Streiks bei Real und Praktiker

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 12:26:53 Di. 27.September 2005

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ManOfConstantSorrow

27.9.05 11.00 Uhr
Solidarität mit den Streikenden bei Real und Praktiker

In den letzten Wochen haben über 2000 Einzelhandelbeschäftigte in NRW gestreikt. Gestern rief der verdi-Bezirk Bochum-Herne die Beschäftigten von 4 real-Märkten und von einem Praktiker-Baumarkt in Bochum zu Streiks auf: "Der Tarifkonflikt im nordrhein-westfälischen Einzelhandel eskaliert. Bisher haben die Arbeitgeber in drei Verhandlungen noch kein Angebot vorgelegt. Die Arbeitgeber sagten einen für den 4. August vereinbarten 4. Verhandlungstermin mit der Begründung ab, dieser Termin mache aus ihrer Sicht keinen Sinn. Sie wollen die Tarifregelungen zu lasten der Beschäftigten verändern. So soll das Urlaubs- und Weihnachtsgeld vom Erfolg des Unternehmens abhängig gemacht werden, niedrigere Einstiegsgehälter für Arbeitslose vereinbart und die Ausbildungskosten gesenkt werden. Darüber hinaus soll die Arbeitszeit verlängert und noch mehr flexibilisiert werden." Heute werden die Streiks fortgesetzt.
In einer Presseinformation erklärt sich die Soziale Liste solidarisch mit den streikenden Beschäftigten der Bochumer REAL-Märkte und des Praktiker-Baumarktes: "Die Streikaktionen sind berechtigt und notwendig. Gerade die Arbeits- und Lohnbedingen der Beschäftigten im Einzelhandel haben sich in den letzten Jahren stetig verschlechtert." Die Soziale Liste unterstützt die Forderungen der Gewerkschaft verdi nach höheren Löhnen: "Der Umverteilung von unten nach oben muss Einhalt geboten werden."

http://www.bo-alternativ.de/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Spätlese

Sicher könnte man das auch ausweiten auf
"Solidarität mit allen Arbeitnehmern aller Konsumtempel".

Aber gerade Bau- und Werkmärkte sind ein prima Beispiel dafür, wie sehr sich die betreibenden Unternehmensgruppen in die Realitätsferne verabschiedet haben. Vor Jahren boomte die "Heimwerker- und Selbermacherszene" - folgedessen klatschten die 8 großen deutschen Baumarktketten (von denen es noch 6 gibt) und diverse kleinere Betreiber an jede Ecke, in jede mittelgroße Stadt bis heute rund 1000/1200 Heimwerkermärkte im großzügig dimensionierten Konsumtempelformat.
Nimmt man nun ähnlich gelagerte bzw. in Teilbereichen spezialisierte Märkte und Einzelhändler - s. z. B. Bauklotz-Kette - (von denen manch einer auch 10000 bis 50000 Einzelartikel führt) hinzu, so erhöht sich diese Zahl auf rd. 8000-10000 Vertriebsstellen nur in Deutschland.
Und das geht mittlerweile an der Realität und am Bedarf vorbei.

Ausbaden darf das der Verbraucher, dem stabile bzw. sinkende Preise vorgerechnet werden - dabei befinden sich in den Sortimenten viele Ramschartikel bzw. mangelhafte Ware (siehe derzeit die aktuelle Diskussion um Benzinkettensägen für 59-99 Euro das Stück, die sich nicht mehr abschalten lassen und man Gefahr läuft, sich selbst zu massakrieren bzw. amputieren).
Siehe auch die Billig-Bohrmaschine für 25 oder 40 Euro, die oft schon nach 1-2 Stunden reiner Gebrauchszeit ihren Geist aufgibt - na ja, länger muss ein Teil, was für 8 oder 10 Euro aus China kommt eigentlich auch nicht halten.

Und gerade im Zeitalter der Konsumzurückhaltung (es ist ja nicht nur der Sparzwang der viele verzichten lässt, sondern auch die Erkenntnis, dass ich eigentlich schon alles habe, was unbedingt nötig ist ... und ich daher keine zweite oder dritte Bohrmaschine mehr brauche. - Meine erste Bohrmaschine HP1300S hält nun tatsächlich schon seit 1976, alle Funktionen funktionieren störungsfrei trotz zigfachen Gebrauches jedes Jahr - Pech für Baumarkt & Co., die leider den Billigramsch nicht an mich verkaufen können. :-))

Und als nächstes spart man (da die sich jagenden Sonderaktionen auch kein Interesse mehr finden) halt an den Mitarbeitern, bzw. beutet diese aus - immer mit dem Hinweis auf den möglicherweise gefährdeten Arbeitsplatz: z. B. 8 Stunden bezahlen - 10-12 Stunden arbeiten, verlängerte (betriebskostensteigernde) Arbeitszeiten (die aber nicht den erforderlichen Mehrumsatz einbringen), Sonderarbeit vor und an Feiertagen, unbezahlte Sonderarbeit in der Nacht, Höherstecken von (irrealen) Umsatzzielen damit keine Sondervergütungen bzw. UG/WG mehr gezahlt werden muss, unbezahlte Überstunden - Streichen von Fahrtkostenanteilen, Streichen von Essensgeldzuschuss wirken da schon fast Banalitäten, genau so wie die Praxis Mitarbeiter auf Kundenwunsch nach Arbeitsschluss mit der Warenzustellung zu beauftragen - mit dem eigenen PKW natürlich, so vorhanden.
Und auch hier wieder: diese krankhafte Team- und Profitcenterbildung sowohl in der gleichen Niederlassung innerhalb einzelner Abteilungen und auch innerhalb einzelner Niederlassungen an verschiedenen Orten. Dadurch wird das Konkurrenzdenken der Arbeitnehmer untereinander gefördert, die Solidarität bzw. Hilfsbereitschaft untereinander sinkt oftmals - der Tagesablauf besteht darin um die Gunst der Geschäftsleitung zu buhlen, indem man den vorgesetzen Umsatzgrenzen hinterher geifert - die sowieso im Regelfall nicht erreichbar sind. Hinzu kommen in den letzten Jahren die "Gewinnermahnungen" - d. h. nicht nur x-Millionen Euro Umsatz müssen erreicht werden, sondern in diesem Umsatz müssen Produktgruppen erreichbar sein, die einen durchschnittlichen Rohgewinn von z. B. 50% ergeben. Schafft man das alles nicht, so ist man ganz schnell ein "unfähiger" Mitarbeiter.
Alle von mir getätigten Aussagen/Antworten/Kommentare entsprechen lediglich meiner persönlichen Meinung und stellen keinerlei Rechtsberatung dar.

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