Fast hätte es keiner gemerkt...Mehr (Un)-Recht vor Gericht

Begonnen von Tom_, 20:18:08 Fr. 22.Juli 2011

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Tom_

ZitatFast hätte es keiner gemerkt: Doch der Bundestag hat eine Justizreform beschlossen. Leider. Die Novelle wird Richter-Willkür auch künftig nicht verhindern. Im Gegenteil.

Kläger und Beklagte, die nicht zu Wort kommen, eine zweite Gerichtsinstanz, die nicht jedermann offensteht – damit sollte im Rechtsstaat Deutschland eigentlich längst Schluss sein. Zehn Jahre lang hatten CDU/CSU und FDP für eine Reform des Zivilrechts gekämpft. Wortgewaltig kritisierten sie vor allem eine Regelung, mit der die ehemalige rot-grüne Bundesregierung 2001 die Gerichte entlasten wollte und eine zweite Verhandlung der Betroffenen im Berufungsverfahren stark einschränkte. Die Hoffnungen auf eine Verbesserung waren groß. Und dann das: Die schwarz-gelbe Regierung enttäuscht mit einem Justizreförmchen, das kaum Verbesserungen bringt, dafür neue Ungereimtheiten.

Dabei ist seit Jahren klar, dass der erwartete große Entlastungseffekt durch abgeschnittene zweite Instanzen in der deutschen Rechtsprechung gar nicht eintreten würde, dafür aber ein umso großer Frustrationseffekt unter den Bürgern. Der neugeschaffene Paragraf 522 der Zivilprozessordnung (ZPO) erlaubte es den Richtern plötzlich, nach eigenem Gutdünken Berufungen gegen als ungerecht empfundene Ersturteile abzuschmettern. Justitia, so hoffte man, werde so von querulantischen Zeiträubern befreit. Als häßlicher Nebeneffekt landeten jedoch Hunderte berechtigte, herzzerreißende Fälle etwa von Unfallgeschädigten, Scheidungsopfern, Kunstfehler-Patienten oder geprellten Geldanlegern, im juristischen Niemandsland und ruinierten Existenzen. Rechtlich eigentlich unhaltbare Urteile wurden reihenweise rechtskräftig.

Besonders rechtfertigen mussten sich die Richter für ihre selbst gewählte Arbeitsersparnis nicht, es genügten die lapidaren Hinweise ans Volk, wonach die Berufungen zu den Urteilen ,,aussichtslos" und ,,ohne grundsätzliche Bedeutung" seien. ...

http://www.focus.de/finanzen/recht/tid-23025/kleine-justizreform-mehr-un-recht-vor-gericht_aid_647979.html

Auferstanden

... passt zu Deutschland
Das was hier als Schlagzeile "(Un)-Recht vor Gericht" selbst von der medialen Einheitspresse
kritisiert wird, zeigt mehr und mehr, dass ein überwiegender Teil der deutschen Bevölkerung
demokratische Strukturen, Gesetze und Handlungsofferten schlicht und einfach abschaffen will.

Das "tausendjährige Großreich" scheint in vielen Köpfen zementiert Auferstehung feiern zu wollen.

Tom_

Mich wundert sehr, dass gegen diese Justizreform (ich meine damit schon die ursprüngliche) keine Klagen beim BVerfG bekannt geworden sind. Meiner Meinung nach ist die Vorenthaltung der nächsten Instanzen auf gar keinen Fall mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen.

Judy

Ich frage mich gerade, wann diese Reform auch im Sozialrecht stattfinden wird. Damit wären dann Klagen gegen Sanktionen sehr sehr riskant.
Wenn auch dort so wenig Entrüstung entsteht wie jetzt schon, dann sehe ich da eine ziemlich große Gefahr, dass das Recht des Einzelnen gegen die Behördenwillkür so gut wie abgeschafft wird.

Sir Vival

Jetzt sind all meine Fragen und Verzweiflungen der letzten 2 Jahre "beantwortet".
Kein Wunder, dass ich da auf Granit gestoßen bin. Mit Beweisen, schriftlichen Dokumenten usw.

Ich wurde als Querulant (der eh nicht arbeiten wollte) abgetan.

Naja, ich denke, das geht noch ein paar Jahre, dann knallt´s hier in f*****g Toitschland. Die Leute lassen sich das nicht mehr lange gefallen.
Selbstjustiz kann eine der Folgen sein. Siehe USA
Es tofft viel Spass in Steckifee.........

Ruby

Der justiziale Weg war für mich schon länger der falsche um mit der Arge klar zukommen. Es bringt deutlich mehr zivilen Widerstand zu leisten und die Kommunikation zu verbessern mit den Leuten dort. Gerichte treffen in Deutschland zuviele Fehlentscheidungen, denen vertraue ich noch weniger.
Ist ja auch Blödsinn, Richter werden von Politikern angewiesen und die wiederum vom Kapital. Was will man da erwarten?

Klar interessiert das hier nur wenige, denn was willst dagegen denn machen? Außer sich aufzuregen?
Wer unten sitzt wird nunmal von oben beschissen.

lg Ruby

Judy

@Ruby: Was meinst du mit zivilem Widerstand?
Du sollst zu einem unbezahlten Praktikum oder Maßnahmen mit mehrere solchen und dann was tun? Vor allem wenn die 60%igen Sanktionen drohen?
Da kannst du gar nicht mehr abschätzen, wie es ausgeht und musst klein beigeben, wohl oder übel. Wenn der Weg übers Gericht verbaut ist, dann ist es ziemlich finster.
Das mit dem Nichtunterschreiben, ist ja nicht wirklich sicher, ob man damit tatsächlich an einer Sanktion vorbeikommen tut.
Ich hoffe es doch.

Judy

mein RA (dem ich den Link sofort geschickt hab) hat mir zurückgemailt und meinte, es betrifft ja zunächst nur das Zivilrecht. Und da es sowieso Streitwert unter 750 Euro ist, kann mein Fall sowieso nicht in die nächste Instanz. Aber irgendwie ist er doch grade dabei, mein Verfahren woanders weiterzubetreiben, kapier das jetzt nicht ganz. Meine Klage gegen die Sanktion wurde wegen Aussichtslosigkeit abgeschmettert obwohl die gar nicht verloren werden kann, wegen dieswem §31 der vor dem 1. April dieses Jahr noch galt und jetzt macht er damit weiter. Aber wenn nicht in der nächsten Instanz wo dann?
Muss ich ihn demnächst mal fragen, bin derzeit eher mit andern Dingen beschäftigt.

Das "zunächst nur" meines Anwalts liegt mir aber ungut im System.
Gibt mir aber wieder kräftig Motivation in Richtung meiner Selbständigkeit.
Und wie ist das nun mit Streitwert unter 750 Euro, das man für die nächste Instanz bräuchte? Die ist ja bei gar keiner Sanktion erreicht, naja, bei Totalsanktion höchstens.

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