Sanktionspraxis auf dem Prüfstand – waren bisher alle Sanktionen rechtswidrig?

Begonnen von Telekom-Richter, 17:01:16 Do. 03.Juni 2010

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Telekom-Richter

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18.02.2010 (Az.: B 14 AS 53/08 R)
liegt nunmehr im Volltext vor:



http://www.beispielklagen.de/Klage018/B.14.AS.53_08.R.2008_06_05.Rechtsfolgenbelehrung.pdf



In der Pressemitteilung vom 18.02.2010 war zu lesen:

,,Die Sanktionstatbestände des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr b und c SGB II setzen jedoch voraus, dass der Hilfe­bedürftige über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung belehrt worden ist. Die Belehrung über die Rechtsfolgen muss konkret, verständlich, richtig und vollständig sein. Erforderlich ist insbesondere eine Umsetzung der in Betracht kommenden Verhaltensanweisungen und möglicher Maß­nahmen auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls. Diese strengen Anforderungen an den Inhalt der Rechts­folgenbelehrung sind vor allem deshalb geboten, weil es sich bei der Herabsetzung der Grundsiche­rungsleistungen, wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) hervorgeht, um einen schwerwiegenden Eingriff handelt."


http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&Datum=2010&nr=11355 &pos=0&anz=4


Bereits die knappe Medieninformation hatte erste nachhaltige Auswirkungen in den Entscheidungen bei Sozial- und Landessozialgerichten zur Folge, so dass einige Sanktionsbescheide für rechtswidrig erklärt, weil die Rechtsfolgenbelehrung unzureichend war.
Einige dieser Entscheidungen wurden hier zusammengetragen:
http://www.beispielklagen.de/klage018.html#Urteile


Es ist Zeit mit Hilfe von Überprüfungsanträgen die verfassungswidrigen Bußgelder beizutreiben und den § 31 SGB II einzureißen.

www.sanktionsmoratorium.de 
     

Dora

.
Meiner Meinung nach - zumindest so weit ich mich bis jetzt damit beschäftigt habe - zieht sich das BSG geschickt aus der Affäre. Das kann aber auch an der Begründung der Klage liegen, die ich nicht kenne.

Aus dem Urteil des BSG zitierst du:
"...Diese strengen Anforderungen an den Inhalt der Rechts­folgenbelehrung sind vor allem deshalb geboten, weil es sich bei der Herabsetzung der Grundsiche­rungsleistungen, wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) hervorgeht, um einen schwerwiegenden Eingriff handelt."

Das ist meiner Meinung nach nicht das Entscheidende, denn es wird auf die "Belehrung über die Rechtsfolgen" (RFB) abgestellt. (was, wie bereits gesagt, an der Klagebründung liegen könnte...)

Nicht geprüft hat das BSG - und das fällt auch nicht in seine Zuständigkeit - die Vereinbarkeit des Sanktionsparagrafen § 31 des SGB II mit der Verfassung, also dem Grundgesetz. Es hätte aber nach Art. 100 GG das Verfahren aussetzen und zur Klärung der Frage der Verfassungsmäßigkeit des hier zu Grunde gelegten § 31 SGB II diese Frage eben miitels Vorlagebeschluss an das BVErfG reichen können.

Die Belehrung über die "Rechts"-folgen könnte sich dann aber als Belehrung über Folgen aus UNRECHT herausstellen.

Um nur ein Beispiel zu geben, nehme ich den § 31 SGB II Abs. 1 Satz 1 a), der wie folgt im SGB II steht:
Zitat
§ 31 Absenkung und Wegfall des Arbeitslosengeldes II und des befristeten Zuschlages

(1) Das Arbeitslosengeld II wird unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn

1. der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert,

   a) eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen,  
   b) ........
Quelle: http://bundesrecht.juris.de/sgb_2/__31.html

Nun ist das (Zitat) in der Aussage ganz klar der Zwang zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung unter der Androhung, eine als Existenzminimum gezahlte Leistung, drastisch zu kürzen.
Man könnte auch sagen: Der § 31 SGB II Abs. 1 Satz 1 a) ist der in Gesetz gefasste Tatbestand der Nötigung oder - da es sich um ein an der Menschenwürde orientiertes Existenzminimum handelt und der Erwerbslose der ArGe zunächst vollständig ausgeliefert ist - der in Gesetz gefasste Tatbestand der Erpressung.

Gut - die Bundesagentur hat mit Handlungsempfehlungen / Geschäftsanweisungen auf diesen Satz 1 a) im Abs. 1 des § 31 SGB II reagiert.
Es steht aber die Beseitigung dieses Unrechts durch das BVerfG und / oder den Gesetzgeber aus.

So erfreulich das Urteil auch ist: Ich halte das für eine Notbehelfslösung und bezeichne es als das bekannte Herumbasteln an Symptomen. Es müssen aber die Ursachen beseitigt werden.

Deshalb unterschreiben wir keine EGV mit dieser vermeintlichen "Rechts"-Folgenbelehrung. Und paradox wäre es einerseits zwar das Sanktionsmoratorium zu unterschreiben aber andererseits auch eine Eingliederungsvereinbarung mit "Rechtsfolgenbelehrung" zu unterschreiben, die auf der Grundlage eines Unrechtsgesetzes beruht, wie es Hartz IV nun mal ist.

Dora
.

Telekom-Richter

Hallo Dora,

gern gebe ich Dir Recht, dass es entschieden besser gewesen wäre, endlich den § 31 SGB II mittels Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht  weiterzuleiten, um die Frage der Verfassungswidrigkeit abschließend zu klären.

Allerdings: Aus dem Bereich der Arge Märkischer Kreis ist mir nicht eine Entscheidung bekannt, in der dieser streng ausgelegte Maßstab des Bundessozialgerichts erfüllt wäre. (Und viele der hiesigen "ARGE MK-Scharfrichter" in Iserlohn sind namentlich auffällig geworden.)
Die ARGE MK legt eine Sanktionsstatistik vor, die führend war (ist?) in NRW und mehrfach deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt, wenn man die Sanktionsstatistik der Bundesagentur für Arbeit einsieht.
http://www.pub.arbeitsagentur.de/hst/services/statistik/detail/l.html

Ich gehe von einer Sanktionsbilanz aus, die bis zum Entscheidungstermin (BSG, Az.: B 14 AS 53/08 R, am 18.02.2010) vorbildlich war,
nach der Entscheidung jedoch wie ein Kartenhaus zusammenstürzen muss, weil keine einzige Sanktion mehr als rechtskonform gelten kann.
Alles für die Katz!

Ich sehe hier eine Möglichkeit den Sanktionsparagrafen zum Einsturz zu bringen.
Er ist - zumindest für die Vergangenheit – zu 100% auf Sand gebaut.

Das aber kann gesellschaftlicher Zündstoff sein:
Eine Regierung, die verfassungswidrige Gesetze erlässt.
Eine ARGE die menschenverachtende Gesetze gedankenlos umsetzt.
Und eine Sozialgerichtsbarkeit, die nicht gemerkt haben will, wie die Verfassung mit Füßen getreten wird.

Einige Male haben wir nur den Pressebericht des BSG zitiert und bereits damit gewonnen.
Ich würde gern eine Welle von Überprüfungsanträgen losgetreten sehen.

Dora

Hallo,

du hast ja recht und das Urteil ist ohne Frage sehr hilfreich! Das hätte ich vielleicht noch anfügen sollen.

Auch,  dass - wie du schreibst -

"Eine Regierung, die verfassungswidrige Gesetze erlässt.
Eine ARGE die menschenverachtende Gesetze gedankenlos umsetzt.
Und eine Sozialgerichtsbarkeit, die nicht gemerkt haben will, wie die Verfassung mit Füßen getreten wird. "


genug für "gesellschaftlichen Zündstoff" bieten könnte, leuchtet ein. Und wünschenswert wäre in der Tat eine Welle von Überprüfungsanträgen. Auch da bin ganz deiner Meinung, auch wenn es "unsere Leute" hier und mich nicht betrifft.

Aber wer kennt schon das Grundgesetz? Und wie viele erkennen, dass ein Gesetz verfassungswidrig sein könnte?

In den großen Foren wie z. B. von Behrsing und Tacheles ist oft zu lesen,  man müsse bei Eingliederungsvereinbarungen differenzieren und jede sei anders und manche würde der HelferIn sogar "selbst" unterschreiben, es sei eine "hinnehmbare", eine "milde" oder "harmlose" Eingliederungsvereinbarung (oder gar ein Geschenk in ihr enthalten) und da habe man schon "schlimmere" gesehen. Und die Eingliederungsvereinbarung als Gegenvorschlag die im Behrsingforum zum Herunterladen zur Verfügung steht, enthält eben genau die "Rechtsfolgenbelehrung" und anderen Unsinn. Und verkündet wird von der Redaktion, dass jeder der einen Antrag auf Alg II gestellt hat ja auch dem SGB II zugestimmt habe und sich damit auch dem § 31 SGB II unterworfen habe,  nur - das verschweige Dora.

Da frage ich mich, ob der "gesellschaftliche Zündstoff" den wir beide erkennen, wirklich von vielen Erwerbslosen erkannt werden kann bzw. erkannt werden können soll. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wollen längst nicht alle "Aktivisten" der Erwerbslosenszene.

Und wir wollen nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Wenn die "Rechtsfolgenbelehrungen" künftig die vom BSG formulierten Bedingungen erfüllen, wären Sanktionen möglich und wirksam und "rechtens". Denn das BSG fordert nur eine "Rechtsfolgenbelehrung", die seinen strengen Anforderungen genügt, weil es sich um einen "schwerwiegenden Eingriff" handelt. Mit dem Eingriff selbst und dem
§ 31 SGB II scheint das BSG keine Probleme zu haben.

Dora
.








ThePoor

das BSG drückt sich doch darum zu sagen, das unter das EXISTENZMINIMUM nicht gekürzt werden kann.
Die bereits ergangenen Urteile des BverG schließen weitgehend eine reine Gutscheinpraxis aus. (Würde des Menschen)
Eine 100% Kürzung ist spätestens seit dem BverG Urteil vom Feb, verfassungswidrig, wenn ansonsten Anspruch auf ALG2 besteht.

Die einzige Entschuldigung für das BSG wäre höchstens, das die Höhe des Existenzminimums erst am 1.1.2011 laut BverG klar sein muss, aber das die Wohnung etc bezahlt werden muss ist unstrittig.
J
edenfalls seh ich das so, hoffe die Gerichte ebenfalls, bei den Argen zweifle ich aber noch

auch das ist vollkommen klar
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20100209_1bvl000109.html

c) Die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein. Dies verlangt bereits unmittelbar der Schutzgehalt des Art. 1 Abs. 1 GG.

Ein Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gewährleistet ist.

Die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch ein Parlamentsgesetz erfolgen, das einen konkreten Leistungsanspruch des Bürgers gegenüber dem zuständigen Leistungsträger enthält.


1. a) Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem
Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen
diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische
Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen,
kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht
aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung
mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1
Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung.
Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden
*
Zur Ermittlung des Anspruchumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen.
_________________________________________________
_________________________________________________

Es gibt aber noch was in dem BverG-Urteil, hab jetzt keine Lust es rauszusuchen, das erlaubt meiner Ansicht nach begrenzte Sanktionen,
begrenzt auf das reine Existenzminimum, welches ja zur Zeit nicht klar ist.
Papier sprach da in einem Interview von Obliegenheitsverletzungen, sprich zb. man weigert sich strikt zu arbeiten etc.

Langsam scheint aus der Berliner Bananenrepublik ne ganze Bananenplantage zu werden:)

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Papier Interview
Papier: Keine höheren Hartz-IV-Ansprüche nach Urteil
http://wirtschaft.t-online.de/verfassungsgerichtspraesident-papier-keine-hoeheren-hartz-iv-ansprueche-nach-urteil/id_21901332/index
********************************************
Sozialgericht Bremen: Sanktionspraxis der BAgIS ist teilweise rechtswidrig
http://prekaer.info/index.php/neuigkeiten/kultur/2801-sozialgericht-bremen-sanktionspraxis-der-bagis-ist-teilweise-rechtswidrig-.html

Nach Auffassung der 22. Kammer, muss die BAgIS bei vollständiger Streichung der Regelleistung, den Betroffenen zeitgleich mit der Sanktionierung ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen. Der deutsche Gesetzgeber sei verfassungsrechtlich verpflichtet für im Inland lebende Bedürftige -neben immaterieller Achtung- jedenfalls das zur physischen Existenz Unerlässliche zu gewähren.
Bei vollständiger Streichung der Regelleistung, muss die BAgIS ein ihr im Gesetz eingeräumtes Ermessen deshalb so ausüben, dass zeitgleich von Amts wegen ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen bewilligt werden:
"Unterlässt es der Grundsicherungsträger in diesen Konstellationen von Amts wegen eine Ermessensentscheidung über die Gewährung der Leistungen nach § 31 Abs. 3 Satz 6 und 7 SGB II zu treffen, sind die ergangenen Sanktionsbescheide wegen Ermessensausfalls rechtswidrig."
Dieses gilt nicht nur, wenn die von der Sanktion Betroffenen unter 25 Jahre alt sind, sondern auch für alle anderen Hartz IV-EmpfängerInnen.
Die 22. Kammer des Bremer Sozialgerichts stützt sich in seiner Entscheidung auf ältere und bereits rechtskräftige Entscheidungen der Landessozialgerichte Nordrhein-Westfalen und Berlin-Brandenburg, sowie auf die kürzliche Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Beschluss v. 21.04.2010- L 13 AS 100/10 B ER). Die jetzige Bremer Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig und Beschwerde vor dem LSG Niedersachsen-Bremen ist zugelassen.

H1N1

Hallo zusammen,

also irgendwie verstehe ich das nicht so ganz. Ist es nun rechtens eine 100%ige Sanktion (inklusive Kosten der Unterkunft!!) beim ALG2  zu verhängen? Laut Internetseite der Bundesagentur ist das so.

Das würde ja eindeutig bedeuten, dass der ALG2 Empfänger seine Miete nicht mehr zahlen kann und obdachlos wird? Das kann doch nicht wirklich wahr sein.. seine Vermittlungschancen würden sich dabei sicherlich nicht erhöhen.

Gibt es hier Leute die davon schon einmal betroffen waren?

H1N1

Dora

.
Bezogen auf das SGB II kann die Bundesagentur für Arbeit darauf verweisen, dass Sanktionen "rechtens" seien. Über dem SGB II steht aber das Grundgesetz und mit diesem sind etliche Bestimmungen aus dem SGB II nicht in Einklang zu bringen. @ThePoor hat ja noch mal aus dem Urteil des BVerfG vom 9. Februar zitiert um deutlich zu machen, dass hier keine Übereinstimmung besteht. Anders und gaaaanz vorsichtig ausgedrückt: Bestimmungen aus dem SGB II wie z. B. der sogenannte "Sanktionsparagraph" (§ 31 SGB II) sind verfassungsrechtlich höchst bedenklich, weil sie in Grundrechte aus dem Grundgesetz (Verfassung) eingreifen und auch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG und BVerfG) und daraus entwickelten Grundsätzen nicht vereinbar sind.

Kurzum: 100% Sanktion kann die BA bezogen auf das SGB II als "rechtens" bezeichnen, sind aber nach Auffassung von etlichen hoch qualifizierten Fachleuten und Richtern verfassungsrechtlich höchst bedenklich und wären mit einem entsprechenden Urteil des BVerfG dann möglicherweise verfassungswidrig und damit dann Null und nichtig.

Ein solches Urteil gibt es leider noch nicht und die BA möchte es auch verhindern um an diesem Unrechtsgesetz Hartz IV festhalten zu können.

Aber einige Elos und andere arbeiten dran, ein solches Urteil herbeizuführen.


ThePoor

yo
das BVerG, hätte hier eine sofortige Übergangslösung anordnen müssen ,
so fühlt sich ja scheinbar keine Behörde verpflichtet das Grundgesetz einzuhalten.

Die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch ein Parlamentsgesetz erfolgen, das einen konkreten Leistungsanspruch des Bürgers gegenüber dem zuständigen Leistungsträger enthält.

da gibt es auch keine Ausrede das die neue EVS noch nicht vorliegt.

ich geh aber sicher davon aus das derzeit kein Gericht mehr einer 100% kürzung zustimmen wird,

Die anweisungen der BA wurden aber noch nicht geändert soweit ich das seh

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01-Allgemein-Info/A015-Oeffentlichkeitsarbeit/Publikation/pdf/Gesetzestext-31-SGB-II-Absenkung-Wegfall-ALGeld.pdf

Unter Berücksichtigung des Einzelfalls kann der Träger nach pflichtgemäßem Ermessen Leistungen für Unterkunft und Heizung erbringen. Voraussetzung ist, dass sich der Hilfebedürftige nach-träglich bereit erklärt, seinen Pflichten nachzukommen. Die Aus-führungen unter Rz. 31.24 gelten entsprechend. Daneben wird hier insbesondere die Frage der drohenden Wohnungslosigkeit entscheidungserheblich sein.
(5) Ergänzende Sachleistungen (siehe Kapitel 5.1 Abs. 6) können auch bei wiederholter Pflichtverletzung gewährt werden.

Da aber...das gilt
____________________________________________________________
1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht  in seiner Verbindung
mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1
Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung.
Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden
(Aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Artikel 1, Absatz 1 (,,Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.") in Verbindung mit dem Sozialstaatspostulat des Artikel 20 leitet sich in Deutschland die sozialstaatliche  Praxis ab[3]  [4], den Sozialhilfesatz als minimale Grundversorgung jedem Bedürftigen zu gewährleisten.)
____________________________________________________________

könnte man diese Anweisung der Ba auch als Anweisung zur Nötigung sehen.
soweit ich was versteh:)

ALG II steht auch Häftlingen zu
Nachricht zum Thema Hartz IV / ALG II vom 12.09.2009 um 14:51 Uhr (Autor: sozialleistungen.info)
VGW 1281

Strafgefangene können einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zufolge durchaus einen Anspruch auf das ALG II haben. Zumindest können sie dann einen dementsprechenden Anspruch gelten machen, falls sie außerhalb des Gefängnisses mindestens 15 Stunden pro Woche einer Arbeit nachgehen könnten (Az: B 14 AS 16/08 R).


Dora

.
Wir dürfen bei dem juristischen Aspekt die
S A L A M I T A K T I K
der Justiz nicht ausser Acht lassen.

Natürlich war in den zunächst bei den SG eingereichten Klagen - auch in der von Thomas Kallay - das Thema EGV und Sanktionen, konkret der § 31 SGB, der sich ja auf eine abgeschlossene EGV bezieht, in der Klagebegründung drin. Verfahrensrechtlich wurde dieser Teil jedoch vom Teil der Erbringung der laufenden Leistungen nach §§ 20, 28 (Regelsätze) und § 22 (KdU und Heizung) abgetrennt.
Im Verfahren Kallay waren/sind die KdU und Heizung zudem unstrittig zwischen den Parteien, wie aus den hier eingestellten Dokumenten hervorgeht.

"Warum diese Salamitaktik?",  hab nicht nur ich mich gefragt. Vermutlich deshalb, weil die EGV und EGV-Praxis gerade in Verbindung mit § 31 SGB II eine zentrale Rolle im SGB II spielen. Sie sind das Instrument zur Steuerung des Verhaltens der (Langzeit-) Erwerbslosen, das Einfallstor zu ihrer Entmündigung und Entrechtung.

Wäre nicht abgetrennt worden und alles kompakt vor dem BVerfG zu verhandeln gewesen, wäre Hartz IV vermutlich nicht haltbar geswesen sondern komplett gekippt worden. Genau das sollte wohl verhindert werden.








ThePoor

Zitat von: Dora am 12:00:52 Do. 01.Juli 2010
.
Wir dürfen bei dem juristischen Aspekt die
S A L A M I T A K T I K
der Justiz nicht ausser Acht lassen.


ja wie Du wohl schon bemerkt hast, geh ich da manchmal etwas blauäugig an die Sache ran.
Stimmt dieser ganze Mist ist zerstückelt.

Und was in dem andern thread ja auch schon erwähnt wurde, es gibt einfach zu wenig kläger die stur die Sache durchhalten,
dann wären auch die 1€ jobs und ähnliche Tatbestände schon längst beim BVerG angekommen.

Aber Dora, stell Dir mal vor Du wärst Richter, kannst Du dir da nicht vorstellen, das dir diese ganzen blöden HartzIV verfahren schlichtweg stinken,
weil der Gestzgeber einfach zu blöd dazu ist die Verfassung zb zu achten.
Also für mich wären das nur .....
Wir bewegen uns zur Zeit sowieso auf uns unbekannten Terrain, weil wir nicht wissen, wie die das Urteil hinter unserem rücken analysieren,
ich mach nachwievor den gesetzgeber und das parlament für diesen schwachsinn verantwortlich, nicht die gerichte.
das sind nur die feinheiten mal wieder worüber uns diskret streiten.

ich wollte das hier eigentlich nicht so deutlich sagen, aber zb Leute wie Arno Dübel , bewegen sich völlig auf dem Boden der Verfassung, egal was ich von solchen Geistern halte, ist deren Verhalten rechtens.!!!!!!
Und dieser hinweis des Bundesverfassunggerichtes dürfte der Untergang von hartzIV sein, dieser kleine Satz
Die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch ein Parlamentsgesetz erfolgen
ist die rückkehr vor 2005
nur witzigerweise , dann kommt wieder deine salami, wurde dafür , soweit ich mich an das urteil erinnere, keine Frist gesetzt.


Und bei diesem unheiligen Parteienklumerat betreffend HartzIV, habe ich erhebliche bedenken zu glauben das diesen Lehrern oder erziehern oder bevormunduern diesrer Nation, die Tragweite der Verletzungen der BRD Verfassung überhaupt bewußt war.

Eine weitere Folge dieses Schwachsinns, ist, das es ein kurzeitiger gewinn für manche war, für den staat als gemeinwesen nicht,
naja man kann da viel zu schreiben, aber deutschland, also politiker und ein großer teil der geldgewinner, macht resteuropa pleite, seine eigene bevölkerung auch,


Bankrun

@ Telekom-Richter

Gilt diese neue am Einzelfall orientierte Rechtfolgenbelehrung denn nicht auch für § 31 Abs. 2? - Also muss so ein "Melde-Zwangstermin" nicht auch eine gültige Rechtsfolgenbelehrung enthalten?

x-ray

@Bankrun

für jedes Schreiben mit RFB, also auch für Vermittlungsangebote. Die Rechtsfolgen und deren Voraussetzungen müssen klar und deutlich vorher aufgeführt werden, so daß auch der absolut Rechtsunkundige ein Handeln, das zu einer Sanktion führen könnte, genau einschätzen kann.

Aber was mich interessieren würde, wäre das Argument "wichtiger Grund". Wichtiger Grund ist persönlich relativ weit auslegbar, um zu erfahren, was ein wichtiger Grund ist, müsste ich mich theoretisch vorher an anderer Stelle kundig machen z.B. Rechtsliteratur. Aus dem BSG-Urteil ableitend wäre dann aber doch das Amt für eine genaue Aufklärung zuständig, es müsste theoretisch dem eHb zu erklären, was es als wichtigen Grund anerkennt. Also z.B. Krankheit und kein Recht auf Schönheitsschlaf, jetzt mal grob gesagt. Und dieser Satz "Irrtümer gehen zu Lasten des Leistungsempfängers" steht bei mir nur in der EGV, bei der "leider" meine Unterschrift fehlt, aber nicht auf den Vorladungen und Vermittlungsnötigungen.
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null. Und das nennen sie dann ihren Standpunkt Albert Einstein

ThePoor

Zitat von: x-ray am 00:35:07 Fr. 06.August 2010

Aber was mich interessieren würde, wäre das Argument "wichtiger Grund".

ist ganz einfach, für die arge ist ein wichtiger Grund wenn du Tot bist, oder gelben zettel hat,oder grad zum vorstellungsgespräch mußt, evtl lassen sie  noch mit sich handeln wenn deine bude grad brennt und du bei der feuerwehr dabei bist,oder das öffentliche verkehrsmittel grad explodiert ist,
ob dein kind krank ist interessiert die kaum zb

also in solchen fällen , mal wieder gericht...

achso wenn Du im knast bist, ist logisch auch ein wichtiger Grund...

und wenn du zufällig in der sahara urlaub machst, und das einzige kamel streikt, lass es dir vom kamel schriftlich geben,notfalls hufabdruck auf papier,  sonst meckern die wenn du erst ein halbes jahr später zum termin auftauchst

Was die Arge für wichtige Gründe hält , hat die Arge definiert, und das ist im Netz auch nicht schwer zu finden,
alles andere sind für die Arge keine wichtigen gründe

x-ray

ZitatWas die Arge für wichtige Gründe hält , hat die Arge definiert, und das ist im Netz auch nicht schwer zu finden,

Und genau das ist der Knackpunkt, was in §31 SGB II steht, ist auch im Netz nicht schwer zu finden, dennoch kann nicht auf eine ausführliche Rechtsfolgenbelehrung verzichtet werden - so das BSG.

Was das Kamel betrifft: Es können maximal 3 Wochen Ortsabwesenheit im Jahr genehmigt werden. Da wird es wohl zu einem vollständigen Wegfall der Leistungen für die Zeit der unerlaubten Ortsabwesenheit kommen. Eine Kommunikation zwischen meinem Kamel und den Kamelen in der ARGE könnte allerdings zur Abwechslung wirklich mal erfolgreich sein, da kommt es bestimmt zu keinerlei Verständigungsschwierigkeiten.

Und wenn ich im Knast bin und auch nicht raus kann, habe ich überhaupt keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.

Im übrigen erkennt meine Optionskommune einen Gelben nicht als wichtigen Grund für ein Meldeversäumnis an, aber wie du treffend sagst, dann eben Gericht.

Aber egal, will mich da auch nicht streiten, da es sich hier lediglich um einen Gedankengang handelt - so ähnlich wie der Gedankengang, daß aufgrund des BfVerfG eben der §31 gegen die Verfassung verstößt. Wobei dafür die Stimmen in der Rechtsliteratur eindeutig lauter sind.
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null. Und das nennen sie dann ihren Standpunkt Albert Einstein

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