Kommt Pendlerpauschale ab dem 1. Kilometer wieder zurück?

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 08:44:35 Fr. 07.September 2007

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Wilddieb Stuelpner

Die Welt vom 06.09.2007, 09:12 Uhr Steuer-Urteil - Wie man sich die Pendlerpauschale sichert

Von Barbara Brandstetter

Neue Hoffnung für Arbeitnehmer: Der Bundesfinanzhof bezweifelt, dass die Kürzung der Pendlerpauschale verfassungsgemäß ist. Steuerzahler können sich jetzt schon vorbereiten für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht die Regelung tatsächlich für verfassungswidirg erklärt.

Das oberste deutsche Steuergericht, der Bundesfinanzhof (BFH), nannte es in einem jetzt veröffentlichten Beschluss ,,ernstlich zweifelhaft", ob die Neuregelung ,,verfassungsmäßig ist" (Az. VI B 42/07). Seit diesem Jahr können Arbeitnehmer die ersten 20 Kilometer ihres Weges zum Arbeitsplatz nicht mehr von der Steuer absetzen und daher häufig keinen Freibetrag mehr in ihrer Lohnsteuerkarte eintragen lassen.

Darum ging es auch im aktuellen Fall: Ein Fernpendler wollte seinen bisherigen Freibetrag ohne Kürzung der Pauschale auf seiner Lohnsteuerkarte eintragen lassen – jedoch ohne Erfolg. Dagegen klagte der Berufspendler und bekam nun vor dem Bundesfinanzhof Recht. Das oberste Finanzgericht bestätigte damit eine Entscheidung des niedersächsischen Finanzgerichts von Anfang März, das einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gesehen hatte und daher das Bundesverfassungsgericht anrief. ,,Das ist ein erfreulicher Beschluss", sagte Wolfgang Wawro, Vorstandsmitglied des Deutschen Steuerberaterverbandes. Auch der Bund der Steuerzahler begrüßte die Entscheidung: ,,Wir haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass Fahrten zur Arbeit Werbungskosten sind", sagte Steuerzahlerbund-Präsident Karl Heinz Däke. Das Bundesfinanzministerium müsse nun umgehend die Anweisung an die Finanzämter zurückziehen, die Freibeträge nur gekürzt in die Lohnsteuerkarten einzutragen. ,,Aufgrund des neuen BFH-Beschlusses haben Steuerzahler nun die Möglichkeit, sich für die ersten 20 Entfernungskilometer einen Lohnsteuerfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen", sagt Steuerexperte Peter Kauth vom Internetportal Steuerrat24.de. Doch auch wenn die Option auf eine satte Steuerersparnis bereits im laufenden Steuerjahr äußerst verlockend ist: ,,Steuerzahler sollten sich gut überlegen, ob sie einen solchen Antrag wirklich stellen wollen", warnt Steuerexperte. Schließlich sei nicht klar, ob das Bundesverfassungsgericht die Kürzung der Pendlerpauschale tatsächlich als verfassungswidrig einstuft. ,,Falls die neue Regelung als verfassungskonform bestätigt werden sollte, würde der Werbungskostenabzug für die ersten 20 Kilometer rückgängig gemacht" warnt Steuerexperte Kauth. Dann müsste die eingesparte Steuer plus die dann fälligen Aussetzungszinsen in Höhe von sechs Prozent zurückgezahlt werden.

Steuerexperte Kauth rät daher, in der Steuererklärung für das laufende Jahr die Entfernungspauschale wie bisher abzurechnen. Akzeptiert das Finanzamt diese erst ab dem Kilometer 21, sollten Steuerzahler gegen den Steuerbescheid Einspruch einlegen. ,,Das ist zwar mit etwas Mühe verbunden, kann sich jedoch durchaus rechnen", sagt Uwe Rauhöft vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine. Fällt dann der Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts im Sinne der Steuerzahler aus, können sich all diejenigen, die ihre Steuerbescheide in diesem Punkt offen gelassen haben, über eine Erstattung der zuviel gezahlten Steuern freuen.

Das Finanzministerium will zunächst das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten, hält jedoch am ,,Werkstorprinzip" fest: Die Arbeit beginne erst am Werkstor und nicht beim Verlassen des Hauses, sagte ein Sprecher der Finanzministeriums.

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Wenn das Bundesfinanzministerium am Werkstorprinzip festhält dann bedient es gleichzeitig wieder AG-Interessen:

a) Sie leugnen, daß es überhaupt anerkennungswürdige Arbeitswege zwischen Wohnung und Arbeitsstelle und retour im steuerrechtlichem Sinne gibt und
b) unterstützen noch die Abschaffung eines anderen, in den Augen der AG-Verbände als Sozialklimbim betrachteten AN-Rechts - die grundsätzliche Anerkennung von Arbeitswegeunfällen, die mit der Zahlung von Sach- und Geldleistungen durch den AG und die Krankenkassen zu gewähren ist. Wo es keine Arbeitswege geben soll, da auch keine sozialrechtlich mit Leistungen geschützte Arbeitswegeunfälle. Man will schon seit längerem den Berufsgenossenschaften den Ballast der Anerkennung von Arbeitswegeunfällen und dem AG und den Krankenkassen den Ballast gezahlter Krankengeldleistungen abnehmen und die Diskussionen des Werkstorprinzips im Steuerrecht ist der ag-arschkriechenden Bundesregierung und den AG-Verbänden da höchst willkommen, auf dieser Strecke wieder einen großen Brocken Sozialabbau durchzusetzen.
c) Wer nach dem Werktorprinzip keinen anerkennungswürdigen Arbeitsweg hat, der bekommt in Zukunft auch kein betriebliches Jobticket oder andere betrieblichen Förderungen in diese Richtung mehr anerkannt.
d) Für Arbeitslose ist dann jede Weglänge über 2,5 Std. Fahrdauer zum Vorstellungsgespräch, zur Probearbeit, zum Niedriglohn zahlenden Sklavenhalter, zum Beschäftigungsträger zumutbar. Seine Privatsache!!! Es wird dann auch keine Aufwandsentschädigungen für 1-Euro-Jobber und Mobilitätsbeihilfen geben, wenn die Bundesregierung der Auffassung der AG-Verbände folgt, daß das Werktorprinzip gilt, also der Arbeitsweg lediglich der Werk zwischen Werkstor und betrieblichen Arbeitsplatz innerhalb des Betriebsgeländes sein soll.

Dann werden die Pendelwege zwischen Wohnung - Betrieb und retour zur reinen Privatsache deklariert, auch wenn man wegen der schlechter werdenden Arbeitssuchbedingungen sich mehrere 100 km weitenfernte Wochenendarbeitswege als quer durchs halbe Bundesgebiet pendelnder Arbeitsnomade, Außendienstmitarbeiter, Reisender, Handelsvertreter aufbürdet.

Das nenne ich Verwahrlosung der Arbeitsplatz-, der Arbeitsvertragsbedingungen und ein weiterer Baustein zum Sozialabbau bei jobsuchenden Arbeitslosen und prekär beschäftigten AN. Paßt wunderbar zu den Lohndumping- und Lohnwucherorgien und zur Einwanderung von ausländischen Fachleuten, die auf indisches Rikschafahrerniveau in Deutschland beschäftigt werden sollen. Das sind keine sozialpolitische Ausrutscher mehr, das hat wirtschaftspolitische Ausbeutermethode, unterstützt mit Hilfe gekaufter Polit- und Beamtenbüttel.

So kommt ein Teil zum anderen im großen Sozialabbaupuzzle und auch die letzte, taube Nuss müsste begreifen, wohin die Mistkarre BRD hinsteuert.

Wilddieb Stuelpner

ARD, Tagesschau:Kürzung der Pendlerpauschale auf der Kippe - Geld bald wieder ab dem ersten Kilometer?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat verfassungsrechtliche Zweifel an der Neuregelung der Pendlerpauschale und diese mit einem Eilbeschluss praktisch außer Kraft gesetzt.

Seit 1.1.2007 können in der Steuererklärung Kosten für die Fahrt zum Arbeitsplatz erst ab dem 21. Kilometer geltend gemacht werden. Nach dem Beschluss des obersten Finanzgerichts Deutschlands können sich Arbeitnehmer nun trotzdem die volle Pauschale ab dem ersten Kilometer in die Lohnsteuerkarte eintragen lassen.

Zur Begründung erklärten die Richter, nach der im Eilverfahren nur groben und vorläufigen rechtlichen Prüfung sei die Neuregelung "ernstlich zweifelhaft".

Verfassungsgericht muss noch entscheiden

Eine endgültige Entscheidung über die im Amtsdeutsch Entfernungspauschale genannte Regelung steht allerdings noch aus. Zwei Finanzgerichte haben dazu das Bundesverfassungsgericht angerufen.

Entscheiden die Verfassungsrichter, dass die Kürzung der Pendlerpauschale verfassungsgemäß ist, müssten all diejenigen Nachzahlungen leisten, die jetzt die volle Pendlerpauschale geltend machen. Die Richter in Karlsruhe werden ihr Urteil voraussichtlich 2008 fällen.

Lohnsteuerhilfe spricht von "Etappensieg"

Der Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring Deutschland (LHRD), der den Beschluss erstritten hatte, wertete die Entscheidung als "Etappensieg" für 15 Millionen pendelnde Arbeitnehmer in Deutschland.

Mit ihrem Beschluss bestätigten die BFH-Richter eine Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts. Dort hatte ein Pendler gegen die Neuregelung geklagt und gleichzeitig einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Das Gericht verpflichtete daraufhin das Finanzamt, die ungekürzte Pauschale in die Lohnsteuerkarte einzutragen. Dies führt direkt zu niedrigeren Steuerabzügen vom monatlichen Lohn.

Freibetrag kann nachträglich eingetragen werden

Für die nachträgliche Eintragung auf die Lohnsteuerkarte muss die Karte allerdings beim Arbeitgeber abgeholt und dem Finanzamt vorgelegt werden. Eine Eintragung ist noch bis zum Jahresende möglich.

Beantragung auch mit Steuererklärung möglich

Die Berechnung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer können Arbeitnehmer auch mit ihrer Steuererklärung für das Jahr 2007 beantragen.

Die Entscheidung des BFH gilt allerdings nur für den Eintrag auf der Lohnsteuerkarte. Sollte das Finanzministerium nicht den Vollzug der Kürzung der Pendlerpauschale grundsätzlich aussetzen, muss der Steuerpflichtige klagen. Der Bund der Steuerzahler und die Steuergewerkschaft forderten bereits, die Kürzung der Pauschale zurückzunehmen, da sonst mit einer Flut von Einsprüchen bei den Finanzämtern zu rechnen sei.

Kürzung bringt Staat Milliarden

Vor dem BFH verwies die Finanzverwaltung vergeblich auf die "erheblichen finanziellen Auswirkungen" des Streits. Der BFH wertete den Anspruch der Steuerzahler auf vorläufigen Rechtsschutz höher als die finanziellen Interessen des Staates.

Die Kürzung der Pendlerpauschale war eine der Maßnahmen der schwarz-roten Koalition zur Sanierung der Staatsfinanzen. Die zusätzlichen Einnahmen durch ihre Einschränkung werden für 2007 auf 1,3 Milliarden Euro und ab 2008 auf rund 2,5 Milliarden Euro jährlich veranschlagt.

Die Pendlerpauschale war damit neben der Eigenheimzulage eine der großen staatlichen Subventionen bzw. Steuervergünstigungen. Diese Milliarden würden im Haushalt von Bund, Ländern und Gemeinden fehlen, sollte die Pendlerpauschale vom Bundesverfassungsgericht verworfen werden.

Steinbrück hält Regelung für verfassungsgemäß

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hält die Kürzung der Pendlerpauschale weiterhin für verfassungsgemäßt. Das erklärte ein Sprecher des Finanzministeriums. Der Beschluss des BFH sei "in der Sache nichts Neues".

Das Finanzministerium hält am so genannten "Werktstorprinzip" fest. Danach beginnt die Arbeit erst mit dem Eintreffen am Arbeitsplatz. Das Ministerium sieht sich in dieser Auffassung durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur doppelten Haushaltsführung 2002 bestätigt, mit dem dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum beim Einkommensteuerrecht eingeräumt wird. Den sieht das Ministerium auch bei der Pendlerpauschale.

Stand: 06.09.2007 18:53 Uhr

Wilddieb Stuelpner

Steuergewerkschaft will Korrektur der Pendlerpauschale

Berlin (dpa) - Die Steuergewerkschaft hat eine Korrektur der Regelung zur Pendlerpauschale gefordert. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs wäre am besten, das Gesetz zu korrigieren, sagte der Vorsitzende der Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, der «Neuen Presse». Er sieht sich durch das Urteil bestätigt. Der Bundesfinanzhof nannte es zweifelhaft, ob die seit Jahresbeginn gültige Einschränkung bei der Pendlerpauschale verfassungsgemäß ist. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

© Welt, erschienen am 07.09.2007 um 07:23 Uhr

Wilddieb Stuelpner

ARD, Tagessachau: Hintergrund - Die Pendlerpauschale

Seit wann gibt es die Pendlerpauschale?

Die Pendlerpauschale geht zurück auf die frühere rot-grüne Bundesregierung. Diese hatte 2001 eine einheitliche Entferungspauschale unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel eingeführt. Seither konnte jeder Berufstätige den Aufwand für den Weg zur Arbeit steuerlich absetzen. Zuvor gab es nur eine reine Kilometerpauschale für Autofahrer.

Wie hoch war die Erstattung?

Berufspendler bekamen zunächst für die ersten zehn Kilometer 36 Cent erstattet und ab elf Kilometer 40 Cent. Zum 1. Januar 2004 wurde diese Pauschale auf einheitliche 30 Cent je Kilometer Entfernung vom Arbeitsplatz gekürzt.

Was wurde zu Beginn 2007 geändert?

Die große Koalition aus CDU/CSU und SPD beschloss 2006 eine weitere erhebliche Kürzung der Pendlerpauschale. Seit 1. Januar 2007 können Beruftätige ihre Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitstätte auf den ersten 20 Kilometern überhaupt nicht mehr beim Finanzamt geltend machen. Erst ab dem 21. Kilometer können 30 Cent je Kilometer von der Steuer abgesetzt werden.

Stand: 06.09.2007 13:35 Uhr

Wilddieb Stuelpner

Videotexttafel 117, MDR, Fr 07.09.07 07:54:37

Flut von Widersprüchen erwartet

Im Streit um die Pendlerpauschale hat die Steuergewerkschaft vor einer Flut von Widersprüchen gegen die Steuerbescheide gewarnt.

Gewerkschaftschef Ondracek forderte das Bundesfinanzministerium die Steuerbescheide für dieses Jahr für vorläufig zu erklären. Andernfalls müssten die Finanzämter mit bis zu 20 Millionen Einsprüchen rechnen.

Der Bundesfinanzhof hatte gestern Zweifel angemeldet, ob die Kürzung der Pendlerpauschale verfassungsgemäß ist. Das letzte Wort dazu hat das Bundesverfassungsgericht selbst, das allerdings
erst kommendes Jahr entscheidet.

flipper

ZitatOriginal von joachimkuehnel
Steinbrück hält Regelung für verfassungsgemäß

der hat doch weder juristische bildung oder kompetenz über verfassungsmässigkeit zu reden?
einbildung ist auch bildung...
"Voting did not bring us further, so we're done voting" (The "Caprica Six" Cylon Model, BSG)

alfred

ZitatFlut von Widersprüchen erwartet
Meiner kommt auf jeden Fall, der Vordruck ist schon seit Januar abgespeichert!
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

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