Darlehen für Mietkaution - keine Aufrechnung, Hessisches LSG, Az.: L 9 SO 121/07 ER

Begonnen von Mambo, 18:00:07 Di. 04.März 2008

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Mambo

ZitatDarlehen für Mietkaution - Keine Tilgung über Kürzung der Sozialhilfe

Behörden dürfen sich gewährte Darlehen für Mietkaution und Umzugskosten nicht über die Kürzung der laufenden Sozialhilfe von Arbeitslosen zurückholen. Das entschied das Hessische Landessozialgericht in einem am Dienstag in Darmstadt veröffentlichten Beschluss. Mietkaution und Umzugskosten seien keine Regelleistungen, die gegen die Sozialhilfe aufgerechnet werden könnten. Der Beschluss ist nicht anfechtbar (Aktenzeichen: AZ L 9 SO 121/07 ER).

Die Richter gaben einem 45 Jahre alten erwerbsunfähigen Mann aus dem Rheingau-Taunus-Kreis Recht, der laufende Leistungen der Grundsicherung erhält. Der Mann war auf eigenen Wunsch umgezogen und hatte beim Landkreis die Zahlung von Mietkaution und Umzugskosten beantragt. Der Kreis sah allerdings keine Notwendigkeit für einen Umzug und bewilligte die Hilfe deshalb nur als Darlehen.

Zur Rückzahlung der Darlehen wurden dem Kläger zunächst 40 Euro, später 34,70 Euro monatlich von der Sozialhilfe abgezogen. Dagegen wehrte sich der Sozialhilfeempfänger und bekam nun in zweiter Instanz Recht.

Bei Mietkaution und Umzugskosten handele es sich um Aufwendungen zur Deckung des "Unterkunftsbedarfs", urteilten die Richter. Die Darlehensraten dürften deshalb nach dem Sozialhilfegesetz nicht von der Sozialhilfe abgezogen werden. Maßgeblich sei der allgemeine Pfändungsschutz: Da die monatlichen Sozialhilfeleistungen die Pfändungsfreigrenze von 930 Euro nicht überstiegen, sei eine Aufrechnung nicht zulässig.

Quelle: Hessisches LSG, Az.: L 9 SO 121/07 ER vom 16. Januar 2008, www.fr-online.de

ZitatDarlehen für Mietkaution - Keine Tilgung über Kürzung von ALG II

LSG Darmstadt (Hessisches LSG), Az.: L 9 AS 421/07 ER vom 29.01.2008

1. Mietkautionsdarlehen dürfen nicht mit laufenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 S. 3 SGB II oder § 43 SGB II aufgerechnet werden. Die Träger der Leistungen nach dem SGB II müssen bei der Aufrechnung eines Mietkautionsdarlehens nach § 51 SGB I die Pfändungsgrenzen für die Pfändung von Arbeitseinkommen nach § 54 Abs. 4 SGB I i.V.m. § 850c Abs. 1 ZPO beachten (im Anschluss an Hess. LSG, Beschlüsse vom 5. September 2007, L 6 AS 145/07 ER und vom 16. Januar 2008, L 9 SO 121/07 ER für § 37 Abs. 1 SGB XII).


2. Bei einer aus drei Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaft, die lediglich Leistungen nach dem SGB II und Kindergeld bezieht, ist bei einer laufenden monatlichen Einbehaltung von 25 € pro Person ein Anordnungsgrund gegeben, da ein solcher Betrag kein Bagatellbetrag ist.

1. Instanz Sozialgericht Wiesbaden S 16 AS 517/07 ER 12.11.2007
2. Instanz Hessisches Landessozialgericht L 9 AS 421/07 ER 29.01.2008 rechtskräftig
3. Instanz
Sachgebiet Grundsicherung für Arbeitssuchende
Entscheidung Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. November 2007 abgeändert und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig ab 2. Oktober 2007 Leistungen nach dem SGB II ohne Einbehaltung von Rückzahlungsbeträgen für die Mietkaution auszuzahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für beide Instanzen zu tragen.

Gründe:

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen eine monatliche Aufrechnung in Höhe von 75 EUR wegen einer von der Antragsgegnerin in Höhe von 900 EUR darlehensweise gewährten Mietkaution.

Die Antragsteller stehen im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin. Der Antragsteller zur 1. war vormals Eigentümer eines Anwesens in A Stadt, welches er in Abstimmung mit der Antragsgegnerin am 5. Juli 2007 veräußerte. Zum 1. Juli 2007 mieteten die Antragsteller die im Rubrum bezeichnete Wohnung an. Am 29. Juni 2007 beantragten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Mietkaution in Höhe von 900 EUR als rückzahlbares Darlehen und baten zugleich um monatliche Verrechnung in Höhe von 75 EUR. Daneben beantragten sie die Kostenübernahme für den Umzug. In dem Antrag nahmen die Antragsteller Bezug auf ein mit Herrn N. am 22. Juni 2007 geführtes Gespräch. Mit Bescheid vom 5. Juli 2007 bewilligte die Antragsgegnerin die Zahlung für die Mietkaution in Höhe von 900 EUR "als Darlehen gemäß § 23 Abs. 1 SGB II". Zugleich führte sie in dem Bescheid wie folgt aus: " die Ihnen zustehende Regelleistung wird unter Berücksichtigung der oben genannten Rechtsvorschrift ab dem 01.08.2007 in Höhe von derzeit 75 EUR gegen die laufenden Leistungen monatlich aufgerechnet." Weiterhin führte die Antragsgegnerin in diesem Bescheid aus, dass sich spätere Änderungen der Regelleistungen auch auf die Höhe der Tilgungsrate auswirkten. Unter Berücksichtigung des ihr obliegenden Ermessens und unter Abwägung des öffentlichen Interesses ergäben sich keine Anhaltspunkte, die gegen eine Aufrechnung sprechen würden. Auch die Höhe von 75 EUR sei angemessen. Anhaltspunkte, auch nur teilweise von der Aufrechnung abzusehen, lägen nicht vor. Sie versah den Bescheid mit einer Rechtsbehelfsbelehrung. Die Antragsteller legten dagegen keinen Widerspruch ein.

Auf den am 11. Juli 2007 gestellten Folgeantrag hin bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 12. Juli 2007 für die Antragsteller für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008 monatliche Leistungen in Höhe von 1235,96 EUR, wobei der Bewilligung Regelleistungen unter Berücksichtigung des bei dem Antragsteller zu 3. berücksichtigten Kindergeldes von insgesamt 748 EUR zu Grunde lagen, ein Mehrbedarf für den Antragsteller zu 1. in Höhe von 25,56 EUR, sowie jeweils anteilige Unterkunftskosten und Heizkosten in Höhe von 154,14 EUR pro Person. Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller mit Schreiben vom 20. Juli 2007 Widerspruch ein und wandten sich gegen die Höhe der berechneten Leistungen für die Unterkunft und Heizung. Ausweislich der in der Akte befindlichen Zahlungsübersichten behielt die Antragsgegnerin von den bewilligten Regelleistungen in Höhe von 748 EUR 75 EUR monatlich ein und zahlte insoweit neben den sonstigen bewilligten Leistungen lediglich 673 EUR monatlich aus.

Mit einem Schreiben vom 17. September 2007, welches die Antragsgegnerin nach ihren Angaben erst im Zusammenhang mit der Übersendung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 1. Oktober als Anlage vom Sozialgericht in Wiesbaden erhielt, wandten sich die Antragsteller an die Antragsgegnerin und verwiesen darauf, dass nunmehr nach einer Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts eine Mietkaution nicht mit Grundsicherungsleistungen verrechnet werden dürfe. Sie beantragten daher die ungekürzte Auszahlung der laufenden Grundsicherungsleistungen. Weiterhin beantragten sie die Rückzahlung der bisher bereits einbehaltenen zwei Raten für die Mietkaution.

Mit Schreiben vom 1. Oktober 2007, Eingang beim Sozialgericht in ZK. am 2. Oktober 2007, haben die Antragsteller beim Sozialgericht Wiesbaden den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Darin haben sie zum einen die ungekürzte Auszahlung der laufenden Grundsicherungsleistungen sowie die Auszahlung der bereits ab August einbehaltenen Beträge und die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 5. Juli 2007 begehrt. Zur Begründung haben die Antragsteller ausgeführt, dass aufgrund der Veräußerung des Hauses der Umzug, die Auswahl der Wohnung sowie die Kaution mit der Antragsgegnerin abgestimmt worden seien. Bei dieser Absprache mit Herrn N. habe dieser mitgeteilt, dass die Kaution in Höhe von 900 EUR nur als Darlehen übernommen werden könne, es jedoch in 10 bis 12 Monatsraten zurückgezahlt werden müsse. Aufgrund dieser Belehrung durch die Antragsgegnerin hätten sie damals den Antrag vom 29. Juni 2007 in genau dieser Weise gestellt. Die Antragsgegnerin habe sie falsch belehrt und nur deshalb habe man den Antrag in dieser Weise gestellt. Nunmehr habe man Kenntnis von der Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts erhalten, wonach die Kaution nicht mit den Grundsicherungsleistungen verrechnet werden dürfe. Ihrer Bitte, die Kaution nicht zu verrechnen und bereits einbehaltene Beträge zurückzuzahlen, habe die Antragsgegnerin nicht entsprochen, wie sie bei der Auszahlung der Leistungen für Oktober haben feststellen können. Die Rückzahlung der Kaution innerhalb eines Jahres sei nicht rechtmäßig.

Mit Beschluss vom 12. November 2007 hat das Sozialgericht in Wiesbaden den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antrag gemäß § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG - nur teilweise zulässig sei. Das mit dem Antrag bezeichnete Anfechtungsbegehren hinsichtlich des Bescheides vom 5. Juli 2007 sei unzulässig, weil insoweit vorläufiger Rechtsschutz nur im Wege der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gewährt werden könne. Der Bescheid vom 5. Juli 2007 sei jedoch bestandskräftig geworden, denn Widerspruch sei nicht erhoben worden. Aus diesem Grunde scheide auch eine Umdeutung des Eilantrages in einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches aus. Zulässig sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung allerdings zur Sicherung des Überprüfungsantrages vom 17. September 2007. Mit diesem Antrag nach § 44 SGB X auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 5. Juli 2007 entstehe ein streitiges Rechtsverhältnis, das der Regelung eines vorläufigen Zustandes im Sinne von § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zugänglich sei. Der insoweit zulässige Antrag sei jedoch unbegründet. Zwar spreche Einiges dafür, dass die Aufrechnung im Bescheid vom 5. Juli 2007 ohne Rechtsgrundlage erfolgt sei und der Überprüfungsantrag zum Erfolg führe. Dies deshalb, weil entgegen der Bescheidbegründung das Darlehen zur Abdeckung einer Mietkaution nicht auf § 23 Abs. 1 SGB II gestützt werden könne, sondern § 22 Abs. 3 SGB II insoweit lex specialis sei, mit der Folge, dass es an einer Ermächtigungsgrundlage für die von der Antragsgegnerin durchgeführte Aufrechnung fehle. Allerdings sei im vorliegenden Fall ein Anordnungsgrund nicht erkennbar, denn die Antragsteller seien insgesamt durch die Aufrechnung nur mit ca. 8 % der Regelsätze in Höhe von insgesamt 972 EUR belastet. Darüber hinaus habe die Beeinträchtigung auch subjektiv nicht von hohem Gewicht sein können, da der Antragsteller zu 1. die Aufrechnung zunächst hingenommen habe und erst nach Bekanntwerden der Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts den Überprüfungsantrag und den Eilantrag gestellt habe. Hier sei auf Seiten der Antragsgegnerin zu berücksichtigen, dass der Bescheid vom 5. Juli 2007 nicht nur eine möglicherweise rechtswidrige Aufrechnungsregelung enthalte, sondern konkludent auch eine Regelung der Fälligkeit der Tilgungsverpflichtung. Es spreche daher Einiges dafür, dass den Antragstellern auch im Fall der Rechtswidrigkeit der Aufrechnung für die Vergangenheit kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zur Seite stehe, wenn die Antragsgegnerin einen fälligen Anspruch habe. Jedenfalls aber wäre ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch einredebehaftet.

Gegen den am 14. November 2007 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller mit Schreiben vom 4. Dezember 2007, eingegangen am 6. Dezember 2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht mit Vermerk vom 14. Dezember 2007 nicht abgeholfen hat.

Sie machen geltend, dass die Entscheidung die existenzielle Notlage nicht hinreichend berücksichtigt habe. Dies deshalb, weil unter anderem die Antragsgegnerin von den tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 580 EUR nur 462,40 EUR anerkannt habe und somit bereits eine Unterdeckung gegeben sei. Dagegen sei beim Sozialgericht Klage erhoben worden. Der Antragsteller zu 3. besuche das Gymnasium in W-Stadt und werde dort im Sommer 2008 sein Abitur ablegen. Hierfür benötige er monatlich 78 EUR Fahrtkosten, die das Sozialgericht Wiesbaden abgelehnt habe. Sie seien mit monatlich 75 EUR durch die Aufrechnung belastet. Unter Berücksichtigung der weiteren Belastungen ergäbe sich eine Beeinträchtigung des Regelsatzes in weit größerer Höhe. Die Deckung des Lebensunterhaltes sei nicht mehr gegeben. Sie begehrten die Einstellung der Mietkautionsrückzahlungen sowie die Rückerstattung der bisher einbehaltenen Kaution in Höhe von 375 EUR.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. November 2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die laufenden Grundsicherungsleistungen ungekürzt auszuzahlen und bereits einbehaltene Beträge in Höhe von 375 EUR zu erstatten.

Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf den angefochtenen Beschluss führt sie aus, dass ein Anordnungsgrund nicht gegeben sei. Durch die laufende monatliche Einbehaltung von 75 EUR würden die Antragsteller nicht derart in ihrer Lebensführung eingeschränkt, dass eine Gefährdung ihrer Lebensgrundlage erkennbar sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und einen Hefter der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist überwiegend begründet.

Die Beschwerde war sinngemäß dahingehend auszulegen, dass die Antragsteller unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. November 2007 den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der ungekürzten Auszahlung der mit Bewilligungsbescheid vom 12. Juli 2007 den Antragstellern zugebilligten Leistungen ohne Einbehalt von Beträgen in Höhe von 75 EUR monatlich für das Mietkautionsdarlehen ab Anfang August 2007 begehren. Letzterer Zeitpunkt ergibt sich daraus, dass die Antragsteller mit der Beschwerde die Rückzahlung von 375 EUR bereits einbehaltener Beträge für das Mietkautionsdarlehen fordern, wobei sich dieser am 4. Dezember 2007 in der Beschwerdeschrift erwähnte Betrag nur aus den ab 1. August 2007 genannten fünf Teilbeträgen zu je 75 EUR zusammensetzen kann. Darüber hinaus haben die Antragsteller bereits schriftsätzlich gegenüber dem Sozialgericht Wiesbaden mit Schreiben vom 22. Oktober 2007 hinreichend deutlich gemacht, dass sie bereits zu diesen Zeitpunkten auch das damals im August und September einbehaltene Geld im Wege der einstweiligen Anordnung ausgekehrt haben wollten.

Zutreffend hat das Sozialgericht Wiesbaden zunächst festgestellt, dass der mit Schreiben vom 22. Oktober 2007 auf Aufhebung des Bescheides vom 5. Juli 2007 gerichtete Eilantrag, soweit dort die Aufrechnung ab 1. August 2007 in Höhe von monatlich 75 EUR erwähnt ist, bereits unzulässig ist, da gegen diesen Bescheid Widerspruch nicht erhoben wurde und eine Umdeutung des Antrags vom 1. Oktober 2007 in einen etwaigen Widerspruch deshalb nicht in Betracht kommt, weil insoweit die Widerspruchsfrist nicht gewahrt ist. Entsprechendes gilt für den mit Datum vom 17. September 2007 gestellten Überprüfungsantrag hinsichtlich des Bescheides vom 5. Juli 2007. Eine Umdeutung in einen fristgerecht eingelegten Widerspruch kommt, insoweit ungeachtet des Umstandes, ob die Antragsgegnerin dieses Schreiben erst mit der Antragsschrift erhielt oder gegebenenfalls auch bereits früher, bereits deshalb nicht in Betracht, weil auch zum Zeitpunkt des frühest denkbaren Zugangs am 17. September 2007 die Widerspruchsfrist nicht gewahrt gewesen wäre. Es bedarf insoweit auch keiner weiteren Ausführungen des Senats zu der Frage, ob die im Bescheid von den Antragstellern angegriffene Aufrechnung zur Tilgung des Mietkautionsdarlehens etwa ein Verwaltungsakt ist und insofern mangels Anordnung der sofortigen Vollziehung der Antragsgegnerin im Bescheid vom 5. Juli 2007 einstweiliger Rechtsschutz lediglich nach § 86b Abs. 1 SGG in Form eines Antrags gerichtet auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs zulässig ist, oder ob in Ermangelung einer Verwaltungsaktqualität der im Bescheid vom 5. Juli 2007 angesprochenen Aufrechnung einstweiliger Rechtsschutz nur im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG in Betracht kommt (zur Rechtsqualität einer Aufrechnung ausführlich: Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 16. Januar 2008 - L 9 SO 121/07 ER -).

Vorliegend kommt einstweiliger Rechtsschutz bereits deshalb nur nach § 86b Abs. 2 SGG in Form des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Betracht, weil die Antragsteller mit Schreiben vom 17. September 2007 hinsichtlich des bestandskräftigen Bescheides vom 5. Juli 2007 einen Überprüfungsantrag gestellt haben, über den nach telefonischer Mitteilung der Antragsgegnerin gegenüber der Berichterstatterin noch nicht entschieden ist, der jedoch zwischen den Beteiligten ein streitiges Rechtsverhältnis entstehen lässt, das einer vorläufigen Regelungen im Sinne von § 86b Abs. 2 SGG zugänglich ist.

Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 S. 3 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).

Die Antragsteller haben zunächst einen Anordnungsanspruch, wie zutreffend auch das Sozialgericht ausgeführt hat, glaubhaft gemacht.

Die von der Antragsgegnerin im Bescheid vom 5. Juli 2007 erklärte Aufrechnung als auch die laufenden monatlichen Einbehalte in Höhe von 75 EUR von den monatlich bewilligten Regelleistungen sind nicht wirksam, so dass die Antragsteller Anspruch auf Auszahlung ungekürzter Leistungen ohne Berücksichtigung eines monatlichen Einbehalts in Höhe von 75 EUR haben. Die bewilligten Beträge sind nämlich nicht in Höhe von monatlich 75 EUR durch die Aufrechnung erloschen, so dass die Antragsteller Anspruch auf die ungekürzte Auszahlung der ihnen bewilligten Leistungen haben.

Grundsätzlich beurteilen sich die Voraussetzungen und die Wirkungen der Aufrechnung nach § 51 SGB I in Verbindung mit §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -. Soweit allerdings im SGB II Sonderregelungen über die Aufrechnung geregelt sind, sind vorrangig diese zu prüfen.

Die Antragsgegnerin kann indessen die Einbehaltung einer monatlichen Darlehensrückzahlungsrate in Höhe von 75 EUR nicht auf § 23 Abs. 1 SGB II stützen. Dies im vorliegenden Fall bereits deshalb nicht, weil bereits die Bewilligung des Darlehens für die Mietkaution, die ausdrücklich auf § 23 Abs. 1 SGB II gestützt wird, auf einer diesen Anspruch nicht umfassenden Rechtsgrundlage im SGB II fußt. § 23 Abs. 1 SGB II ermöglicht es den Leistungsträgern, auf Antrag ein Darlehen zu bewilligen, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes weder durch Vermögen noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Die hier in Streit stehende Mietkaution ist allerdings keine Regelleistung im Sinne von § 20 SGB II, sondern sie gehört zu den in § 22 SGB II geregelten Leistungen für Unterkunft und Heizung. Ausdrücklich heißt es dort in § 22 Abs. 3 S. 1 SGB II, dass eine Mietkaution bei vorheriger Zusicherung übernommen werden kann und gemäß § 22 Abs. 3 S. 3 SGB II als Darlehen erbracht werden soll. Es unterliegt daher überhaupt keinem Zweifel, dass der durch eine Mietkaution für einen Hilfeempfänger entstehende Bedarf gerade nicht von der Regelleistung abgedeckt wird, sondern ein Bedarf der Kosten der Unterkunft ist (so Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 5. September 2007 - L 6 AS 145/07 ER -; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 16. Januar 2008 - L 9 SO 121/07 ER - für Mietkaution und Umzugskosten im Bereich des SGB XII).

Demzufolge ist sowohl für die Bewilligung des Darlehens, die hier allerdings als solche nicht im Streit steht, als auch für die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung auf § 22 SGB II abzustellen. Diese Vorschrift enthält keine § 23 Abs. 1 SGB II entsprechende Regelung über die Aufrechnung. Somit kann sich die Antragsgegnerin in Ermangelung einer entsprechenden Rechtsgrundlage für die Aufrechnung eines Mietkautionsdarlehens weder auf § 23 Abs. 1 SGB II noch auf § 22 Abs. 3 SGB II berufen. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 16. Januar 2008 bereits darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber im Bereich des SGB XII dort eine Aufrechnung nur in den Fällen bestimmt hat, denen regelmäßig ein pflichtwidriges Handeln des Hilfeempfängers zugrunde liegt. Im SGB II verhält es sich genauso. § 43 SGB II sieht zum Beispiel die Aufrechnung in den Fällen vor, in denen es sich um Ansprüche auf Erstattung oder auf Schadensersatz handelt, die ein Hilfebedürftiger vorsätzlich oder grob fahrlässig durch unrichtige oder unvollständige Angaben veranlasst hat. Entsprechendes gilt für § 65e SGB II, wonach Ansprüche des Trägers der Sozialhilfe mit Geldleistungen nach dem SGB II nur unter den Voraussetzungen des § 43 SGB II, und damit nur in solchen Fällen, denen ein pflichtwidriges Verhalten zugrunde liegt, aufgerechnet werden können. Ein ähnlicher Gedanke liegt auch § 23 Abs. 1 SGB II zu Grunde, denn im Regelfall dürfte ein solches Darlehen nur dann erforderlich werden, wenn ein Hilfebedürftiger mit den gesetzlich vorgesehenen und bewilligten Regelleistungen nicht entsprechend gewirtschaftet hat und deshalb nicht in der Lage ist, einen üblicherweise von den Regelleistungen umfassten Bedarf zum Beispiel aus den entsprechenden Ansparleistungen zu einem gewissen Zeitpunkt abzudecken. Dies trifft aber nicht auf diejenigen Hilfeempfänger zu, die eine Mietkaution aufzuwenden haben, die üblicherweise von Vermietern verlangt werden (vergleiche Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 16. Januar 2008 - L 9 SO 121/07 ER -).

Unzweifelhaft liegen auch die Voraussetzungen von § 43 SGB II nicht vor, denn der Einbehalt der monatlichen Leistungen für die Rückzahlung des Mietkautionsdarlehens betrifft keinen dort geregelten Fall, da es sich nicht um einen Anspruch auf Erstattung oder auf Schadenersatz handelt.

Die Antragsgegnerin kann sich hinsichtlich der aufgrund der Aufrechnung einbehaltenen Beträge auch nicht auf § 51 Abs. 1 SGB I berufen, denn die insoweit normierten Voraussetzungen liegen nicht vor. Danach ist nämlich eine Aufrechnung nur dann möglich, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Mithin ist der für ein Arbeitseinkommen nach den §§ 850 ff. ZPO geltende Pfändungsschutz zu beachten, wobei nach § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO das Arbeitseinkommen unpfändbar ist, wenn es für den Schuldner nicht mehr als 930 EUR monatlich beträgt. Entsprechend dem Gedanken von § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO erhöht sich der Betrag bei der aus drei Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaft unter Berücksichtigung der dort erwähnten Beträge auf einen pfändungsfreien Betrag von 1475 EUR bestehend aus 930 EUR für den Antragsteller zu 1. sowie weiteren mit 350 EUR und 195 EUR monatlich für die Antragstellerin zu 2. und den Antragsteller zu 3. (vgl. dazu bereits: Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 6. September 2007 - L 6 AS 145/07 ER -). Daraus folgt, dass auch eine Aufrechnung nach § 51 SGB I nicht möglich ist, denn die bewilligten Beträge liegen unter diesem Betrag.

Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht auf § 51 Abs. 2 SGB I beziehen, da die dort genannten Voraussetzungen ebenfalls nicht vorliegen, denn es handelt sich nicht um einen Fall von zu Unrecht erbrachten Sozialleistungen.

Fehlt es damit aber an einer Rechtsgrundlage für die Aufrechnung, so ergibt sich zwangsläufig, dass die Antragsteller einen Anspruch auf ungekürzte Auszahlung der ihnen bewilligten Leistungen ohne Berücksichtigung eines Rückforderungsanspruchs in Höhe von 75 EUR monatlich haben und damit auch vorliegend einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht haben.

Ob im Rahmen des gestellten Überprüfungsantrages vom 17. September 2007 zu prüfen ist, ob lediglich die Aufrechnung im Bescheid vom 5. Juli 2007 unzulässig ist, oder ob gegebenenfalls die Kaution auch als Zuschuss zu bewilligen sein könnte, mag die Antragsgegnerin im Verfahren nach § 44 SGB X entscheiden. Diese Frage steht nicht zur Entscheidung des Senats. Der Senat weist lediglich darauf hin, dass ausweislich § 22 Abs. 3 S. 3 SGB II regelmäßig ein Darlehen für die Mietkaution ("soll") gewährt werden soll. Dies sicherlich deshalb, weil es im Regelfall vom Vermieter an den Mieter zurückfließen dürfte und es deshalb nicht gerechtfertigt sein könnte, es den Hilfeempfängern als Zuschuss dauerhaft zu belassen. Ob und wie solche Darlehen zur Rückzahlung fällig werden, braucht hier nicht entschieden zu werden und ist der Klärung in einem Hauptsacheverfahren vorzubehalten.

Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsgrund für die ungekürzte Auszahlung ab Antragseingang bei Gericht glaubhaft gemacht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats - vgl. Beschlüsse vom 22. September 2005 - L 9 AS 47/05 ER -, vom 7. Juni 2006 - L 9 AS 85/06 ER - und vom 30. August 2006 - L 9 AS 115/06 ER -; zuletzt Beschluss vom 27. November 2007 - L 9 AS 358/07 ER -; Conradis in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, Anhang Verfahren Rdnr. 119). Eine solche Notlage ist bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen zu bejahen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b Rdnr. 28). Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist eine solche Notlage unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hier zu bejahen. Es ist nämlich nicht ersichtlich, aus welchen Mitteln die Antragsteller den sonst nicht gedeckten Bedarf bestreiten sollen. Die Antragsteller verfügen lediglich über die Leistungen nach dem SGB II, wobei ausweislich des Bescheides vom 12. Juli 2007 unter Einschluss des Kindergeldes ein Familieneinkommen ohne Berücksichtigung des Mehrbedarfs für den Antragsteller zu 1. in Höhe von 25,56 EUR von 902 EUR monatlich vorliegt und nicht in Höhe von 972 EUR, wie das Sozialgericht offensichtlich unter Berücksichtigung von zwei Regelsätzen zu je 347 EUR und 278 EUR für den Antragsteller zu 3. berechnet hat. Unabhängig von einer prozentualen Bewertung des insgesamt einbehaltenen Betrages zum Gesamtfamilieneinkommen ohne Unterkunftskosten und Heizkosten führt jedoch der monatliche Einbehalt von je 25 EUR pro Mitglied der hier betroffenen Bedarfsgemeinschaft dazu, dass der notwendige Bedarf nicht mehr hinreichend sichergestellt ist. Denn der hier in Rede stehende Betrag von 25 EUR monatlich pro Person ist zur Überzeugung des Senats kein Bagatellbetrag mehr, bei dem der Anordnungsgrund ohne weiteres zu verneinen ist und dem Hilfesuchenden das Abwarten der Hauptsacheentscheidung zugemutet werden kann (anders für einen Betrag von 1,38 EUR monatlich: Beschluss des Senats vom 7. November 2005 - L 9 AS 66/05 -; für einen Betrag von 5,60 EUR monatlich: Beschluss des Senats vom 19. September 2007 - L 9 B 153/06 AS -; für einen Betrag von 6,95 EUR monatlich: Beschluss des Senats vom 4. April 2006 - L 9 AS 17/06 ER -; für 8,10 EUR monatlich: Beschluss des Senats vom 2. Januar 2008 - L 9 AS 395/07 ER -). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Antragsteller die Aufrechnung zunächst hingenommen haben und erst nach Kenntnis der Entscheidung des 6. Senats des Hessischen Landessozialgerichts den Überprüfungsantrag und den vorliegenden Eilantrag gestellt haben.

Soweit die Antragsteller allerdings auch mit der Beschwerde noch die ungekürzten Leistungen auch für Zeiträume vor Antragseingang bei Gericht (2. Oktober 2007), mithin quasi die Rückzahlung der im August bis Oktober einbehaltenen monatlichen 75 EUR begehren, so fehlt es allerdings an einem Anordnungsgrund, denn der Erlass einer einstweiligen Anordnung dient im Regelfall der Abwendung einer unmittelbar drohenden oder gegenwärtigen Notlage. Grundsätzlich kann sich eine solche daher regelmäßig erst auf Zeiträume ab Antragseingang bei Gericht und damit auf einen aktuellen Bedarf beziehen, es sei denn, ein Nachholbedarf für eine rückwirkende Bewilligung für Zeiträume vor Antragseingang ist hinreichend plausibel und glaubhaft gemacht (vgl. Beschluss des Senats vom 24. April 2006 - L 9 AS 39/06 ER -). Die Antragsteller haben nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Auszahlung der im August und September sowie Oktober zu Unrecht einbehaltenen Beträge zur Vermeidung einer existenziellen Notlage zwingend erforderlich ist und ein Fortwirken einer etwaigen in diesen Zeiträumen entstandenen Notlage in die Gegenwart hineinreicht. Dies ergibt sich weder substantiiert aus ihrem Vortrag noch aus dem sonstigen Inhalt der Akten. Auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung und des Umstandes, dass nach dem Vortrag der Antragsteller hinsichtlich der Unterkunftskosten eine Unterdeckung von 117 EUR monatlich gegeben sein soll und im übrigen für den Antragsteller zu 3. noch eine Monatskarte der Deutschen Bahn für 78 EUR monatlich für den Besuch des Gymnasiums in W-Stadt zu bestreiten ist, ergibt sich keine solche existenzielle Notlage, die es rechtfertigen würde, eine einstweilige Anordnung auch für Zeiträume vor Beantragung bei Gericht zu erlassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG, wobei der Senat das Unterliegen des Antragstellers im Hinblick auf die Monate vor Antragseingang bei Gericht als geringfügig im Verhältnis zum Obsiegen angesehen hat und es deshalb für gerechtfertigt erachtet, dass die Antragsgegnerin die gesamten außergerichtlichen notwendigen Auslagen der Antragsteller trägt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Quelle: SGB BRD, Hessisches LSG

Und: Hessisches LSG, Az.: L 6 AS 145/07 ER vom 05.09.2007 rechtskräftig, SGB BRD, Hessisches LSG

Mambo

Darlehen fuer Mietkaution und Umzugskosten

Hessisches LSG, L 9 SO 121/07 ER vom 16.01.2008 rechtskräftig

Zitat1. Instanz Sozialgericht Wiesbaden S 14 SO 108/07 ER 05.11.2007
2. Instanz Hessisches Landessozialgericht L 9 SO 121/07 ER 16.01.2008 rechtskräftig
3. Instanz
Sachgebiet Sozialhilfe
Entscheidung Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 5. November 2007 aufgehoben.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab 11. August 2007 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ohne Einbehaltung von Rückzahlungsbeträgen für Mietkautions- und Umzugskostendarlehen zu gewähren.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller seine notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) von dem Antragsgegner. Er wendet sich gegen die Einbehaltung in Höhe von derzeit noch 34,70 EUR monatlich aufgrund ihm gewährter Darlehen für Umzugskosten und Mietkaution.

Zum 1. November 2006 bezog der Antragsteller die Wohnung A-Straße in A-Stadt. Nach dem am 18. Oktober 2006 geschlossenen Mietvertrag beträgt die Miete einschließlich Betriebskosten für die 38,52 m² große Wohnung 270 EUR monatlich. Im Zusammenhang mit dem Umzug bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Darlehensverträgen vom 23. Oktober 2006 und vom 4. Dezember 2006 Darlehen nach § 37 SGB XII in Höhe von 538 EUR und von 371,20 EUR zur Zahlung der Mietkaution und der Umzugskosten. Nach den Verträgen verpflichtet sich der Antragsteller zur Rückzahlung der Darlehen in Höhe von jeweils 20 EUR monatlich ab 1. November 2006 bzw. ab 1. Januar 2007, die unmittelbar von den Leistungen nach dem SGB XII einbehalten werden. Der Antragsgegner behielt von den dem Antragsteller bewilligten Leistungen mit Änderungsbescheid vom 2. November 2006 20 EUR ab November 2006 und mit weiterem Änderungsbescheid vom 15. Dezember 2006 40 EUR ab Januar 2007 ein. Unter dem 5. Juni 2007 beantragte der Antragsteller die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB XII. Dabei gab er u.a. an, über kein Vermögen zu verfügen. Mit Bescheid vom 15. Juni 2007 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2008, wobei von der Grundsicherungsleistung in Höhe von 173,16 EUR weiterhin 40 EUR einbehalten wurden. Mit Änderungsbescheid vom 25. Juni 2007 berechnete der Antragsgegner die Leistungen unter Berücksichtigung der Erhöhungen des Regelsatzes und der Erwerbsunfähigkeitsrente ab 1. Juli 2007 neu. Der Änderungsbescheid enthält folgende Bestimmung: "Dieser Bescheid hebt alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Hilfe nach dem SGB XII auf, soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen. Die übrigen Bestimmungen des Erstbescheides bleiben weiterhin bestehen." Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Juli 2007, bei dem Antragsgegner eingegangen am 11. Juli 2007, hat der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Juni 2007 eingelegt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er widerspreche den Einbehaltungen wegen Kautions- und Umzugskostendarlehen. Ein Einverständnis zu den Einbehaltungen werde als Verzicht auf Sozialleistungen widerrufen. Zugleich werde ein Überprüfungsantrag (§ 44 SGB X) wegen dieser Punkte hinsichtlich der vorangegangenen bestandskräftigen Bescheide gestellt. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2007 wies der Antragsgegner den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Bescheide vom 2. November 2006 und vom 15. Dezember 2006 seien bestandskräftig.

Der Antragsteller hat am 11. August 2007 beim Sozialgericht Wiesbaden Klage erhoben (S 14 SO 109/07) und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Mit Änderungsbescheid vom 20. September 2007 nahm der Antragsgegner auf den Überprüfungsantrag des Antragstellers die Bescheide vom 2. November 2006 und vom 15. Dezember 2006 bezüglich der Höhe der Einbehaltungsraten teilweise zurück und setzte diese auf monatlich jeweils 17,35 EUR statt bisher 20 EUR fest. Ein völliges Aussetzen der Darlehenstilgungen sei außer Betracht geblieben. Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkautionen und Umzugskosten könnten nach § 29 SGB XII bei vorheriger Zustimmung übernommen werden. Im Rahmen einer Ermessensentscheidung sei im vorliegenden Fall die Gewährung von Darlehen nach § 37 SGB XII gewählt worden. Der Umzug des Antragstellers sei ausschließlich auf seinen eigenen Wunsch erfolgt. Die Kosten der Unterkunft des zuvor genutzten Wohnraumes seien gemäß den Richtlinien des Antragsgegners angemessen, so dass der Umzug nicht notwendig gewesen und auch nicht gefordert worden sei. Von der Möglichkeit der Darlehensgewährung sei jedoch Gebrauch gemacht worden, um den Antragsteller bei seinem Anliegen zu unterstützen. § 37 Abs. 2 SGB XII sehe ausdrücklich vor, dass die Rückzahlung eines Darlehens in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von bis zu 5 v. H. des Eckregelsatzes von der Leistung einbehalten werden könne.

Soweit der Antragsgegner dem Begehren des Antragstellers entsprochen hat, hat der Antragsteller das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Im Übrigen hat er auch gegen den Bescheid vom 20. September 2007 Widerspruch eingelegt.

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 5. November 2007 mit der Begründung abgelehnt, der Antragsteller habe einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, da die Unterdeckung seines Existenzminimums ab Antragstellung im Eilverfahren nicht mehr als 10 v. H. der monatlichen Regelleistungen zum Lebensunterhalt betrage. Der Antragsteller habe auch einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der Bewilligungsbescheid vom 15. Juni 2007 sei bestandskräftig geworden, die Änderungsbescheide vom 25. Juni 2007 und vom 20. September 2007 enthielten keine den Antragsteller belastenden Regelungen. Die Bestandskraft des Bewilligungsbescheides vom 15. Juni 2007 sei auch nicht durch eine Verwaltungsentscheidung nach § 44 SGB X durchbrochen. Der Überprüfungsbescheid vom 20. September 2007 erfasse den Bescheid vom 15. Juni 2007 ausweislich seines Wortlautes nicht. Der Überprüfungsantrag des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 11. Juli 2007 "wegen dieser Punkte hinsichtlich der vorangegangenen bestandskräftigen Bescheide" sei mangels Konkretisierung der zu überprüfenden Bescheide zu unbestimmt und nenne insbesondere den Bescheid vom 15. Juni 2007 nicht. Danach könne es auf inhaltliche Aspekte der Einbehaltung von Darlehensrückzahlungen im vorliegenden Verfahrensstadium nicht ankommen.

Der Antragsteller hat gegen diesen Beschluss am 10. November 2007 beim Sozialgericht Wiesbaden Beschwerde eingelegt, mit der er beantragt, unter Herstellung der aufschiebenden Wirkung seinem Begehren zu entsprechen. Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 12. November 2007).

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde war sinngemäß dahin auszulegen, dass der Antragsteller unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Wiesbaden vom 5. November 2007 den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Auszahlung der Hilfeleistungen ohne Einbehaltung von Rückzahlungsbeträgen für Mietkautions- und Umzugskostendarlehen ab Eingang des Eilantrages beim Sozialgericht (11. August 2007) begehrt.

Die von dem Bevollmächtigten des Antragstellers beantragte "Herstellung der aufschiebenden Wirkung" scheidet schon deshalb aus, weil das Sozialgerichtsgesetz (SGG) einen solchen Rechtsbehelf nicht kennt. § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG ermöglicht nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben (Nr. 1), die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben (Nr. 2) und die Wiederherstellung der sofortigen Vollziehung in den Fällen des § 86a Abs. 3 (Nr. 3). Darüber hinaus ist § 86b Abs. 1 SGG entsprechend anzuwenden, wenn die Verwaltung die aufschiebende Wirkung nicht beachtet. In diesem Fall kann das Gericht auf Antrag durch Beschluss aussprechen, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b Rdnr. 15 m.w.N.).

Ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG liegt hier aber nicht vor. Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass – wie das Sozialgericht meint – der Änderungsbescheid vom 25. Juni 2007 lediglich den Antragsteller begünstigende Regelungen enthält. Zwar wurden dem Antragsteller mit Bescheid vom 15. Juni 2007 ab 1. Juli 2007 Hilfeleistungen in Höhe von 173,16 EUR monatlich und mit Änderungsbescheid vom 25. Juni 2007 Leistungen in Höhe von 173,92 EUR monatlich bewilligt. Der Änderungsbescheid vom 25. Juni 2007 hebt aber ausdrücklich alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Hilfe nach dem SGB XII auf, soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen. Die übrigen Bestimmungen des Erstbescheides bleiben danach weiterhin bestehen. Diese Klausel des Bescheides kann nur dahin verstanden werden, dass die Höhe der auszuzahlenden Leistung unter Aufhebung des Ausgangsbescheides umfassend – also auch hinsichtlich von Einbehaltungen – neu festgesetzt wird. Insoweit enthält der Änderungsbescheid belastende Regelungen, gegen die sich der Antragsteller mit Widerspruch und Klage zur Wehr setzen kann. Daher kann die Frage, ob der Ausgangsbescheid vom 15. Juni 2007 trotz des Schreibens des Bevollmächtigten vom 11. Juli 2007 bestandskräftig geworden ist, ggf., wie es zu bewerten ist, dass dem Bevollmächtigten der Bescheid vom 15. Juni 2007 nicht bekannt war, weil "er in seiner Handakte nicht vorhanden ist" (Schriftsatz vom 10. November 2007), dahingestellt bleiben.

Einstweiliger Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG scheidet im vorliegenden Fall aber deshalb aus, weil die von dem Antragsteller angegriffenen Einbehaltungen zur Tilgung von Darlehen nicht durch Verwaltungsakt erfolgt sind. Die auf § 29 i.V.m. § 37 SGB XII gestützte Entscheidung des Antragsgegners, Teile der laufenden Leistungen nach dem SGB XII zur Tilgung des Darlehens einzubehalten, ist nach Widerruf des Einverständnisses durch den Antragsteller (Schreiben des Bevollmächtigten vom 10. Juli 2007, bei dem Antragsgegner eingegangen am 11. Juli 2007), als Aufrechnung anzusehen (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. September 2006 – L 13 AS 3108/06 ER-B – info also 2007, 119; Hess. LSG, Beschluss vom 5. September 2007 – L 6 AS 145/07 ER –). Bei der Aufrechnung handelt es sich um die Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts im Wege öffentlich-rechtlicher Willenserklärung (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, Anh. § 54 Rdnr. 4c). In welcher Form diese Willenserklärung abgegeben werden kann und ob die Behörde befugt ist, die Aufrechnung auch durch Verwaltungsakt zu regeln, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Gegen die generelle Einstufung der Aufrechnung als Verwaltungsakt spricht allerdings die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach die wirksame Aufrechnung allein zum Erlöschen von Ansprüchen führt, ohne dass das im Verwaltungsakt festgesetzte Recht (hier: Anspruch auf Sozialhilfeleistungen) verändert oder sonst geregelt wird (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 – B 4 RA 60/02 R – SozR 4-1200 § 52 Nr 1; ebenso BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1982 – 3 C 6/82 – BVerwGE 66, 218; Beschluss vom 11. August 2005 – 2 B 2/05 – und BFH, Urteil vom 31. August 1995 – VII R 58/94 BB 1995, 2358; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. September 2007 – L 19 B 72/07 AS ER –; anders die frühere Rechtsprechung des BSG, die die Aufrechnung als Verwaltungsakt angesehen hat – vgl. Urteil vom 16. September 1981 – 4 RJ 107/78 – BSGE 52, 98, Urteil vom 25. März 1982 – 10 RKg 2/81 – BSGE 53, 208, 209; Urteil vom 21. Juli 1988 – 7 RAr 51/86 – BSGE 64, 17, 22; Urteil vom 9. November 1989 – 11 RAr 7/89 – BSGE 66, 63; Urteil vom 18. Februar 1992 – 13/5 RJ 61/90 – SozR 3-1200 § 52 Nr 3; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Juli 1997 – 8 B 623/97 – NJW 1997, 3391, wonach die Aufrechnung nach § 25a BSHG als Verwaltungsakt zu qualifizieren sei; insoweit a.M. Bayer. VGH, Beschluss vom 13. Januar 1997 – 12 CE 95.504 –). Nach den Umständen des vorliegenden Falles kann jedenfalls von einer Regelung durch Verwaltungsakt nicht ausgegangen werden. Für das Vorliegen eines Verwaltungsakts im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist maßgeblich der entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu bestimmende objektive Erklärungswert. Dabei ist auf materielle, nicht auf formelle Kriterien abzustellen. Die Einbehaltungen wurden in den Bescheiden vom 15. Juni 2007 und vom 25. Juni 2007 nicht in besonderen Verfügungssätzen geregelt. Die Darlehensraten wurden vielmehr in der als Anlage zu dem jeweiligen Bescheid beigefügten Bedarfsberechnung von der Summe der laufenden Leistung in Abzug gebracht, so dass sich ein entsprechend verminderter Zahlbetrag ergab. Der Antragsgegner begründet die Einbehaltungen mit den zuvor geschlossenen Darlehensverträgen. Damit fehlt es an einer als Verwaltungsakt zu qualifizierenden Regelung. Einstweiliger Rechtsschutz gerichtet auf die ungekürzte Auszahlung der Hilfe kann daher statthaft nur im Wege einer einstweiligen Anordnung erfolgen.

Nach dem Änderungsbescheid des Antragsgegners vom 20. September 2007 und der Teilerledigungserklärung des Antragstellers (Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 24. September 2007) waren nur noch Einbehaltungen in Höhe von zweimal 17,35 EUR monatlich im Streit. Hinsichtlich dieses Betrages liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die hier streitentscheidende Zeit ab dem 11. August 2007 (Eingang des Eilantrages beim Sozialgericht) vor.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO –).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Die von dem Antragsgegner erklärte Aufrechnung in Höhe von zuletzt noch 34,70 EUR monatlich ist unwirksam, so dass der Anspruch des Antragstellers auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII in dieser Höhe nicht erloschen ist.

Voraussetzungen und Wirkungen einer Aufrechnung beurteilen sich nach § 51 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), der den Grundgedanken der zivilrechtlichen Regelungen der §§ 387 ff. BGB in das Sozialrecht überträgt. Soweit das SGB XII eine Sonderregelung zur Aufrechnung enthält, findet, sofern einschlägig, diese vorrangig Anwendung. Auf eine solche Sonderregelung kann sich der Antragsgegner im vorliegenden Fall aber nicht berufen.

Der Antragsgegner kann die Einbehaltung monatlicher Darlehensrückzahlungsraten nicht auf § 29 i.V.m. § 37 SGB XII stützen. § 37 Abs. 1 SGB XII ermöglicht es dem Hilfeträger in Fällen, in denen ein von der Regelleistung umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts auf keine andere Weise gedeckt werden kann, auf Antrag hierfür notwendige Leistungen als Darlehen zu erbringen. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB XII kann bei Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt die Rückzahlung des Darlehens in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von bis zu 5 vom Hundert des Eckregelsatzes von der Leistung einbehalten werden. Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob es sich bei dieser Anrechnungsregelung rechtstechnisch um eine Aufrechnung handelt (so LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. September 2006 s.o.). Denn die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier nicht gegeben, da die dem Antragsteller gewährten Darlehen für Umzugskosten und Mietkaution keine Darlehen im Sinne des § 37 Abs. 1 SGB XII sind, mit dem ein von der Regelleistung umfasster unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts gedeckt wird. Vielmehr gehören Mietkautionen und Umzugskosten zu den in § 29 SGB XII geregelten Leistungen für Unterkunft und Heizung; dies ergibt sich schon aus der ausdrücklichen Erwähnung dieser Aufwendungen in der Aufzählung des § 29 Abs. 1 Satz 7 SGB XII. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass jedenfalls der durch eine Mietkaution und Umzugskosten entstehende Bedarf nicht von der Regelleistung abgedeckt wird, sondern es sich um besondere Aufwendungen zur Deckung des Unterkunftsbedarfs handelt. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass nach den Darlehensverträgen die Umzugskosten- bzw. Mietkautionsdarlehen nach § 37 Abs. 1 SGB XII gewährt werden. Denn die in den Verträgen angegebene Rechtsgrundlage ändert nichts an der materiell-rechtlichen Einordnung der hier in Rede stehenden Hilfeleistungen. Damit ist für die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung zunächst auf § 29 SGB XII abzustellen. Diese Vorschrift enthält weder eine § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB XII vergleichbare Regelung noch eine Verweisung auf § 37 SGB XII, so dass die Einbehaltungen auch nicht auf eine Verknüpfung der Regelungen in § 29 SGB XII einerseits und § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB XII andererseits gestützt werden können. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber eine Aufrechnung durch monatliche Tilgung nach Gewährung eines Darlehns nur in den Fällen normiert hat, in denen regelmäßig ein pflichtwidriges Handeln des Hilfeempfängers zugrunde liegt (§ 26 Abs. 2 SGB XII: Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen, Ansprüche auf Kostenersatz wegen schuldhaften Verhaltens bzw. wegen zu Unrecht erbrachte Leistungen; § 26 Abs. 3 SGB XII: Leistungen für einen Bedarf, der durch vorangegangene Leistungen der Sozialhilfe an die leistungsberechtigte Person bereits gedeckt worden war; § 37 SGB XII: Unterlassung der Bildung von Rücklagen). Das trifft aber nicht auf diejenigen zu, die Umzugskosten aufzuwenden haben und sich dem üblichen Verlangen von Vermietern auf Stellung einer Mietkaution ausgesetzt sehen.

Auch die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 und 3 SGB XII sind im vorliegenden Falle nicht erfüllt. Denn der von dem Antragsgegner geltend gemachte Anspruch auf Darlehensrückzahlung betrifft weder die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen der Sozialhilfe, die die leistungsberechtigte Person oder ihr Vertreter durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben oder durch pflichtwidriges Unterlassen veranlasst hat, noch Ansprüche auf Kostenersatz nach den §§ 103 (wegen schuldhaften Verhaltens) und 104 SGB XII (wegen zu Unrecht erbrachte Leistungen) noch den Fall, dass Leistungen für einen Bedarf übernommen wurden, der durch vorangegangene Leistungen der Sozialhilfe an die leistungsberechtigte Person bereits gedeckt worden war.

Die Rechtmäßigkeit der Aufrechnung beurteilt sich daher nach der allgemeinen Vorschrift des § 51 Abs. 1 SGB I. Danach kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 pfändbar sind. Der im vorliegenden Fall einschlägige § 54 Abs. 4 SGB I bestimmt, dass Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden können. Dabei ist selbst beim Bestehen einer Aufrechnungslage der für ein Arbeitseinkommen nach den §§ 850 ff. ZPO geltende Pfändungsschutz zu beachten. Nach § 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO ist Arbeitseinkommen unpfändbar, wenn es in dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als 930,00 EUR monatlich beträgt. Da die Grundsicherungsleistungen des Antragstellers diese Höhe offensichtlich nicht erreichen, ist sein gesamter Leistungsanspruch unpfändbar, so dass eine Aufrechnung nicht möglich ist.

Daraus folgt, dass die in den Darlehensverträgen vom 23. Oktober 2006 und vom 4. Dezember 2006 enthaltenen Tilgungsvereinbarungen rechtswidrig sind. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vereinbarungen nach § 58 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 134 BGB nichtig sind. Dem Antragsgegner ist es jedenfalls in Anwendung des in § 242 BGB geregelten und über § 61 Satz 2 SGB X anwendbaren Grundsatzes von Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Tilgungsvereinbarungen als Rechtsgrundlage für die Aufrechnung zu berufen, denn der Antragsgegner hat die Aufnahme der rechtswidrigen Rückzahlungsvereinbarung in die Darlehensverträge veranlasst. Es würde eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn er sich nun darauf berufen könnte (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. September 2006 s.o, Hess. LSG, Beschluss vom 5. September 2007 s.o.).

Gleiches gilt, wenn man in den Darlehensverträgen einen (Teil-) Verzicht auf Sozialleistungen im Sinne des § 46 Abs. 1 SGB I sehen würde. Soweit auf existenzsichernde Leistungen überhaupt verzichtet werden kann, stünde auch einer Berufung des Antragsgegners auf einen Verzicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Im Übrigen können eventuelle Verzichtserklärungen mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Ein derartiger Widerruf ist hier mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 10. Juli 2007 erfolgt.

Fehlt es damit an den Voraussetzungen für eine wirksame Aufrechnung, hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Senat hatte daher im vorliegenden Eilverfahren nicht zu entscheiden, ob der Antragsteller einen Anspruch auf die hier in Rede stehenden Leistungen hat, ggf. ob ein Zuschuss oder ein Darlehen beansprucht werden kann, ggf. wann ein gewährtes Darlehen zurückzuzahlen ist. Insoweit weist der Senat aber auf folgende Gesichtspunkte hin: § 10 Abs. 1 SGB XII sieht die Erbringung von Leistungen als Dienstleistung, Geldleistung oder Sachleistung vor. Eine mögliche Art der Geldleistung ist auch das Darlehen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bundessozialhilfegesetz – BSHG – (Urteil vom 14. Mai 1969 – V C 167/67 – BVerwGE 32, 89 und Beschluss vom 12. April 1989 – 5 B 176/88 – FEVS 38, 397) wird in der rechtswissenschaftlichen Literatur die Auffassung vertreten, dass aus der Tatsache, dass die Art des Darlehens im SGB XII an wenigen Stellen ausdrücklich genannt sei, nicht geschlossen werden könne, dass in anderen Fällen die Hilfe nicht als Darlehen gewährt werden könne. Zumindest bei den "Kann-Leistungen" der Sozialhilfe müsse auch die Hilfe als Darlehen möglich sein. Denn wenn der Träger der Sozialhilfe berechtigt sei, die Hilfe nach seinem eigenen, weitgehend freien Ermessen zu versagen, erfordere es schon die sozialpolitische Zielsetzung einer Kann-Vorschrift, ihm auch den "Anreiz" einer Darlehensgewährung zu geben (Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl. 2006, § 10 Rdnr. 9). Zu den streitgegenständlichen Ansprüchen wird dagegen die Auffassung vertreten, dass aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 29 Abs. 1 Satz 7, 2. Halbsatz SGB XII Mietkautionen im Bedarfsfall regelmäßig ("sollen") in Form von Darlehen gewährt werden, Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten in dieser Regelung aber nicht erwähnt würden, so dass diese Leistungen grundsätzlich als Beihilfe zu erbringen seien (Falterbaum in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: Mai 2007 § 29 Rdnr. 23). Eine abschließende Entscheidung dieser Frage muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Hinsichtlich der von dem Antragsgegner für die Bewilligung der Hilfe als Darlehn mitgeteilten Gründe ist zu bedenken, dass § 29 Abs. 1 SGB XII die Bewilligung einer Umzugskostenbeihilfe nur für sozialhilferechtlich notwendige Umzüge vorsieht. Bei Verneinung der hilferechtlichen Notwendigkeit enthält das SGB XII für die Gewährung einer Hilfe, sei es als Zuschuss oder als Darlehen, keine Rechtsgrundlage, so dass eine Hilfegewährung im Hinblick auf die Regelung des § 31 SGB I nicht in Betracht kommen dürfte. Mietkautionen sollen nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 29 Abs. 1 Satz 7 SGB XII als Darlehn bewilligt werden. Zu den Modalitäten der Darlehensrückzahlung enthält diese Vorschrift anders als etwa § 37 SGB XII keine Regelung. Auch den Gesetzesmaterialien (vgl. Gesetzesbegründung zu § 22 Abs. 3 SGB II, BT-Drucks. 16/1688, S. 14) kann nur entnommen werden, dass der zuständige Leistungsträger eine Mietkaution grundsätzlich in Form eines Darlehens erbringen soll, da sich aus der Natur der Mietkaution bereits ergebe, dass diese im Regelfall an den Mieter zurückfließe. Insofern sei es im Regelfall nicht gerechtfertigt, die Kaution dem Hilfebedürftigen endgültig zu belassen. Die Gesetzesbegründung enthält aber keine ausdrücklichen Hinweise auf die Fälligkeit der Darlehensrückzahlung. Ob derartige Darlehn erst bei Beendigung des Mietverhältnisses bzw. beim Ausscheiden aus dem Hilfebezug zur Rückzahlung fällig werden und der Hilfeträger darauf verwiesen werden kann, sich den Rückzahlungsanspruch abtreten lassen, ist der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats - vgl. Beschlüsse vom 22. September 2005 – L 9 AS 47/05 ER –, vom 7. Juni 2006 – L 9 AS 85/06 ER – und vom 30. August 2006 – L 9 AS 115/06 ER –; zuletzt Beschluss vom 27. November 2007 – L 9 AS 358/07 ER –; Conradis in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, Anhang Verfahren Rdnr. 119). Eine solche Notlage ist bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen zu bejahen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b Rdnr. 28). Derartige erhebliche Nachteile sind hier zu bejahen, da nicht ersichtlich ist, aus welchen Mitteln der Antragsteller den nicht gedeckten Bedarf bestreiten kann. Insoweit verfügt der Antragsteller nur über die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII, auf die seine Erwerbsunfähigkeitsrente als Einkommen angerechnet wird. Die Herabsetzung der laufenden Leistungen nach dem SGB XII im Wege der Aufrechnung zur Tilgung der Darlehen führt dazu, dass das gesetzlich gewährleistete Existenzminimum nicht mehr sichergestellt ist. Bei den hier in Rede stehenden Beträgen von 34,70 EUR monatlich handelt es sich auch nicht um Bagatellbeträge.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Quelle: SGB BRD, Hessisches LSG

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