Marzabotto-Prozess: Lebenslange Haft für zehn Deutsche wegen SS-Massaker

Begonnen von Kater, 18:35:06 So. 14.Januar 2007

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Kater

ZitatUrteil im Marzabotto-Prozess
Lebenslange Haft für zehn Deutsche wegen SS-Massaker
 
Ein Militärgericht im norditalienischen La Spezia hat zehn ehemalige SS-Soldaten zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Bei dem Prozess, der im vergangenen April begonnen hatte, ging es um das Nazi-Massaker von Marzabotto. Die Angeklagten wurden für schuldig befunden, im Herbst 1944 in dem Ort in der Emilia Romagna und den umliegenden Gemeinden mehr als 800 Menschen getötet zu haben, darunter zahlreiche Frauen und Kinder.

Bei dem Vergeltungsschlag nach einem Partisanenangriff handelte es sich um eines der schlimmsten SS-Massaker auf italienischem Boden. Sieben weitere Angeklagte wurden freigesprochen, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Die heute über 80-jährigen Deutschen wurden in Abwesenheit verurteilt und werden wahrscheinlich keine Haftstrafen antreten müssen. Das Gericht veranlasste auch eine Schadenersatzzahlung an die zahlreichen Zivilkläger in Höhe von 100 Millionen Euro.

Der ehemalige SS-Obersturmbannführer Walter Reder hatte die Tötung der Zivilisten angeordnet und war dafür 1951 in Bologna zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Im Jahr 1985 wurde er aus der Haft entlassen. Er starb 1991 in Wien. Der frühere Bundespräsident Johannes Rau hatte 2002 in Marzabotto wegen dieses Kriegsverbrechens um Verzeihung gebeten. "Wenn ich an die Kinder und Mütter denke, an die Frauen und an die ganzen Familien, die an diesem Tag Opfer des Mordens geworden sind, dann ergreifen mich Trauer und Scham", sagte Rau.

http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6297728_REF3,00.html

Kater

Deutschlandfunk 16.01.2007 · 19:15 Uhr

ZitatDer Schrank
Wie Deutsche und Italiener die Vergangenheit entsorgen
Von Ruth Jung

Über 30 Jahre sah man nur seine Rückseite. Mit der Vorderseite versperrte er eine Tür: ein Schrank im Palazzo Cesi in Rom, Sitz der Militär-Generalstaatsanwaltschaft. Hier wurden die von den Alliierten angelegten Akten über Kriegsverbrechen gestapelt - und verstaubten. Erst das Verfahren gegen den Naziverbrecher Erich Priebke in den 1990er Jahren führte zur Öffnung des Schranks.

Enrico Pieri war zehn Jahre alt, als er mit ansehen musste, wie deutsche Soldaten seine kleine Schwester mit dem Kopf so lange gegen eine Wand schlugen, bis sie tot war. 560 Dorfbewohner wurden von deutschen Soldaten am 12. August 1944 in dem kleinen toskanischen Dorf Sant'Anna di Stazzema ermordet. Die im Schrank gefundenen Dokumente ermöglichten endlich ein Verfahren gegen zehn Täter, die bisher unbehelligt ihren Lebensabend in der Bundesrepublik verbringen. Zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte sie im Juni 2005 das Gericht in La Spezia - in Abwesenheit.

Enrico Pieri und andere Überlebende warten noch immer auf ein Zeichen aus Deutschland. Die Akten liegen bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart.

Produktion: DLF/RBB 2007

http://www.dradio.de/dlf/programmtipp/feature/573031/

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