Literatur zur Abwicklung der DDR-Industrie

Begonnen von Arbeiterklasse, 15:38:42 Di. 10.April 2007

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Arbeiterklasse

Zum Thema wird in diesem Thread diskutiert. Dabei reifte die Idee, Literaturtipps zusammenzutragen. Hier die ersten zwei.

ZitatOriginal von besorgter bürger

siegfried wenzel - was war die ddr wert?  isbn 3-360-00940-1
ralph hartmann - die liquidatoren   isbn 3-355-01485-0
Dein ganzes Leben ist Politik!

Heatfield

Gute Idee:

ZitatWolfgang Weber
DDR - 40 Jahre Stalinismus
Ein Beitrag zur Geschichte der DDR

Die SED-Bürokratie ist zusammengebrochen - doch die Fragen bleiben:

War die DDR eine Alternative zum Kapitalismus? Hatte dort der Sozialismus geherrscht, wie die SED in der Vergangenheit behauptet hat und heute von allen anderen Parteien nachträglich bekräftigt wird? Was war der wirkliche gesellschaftliche Charakter des DDR-Staates und seine Rolle in der Geschichte? Weshalb ging er zugrunde?

Um diese Fragen zu beantworten, zeigt der Autor die Wurzeln und Traditionen des DDR-Staates in der Unterdrückung der marxistischen Bewegung durch den Stalinismus und seine programmatische Grundlage im Nationalismus auf; er untersucht die Drehungen und Wendungen der Innen- und Außenpolitik, der Wirtschafts-, Sozial- und Kulturpolitik der DDR im internationalen Spannungsfeld des Kalten Krieges, der wachsenden Krise der kapitalistischen Weltwirtschaft und des permanenten, manchmal offen, meist aber versteckt ausgetragenen oder mühsam unterdrückten Konfliktes zwischen der herrschenden Schicht von Bürokraten und den Arbeitern in den Betrieben.

Wolfgang Weber, DDR - 40 Jahre Stalinismus
ISBN 3-88634-056-2
174 Seiten


https://ssl.kundenserver.de/s25785407.shoplite.de/sess/utn;jsessionid=15461ba48cf3f82/shopdata/0030_Geschichte/product_details.shopscript?article=0150_DDR%2B-%2B40%2BJahre%2BStalinismus%2B%3D283-88634-056-2%3D29

Heatfield

ZitatVom Arbeiteraufstand 1953 bis zum Bau der Berliner Mauer 1961
Von Wolfgang Weber
14. August 2001

Vor vierzig Jahre wurde die Berliner Mauer gebaut. Wir veröffentlichen aus diesem Anlass das dritte Kapitel aus dem Buch "DDR - 40 Jahre Stalinismus" von Wolfgang Weber, das 1993 beim Arbeiterpresse Verlag in Essen erschienen ist. Es beleuchtet den Mauerbau vom Standpunkt des Konflikts zwischen der Arbeiterklasse und der herrschenden Bürokratie innerhalb der DDR und macht deutlich, dass er damals im Westen nicht ungern gesehen wurde.

Die von Stalin in Ostdeutschland eingesetzte Clique missbrauchte die staatliche zentrale Planwirtschaft in erster Linie, um sich selbst gegenüber der Arbeiterklasse starke Kontrollpositionen und auch ihre eigene soziale Basis in der DDR aufzubauen. Sie verschaffte einer wachsenden Zahl von Elementen aus dem Kleinbürgertum und auch den oberen Arbeiterschichten privilegierte Positionen in der Staats- und Wirtschaftsverwaltung und schuf sich so ein Heer von willigen Bürokraten.

Ursachen und Folgen des Aufstands vom 17. Juni 1953

Für die Arbeiterklasse in den Betrieben dagegen wurde gleichzeitig mit den Verstaatlichungen ein umfassendes System der Lohndifferenzierung durch Prämien eingeführt sowie Akkordlöhne auf der Grundlage sog. "technisch bedingter Arbeitsnormen" (TAN). Das bedeutete, dass Arbeitsnormen bzw. Zeitvorgaben nicht mehr wie bis dahin von der Belegschaft selbst, sondern von außen durch Zeitstopper und "Arbeitsanalytiker" festgelegt werden sollten, und zwar "in Übereinstimmung mit den zentralen Planvorgaben und gesetzlichen Vorschriften".

Leistungslöhne waren in den meisten Betrieben 1945 von den Betriebsräten abgeschafft und anschließend von den Belegschaften als "antisozialistische Ausbeutungsmethoden" nicht wieder akzeptiert worden. Die Bürokratie versuchte nun, zu solch kapitalistischen Entlohnungssystemen zurückzukehren, um die Arbeitsproduktivität zu erhöhen. Diese war infolge der Demontagen, der schlechten Versorgungslage und auch infolge des solidarischen Widerstands in den Belegschaften gegen Arbeitshetze auf 50% des Vorkriegsniveaus gesunken.

Vor der Einführung der TAN hatte das Ulbricht-Regime bereits versucht, eine "Aktivistenbewegung" nach dem sowjetischen Vorbild des Stachanow-Systems zu organisieren, um die Arbeiter zu höheren Arbeitsleistungen anzutreiben. Als "Stachanow der DDR" wurde der unglückselige Bergmann Adolf Hennecke auserkoren, der nach sorgfältiger Präparation seiner Arbeitsbedingungen in einer Steinkohlengrube seine Arbeitsnorm mit 387% übererfüllte. Hennecke und ähnliche "Helden der Arbeit" wurden jedoch von ihren Kollegen als Werkzeuge der Bürokratie beschimpft und völlig isoliert. Die Aktivistenbewegung scheiterte, ohne auch nur annähernd ihr Ziel erreicht zu haben.

Auch die TAN, der zweite Anlauf der Bürokratie zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität, waren zwar 1948 verabschiedet, in den folgenden Jahren aber nur in geringem Ausmaße durchgesetzt worden. In vielen Betrieben wurden die Zeitstopper, die zuletzt unter den Nazis in den Betrieben gesehen worden waren, verprügelt und rausgeworfen, sobald sie am Arbeitsplatz auftauchten.

Prämien, die einzelne Arbeiter oder Abteilungen belohnen (und korrumpieren) und dadurch einen Anreiz zur Produktivitätssteigerung schaffen sollten, wurden auf die gesamte Belegschaft verteilt.

Dieses Verhalten hatte vor allem in Großbetrieben mit solidarischem Zusammenhalt ein solches Ausmaß angenommen, dass die SED sich zu regelrechten Kampagnen "gegen Gleichmacherei" und "falsch verstandene, noch aus den Zeiten des Kapitalismus stammende Solidaritätsgefühle" gezwungen sah.

Da die Arbeiter zwar die formale Einführung des Leistungslohns akzeptieren mussten, jedoch weiterhin nach den alten Normen arbeiteten, konnten sie auf diese Weise sogar eine Erhöhung ihrer Effektivlöhne durchsetzen.

Die stalinistische Bürokratie reagierte daraufhin im Jahre 1950, indem sie die von den Gewerkschaften ausgehandelten Tarifverträge durch "Betriebskollektivverträge" (BKV) ersetzte, die praktisch von der neu gebildeten Staatlichen Plankommission diktiert wurden. Mit Hilfe dieser Spaltung der Belegschaften und Verstärkung der bürokratischen Kontrolle sollten Verpflichtungen zur Sollerfüllung, Lohndifferenzierungen und Maßregelungen im Falle von Planunterschreitungen durchgesetzt werden. Die im FDGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften mussten die Rolle von Einpeitschern und Aufpassern übernehmen. Doch der Widerstand und die Wut in den Betrieben wuchsen. In Halle zum Beispiel lehnten Betriebsdelegierten-Konferenzen der Leuna-Werke, eines SAG-Betriebes, dreimal einen Kollektivvertrag ab, den die BGL mit der Werksleitung "ausgehandelt" hatte, der aber jedesmal mit einem 10-prozentigen Nachtzuschlag weit hinter den geforderten 15% zurückgeblieben war.

http://www.wsws.org/de/2001/aug2001/mau-a14.shtml

Garantiert nicht von der BpB

Hartzhetzer

ZitatDie vermeintliche oder tatsächliche Pleite der DDR

Der Zustand ihrer (Staats-)Wirtschaft war ab 1990 immer wieder Anlass für Diskussionen. Der umgangssprachliche Begriff Pleite kann zu Missverständnissen führen, denn prinzipiell wäre zu unterscheiden zwischen einer wirtschaftlichen bzw. finanziellen Problematik (der Zahlungsunfähigkeit) und ihrer politischen Dimension. Die Zahlungsunfähigkeit eines Staates bedeutet eine ernste Krise, führt aber nicht zwangsläufig zum "Zusammenbruch" der Wirtschaft oder gar des gesamten Staatswesens, wie die Beispiele der RGW-Staaten Polen und Rumänien zeigten, die schon vor 1989 zahlungsunfähig wurden.

Die nach der Wende oft zu hörende Behauptung, die DDR wäre "wirtschaftlich ohnehin bald zusammengebrochen", hat einen wahren Hintergrund. Denn 1989 war der Staat DDR praktisch schon zahlungsunfähig; der Anschein der Bonität wurde lediglich durch eine Art staatlicher Kreditreiterei gewahrt (d.h. Einsatz von Krediten einer Bank als "Sicherheit" für Kredite anderer Institute, vgl. Geheime Kommandosache Schalck u.a. vom 28.09.1989). Der desaströse Zustand der Zahlungsbilanz (siehe unten bei 4.) bildete ein Druckmittel der BRD-Regierung zur Beförderung der deutschen Einheit, doch waren die Gründe für den Zusammenbruch der Macht der SED - nicht des Staates DDR - eher politischer Natur.

DDR LEXIKON
Die Nazis vollzogen auf ihre Weise, was die Sozialdemokratie sich immer erträumt hatte: eine »ordentliche Revolution«, in der alles ganz anders wird, damit alles so bleiben kann, wie es ist.

Zitat Schwarzbuch Kapitalismus Seite 278

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