Sa. 01.September 2012
Tut mir leid, ich verstehe den Vergleich nicht. Ich kenne niemanden, der sagt "Ich bin ein Sozialschmarotzer!", aber ich kenne jede Menge Arschgeigen, die von sich behaupten "Ich habe Burnout!". Wenn ich die alle ernstnehmen und hochrechnen würde, wären 80 % der Bevölkerung betroffen, das kann ja wohl nicht stimmen. Die allermeisten Leute, die ich persönlich kenne, haben garantiert keinen Burnout, tun aber so. Die wirklich Kranken reden ja gar nicht darüber, das ist es ja.

Nee wirklich? Bei Dir meldet sich z.B. ein Dieb oder Betrüger nicht mit seiner Absicht an? Aber er unterhält sich locker mit Dir über gesundheitliches Ungemach. Da bin ich jetzt aber erstaunt.

Aber ansonsten gebe ich Dir recht "Burnout" ist ein inflationärer Begriff geworden der den wirklich Betroffenen schadet und darin besteht die Gefahr das die Betroffenen übergangen werden. Das meinte ich mit meinem Beispiel "Sozialschmarotzer", die Debatte ging nicht um die 99% sondern um den Mißbrauch dieser 1% daran macht man alles fest, daran übt man ein Exempel das nachher 100% betrifft, beim Burnout ist es dann umgekehrt, man nimmt die 99% um die 1% als Randerscheinung unter den Teppich zu kehren. Deshalb haben diese Bemerkungen über die mißbräuchliche Benutzung des Begriffs "Burnout" meiner Meinung nach hier nichts zu suchen.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Kuddel

ZitatPsychische Krankheiten nehmen in Deutschland drastisch zu. Alleine die Zahl der Krankheitstage wegen Burnout hat sich binnen acht Jahren um das 18-fache gesteigert.
http://www.stern.de/gesundheit/ratgeber/krankenkassen-warnen-zahl-der-burnout-faelle-steigt-dramatisch-1961182.html#utm_source=sternde&utm_medium=zhp&utm_campaign=gesundheit&utm_content=snippet-aufmacher

Eivisskat

Zitatbinnen acht Jahren um das 18-fache gesteigert

Vor ebenfalls 8 Jahren wurde H4 eingeführt mit all seinen grausigen Folgen & Auswirkungen.

dagobert

Zitat von: Kuddel am 10:20:16 Mo. 28.Januar 2013
Psychische Krankheiten nehmen in Deutschland drastisch zu. Alleine die Zahl der Krankheitstage wegen Burnout hat sich binnen acht Jahren um das 18-fache gesteigert.
Zitat von: Eivisskat am 11:31:13 Mo. 28.Januar 2013
Vor ebenfalls 8 Jahren wurde H4 eingeführt mit all seinen grausigen Folgen & Auswirkungen.
Unsere ach so fähigen Politiker sehen da garantiert keinen Zusammenhang. :evil: Die halten Hartz 4 immer noch noch für eine Wohltat an der Bevölkerung. kotz
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

markusb

Mit Burnout ist nichtz zu spassen und dass es eine Modeerscheinung sei, um ein bisschen krank zu feiern, ist mittlerweile zum Glück auch aus den meisten Köpfen draussen.
Hier gibt es mal einen Artikel mit sinnvollen Präventionstipps: http://www.lexware.de/unternehmer-und-organisation/burnout-so-vermeiden-sie-den-zusammenbruch

Ich habe selber 2 Bekannte die an dieser Krankheit gelitten haben und das ist echt kein Spass. Weder für die Betroffenen, noch für deren Umfeld, deshalb ist es wichitg die Anzeichen frühzeitig zu erkennen und auch was dagegen zu unternehmen

inline

Ist nicht burnout  das moderne Wort für Depression?
Zumindest ist burnout keine anerkannte Diagnose.

http://medicalobserver.com/news/2012034360/ist-burnout-eine-modediagnose

Troll

Zitat von: inline am 16:24:16 Mi. 30.Januar 2013
Ist nicht burnout  das moderne Wort für Depression?
Zumindest ist burnout keine anerkannte Diagnose.

http://medicalobserver.com/news/2012034360/ist-burnout-eine-modediagnose

Und jetzt?
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

inline

Zitat von: TrollUnd jetzt?

Das Ding beim Namen nennen bzw. warum bleibt man nicht beim Wort Depression?
Sonst stürzt sich alles was sich Coach nennt (auch so ein schwammiger Begriff) auf die Leute mit "burnout" um sie zu therapieren, wobei sie das doch ggf. nicht dürfen.

Bzw. wie kann jemand einen burnout von eine depression abgrenzen, sofern es da einen unterschied gibt ?

Troll

Depression gepaart mit einem Überlastungssyndrom bzw. Überforderung, so sehe ich den Begriff "Burnout", als Laie.

Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

spreewaldrac

Laut ICD-10-Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist "Burnout" keine eigenständige Diagnose, sondern lediglich eine Zusatzbezeichnung:

"Z73.0 - Ausgebranntsein

Burn-out
Zustand der totalen Erschöpfung"

Ein Problem ist auch, dass die wirklich schwer psychisch Erkrankten mitunter monatelange Wartezeiten bei Therapeuten in Kauf nehmen müssen, weil diese mit den vergleichsweise harmlosen Burn-out-Fällen überlastet sind.

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