Vicenza: Widerstand gegen die geplante größte US-Militärbasis Europas

Begonnen von Kater, 14:07:22 Sa. 17.Februar 2007

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Kater

ZitatAmerikaner? Not welcome
Im norditalienischen Vicenza soll die größte US-Militärbasis Europas entstehen. Die Bürger wehren sich dagegen
Oliver Meiler

VICENZA. Alle großen Schlagzeilen gehören Vicenza, in allen italienischen Zeitungen, seit Wochen schon. Nie in seiner Geschichte war die reiche, ruhige, arbeitsame Provinzstadt im Veneto exponierter als jetzt. Am Corso Palladio, der Flaniermeile mit den schönen Läden, zoomt die Kamera einer ausländischen Fernsehcrew den Kopf eines zufällig ausgewählten alten Mannes heran, der sagt: "Wir dürfen nie vergessen, was die Amerikaner für uns getan haben."

So hört man nur wenige reden in Vicenza. Ja, die Amerikaner! Man hört zuweilen auch "Yankee" oder nur "quelli là", "die dort". Gemeint ist die 173. Brigade Airborne, die am Stadtrand, im "Camp Ederle", stationiert ist. 3 000 US-Fallschirmjäger mit ihren Familien, zehntausend insgesamt. Das ist viel. Vicenza zählt nur 110 000 Einwohner. Die Kaserne ist eine Stadt in der Stadt, eine Festung, fast autark und fast ohne Kontakt zur Außenwelt. Es gibt eine Schule, eine Bank, eine Post, ein Krankenhaus. Doch das Camp ist zu klein geworden.

Die Amerikaner wollen vier Luftlande-Bataillone aus Bamberg und Schweinfurt abziehen und in Vicenza vereinen. Noch einmal 2 000 Mann. Dafür soll die Basis, seit 1951 in Betrieb, ausgebaut werden. Massiv. Verdoppeln wollen sie sie. Und zwar draußen am Flughafen "Dal Molin". Der ist halb militärisch, halb zivil und liegt auf einem schönen grünen Flecken Land auf der anderen Seite der Stadt, weit ab vom "Ederle". Das Okay der linken Regierung in Rom - im Dilemma geboren - haben die Amerikaner.

70 000 Demonstranten erwartet

Dafür haben sie sich die Gunst vieler Vicentini verscherzt. Die Gegner haben sich in zwölf Bürgerkomitees organisiert. Heute gehen sie gemeinsam mit Pazifisten, Globalisierungsgegnern und Kommunisten auf die Straße, einige mit viel Wut im Bauch. Der Innenminister warnt jedenfalls vor Ausschreitungen. Der amerikanische Botschafter riet seinen Landsleuten, Vicenza zu meiden. Und der Präfekt ließ die Schulen schließen. 70 000 Demonstranten werden erwartet. Das ist eine ganze Menge für Vicenza.

Es sind Bürger dabei, die um ihre Lebensqualität fürchten. Solche, die eine Zubetonierung der grünen Lunge der Stadt anprangern. Und solche, die es aus ideologischen und politischen Motiven leid sind, als "Bushs Kriegsnest" zu gelten. In Vicenza warten die Fallschirmjäger auf ihre Einsätze in Afghanistan, im Irak. Wenn sie zurückkommen - wenn sie denn zurückkommen - sind sie anders. Gerade die Jungen unter ihnen sind traumatisiert vom Krieg. Man sieht sie dann trinkend und prügelnd durch die Stadt ziehen. Viele Bars und Diskotheken lassen keine Amerikaner mehr ein. Doch das sind nur Nebeneffekte. Ein Barista sagt resigniert: "Vicenza ist nun mal amerikanisch." Er übertreibt ein bisschen. Aber morgen? Vicenza soll im Jahr 2010 der strategisch wichtigste US-Stützpunkt im Mittelmeerraum und die großflächigste US-Basis in ganz Europa sein. Vicenza ist bereits die US-Kommandostelle für Südeuropa: "Southern European Task Force", kurz Setaf.

Ihr Kommandant, Navy-General Frank Helmick, wird von der Lokalzeitung Il Gazzettino so beschrieben: "Er hat einen Quadratschädel und einen gepanzerten Kiefer." Vor ein paar Monaten, als der Ausbau der Basis noch eine lokale Affäre war, lancierte Helmick eine wahre Charme-Offensive, öffnete das Camp erstmals den Journalisten, führte herum, legte Folien auf mit Projektionen zu den wirtschaftlichen Vorteilen für die Stadt. Und eine grafische Simulation des Bauprojekts im "Dal Molin" mit acht stattlichen Wohnhäusern im Renaissance-Stil Andrea Palladios, des legendären Architekten und Baumeisters aus Vicenza (1508-1580. Mit einem Baseballfeld, einem Platz für American Football, einem Fitnesscenter, einem Burger King, einer Garage von Ford und einer von Chrysler. "Die hatten schon detaillierte Pläne", sagt Donatella Vetuli vom Gazzettino, "als wir uns noch fragten, wo sie wohl bauen würden, wenn sie überhaupt bauten."

Die Selbstsicherheit der Amerikaner war begründet. Sie rührte von einem Schulterklopfen aus Zeiten, als in Rom noch Silvio Berlusconi regierte, ein treuer Alliierter der Amerikaner und Freund George W. Bushs. Berlusconi schickte gegen den Willen des Volkes Truppen in den Irak. Als das Pentagon mit der Bitte an ihn herantrat, einen Ausbau der Basis in Vicenza zu genehmigen, sagte Berlusconi sofort zu. Es gab ein mündliches Abkommen. Dann gelangte in Rom das linke Bündnis an die Macht, in dem latent antiamerikanische, neokommunistische Kräfte politisieren. Romano Prodi zog, wie versprochen, Italiens Truppen aus dem Irak ab. Das war schon ein Affront für Washington. Konnte er auch Berlusconis Zusage für den Ausbau in Vicenza kündigen? Formal schon, realpolitisch eher nicht. Er hätte sich dem Vorwurf ausgesetzt, eine Geisel der Kommunisten zu sein. Prodi versuchte noch, die heiße Kartoffel an den Bürgermeister Vicenzas weiterzureichen.

Doch Enrico Hüllweck, so heißt der Mann von Berlusconis Partei Forza Italia, schob sie zurück. Aus Kompetenzgründen. Auch er wollte sich nicht unbeliebt machen. Auch er lavierte, obwohl er den Ausbau ja begrüßt. Hüllweck - der Name steht etwas quer in Italien. Der Bürgermeister mit den zwei auffälligen Goldringen an den Fingern ist Sohn eines deutschen Luftwaffenoffiziers, der im Zweiten Weltkrieg auf Sizilien stationiert war. Auf dem Rückzug machte der Vater in Vicenza Halt, requirierte als Unterkunft für seine Leute eine Schule und wurde dafür von einer aufgebrachten Lehrerin verprügelt. Die beiden verliebten sich. Hüllweck jr. sagt: "Sie verstehen, angesichts meiner Lebensgeschichte ist es absurd, wenn man mich als Knecht Amerikas darstellt." Na ja. Loyalität ist auch etwas. Und Berlusconi war Trauzeuge bei Hüllwecks zweiter Hochzeit.

Unternehmer wittern Geschäfte

Hüllweck sagt, er habe den Amerikanern etliche Konditionen abringen können, vor allem diese: "Ich will keine Militärflüge über unsere Köpfe." Er wurde prompt erhört. General Helmick beteuerte, seine Truppen würden nur in Vicenza schlafen, abfliegen würden sie aber auch künftig vom Stützpunkt in Aviano, 200 Kilometer von Vicenza entfernt. Gefragt, wie er denn gedenke, die Soldaten, die schnell in den Irak oder nach Afghanistan müssten, nach Aviano zu bringen, sagte Helmick lächelnd und ohne Ironie: "Mit dem Bus." Das war in der Phase der Charme-Offensive. Die Busunternehmen witterten sofort ein Geschäft. Wie ohnehin viele auf Geschäfte hoffen. Die Amerikaner baten Firmen der Region, an den Bauausschreibungen teilzunehmen. Einige ließen sich vormerken. Den Industriellen in dieser produktivsten Provinz Italiens kommt der Ausbau zupass. Man rechnet mit Gesamtinvestitionen von einer Milliarde Euro.

Camp "Ederle" ist wieder dicht. Seit Prodi sein Okay gegeben hat, lassen sie keinen mehr rein. Major Ryan Dillon, zuständig für die "external relations", sagt: "Ich würde Ihnen ja so gern zeigen, wie wir hier leben, und über die lange und stolze Geschichte dieser Basis erzählen. Aber ich hoffe, Sie verstehen: Das ist nicht der beste Zeitpunkt." Vielleicht nächste Woche. Nach der Demo. Wenn sich die lästigen lokalpolitischen Wellen gelegt haben.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/horizonte/629659.html

ZitatAbzug aus Deutschland
In Deutschland sind derzeit noch etwa 70 000 US-Soldaten stationiert. In den kommenden Jahren sollen mehrere zehntausend von ihnen entweder in die USA zurückkehren oder aber an andere Standorte in Europa verlegt werden. In der Folge werden zahlreiche US-Stützpunkte in Deutschland geschlossen. Die betroffenen Städte, vor allem in Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern, befürchten wirtschaftliche Folgen und den Abbau tausender Arbeitsplätze. Vom Abzug der US-Truppen sind nicht nur die etwa 15 000 deutschen Zivilbeschäftigten betroffen, die Regionen rechnen auch damit, dass die Kaufkraft, Steuereinnahmen und Aufträge für das Handwerk zurückgehen.

Zum Ausbau des Stützpunkts Vicenza wollen die Amerikaner vier Luftlande-Bataillone aus Bamberg und Schweinfurt mit 2 000 US-Soldaten abziehen.

Die Neuordnung der US-Truppen wird unter anderem mit den neuen Herausforderungen durch den Terrorismus begründet. Um diese zu meistern, seien kleinere und mobilere Einheiten notwendig. Deutschland soll aber nach wie vor größtes US-Stationierungsgebiet in Europa bleiben. Auch soll das europäische US-Militärhauptquartier Eucom in Stuttgart verbleiben.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/horizonte/629661.html

ManOfConstantSorrow

Laut Organisatoren über 50.000 Demonstranten - Regierung Prodi gab Genehmigung zur Erweiterung des Stützpunktes

http://derstandard.at/?id=2772821
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Bis zu 200.000 Menschen haben am Samstag im italienischen Vicenza gegen den Ausbau des dortigen US-Militärstützpunktes demonstriert. Aufgerufen hatten Friedensgruppen, linke Organisationen und Gewerkschaften. Als prominentester Redner trat Literaturnobelpreisträger Dario Fo auf und sagte: "Wenn sie hier bauen wollen, müssen sie uns vorher bombardieren." Die Demonstration zeigte auch die Brüchigkeit der italienischen Regierung: die Prodi-Regierung hat vor einem Monat dem Ausbau des Stützpunktes zugestimmt. Mehrere Parteien der Regierungskoalition hatten jedoch zur Beteiligung am Protest aufgerufen.

rf-news 19.2.07
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Die italienische Anti-Kriegs-Bewegung ist faktisch gespalten. Für die Einen ist die Kriegs- und Kolonialpolitik der Mitte-Links-Regierung unter Ex-EU-Kommissions-Präsident Romano Prodi das "kleinere Übel" zu einem befürchteten Comeback von Silvio Berlusconi. Für die Anderen ist das Vorgehen der G8-Macht Italien unter Prodi nichts weiter als die softer verpackte Fortsetzung von genau dessen Politik, mit einem etwas stärkeren Hang zum EU-Imperialismus. Zugleich hat der Massenprotest gegen den Ausbau der US-Basis in Vicenza am 17.2.2007 die Regierung Prodi kurzfristig ins Trudeln gebracht. Zur neuen Situation und den Aufgaben der Bewegung veröffentlichte die linke Tageszeitung "il manifesto" am 3.3.2006 ein Interview mit dem Sprecher der linken Basisgewerkschaft Confederazione COBAS, Piero Bernocchi.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kater

ZitatVicenza gegen Vereinigte Staaten

In der italienischen Stadt soll die größte US-Militärbasis Europas entstehen. Bürger protestieren und erleben Rückschläge
Kordula Doerfler

VICENZA. Hell und klar läuten die Glocken von San Lorenzo in einen tiefblauen Oktoberhimmel. Von drüben mischt sich ein dunklerer Ton hinein, die mächtigen Glocken des Doms von Vicenza rufen ebenfalls zum Gebet. Durch die pittoresken Straßen der Altstadt flanieren am Sonntagmorgen Touristen, wandeln auf den Spuren des Baumeisters Andrea Palladio, dem Vicenza seinen Ruhm verdankt. Dieses Jahr begeht man den 500. Geburtstag des Renaissance-Architekten mit zahlreichen Veranstaltungen, und die Hotels sind jedes Wochenende ausgebucht.

Auch die Mittelschule Giuriolo ist umgeben von Palazzi des Meisters und wird derzeit renoviert. Aber das ist nicht der Grund, warum die Schule an diesem Sonntag geschlossen ist, statt als Stimmlokal zu dienen. Vor vier Tagen hat der Consiglio di Stato, das oberste Verwaltungsgericht Italiens im fernen Rom, der Stadt untersagt, ein Referendum abzuhalten, das sie monatelang vorbereitet hatte. Mit dem Referendum wollten die Bewohner protestieren gegen den geplanten Ausbau der existierenden US-Militärbasis, die sich dann bis zum Flugfeld Dal Molin ausdehnen würde. Die Protestbewegung "No Dal Molin", ein buntes Bündnis aus linken Gewerkschaften, Sozialzentren, Kirchengruppen und engagierten Bürgern jeden Alters, war sicher, wie die Antwort ausfallen würde. Bis der Paukenschlag aus Rom kam.

"Kommunistenpack"

"Das war eindeutig eine politische Entscheidung und keine juristische", sagt Laura Caparotti im breiten Singsang des Veneto, "und das lassen wir uns nicht gefallen." Die 35-Jährige sieht nicht aus wie eine typische linke Aktivistin. Sie ist teuer gekleidet und hält sich selbst für "stinkbürgerlich", weder rechts noch links. Aber sie ist trotzdem gekommen, um jetzt eben vor der Schule ihr Kreuz zu machen. In einem Zelt ist ein provisorisches Wahllokal aufgebaut, wie an vielen anderen Orten der Stadt. Alles geht ordentlich zu, die Stimmberechtigten sind in Listen eingetragen und müssen sich ausweisen. Vicenza ist gepflastert mit dem Slogan "Vota Si!". Wer Ja ankreuzt, gibt nicht etwa seine Zustimmung zum Ausbau der Basis, sondern bekundet seine Sympathie dafür, dass die Stadt das Gelände um den halb militärisch, halb zivil genutzten Flughafen Dal Molin am nördlichen Stadtrand vom Staat übernimmt.

Dieser kleine Umweg war deshalb notwendig, weil die Bürger über außen- und verteidigungspolitische Fragen nicht entscheiden dürfen. Viele befürchten aber, dass die neue Basis die Umwelt schwer schädigen und etwa der Wasserverbrauch massiv ansteigen wird. "Das hat Auswirkungen auf das Grundwasser in der gesamten Region", sagt Laura Caparotti. Viel sinnvoller wäre es doch, das 450 000 Quadratmeter große Gelände als Park oder Kulturzentrum zu nutzen, meint sie. Und damit weiß sie sich in guter Gesellschaft. Die Mehrheit der rund 110 000 Einwohner lehnt die neue Kaserne ab, befürchtet, dass bald die Touristen ausbleiben werden in der Palladio-Stadt, die auch zum Weltkulturerbe der Unesco gehört, sollten noch mehr Soldaten hier stationiert werden.

Nach Befürwortern der US-Basis muss man lange suchen. Einer ist Roberto Cavedon, der ein Edelrestaurant im Zentrum der Stadt führt. "Die Amerikaner haben uns Frieden und Wohlstand gebracht", ist er überzeugt und verweist auf den Schub für die Infrastruktur in der Region, der von der neuen Kaserne ausgehen werde. Die, die jetzt den Widerstand organisieren, sind für ihn "rotes Kommunistenpack", das aus dem gesamten Umland anreist, um das friedliche Vicenza zu terrorisieren. Und die zehntausend Menschen, die in der vergangenen Woche nach dem Richterspruch aus Rom spontan demonstrierten, friedlich und ohne Gewalt? "Aufgehetzt worden sind sie", sagt Cavedon. Und erinnert an die Arbeitsplätze, die alten und die neuen rund um das "Ederle".

So nennen sie in Vicenza die Kaserne. Den Namen gab Carlo Ederle, ein italienischer Held des Ersten Weltkriegs. Seit Jahrzehnten sind hier mehr als 2 500 amerikanische Elitesoldaten der Southern European Taskforce (Setaf) stationiert, einer von acht Stützpunkten in Italien. Weitere 2 000 sollen bis zum Jahr 2012 aus Schweinfurt und Bamberg hierher verlegt werden. Das beschauliche Provinzstädtchen 80 Kilometer westlich von Venedig wird damit zur größten US-Basis Europas und zum wichtigsten Stützpunkt im Mittelmeerraum ausgebaut. Das verstehen viele 60 Jahre nach Kriegsende als neue "Kolonialisierung". Mit Anti-Amerikanismus, so beteuert Laura Caparotti, habe das nichts zu tun.

Hinter hellgelben Mauern und Stacheldraht ist die Kaserne in der Viale della Pace, der Straße des Friedens, bereits heute eine Stadt in der Stadt. Zählt man die Angehörigen dazu, leben dort fast 10 000 Menschen in einem eigenen Mikrokosmos mit Geschäften, Schule, Krankenhaus und einer Kirche. Von hier aus fliegt die 173. Luftlandebrigade zu Einsätzen in den Irak und nach Afghanistan, und viele der meist blutjungen Soldaten ertränken nach ihrer Rückkehr ihre Traumata im Alkohol. In den Bars und Diskotheken haben sie oft keinen Zutritt mehr. "Yankee go home" kann man an vielen Ecken Vicenzas lesen.

"Wir haben nichts gegen die Amerikaner", versichert auch Achille Variati. Den Ausbau der Basis aber lehnt das Stadtoberhaupt ebenso ab wie die Tatsache, dass die Steuerzahler einen erheblichen Teil der Kosten, dreistellige Millionenbeträge, tragen müssen. Variati, der im Frühjahr nach mehrjähriger Unterbrechung auch deshalb wieder zum Bürgermeister gewählt wurde, weil er sich klar gegen den Ausbau positioniert hat, ließ sich von dem Verdikt aus Rom nicht einschüchtern. Flugs wandelte man das Referendum in eine "Befragung" um, die zwar juristisch nicht verbindlich ist, aber in ganz Italien als Manifest gegen die Regierung von Silvio Berlusconi verstanden wurde. "Wir lassen uns nicht aus Rom in unseren demokratischen Rechten beschneiden", sagt Variati, der zu Walter Veltronis Demokratischer Partei gehört. "Hier geht es auch um die italienische Demokratie, um die Autonomie der Gemeinden."

Das sieht man auch in Rom so. Schon vor einigen Wochen hat Berlusconi das Referendum für "völlig unangebracht" erklärt, weil die politischen Entscheidungen längst gefallen seien - eine Einschätzung, der sich jetzt auch das Verwaltungsgericht anschloss. Bereits in seiner letzten Amtszeit war Berlusconi seinem Freund George W. Bush nicht nur eilends mit Soldaten im Irak beigesprungen, sondern hatte auch die Genehmigung zur Erweiterung des Stützpunktes in Vicenza erteilt.

Seither wächst im konservativen reichen Veneto ein neues Zentrum des linken Widerstands gegen die US-Regierung heran. Das änderte sich auch nicht, als Romano Prodi zwar Truppen aus dem Irak abzog, sich im Sinne der Realpolitik aber genötigt sah, die Zusage Berlusconis zu bestätigen. Das letzte Wort aber überließ Prodi dem damaligen rechten Stadtrat von Vicenza - und selbst der stimmte am Ende nur ganz knapp für den Ausbau.

Das Quorum nicht erreicht

Und so hofften die Aktivisten der Bewegung "No Dal Molin", dass viele kommen mögen an diesem milden Herbsttag, um zumindest ihre Meinung kundzutun. Wenn nur das Wetter nicht so schön gewesen wäre. In der Nacht auf Montag machte sich schließlich Ernüchterung breit, bittere Enttäuschung gar. Nur 24 000 Menschen haben an der Abstimmung teilgenommen, 28,5 Prozent. Von denen haben 95,6 Prozent die Basis abgelehnt. Vom Quorum von 35 000, das für ein erfolgreiches Referendum notwendig gewesen wäre, ist man damit aber sehr, sehr weit entfernt.

Auch wenn die Abstimmung nur symbolischer Natur war, ist das für die Gegner der Basis ein schwerer Schlag - und für die politischen Gegner ein Triumph. Nur Bürgermeister Achille Variati spricht auch am Abend noch von einem "mächtigen Signal" für die Demokratie. Was man eben so sagt, wenn man gerade eine doppelte Niederlage erlitten hat.

"Wir machen weiter", sagt Paola Zecche vom Präsidium der Bürgerbewegung unbeirrt. Seit Monaten steht sie praktisch jeden Tag auf der Straße und wirbt um Unterstützung gegen die neue Basis. Eine sinnlose Manifestation, wie Giancarlo Galan findet, der Präsident der Region Veneto. "Die, die jetzt Nein rufen, sind die Minderheit, die Verlierer des Veneto." Er gehört zu den Gewinnern von Silvio Berlusconis Regime.

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ZitatIn Italien und weltweit

Geschichte: Die Militäreinheit Setaf (South European Task Force - Südeuropäische Einsatztruppe) ist seit 1965 in Vicenza stationiert, in der sog. Caserma Ederle. Die Militärbasis gibt es seit 1954. Die einzelnen Einrichtungen sind durch ein unterirdisches Netzwerk miteinander verbunden. Die Setaf ist der größte Arbeitgeber Vicenzas.

US-Militärbasen: Nach Angaben der Organisation Global Research verfügt das US-Militär über 737 Basen in 63 Ländern; seit 2001 wurden in sieben Ländern neue Basen errichtet. Das Pentagon ist einer der größten Landbesitzer weltweit - über zwei Millionen Hektar mit 845 000 Gebäuden sind in seinem Besitz.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/1007/horizonte/0002/index.html

ManOfConstantSorrow

ZitatGewaltsame Proteste gegen Ausbau von US-Basis in Italien

Vicenza (AFP) — Bei Protesten von mehr als 3000 Menschen gegen die Erweiterung eines umstrittenen US-Stützpunkts in Vicenza in Norditalien hat es Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten gegeben. Etwa 300 vermummte und mit Schilden ausgerüstete Jugendliche warfen Steine und Flaschen in Richtung der Polizei. Diese trieb sie unter Einsatz von Tränengas zurück.

Der Stützpunkt der 173. Luftwaffenbrigade in Vicenza bei Venedig soll vergrößert werden, um zusätzlich zu den derzeit etwa 2750 Soldaten weitere 1800 US-Soldaten aufnehmen zu können. Diese tun derzeit in Deutschland Dienst. Die Pläne zum Ausbau stoßen bei Anwohnern, Friedensgruppen und linken Organisationen auf massive Kritik.
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5hqic9C7_sU2q1v4GExb_wo9sClTA
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