ver.di startet Kampagne für Beschäftigte in Leiharbeit

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 15:35:51 Fr. 23.Januar 2009

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ManOfConstantSorrow

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

sleepy5580

Das was mich daran stört ist das anstatt Kräfte der DGB-Gewerkschaften und Leiharbeiter zu bündeln, jede Gewerkschaft doch ihr eignes Süppchen kocht.

Schimmelreiter

Zitat von: sleepy5580 am 23:27:34 Fr. 23.Januar 2009
Das was mich daran stört ist das anstatt Kräfte der DGB-Gewerkschaften und Leiharbeiter zu bündeln, jede Gewerkschaft doch ihr eignes Süppchen kocht.
Den Gewerkschaften geht es in erster Linie darum, den Mitgliederschwund zu stoppen.
Jahrzehntelang konnte man sich damit begnügen, mehr oder minder spektakuläre Tarifabschlüsse zu erzielen.
ver.di (Besonders die Vorgängergewerkschaft ÖTV) und IG Metall sind da erfolgsverwöhnt.

Diese beiden mächtigen Gewerkschaften hatten dann zum ersten darunter zu leiden, daß man die Ergebnisse der Tarifverhandlungen auch als Nicht-Mitglied erhielt.

Den zweiten Schub gab es dann, als die Gewerkschaften vor dem Hintergrund dieser glorreichen Vergangenheit teilweise auch einfach zu dreiste Forderungen gestellt haben. Diese Entwicklung drohte, so manchem mittelständischem Betrieb das Genick zu brechen und macht jede Möglichkeit zur Tarifflucht natürlich nochmal attraktiver.

Und zuguterletzt haben sich die Gewerkschaften zu lange damit begnügt, ihre Lobby - also den "unkündbaren" Arbeitnehmer in den gewerkschaftlich gut organisierten Branchen - zu bedienen, verkennend, daß diese zugunsten florierender Zeitarbeit schwindet.

Tja, und jetzt schmeißt man sich halt an uns Leiharbeiter ran.

Ich bin soweit Realist, zu erkennen, daß sich eine Eindämmung der Zeitarbeit mittelfristig nur erreichen läßt, indem die Gewerkschaften ihren Stamm-Lobbies klar machen, daß 35h/Woche Kaffee saufen nicht mehr mit 1800-2400 EUR/netto vergütet werden können, man dafür aber auch im Gegenzug nicht für 800 EUR/Monat 40h/Woche buckeln muß wie ein Tier.

piet

Völlig abgesehen davon, dass LeiharbeiterInnen vielleicht eine ganz eigene Organisationsform brauchen würden:

Das Getrommel "meiner Gewerkschaft" im Leipziger Signal vom Oktober 2007 war nicht konstruktiv:
"(...) 'Wir sind die Gewerkschaft für Leiharbeiter!'
Die IG Metall ist die Gewerkschaft für Leiharbeiter. Gemeinsam mit den Stammbelegschaften
werden wir die Arbeitsbedingungen verbessern und dafür sorgen,
dass der Grundsatz Gleiche Arbeit - Gleiches Geld - Gleiche Arbeitsbedingungen
in der Leiharbeit gilt und Leiharbeiter nicht länger ungerechtfertigt benachteiligt
werden. (...)"
(ein link zum Leipziger Signal findet sich unter
http://netkey40.igmetall.de/homepages/vst_hamburg/arbeitskreiseuausschsse/akmenscheninzeitarbeit.html
- dem Internetauftritt des AK MiZ Hamburg.)
Die Reaktion von ver.di, eine eigene Kampagne zu starten, ist für mich nachvollziehbar.
Ich frage mich, aus Sicht eines Gewerkschaftsmitgliedes: Warum wird das Thema Leiharbeit nicht von Haus aus beim DGB angesiedelt?

Solange sich LeiharbeiterInnen keine eigene Organisation schaffen, sind die DGB-Gewerkschaften leider das "kleinere Übel" zum Umgang mit der Realität.



Leben einzeln und frei
wie ein Baum und dabei
brüderlich wie ein Wald,
diese Sehnsucht ist alt.

Yaşamak bir ağaç gibi
tek ve hür ve bir orman gibi
kardeşçesine,
bu hasret bizim.

Nâzım Hikmet

sleepy5580

Und genau das ist das was ich meine warum ziehen die DGB-Gewerkschaften nicht an einem Strang, sie sind ja auch noch Tarifgemeinschaft gegenüber BZA und IGZ eine gemeinschaftliche Kampagne wäre sicher das bessere Signal.

Wilhelm17

Ich halte gewerkschaftliches Engagement im tarifrechtlichen Rahmen für Leiharbeiter nicht für sinnvoll und rate daher von Gewerkschafts-
mitgliedschaft ab.
Wenn Leiharbeiterihre Situation verbessern wollen, müssen sie in politischen Initiativen auf ein Verbot der Leiharbeit drängen. Hierzu müssen
zunächst eigene gewerkschaftsunabhängige Standpunkte in der Diskussion gefunden werden. Diese Standpunkte müssen stichhaltige Argumente
enthalten, wie ein gesetzliches Verbot von Leiharbeit möglich ist und welche Alternativen flexibler Beschäftigungsformen es ohne Stigmati-
sierung, Belegschafts-und Branchenspaltung gibt.
Wir Leiharbeiter werden von nennenswerten Mehrheiten nur dann ernst genommen, wenn wir bei einem Leiharbeitsverbot auch Zugeständnisse
machen, wie etwa beim Kündigungsschutz. Dies dürfte uns Leiharbeitern nicht schwerfallen, da der Kündigungsschutz für uns wie es die JAB-Studie
nachweist de facto bereits abgeschafft ist.(!) Von denen ihren Bestand wahrenden Stammi-Gewerkschaften dürfte das kaum zu erwarten sein.
In politischen Intiativen müssen wir die Flexibilisierungsbedürfnisse der Entleihbetriebe im wirtschaftlichen Konkurrenzdruck anerkennen und zeigen
daß wir lediglich die unproduktive,verantwortungslos fremde Arbeitskraft verkaufende Branche der Verleiher angreifen.
In Anbetracht der Tatsache, daß wir Leiharbeiter nach BZA-Prognosen Ende 2009 die Millionengrenze "knacken" besteht die Chance, daß wir uns
aus eigener Kraft emanzipieren. Dies geht nicht, wenn wir die Argumentationsketten der Gewerkschaften nachkauen. Wir müssen raus aus dem
anonymen Internetgejammer und unseren Protest auf die Straße und in die Betriebe tragen.
Bildet persönliche örtliche Initiativen zur gemeinsamen Planung von Petitionen und Unterschriftensammlungen und nutzt die Internetforen zur Ver-
netzung.



dejavu

Zitat"Ich halte gewerkschaftliches Engagement im tarifrechtlichen Rahmen für Leiharbeiter nicht für sinnvoll und rate daher von Gewerkschafts-
mitgliedschaft ab."
Das was die Gewerkschaften zur Zeit tun, ist in der Tat nicht besonders hilfreich.
ZitatWenn Leiharbeiterihre Situation verbessern wollen, müssen sie in politischen Initiativen auf ein Verbot der Leiharbeit drängen. Hierzu müssen
zunächst eigene gewerkschaftsunabhängige Standpunkte in der Diskussion gefunden werden. Diese Standpunkte müssen stichhaltige Argumente
enthalten, wie ein gesetzliches Verbot von Leiharbeit möglich ist und welche Alternativen flexibler Beschäftigungsformen es ohne Stigmati-
sierung, Belegschafts-und Branchenspaltung gibt.
Hört sich oberflächlich betrachtet gar nicht so schlecht an.
Aber schaun wir mal:
Eine Beschränkung auf politische Initiativen die auf ein Verbot der Leiharbeit abzielen, birgt im Erfolgsfall ein erhebliches Rückfallrisiko (durch Regierungswechsel)
Natürlich muss keine Diskussion darÜber stattfinden wie ein Verbot der Leiharbeit möglich ist, sondern warum ein Verbot der Leiharbeit nötig ist, und zwar im Interesse aller Arbeitnehmer die sich organisiert haben oder organisieren wollen. Entsprechende Standpunkte müssen möglicherweise zunächst unabhängig von Gewerkschaften entwickelt werden, da deren Führung nicht willens oder in der Lage ist die von der Leiharbeit ausgehenden Gefahren zu erkennen, beziehungsweise ihnen adäquat zu begegnen.

Da Leiharbeit einen wesentlichen Frontabschnitt eines von der herrschenden Wirtschaft und der Politik geführten Sozialkrieges gegen Arbeitnehmer darstellt, an dem die ohnehin rückläufige Potenz der Gewerkschaften endgültig gebrochen werden soll, sind die gegen Leiharbeit zu findenden Argumente zwangsläufig die ureigenen einer ihren Anspruch ernstnehmenden Gewerkschaft.
Politische Initiativen müssen daher dringend darauf abzielen die Diskussion nicht nur in die Gesellschaft, sondern sie auch wieder in die Gewerkschaften zu tragen, sie insbesondere dort erfolgreich zu führen, um dann vereinigt mit der Macht der Gewerkschaften auf die politische Bühne zurückzukehren und die Sache im Sinne der Arbeitnehmer endgültig zu bereinigen.
Das Finden von alternativen flexiblen Beschäftigungsformen ist in diesem Zusammenhang sicherlich entbehrlich.
ZitatWir Leiharbeiter werden von nennenswerten Mehrheiten nur dann ernst genommen, wenn wir bei einem Leiharbeitsverbot auch Zugeständnisse
machen, wie etwa beim Kündigungsschutz. Dies dürfte uns Leiharbeitern nicht schwerfallen, da der Kündigungsschutz für uns wie es die JAB-Studie
nachweist de facto bereits abgeschafft ist.(!) Von denen ihren Bestand wahrenden Stammi-Gewerkschaften dürfte das kaum zu erwarten sein."
In politischen Intiativen müssen wir die Flexibilisierungsbedürfnisse der Entleihbetriebe im wirtschaftlichen Konkurrenzdruck anerkennen und zeigen
daß wir lediglich die unproduktive,verantwortungslos fremde Arbeitskraft verkaufende Branche der Verleiher angreifen.

Ich würde sagen: gerade in diesem Falle sollten wir nur von einer verschwindend kleinen Minderheit ernstgenommen werden.
Bei einem Leiharbeitsverbot können wir Leiharbeiter als Gruppe keine Zugeständnisse machen da wir dann als solche nicht mehr existieren.
Schon garnicht können wir beim Kündigungsschutz der, wie du selbst bemerkst, für uns kaum eine Rolle spielt, irgendetwas zugestehen.
Zugeständnisse von "Stammi-Gewerkschaften" zu fordern, ist genau die Rolle die uns unsere "Sozialkriegspartner" zugedacht haben. Sie halten uns mit Hartz4 plus Leiharbeit in Geiselhaft und toben ihre von Profitgier getriebenen Flexibiliersierungswünsche konzentriert und exemplarisch auf unseren Rücken aus. 
ZitatIn Anbetracht der Tatsache, daß wir Leiharbeiter nach BZA-Prognosen Ende 2009 die Millionengrenze "knacken" besteht die Chance, daß wir uns aus eigener Kraft emanzipieren. Dies geht nicht, wenn wir die Argumentationsketten der Gewerkschaften nachkauen. Wir müssen raus aus dem
anonymen Internetgejammer und unseren Protest auf die Straße und in die Betriebe tragen.
Bildet persönliche örtliche Initiativen zur gemeinsamen Planung von Petitionen und Unterschriftensammlungen und nutzt die Internetforen zur Ver-
netzung.

Mein Eindruck ist: den Gewerkschaften muß die eine oder andere Argumentationskette vor und nicht nachgekaut werden.
Und Was denn nun geknackt wird, eine Millionengrenze und das immerhin noch mögliche Zustandekommen ernstzunehmender Gewerkschaften, oder eine steinalte Abart Kapitalistischer Ausbeutung, liegt vielleicht auch ein bischen an uns.

lest zu eurer Erbauung:
aus C.Marx:
Das allgemeine Gesetz der Kapitalistischen Akkumulation
   Illustration des Gesetzes der Kapitalistischen Akkumulation
        e)Das britische Ackerbauproletariat:
"...Das Gangsystem, das sich seit den letzten Jahren beständig ausdehnt, existiert offenbar nicht dem Gangmeister zulieb. Es existiert zur Bereicherung der Grossen Pächter, resp. Grundherrn. Für den Pächter gibts keine sinnreichere Methode, sein Arbeitspersonal tief unter dem normalen Niveau zu halten und dennoch für alles Extrawerk stets die Extrahand bereit zu haben, mit möglichst wenig Geld möglichst viel Arbeit herauszuschlagen..."


Leiharbeit und Werkvertragsmißbrauch verbieten! Weg mit dem Dreck!

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