unfreiwillige schwarzarbeit

Begonnen von shift, 14:08:32 Mo. 19.Mai 2008

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shift

Hallo allerseits

ich habe meine Frage schon in einem Rechtsforum gestellt, nur leider ist nichts verwertbares bei rausgekommen. Deshalb habe ich mir gedacht ich frage mal unter den Praktikern :]

Es geht um eine Bekannte. Sie kommt aus dem Irak, hat sich sehr angestrengt die deutsche Sprache einigermaßen zu erlernen um arbeiten zu können und war selig als sie Anfang April einen 400€-Job in einem Backshop antrat. Vorab erwähnt, eine schriftliche Vereinbarung/Vertrag gibt's nicht, was ja nun bei Minijobs leider eher die Regel ist.

Nun hat sie letzte Woche den Lohn für April erhalten. IN BAR. Keine Lohnabrechnung, keine Wisch bezüglich SV-Meldung und zu allem Überfluss stimmt das erhaltene Geld nicht mit dem überein, was laut mündlicher Vereinbarung und gearbeiteter Stunden hätte bekommen müssen.

Ich bin versucht Ihr zu raten auf schriftlichem Wege alles zu fordern was zu einem korrekten Arbeitsverhältnis gehört, also:
- Nachweis der SV-Meldung
- Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen gemäß Nachweisgesetz
- Lohnabrechnungen gemäß Gewerbeordung
- Aufzeichnung der geleisteten Arbeitsstunden (gibt's dafür ein Gesetz?)

Ich meine wenn sie das macht, kann man sie kaum wegen Schwarzarbeit belangen, da sie sich immerhin um Klärung bemüht hat und sollte der Arbeitgeber sich weigern oder mit Kündigung drohen könnte sie mit Selbstanzeige zurückdrohen.

Hat jemand von euch sowas in der Art schon mal probiert? Macht es Sinn? Oder sollte man gerade im Hinblick auf den Ausländerstatus (oder wie auch immer das heißt) lieber auf anwaltliche Hilfe zurückgreifen?

dafina

Also ich habe letztes Jahr mal paralel zum Vollzeitjob einige Monate einen 400euro Job gemacht.Ich hab einen AV bekommen(der gehört schon zu jedem korrekten Arbeitsverhältnis!),jeden Monat eine Abrechnung und auch die Meldung zur Sozialversicherung!
Ich würde mich nie auf mündliche Sachen verlassen!!
Wie will deine Bekannte denn beweisen daß sie dort gearbeitet hat wenns hart auf hart kommt??
Also,immer alles schriftlich machen auch bei einem 400euro Job!

shift

Dafina, wenn du dich mal so wie ich notgedrungen eingehender mit der Materie befassen musst, wirst du nachlesen können, dass auch mündliche Vereinbarungen durchaus gesetztlich sind (Stichwort Vertragsfreiheit). Hat man sich auf sowas eingelassen (und das tun aus einer schwachen Verhandlungsposition heraus so manche weniger glückliche als du), kann man naturgemäß nicht im Voraus wissen ob alles weitere korrekt läuft.

Die Frage ist also, was ist zu tun, wenn der Vertrauenbonus missbraucht wurde und die Dinge nicht so koscher laufen wie sie sollten. Gleich zum Kadi laufen und Zetter und Mordio schreien oder nach mehr oder weniger faulen Kompromissen suchen?

schwarzrot

ZitatIch bin versucht Ihr zu raten auf schriftlichem Wege alles zu fordern was zu einem korrekten Arbeitsverhältnis gehört, also:
- Nachweis der SV-Meldung
- Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen gemäß Nachweisgesetz
- Lohnabrechnungen gemäß Gewerbeordung
- Aufzeichnung der geleisteten Arbeitsstunden
Gute idee.

ZitatIch meine wenn sie das macht, kann man sie kaum wegen Schwarzarbeit belangen, da sie sich immerhin um Klärung bemüht hat und sollte der Arbeitgeber sich weigern oder mit Kündigung drohen könnte sie mit Selbstanzeige zurückdrohen.

Hat jemand von euch sowas in der Art schon mal probiert? Macht es Sinn? Oder sollte man gerade im Hinblick auf den Ausländerstatus (oder wie auch immer das heißt) lieber auf anwaltliche Hilfe zurückgreifen?
Das problem ist, in wie weit ihr das alles beweisen könnt. (und selbst dann fürchte ich, es wird warscheinlich vor gericht auf einen vergleich wegen dem lohn rauslaufen).

Wir haben eine ähnliche episode mal dadurch gelösst, indem wir mit drei flüchtlingsinis und etlichen menschen einer kleinen sehr radikalen gewerkschaft (FAU.org) vor die zentrale des arbeitgebers gezogen sind (mit presse, trommeln), den lohnraub öffentlich machten und versprachen da nicht so schnell wieder abzuziehen.
Der arbeitgeber war plötzlich ganz besorgt um sein öffentliches image und lud recht schnell die zehn farbigen betroffenen und beistände zu verhandlungen ein.

Bei einzelpersonen, die um ihren lohn geprellt wurden, bringt auch oft ein netter brief etwas.
Schliesslich liegt es nicht im interesse des arbeitgebers, dass seine kunden und zulieferer merken, wie er es mit der bezahlung so hält.

Nuja, vielleicht kommen ja noch berichte, dass sowas auch vor gericht prima zu lösen ist, aber ich habe da erstmal meine zweifel u.a. wegen schwieriger beweislage.
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

shift

Dass sie dort arbeitet, lässt sich sicherlich beweisen, gibt ja noch andere Angestellte. Wieviel Stunden genau geht wohl schwerer, deshalb in Zukunft das Führen einer Stundenliste.

Ich setze ihr dann mal ein Schreiben auf. Bin mal gespannt wie's weitergeht.

dafina

ZitatOriginal von shift
Dafina, wenn du dich mal so wie ich notgedrungen eingehender mit der Materie befassen musst, wirst du nachlesen können, dass auch mündliche Vereinbarungen durchaus gesetztlich sind (Stichwort Vertragsfreiheit). Hat man sich auf sowas eingelassen (und das tun aus einer schwachen Verhandlungsposition heraus so manche weniger glückliche als du), kann man naturgemäß nicht im Voraus wissen ob alles weitere korrekt läuft.

Die Frage ist also, was ist zu tun, wenn der Vertrauenbonus missbraucht wurde und die Dinge nicht so koscher laufen wie sie sollten. Gleich zum Kadi laufen und Zetter und Mordio schreien oder nach mehr oder weniger faulen Kompromissen suchen?

Ich bin von natur aus mißtrauisch ohne Ende(ist auch nicht unbedingt eine schlechte Eigenschaft).Mündlich lasse ich mich auf nichts ein...

vampyrella

Also ich kenne auch die Minijobberverhältnisse NUR mit Vertrag.

Wenn das Ordnungsamt mal in dem backshop kommt, muss nämlich die ARbeiterin die 1000 Euro Schwarzarbeitsstrafe zahlen!b
o
L_/
OL This is Schäuble.
Copy Schäuble into your signature to help him on his way to Überwachungsstaat.

Hamburgerin

Klar gibt es auch bei Minijobs Verträge.
Ich gehe davon aus, dass deine Bekannte wohl keine Lust mehr hat in dem S*****neladen zu arbeiten.
Ich würde dem Betreiber des Geschäfts einen Brief schreiben, in dem ich genau auflisten würde, von wann bis wann ich dort arbeitete, an welchen Tagen und die genaue Uhrzeit ( so genau ich mich nur daran erinnere.
Dass ich für diesen Zeitraum umgehend eine Lohnabrechnung wünsche, den Nachweis dass die SV´s bezahlt wurden und dass mein Lohn sofort auf meinem Konto landet. Auch an das Fehlen eines AV würde ich erinnern. Lohnzahlungen sind übrigens eine Bringschuld des AG´s, bedeutet, du musst ihnen nicht nachbetteln, er hat sie zu zahlen!
Frist 7 Werktage. Das ganze per Einschreiben Rückschein!!!!

Passiert nichts, würde ich mein Schreiben nehmen, und zum Ordnungsamt oder Wirtschaftsbehörde Abteilung Schwarzabeit gehen und den Vogel melden. Meine Kohle sehe ich möglicherweise nicht mehr, aber sein blödes Gesicht, wenn sein Laden auseinandergenommen wird.................

Woki

ZitatAlso ich kenne auch die Minijobberverhältnisse NUR mit Vertrag.

Wenn das Ordnungsamt mal in dem backshop kommt, muss nämlich die ARbeiterin die 1000 Euro Schwarzarbeitsstrafe zahlen!b

Das Eine hat aber mit dem Anderen nichts zu tun.
Arbeitsverträge können nämlich auch mündlich abgeschlossen werden.

ZitatQuelle:
Grundsätzlich kann der Arbeitsvertrag mündlich geschlossen werden.

Seit Einführung des Nachweisgesetzes im Jahre 1995 besteht eine Pflicht des Arbeitgebers spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und dem Arbeitnehmer die Niederschrift auszuhändigen...
Meiner Ansicht nach ist das dann so was - mhhhh - ähnliches wie Quasi-AGBs?!? Der Arbeitsvertrag hat trotzdem, nämlich schon vor der Monatsfrist, seine Gültigkeit.

Wie immer gibts natürlich keine Regeln ohne Ausnahme:

ZitatQuelle:
Mit dem sog. Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetz vom 30.3.2000 (BGBl. I, S. 333) hat der Gesetzgeber unter anderem einen neuen § 623 BGB eingefügt, der  Formvorschriften bei Arbeitsverträgen enthält. Danach ist Schriftform erforderlich für
  • Befristung von Arbeitsverträgen
Fehlt die Schriftform, ist nur die Befristung formnichtig, der Arbeitsvertrag als solcher bleibt als unbefristeter Vertrag bestehen. Die Schriftform des § 623 gilt auch für die nachträgliche Befristung älterer Verträge.
[/list]
Fullquote ist ganz schlechter Stil...  :P

vampyrella

Also wenn mich jem. einstellen wille als Minijobber und mir keinen schriftlichen Vertrag vorlegen täte, dann würde ich auch nicht den Job antreten.

Denn mündlich kann der Boss ja schnell mal sagen, DASUNDDAS war vereinbart, kannst es ihm aber nicht beweisen.
o
L_/
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Woki

Natürlich - hat aber trotzdem nichts mit Schwarzarbeit zu tun.
Und beweisen ließe sich ein Arbeitsvertrag und/oder evtl. Vereinbarungen ja auch durch Zeugen, sofern vorhanden.
Fullquote ist ganz schlechter Stil...  :P

Kat

Einen ähnlichen Fall kenne ich auch. Auf der Lohnsteuerkarte am Jahresende war dann zu sehen, daß da brutto weniger draufstand als er netto gekriegt hat. Eine Rückfrage bei der Krankenkasse ergab dann auch, daß er mit zu niedrigem Gehalt angemeldet war.

Er hat den Arbeitgeber beim Zoll angezeigt, zumal sich rausstellte, daß er nicht der einzige war, der ungewollt schwarz gearbeitet hat und auch Einnahmen aus der Firma in schwarze Kanäte gewandert sind. Die haben auch ermittelt mit Hausdurchsuchung und allem was dazu gehört, aber das Endergebnis weiß ich leider nicht.

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