Radkuriere

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 13:49:12 Fr. 28.Februar 2003

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ManOfConstantSorrow

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

In allen Ländern dasselbe: Plattformen wollen keine Arbeitgeber sein - Beschäftigte wollen Arbeitnehmerrechte statt prekärer Scheinselbstständigkeit.
"Wir fahren 150 km am Tag, um 30 Euro am Tag zu verdienen". Lieferant*innen wehren sich gegen schlechte Arbeitsbedingungen u. Erpressung.
Die Kampfansage der E-Food-Händler richtet sich gegen die Rechte von uns allen. Deshalb alle zu den Versammlungen und Märschen in Athen, Thessaloniki, Patras, Larissa!
Boykott! Protest! Streik!
Keine Bestellungen zw. 12 und 16 Uhr

Bilder aus Athen:







Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

NachbarArsch

Letzte Woche auch in Griechenland

Streik der Lieferanten für bessere Arbeitsbedingungen



ZitatAm heutigen Freitag (24.9.) kommt es im Großraum Athen zu einem 24-stündigen Streik der Lieferanten. Diese fordern bessere Arbeitsbedingungen. Ausschlaggebend war die Entscheidung des Unternehmens E-Food, künftig 115 Lieferanten als Freiberufler einzustufen.


Vor allem Lieferdienste, in Hellas meist als ,,Delivery"-Firmen bezeichnet, sind bisher die großen Gewinner der Corona-Pandemie gewesen. Sie liefern Fast-Food, Gerichte von Tavernen und Gaststätten bis hin zu Kaffee, Cocktails, Eis und sonstige Süßigkeiten. Mittlerweile arbeiten sie auch mit Supermarkt-Ketten zusammen.
E-Food zum Beispiel beschäftigt derzeit mehr als 3.500 Mitarbeiter; darunter sind 3.000 Lieferanten im Außendienst, die meist mit Mopeds, häufig auch mit Fahrrädern in den Großstädten unterwegs sind. Für das kommende Jahr rechnet das Unternehmen mit der Schaffung von 7.500 neuen Arbeitsplätzen.
Auf die Seite der Beschäftigten der Branche stellt sich etwa die größte Oppositionspartei des Landes, das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA), das bis 2019 die Regierung anführte. Der Linksparlamentarier Panos Skourletis spricht von einem "signifikanten sozialen Konflikt". Die Position der Arbeitnehmer habe sich in den vergangenen zwei Jahren nach der Regierungsübernahme der konservativen der Nea Dimokratia 2019 rapide verschlechtert. Dabei setzt sich SYRIZA vor allem auch für einen Rahmentarifvertrag für Lieferanten und für eine Aufnahme der Zunft in die Kategorie der ,,schweren und gesundheitsschädigenden Berufe" ein.

https://www.griechenland.net/nachrichten/wirtschaft/29955-streik-der-lieferanten-f%C3%BCr-bessere-arbeitsbedingungen

Kuddel

ZitatLieferdienst kommt nicht zur Ruhe
Gorillas-Rider streiken wieder in Berlin

Fahrer des Start-ups Gorillas haben zwei Filialen blockiert und ihre Forderungen bekräftigt. Ein Arbeitsrechtsexperte glaubt, dass ihr ,,wilder Streik" ohne Gewerkschaft zulässig sein könnte.


https://plus.tagesspiegel.de/berlin/lieferdienst-kommt-nicht-zur-ruhe-gorillas-rider-streiken-wieder-in-berlin-269386.html



Internationale Solikampagne:

#StartUpsideDown zur Untersützung des Streik bei Gorillasapp in Berlin jetzt auch in Spanien! Postet eure Fotos!

Kuddel

Eine weitere Gorillas Niederlassung (Gesundbrunnen) hat sich dem Streik angeschlossen!

Kuddel

Der Gorillas Konzern schlägt zurück.
Entlassungen in den bestreikten Niederlassungen in Berlin.

Streikende feuern? Das ist UnionBusting!
Aufruf: NoiseDemo am Gorillas Headquater Schönhauser Allee 180 morgen, Mittwoch 06.10.2021, 13.oo Uhr

Kuddel

ZitatLieferdienst Gorillas kündigt streikenden Fahrern
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/gorillas-lieferdienst-kuendigt-streikenden-fahrern-a-d0f77266-6346-4c25-808c-6ad0b51ca488

Ich hoffe, daß sie es noch bereuen werden!

Solidarität!

Kuddel


Kuddel

Zitat Nach Streiks
Eklat in Berlin: Lieferdienst Gorillas feuert Großteil der Belegschaft fristlos
https://m.focus.de/finanzen/news/kuendigung-fuer-fahrradkuriere-eklat-in-berlin-lieferdienst-gorillas-feuert-grossteil-der-belegschaft-nach-streiks-fristlos_id_24308032.html

ZitatFortwährende Proteste
Gorillas auf Abwegen

Die Proteste der Kuriere des Lebensmittel-Lieferdienstes hören nicht auf. Nun hat Gorillas angefangen, Protestierende zu entlassen. Deutschlands am schnellsten gewachsenes Start-up muss sich fragen, wie es weitergeht.
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/proteste-der-gorillas-mitarbeiter-gehen-weiter-17576464.html

Zitat Arbeitgeber wie aus dem Urkapitalismus
Boykottiert die Gorillas

Startups wie der Lieferdienst Gorillas setzen voll auf Wachstum – und zuletzt auf gute Arbeit für ihre Fahrer. Zeit, die App zu löschen!
https://taz.de/Arbeitgeber-wie-aus-dem-Urkapitalismus/!5807003/

ZitatDer Kampf um die Fahrer ist ein großes Risiko für die Liefer-Start-ups Flink und Gorillas
Es geht nicht nur um Kunden und Investoren: Die Lieferdienste wetteifern auch um Mitarbeiter. Sie brauchen Tausende Kuriere.
https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-der-kampf-um-die-fahrer-ist-ein-grosses-risiko-fuer-die-liefer-start-ups-flink-und-gorillas/27690796.html?ticket=ST-10300415-zXbvWee7qHpqvVfZsDoR-ap1

Nikita

Delivery Hero steigt bei Gorillas ein

Innerhalb von zehn Minuten will Gorillas Lebensmittel an Privathaushalte liefern. Dafür braucht das Berliner Start-up Geld. Investoren wie Delivery Hero und Tencent aus China geben ihm nun eine Milliarde US-Dollar.

Delivery Hero hat in einer Finanzierungsrunde einen Minderheitsanteil an dem Berliner Start-up Gorillas erworben. 235 Millionen US-Dollar investierte Delivery Hero, wie das Unternehmen mitteilte. Damit hält es nun acht Prozent an Gorillas, wie es weiter hieß. Zuvor hatte es bereits Medienberichte über einen bevorstehenden Einstieg gegeben.

Insgesamt konnte Gorillas laut Mitteilung von der Investorengruppe, zu der auch der chinesische Technologiekonzern Tencent gehört, eine Milliarde US-Dollar einsammeln. Die Unternehmensbewertung lag vor dem frisch eingesammelten Geld (»Pre-Money-Bewertung«) bei 2,1 Milliarden US-Dollar.
...

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/lieferdienst-gorillas-delivery-hero-steigt-ein-a-5071f99b-9d56-4b88-9265-0e4ccd96e170


Kuddel

Ein brutale Branche.
Der Staat schützt diese Ausbeuter.


In China wurde der Rider Mengzhu und 2 seiner Kollegen in den Knast gesteckt. Mengzhu sitzt wohl noch immer.



In Berlin wurden die streikenden Gorillas Liefefahrer vom Staatschutz beobachtet. Dann wurden 350 fristlos entlassen.



In Bremen fanden sich am 18.10. fast 40 wütende Menschen vor der Gorillas Niederlassung im Stadtteil Findorff ein, um ihre Solidarität mit den kämpfenden Fahrern auszudrücken. (Es wurde bei Twitter von 30 Leuten berichtet. Ich habe mitgezählt. Einige kamen, andere gingen, über den Abend waren es knapp 40.)



Dann tauchte die Behörde auf. Erstmal nur neugierig und wollte wissen wer "verantwortlich" für diesen Protest war.



Als man keinen Verantwortlichen ausmachen konnte, holte man Verstärkung. Mehrere Bullis rückten an, umstellten die Protestierenden und man nahm die Personalien auf.


Kuddel


Kuddel

Die rheinische Sangeskunst ist nicht so mein Ding, hier geht's aber immerhin um eine gute Sache:


https://www.youtube.com/watch?v=bwyhg-Inlbs

Nikita

Wohin dieser 10 Min.-Lieferungs-Schwachsinn führt, sieht man auch hier. Völlig absurde Werbung, die die Mitarbeiter ausbaden sollen:

https://ga.de/bonn/stadt-bonn/lieferdienst-gorillas-in-bonn-geschaeftsleute-aergern-sich-ueber-radverkehr_aid-63736037

"Bonn Auf der Friedrichstraße in Bonn sind seit einigen Monaten die Fahrradkuriere des Unternehmens Gorillas unterwegs. Die ansässigen Gastronomen stellen auf der Straße ihre Tische auf. Da kommt es immer wieder zu Konflikten.
Petra Amtenbrink und Roland Goseberg stören sich an den Radkurieren von Gorillas, die seit einigen Monaten über die Friedrichstraße fahren. Sie hat hier ein Möbelgeschäft, er eine Agentur, beide gehören zur Immobilien- und Standortgemeinschaft Friedrichstraße. Nur ein paar Meter die Straße runter befindet sich das neue Lager des Unternehmens Gorillas. Die Mitarbeiter liefern Lebensmittel mit dem Fahrrad zu den Kunden.

Das Lager befindet sich in einer ehemaligen Ladenzeile. Durch einen schmalen Eingang fahren die Kuriere nach ihren Touren hinein und heraus, wenn sie ihre Rucksäcke voll mit Waren haben. ,,Die Gorillas sind vom Fahrstil schon sehr sportlich", sagt Goseberg. Das führe immer wieder zu gefährlichen Situationen zwischen den Kurieren auf ihren E-Bikes sowie Fußgängern, Gästen der Gastronomie und deren Mitarbeitern.
..."

Nikita

https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/lieferdienste-108.html

MONITOR vom 28.10.2021

Lieferdienste: Millionenrendite auf Kosten der Fahrer:innen?

Nao

Überall auf der Welt ist Unruhe in die Lieferdienste gekommen.
Man hört ständig von neuen Protesten, in Rußland, Brasilien, Indonesien, Frankreich, den Philippinen oder Mexiko...
Die Fahrer müssen für ihre Arbeit den Befehlen ihrer Apps folgen. Ihr Widerstand organisiert sich großteils ebenso über das Smartphone und man vernetzt sich über Soziale Medien. Die Vernetzung beginnt sich zu internationalisieren.

Im Februar dieses Jahres wurde der Kurierfahreraktivist Mengzhu in Peking festgenommen und gilt als "verschwunden". Familie und Anwalt sind vor Journalisten und Aktivisten abgeschirmt und Mengzhu wird in China medial totgeschwiegen.

Heute startete eine weltweite Solidaritätskampagne für Mengzhu und gegen Repression.



Kurierfahrer und Unterstützer sind weltweit aufgerufen, Solidarität zu zeigen, Bilder von ihren Solidaritätsbotschaften und -Aktionen in den Sozialen Medien zu posten und in Kopie an supportmengzhu@protonmail.com zu schicken. Die Bilder werden dann auch in den Chinesischen Sozialen Medien verbreitet (bis die Behörden sie wieder löschen). Zeigt Solidarität, flutet das Netz mit euren Botschaften! Jeden Tag bis zum 11.11., dem "Singles Day", dem weltweit größten Online-Shopping-Event. Zu diesem Stichtag sind Journalisten aufgerufen, über die Situation der Kurierfahrer in dem jeweiligen Land zu berichten und dabei an das Schicksal von Mengzhu zu erinnern!

https://www.labournet.de/?p=188029

Nao

Es geht um unhaltbare Arbeitsbedingungen weltweit. Weltweit gibt es Widerstand.

ZitatEssenslieferanten in China
"Verspätung: Zwei Sekunden"
In China regt sich Protest gegen Lieferfirmen, die ihre Mitarbeiter mithilfe von Algorithmen durch die Gegend hetzen und sie dabei ausbeuten.



Wie in einem Computerspiel: Essenskuriere in China kämpfen um Aufträge und gegen die Willkür ihrer Arbeitgeber

Ein Essensbote aus Südchina hat seinen Frust über seinen Arbeitgeber öffentlich gemacht. Per Messengerdienst WeChat verbreitete er seinen Ärger über eine Strafe, die er gerade erhalten hatte – automatisch erlassen von einem Computersystem. Der Vorwurf lautet wie folgt: "Regelverletzung: verspätete Lieferung, schuldige Partei: Lieferant, Verspätung: zwei Sekunden." Daraufhin versuchte der Lieferant, per Chat seinem Arbeitgeber zu erklären, dass er nur vergessen hatte, in der App den Button "geliefert" zu drücken. Doch die Person am anderen Ende des Chats konnte ihm nicht helfen. 40 Prozent der kleinen Gebühr, die der Lieferant für seine Arbeit erhalten sollte, waren nun futsch.

Wenn Essensboten mit ihren chinesischen Arbeitgebern aneinandergeraten, können sogar Geldstrafen fällig werden – zum Beispiel wenn Kundinnen und Kunden eine schlechte Bewertung abgeben oder wenn die Angestellten willkürlich erscheinende Regeln gebrochen haben sollen. So läuft es sehr häufig in jenen Konzernen, die in China und im Rest der Welt als Tech-Unternehmen gelten [https://www.zeit.de/arbeit/2019-01/arbeitsbedingungendeliveroofoodora-mitarbeiter-fahrer-kontrolle], ihre Gewinne aber vor allem dank billiger Arbeitskräfte machen.

Gemeint sind die Betreiber großer Liefer-Apps wie Meituan oder Ele.me, die Armeen von Lieferanten durch die Städte jagen, gesteuert von Apps und Algorithmen. Und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich in vielen Fällen ausgebeutet fühlen. Jahrelang ist dieses System rasant und relativ unbehelligt gewachsen, aber neuerdings bekommen die Unternehmen in China Gegenwind.

Seit dem Sommer hat sich die chinesische Regierung einen Internet-Konzern nach dem anderen vorgenommen und allerlei Vorwürfe gegen sie erhoben [ https://www.zeit.de/2021/28/china-techkonzerne-aktienmarkt-kommunistische-parteiinnovation ]: Mal geht es um Verstöße gegen das Kartellrecht, mal um den Verbraucherschutz, die finanzielle Solidität und eben auch um die Ausbeutung von Arbeitskräften. Anfang September lud das Ministerium für Personalmanagement und soziale Sicherheit Vertreter von Liefer- und Taxifirmen vor und forderte sie auf, ihre Angestellten ordentlich zu bezahlen und ihnen Pausen zu garantieren. Die Behörde für Marktaufsicht veröffentlichte schon vor dem Treffen Richtlinien, nach denen die häufig unrealistisch knappen Lieferzeiten geändert werden sollen.

Diese Entwicklung erscheint von außen überraschend, denn man könnte ja meinen, dass eine Kommunistische Partei wie in China sich von Beginn an für die Interessen der Arbeitenden eingesetzt hätte. Stattdessen tat der Staat aber lange das Gegenteil. In den vergangenen Monaten ließ er sogar noch mehrfach Menschen festsetzen, die sich für die Interessen der Essensboten einsetzten.

Die Essensboten bekommen zwischen 0,50 Euro und 1,30 Euro pro Lieferung

Im Februar wurde der Lieferant Chen Guojiang festgenommen, im Land besser unter seinem Spitznamen Mengzhu bekannt. Er hatte Videos über die Arbeitsbedingungen veröffentlicht und sogar zur Gründung "einer Art Gewerkschaft" aufgerufen. Im September erwischte es Fang Ran, einen chinesischen Doktoranden in Hongkong, der Arbeiterbewegungen in den Fabriken der chinesischen Tech-Branche untersuchte.

"Rote Ampeln sind manchmal okay"

Dabei hat sich inzwischen auch durch die Berichterstattung chinesischerMedien herumgesprochen, wie prekär die Situation der Lieferkräfte häufi g ist.Wer für einen App-Betreiber Essen durch die Gegend fährt, starrt auf seinHandy und wird vollautomatisch darüber informiert, welcher Auftrag alsNächstes bearbeitet werden soll. Die App gibt an, wo die Abholung stattfi ndetund wo das Lieferziel liegt. Die Botinnen und Boten bekommen umgerechnetim Durchschnitt meist zwischen 0,50 und 1,30 Euro pro Lieferung.

Für viele Lieferanten ist der Job ein stressiges und gefährliches Wettrennen um Aufträge, in dem sie versuchen, den Algorithmus auszutricksen – wie in einem Computerspiel, das sie gewinnen müssen. Um ihren Tagessatz zu erreichen, müssen sie auch immer wieder Überstunden machen. Damit sie keine Abzüge oder Strafen riskieren, entscheiden sich viele von ihnen, mit großer Selbstverständlichkeit Verkehrsregeln zu brechen: rote Ampeln ignorieren,Straßen in der falschen Richtung befahren.

Sie riskieren viel, um der chinesischen Mitt elschicht ihr Essen zubringen
In den Chatgruppen der Lieferanten kann man genau nachvollziehen, wie dasläuft. Da werden Tipps darüber ausgetauscht, wie man sich nicht von derPolizei erwischen lässt ("Rote Ampeln sind manchmal okay") oder wo es sichbillig leben lässt ("120 Euro für ein Zimmer mit einem Bett und zwei anderenMenschen im Zentrum von Shanghai"). Arbeitsverträge oder Versicherungenhaben diese Beschäftigten in der Regel nicht. Sie riskieren viel, um derchinesischen Mittelschicht ihr Mittagessen und sonstige Lieferungen bis an dieHaustür ihrer Eigentumswohnungen zu bringen.

Aber trotzdem entscheiden sich Millionen von Chinesinnen und Chinesen fürdiese Art des Arbeitens. Chinesischen Medienberichten zufolge arbeiten rundacht Millionen Lieferanten für die beiden größten EssenslieferplattformenMeituan und Ele.me, hinter denen die Tech-Giganten Tencent und Alibabastehen. Die meisten dieser Menschen haben einen mittleren oder einfachenSchulabschluss und kommen aus ärmeren, ländlichen Teilen Chinas.
Bei Meituan etwa arbeiten viele, die früher an den Fließbändern in Fabrikenstanden – die also jene Art von Arbeit verrichtet haben, die China seinen Ruf alsdie "Werkbank der Welt" eingebracht hat. Sie versprechen sich vom Ausliefernmehr Freiheit. "Manchmal bin ich so beschäftigt, dass ich Frühstück und sogar Mittagessen ausfallen lasse", berichtete ein Lieferant im US-Medium Protocol "es ist ein harter Job, aber mit etwas Erfahrung gar nicht so schlimm. Ich kann pro Tag locker 50 Euro verdienen."

Nach firmeneigenen Angaben von Meituan verdient ein Lieferant im Durchschnitt umgerechnet 620 Euro im Monat. Ein Bauer auf dem Land kommt der amtlichen chinesischen Statistik zufolge nur auf 550 Euro pro Monat, ein einfacher Fließbandarbeiter laut chinesischen Medienberichten sogar nur auf 540 Euro.

Dass sich einige Lieferanten nun trotzdem off en gegen ihre Arbeitsbedingungenwehren, löst bei den Behörden und der Kommunistischen Partei gemischteGefühle aus. Auf lokaler Ebene gab es gelegentlich kleinere Streiks, die sichgegen lokale Manager der Subunternehmen richteten, die wiederum für dieTech-Firmen arbeiteten. Da hielt sich der Staat meist raus.

Dass die chinesische Regierung sich mit der Festnahme von Leuten wie Mengzhu gegen eine aufkeimende Organisation der Arbeitenden stellt, erklärtder Arbeitssoziologe Eli Friedman von der US-amerikanischen CornellUniversity so: "Die Kommunistische Partei Chinas ist nicht dagegen, dass sich die wirtschaftliche Situation der Arbeiterklasse verbessert. Aber sie ist dagegen,dass sie diese Verbesserungen selbst erkämpft. Die Partei hat eine Todesangst davor, dass Arbeiterinnen und Arbeiter sich unabhängig von ihr organisieren."

Die Probleme werden durch das schwache Sozialsystem verstärkt

Ob das jetzige Vorgehen der chinesischen Regierung etwas bringt, ob es die Arbeitsbedingungen der Lieferanten tatsächlich verbessert, ist aber fraglich. Aidan Chau von der Hongkonger NGO China Labour Bulletin ist skeptisch, dass Grundsätzliches passiert. "Die Regierung versucht jetzt, ein bisschen von den Profiten umzuverteilen, aber ich denke nicht, dass die Lieferanten einenennenswerte Veränderung bemerken", sagt er. Dafür müsste seiner Meinung nach mehr geschehen. Es müsste der eiserne Griff der Algorithmen gelockert und der Trend zu immer kürzeren Lieferzeiten gestoppt werden. Schließlich müsste auch der Wettbewerb zwischen den vielen Menschen abnehmen, die diese Art von Jobs machen wollen, denn erstärkt die Macht der Firmen.

Und obwohl die chinesische Regierung seit einigen Monaten vielen Tech-Unternehmen das Leben erschwert, will sie doch eines vermeiden: dass das ins Stocken geratene Wirtschaftswachstum darunter leidet. Friedman, der Arbeitssoziologe, glaubt zum Beispiel, dass die Regierung die Wettbewerbsfähigkeit nationaler Champions, zu denen die Tech-Unternehmen nun einmal gehören, nicht in letzter Konsequenz gefährden wolle.

Probleme mit unterbezahlten, wenig regulierten Arbeitsverhältnissen gibt esauch in anderen Ländern, etwa in den USA oder in Deutschland. Tatsächlich ähneln einige Vorwürfe aus China denen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lieferdiensten, die neuerdings auch hierzulande häufi ger werden. Auch da geht es um schlechte Arbeitsbedingungen, Kündigungen und fehlende Unfallversicherungen.

Doch in China werden die Probleme durch das schwache Sozialsystem nochverstärkt. Besonders Wanderarbeiter ohne Schulabschluss aus ländlichenProvinzen haben in den reichen Städten der Ostküste kaum Rechte. In vielen Städten der Provinz Guangdong läuft das zum Beispiel so: Wer nicht von dort kommt, hat erst einmal kein Anrecht darauf, seine Kinder auf dieöff entlichen Schulen zu schicken. Man kann sich einen Zugriff auf dieSchulplätze erarbeiten, das wird mit einer Art Punktesystem organisiert.Punkte bekommt man, wenn man einen offi ziellen Arbeitsvertrag vorweist,eine bestimmte Menge Steuern zahlt oder eine Wohnung mietet oder bessernoch: kauft.

Die Lieferarbeiter können solch einen Aufstieg in der Regel nicht schaffen –schon allein, weil die meisten von ihnen keinen Arbeitsvertrag besitzen. Der Soziologe Friedman sagt: "Egal, wie man Sozialismus definiert [ https://www.zeit.de/2021/28/kommunistische-partei-china-wohlstandmachterhalt ]
, das ist so ziemlich das komplette Gegenteil."
https://www.zeit.de/2021/45/essenslieferanten-china-protest-arbeitsbedingungen-ueberwachung-algorithmen-ausbeutung

Nao

Mit solidarischen Grüßen aus Argentinien:


Nao

Der Streik von Hongkongs Foodpanda Riders war beeindruckend und erfolgreich.



https://www.scmp.com/news/hong-kong/hong-kong-economy/article/3157373/foodpanda-drivers-strike-look-behind-scenes-2-day?module=perpetual_scroll&pgtype=article&campaign=3157373

Dort organisierte man nun (heute) eine internationale Videokonferenz als geschlossene Veranstaltung nur mit Einladung. Es war die halbe Welt dabei, Brasilien, US, Spanien, UK, D, aber der Schwerpunkt waren Riders aus Ostasien. 4 Simultanübersetzer hatten schwer zu tun. Es waren fast 60 Leute dabei. Man könnte endlose Aufsätze verfassen, über das, was dort geredet wurde. Ein paar Dinge, die mir im Kopf geblieben sind: Auch in Hongkong sind viele Riders migrantisch, oft indisch oder pakastanisch. Sie sprechen oftmals kaum Chinesisch (Kantonesisch). Ein Streikführer war pakistanisch, lebte bis 2018 im Oman und seine Frau und Kinder sind weiterhin in Pakistan. Er schickt ihnen Geld. Wie man einen Streik führt? Man muß sich mit allen anfreunden. Wenn jemand erschöpft aussieht, ihm eine Flasche Wasser geben, wenn jemand sich suchend umsieht, ihm helfen, die Adresse zu finden. Er fand es auch wichtig, sich mit den Kunden gutzustellen. Die kennen das Unternehmen nicht. Die kennen nur dich. Wenn du ihnen erklären kannst, worum es geht, unterstützen sie auch einen Boykott. Bei diesem Streik haben 800 Kunden ihre Foodpanda App gelöscht. Er sagte, es sei auch schlau, Streikbrecher weiter freundlich zu behandeln, ihnen die Situation und den Grund des Streiks zu erklären, sie aber nicht wie Feinde behandeln. Spannungen innerhalb der Belegschaft sind kontraproduktiv. Bei Verhandlungen mit dem Management muß man klare Kante zeigen. Die niemals mit "Sir" ansprechen, nicht "danke" sagen, von ihnen nichts annehmen, nicht einmal Wasser. Man muß wütend und direkt sein, denn ohne die Arbeiter gäbe es die Unternehmen nicht. Klarmachen, daß es nicht ums Verhandeln geht. Man hat Forderungen. Sie sollen sich überlegen, ob sie darauf eingehen wollen. Wenn sie nur "reden" wollen, muß man gleich wieder gehen. Wenn sie die Forderungen nicht erfüllen wollen, muß man sagen, was ihnen dann blüht. Arbeitsniederlegungen jedes Wochenende. Dann kommt Weihnachten und Neujahr. Dann das chinesische Neujahrsfest. Können sie sich ja überlegen.

Er wurde gefragt, weil der Streik ja mit informellen Strukturen als Wilder Streik geführt wurde, ob sie nun eine Gewerkschaft gründen wollten. Er meinte, wozu? Das einzige, was wirklich nötig sei, ist die Solidarität. Der Zusammenhalt ist die größte Kraft. Man muß sich vorher gut überlegen, was man will, man muß die Situation analysieren, um dann zu tun, was getan werden muß.

Das war noch anschließend im internen Chat der Organisatoren Thema:
ZitatIch fand es interessant, dass W. der Idee einer Gewerkschaft sehr ablehnend gegenüberstand. Es scheint etwas mit seinem eigenen beruflichen Hintergrund zu tun zu haben, aber auch damit, dass sie Gewerkschaften in Hongkong nicht für relevant halten (trotz der Unterstützung von D. [CTU])?
ZitatEr scheint auf "direktem Handeln" bestanden zu haben, was besonders interessant ist, da eine regulare Gewerkschaft (die an formellen Tarifverhandlungen beteiligt ist) die Arbeitnehmer in den meisten Fällen von direkten Aktionen oder sofortigen Streiks abhält.
ZitatK. weiß viel darüber - es scheint, dass Foodpanda-Beschäftigte, sowohl chinesischer als auch südasiatischer Herkunft, nicht sonderlich dazu neigen, eine Gewerkschaft oder irgendeine Art von formeller Organisation zu haben?
ZitatDie meisten der südasiatischen Arbeiter, mit denen ich gesprochen habe, finden die derzeitige Art des Widerstands (durch informelle Strukturen) einfach effektiv. Sie sagten, eine Gewerkschaft zu gründen würde bedeuten, dass sie mehr Zeit und Geld für die Aufrechterhaltung der Organisation aufwenden müssten, was sie lieber für das Verdienen von mehr Geld verwenden würden. Viele chinesische Fahrer sind seit der Regenschirm-Bewegung ziemlich gegen 大台 (formelle Organisationen wie Gewerkschaften oder politische Parteien), sie sind eher von der Idee einer führerlosen Bewegung überzeugt. Vielleicht sind das die Gründe...

Es gab noch viel mehr, Berichte von Gründungen von Kooperativen in Brasilien, um sich von den App-Konzernen unabhängig zu machen, der Kampf in Spanien, um statt als (Schein-)Selbständiger als angestellter Fahrer zu arbeiten, die Koordination von Fahrerstreiks in Indonesien oder den Philippinen und anderes...

ManOfConstantSorrow



Please support our union from Russia!
A strike of packers is taking place in the city of kemerevo. Please take a picture of yourself holding the poster, or record a short video in support of the workers.

(Telegram: https://t.me/courier_fight)
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

counselor

Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

Es entwickelt sich in diesen Bereich eine neue Form der Arbeiterbewegung.
Es handelt sich um vereinzelte Arbeiter:innen und keine geschlossenen Belegschaften, also Leute, denen man am wenigsten gemeinsame Kämpfe zugetraut hat.
In UK findet der am längsten andauernde Gig-Economy Streik statt.



Es finden weltweit Proteste und Arbeitskämpfe in der Branche statt. Die Kämpfe sind von Migranten geprägt. Selten gab es Arbeitskämpfe mit so vielen internationalen Verbindungen und Internationaler Solidarität.
Die Kämpfe werden basisnah organisiert, Gewerkschaften spielen dabei eine untergordnete Rolle. Basisgewerkschaften scheinen eine größere Rolle zu spielen als die traditionellen Gewerkschaften.

Italien


Deutschland


Indien


Brasilien


Hongkong


Griechenland


Taiwan


Türkei

Kuddel

Soliaktion in Berlin für die Kolleg:innen in der Türkei


Kuddel

ZitatTausende Kuriere streiken in der Türkei

Die Inflation in der Türkei schießt in die Höhe, Streiks breiten sich in allen Branchen aus, von der verarbeitenden Industrie über die Logistik bis hin zum Gesundheitswesen. Seit Anfang Februar 2022 streiken und protestieren im ganzen Land tausende Lebensmittelkuriere, die für Yemeksepeti (ein Unternehmen von Delivery Hero) arbeiten.

"Die Miete beträgt 3.000 Lira, der Mindestlohn 4.000 Lira. Wie soll das gehen?" (aus dem Video)

Den Fahrern wurde eine Lohnerhöhung von 17 % angeboten, was gerade dem Mindestlohn entsprechen würde und nicht ausreicht, um Kraftstoff und andere Güter des täglichen Bedarfs zu bezahlen, die seit der Währungskrise unerschwinglich geworden sind.

Arbeitgeber und die Polizei haben gewaltsam auf die Proteste der Arbeitnehmer reagiert. In Kocaeli wurden Beschäftigte des Autoherstellers Farplas entlassen und von der Polizei gewaltsam angegriffen und verhaftet. In einem Lagerhaus eines Migros-Supermarktes in Istanbul wurden streikende Beschäftigte entlassen und ebenfalls verhaftet, weil sie protestiert hatten. Anfang des Monats protestierten 2.000 hauptsächlich weibliche Beschäftigte einer Sockenfabrik gegen Hungerlöhne und erreichten eine Lohnerhöhung von 70 %.

Mit einem beeindruckenden einminütigen Video: https://de.labournet.tv/tausende-kuriere-streiken-der-tuerkei

ManOfConstantSorrow

Die Migros-Lieferanten in der Türkei haben ihren Streik gewonnen - alle ihre Forderungen wurden erfüllt und alle 100 verhafteten Streikenden wurden freigelassen

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Wilder Streik der Radkuriere in Myanmar:

ZitatFoodPanda- und GrabFood-Fahrer im Streik



Am Morgen des 16. März begann foodpanda Myanmar damit, die Gebühren für die Fahrer ohne vorherige Ankündigung zu kürzen, obwohl der Vertrag zwischen den Fahrern und dem Unternehmen vorsieht, dass die Fahrer im Voraus informiert werden sollten. Als Reaktion darauf meldeten sich die foodpanda-Fahrer von ihren Konten ab und begannen einen wilden Streik in der Hauptstadt Yangon und versammelten sich vor dem Hauptsitz des Unternehmens in der Stadt.

Nach Angaben eines beteiligten Fahrers erhalten sie jetzt nur noch 500-600 MMK (0,25 - 0,30€) für eine Strecke, für die sie früher 1000 MMK (0,50€) bekamen.

Mit dem Protest konfrontiert, wies das foodpanda-Büro mit dem Finger auf andere Abteilungen des Unternehmens und sagte, es sei nicht verantwortlich.

Es gibt noch viele andere Probleme...
https://globalmayday.net/2022/03/17/myanmar-foodpanda-grabfood-riders-strike/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel


ManOfConstantSorrow

Die Branche kommt nicht zur Ruhe.
Weltweit brechen bei den Riders immer wieder Kämpfe aus. Es gibt internationale Kontakte und es beginnen erste grenzüberschreitende Strukturen zu entstehen. Ist die Gig Economy ein fruchtbarer Boden für das Entstehen einer neuen globalen Arbeiter:innenbewegung?

Ein paar aktuelle Meldungen:

ZitatEs ist an der Zeit, den Giganten zu stürzen.
In den letzten Monaten streikten Kolleginnen und Kollegen, die für folgende Unternehmen arbeiten: e-food (Griechenland), Glovo (Italien), Yemek Sepeti (Türkei), foodpanda (Myanmar), und jetzt kämpfen die Fahrer von Talabat in Dubai (VAE) für ihre Rechte.

Alle diese Unternehmen gehören zu demselben multinationalen Konzern, Delivery Hero. Es ist an der Zeit, die Kämpfe zu vereinen und als Einheit zu kämpfen. Lasst uns den Riesen zu Fall bringen.

GETRENNT SIND WIR NICHTS, ZUSAMMEN SIND WIR ALLES.
DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT DER ARBEITERKLASSE IST UNSERE STÄRKSTE WAFFE
.
twitter (s.u.)
https://twitter.com/lucapetsolo/status/1524146683910754304


In den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt es kein Streikrecht. Vor zwei Wochen haben Kurierfahrer in Dubai mit einem massiven Wilden Streik die angekündigte Senkung der Tarife abgewehrt.

https://twitter.com/Seamus_Malek/status/1523752994617303040


Nun haben sie erneut die Arbeit niedergelegt, um höhere Löhne zu erkämpfen.
https://twitter.com/ChefDuzen/status/1524321349929480193


Riders von Bolt_Food kämpfen in Lviv (Ukraine) selbst während des Krieges für bessere Arbeitsbeingungen:


https://youtu.be/kNkzrb9rEUk
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Kiril Ukraincev sitzt wegen seines gewerkschaftlichen Engagements in der Lieferbranche in Moskau im Untersuchungsgefängnis.


ManOfConstantSorrow

Griechenland:
Der Kampf geht weiter!

Zitat

efood drängt 4-Stunden-Vertragsarbeiter in Richtung Freelance-Modell
https://sveod.gr/?p=4340
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

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