Stadt Frankfurt deckt Polizeibrutalität gegen Demonstranten

Begonnen von mlawrenz, 20:25:35 Di. 18.März 2008

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mlawrenz

Nur linker Abgeordneter interessiert an Aufklärung
http://www.jungewelt.de/2008/03-19/013.php

Unkontrollierte Staatsgewalt

Parlament sah sich außerstande, vom Polizeipräsidenten Stellungnahme zu brutalen Übergriffen bei Demo gegen Studiengebühren einzuholen

Dreißig Studierende waren am Montag nachmittag in den Ausschuß für Recht, Verwaltung und Sicherheit des Stadtparlaments in Frankfurt am Main gekommen. Sie wollten hören, was Ordnungsdezernent Volker Stein (FDP) zu den von ihnen geschilderten brutalen Polizeiübergriffen bei der Demonstration gegen Studiengebühren am 26. Januar zu sagen hatte. Die Linksfraktion hatte einen Dringlichkeitsantrag gestellt: »Wie konnte der Polizeieinsatz außer Kontrolle geraten?«. Die Studierenden hatten Stein bereits im Februar eine Liste mit 24 kritischen Fragen übergeben. Doch zur Debatte kam es in der sogenannten Bürgerfragestunde des Rechtsausschusses nicht: Antworten von Polizeipräsident Achim Thiel lägen noch nicht vor. Der Tagesordnungspunkt, unter dem die Vorwürfe der Studierenden gegen Polizisten nach dem bundesweiten Ak tionstag für freie Bildung in Frankfurt am Main behandelt werden sollten, wurde auf die Ausschußsitzung am 21. April verschoben – freilich wieder »ohne Garantie«. Eine Debatte solle offenbar einfach unterbunden werden, urteilte der Stadtverordnete Udo Mack (Die Linke).

Keine Rede sollte von den Vorfällen sein, die zum Dringlichkeitsantrag geführt hatten: Nicht vom rassistischen Übergriff der Ordnungshüter auf den Studenten Esteban Neira, der aussagte, Polizisten hätten ihn brutal gegen die Metalleiste eines Fensters gestoßen und als »Scheißkanake« beschimpft (jW berichtete am 2.2.). Nicht von den Minderjährigen, die berichteten, festgehalten worden zu sein, ohne daß ihre Eltern informiert wurden. Auch nicht von den im Polizeikessel befindlichen unbeteiligten Touristen, die von Polizisten ebenso wie die demonstrierenden Studenten aufgefordert worden waren, sich aus dem Kessel zu entfernen, ohne ihnen die Möglichkeit dazu zu geben. Thema sollten ebenso nicht jene Demonstranten unter den nach Magistratsbericht insgesamt 224 Festgenommenen sein, die nach eigenen Angaben zusammen mit 30 anderen Personen in Käfige von 15 Quadratmetern gesperrt worden waren. Kein Mensch sprach schließlich von den Festgenommenen, die sich unter den Augen Dritter bei geöffneter Tür entkleiden mußten.

»Da sieht man, welchen Raum ein Thema einnimmt, das ein großes Interesse der Medien und der Bevölkerung hervorgerufen hat«, empörte sich Anja Engelhorn, Vorsitzende des AStA der Uni Frankfurt. Und Angelika Wahl von ATTAC kommentierte die Aussage des Ordnungsdezernenten, er sei »nicht in der Lage gewesen«, »Druck zu entwickeln«, also den Polizeipräsidenten zur Beantwortung der Fragen der Studierenden zu bringen: »Seit wann entscheidet die Exekutive, und die Politik ordnet sich unter – leben wir im Polizeistaat?« Die Mehrheit der CDU- und FDP-Stadtverordneten räumte nur einem einzigen Studenten ein Rederecht von fünf Minuten ein, diskutierte dann aber selbst eine dreiviertel Stunde lang darüber, ob Bürger sich überhaupt in Parlamentsdebatten einmischen dürfen. Dies sei ein Skandal, sagte Angelika Wahl.

Simon Benneken vom studentischen Arbeitskreis Recht beklagte in seinem kurzen Redebeitrag, wie wenig ernst man die Studenten nehme. Er kritisierte auch Ordnungsdezernent Stein, der der Presse gegenüber von den Demonstrationsteilnehmern als »den üblichen Verdächtigen« gesprochen hatte.
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