Neues Antidepressivum ist umstritten
Von Birgitta Vom Lehn 4. März 2008, 04:00 Uhr
Sind Glückspillen nur Placebos? Deutsche Psychiater verteidigen die ArzneiDer Streit um die Wirksamkeit von Antidepressiva geht weiter. Nachdem
US-Forscher kürzlich aufgedeckt hatten, dass Pharmafirmen jahrelang Studien mit zweifelhaften oder negativen Ergebnissen
unter Verschluss gehalten hatten und britische Wissenschaftler mit der Meldung aufwarteten,
Antidepressiva seien in etwa so wirksam wie Placebos, schlagen deutsche Psychiater jetzt eine Bresche für die umstrittenen Arzneien.
"Die Tatsache, dass nicht alle Antidepressiva-Studien in vollem Umfang publiziert werden, ist
bekannt und hat
viele Hintergründe. Zum Beispiel auch den, dass wissenschaftliche Zeitschriften
häufig ungern Negativergebnisse berichten", betont Professor Hans-Jürgen Möller, Direktor der Psychiatrischen Klinik der LMU München. "Die
Zulassungsbehörden haben aber alle Informationen verfügbar und stützen darauf ihre Bewertungen hinsichtlich der Wirksamkeit sowie der Relation Wirksamkeit und Verträglichkeit."
Auch die
geringen Unterschiede zwischen
Antidepressivum und
Placebo seien "aus vielen anderen Arbeiten
bekannt". Zu bedenken sei aber, dass Mittelwertunterschiede einer Depressionsskala nicht den Nutzen für einzelne Patienten abbilden können. "Dieser ist bei vielen Patienten, insbesondere bei schweren Depressionen, viel größer als die dargelegten Mittelwertunterschiede erkennen lassen." Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
(DGPPN) bezeichnet die Studienergebnisse der Briten als
"im Grunde nichts wirklich Neues". Der Befund bestätige "gerade die Wirksamkeit von Antidepressiva insbesondere bei schwerer Betroffenen". Die
DGPNN kritisiert, dass die britischen Forscher
nur 35 Studien in ihre Analyse einbezogen hätten, obwohl inzwischen "zahlreiche weitere Studien" vorlägen. "Man kann
im Interesse der betroffenen Patientinnen und Patienten nicht auf die Pharmakotherapie bei Depressionen
verzichten", sagt
DGPPN-Präsident Professor Wolfgang Gaebel von der Uni Düsseldorf.
Unterdessen hat das
US-Pharmaunternehmen Wyeth am vergangenen Freitag - und damit rechtzeitig
vor Ablauf des Patentschutzes für sein Antidepressivum
Effexor im Jahr
2010 - von der US-Gesundheitsbehörde
FDA grünes Licht für das Nachfolgemedikament
Pristiq erhalten. Die Firma hatte bereits vor
sechs Jahren bei der
FDA die Zulassung beantragt und
hofft bei dem neuen Mittel nun
wieder auf einen
Blockbuster.
Wyeth habe mit
Effexor im vergangenen Jahr
3,8 Milliarden Dollar verdient, schreibt die "New York Times". Der Hersteller
verspricht, das neue Medikament wirke ähnlich gut bei schwerer Depression und sei auch ähnlich zusammengesetzt wie
Effexor. Darüber hinaus biete es einige Vorteile. Zum Beispiel könnten Patienten
gleich mit einer therapeutischen Dosis von
50 Milligramm starten. Normalerweise muss mit geringeren Dosen gestartet und dann langsam erhöht werden, um zu testen, wie gut der Patient das Medikament verträgt und wie er es individuell am besten dosiert. Außerdem belaste das neue Mittel nicht die Leber.
Doch in den
USA bezweifeln Experten bereits den Nutzen von
Pristiq gegenüber
herkömmlichen Mitteln. Für Daniel Carlat, Psychiater in Massachusetts,
scheint das neue Produkt hauptsächlich der Firma zu nützen, denn so kann diese das auslaufende Patent für
Effexor durch das
leicht abgewandelte "neue" Mittel verlängern. Carlat fragt ironisch:
"Gibt es einen triftigen Grund, weshalb Wyeth
ein weiteres Antidepressivum auf den Markt bringen soll ohne klare Vorteile gegenüber den bislang existierenden Mitteln? Nicht dass ich wüsste."
Quelle (http://www.welt.de/welt_print/article1754301/Neues_Antidepressivum_ist_umstritten.html)
Sollten das die letzten Versuche sein noch einige Blockbuster auf den Markt zu bringen bevor die Reise woanders hin geht?? Biotechnologie heisst der neue Weg so wie es aussiehtDer Grund für die enttäuschende Kursentwicklung: Die Branche steht vor gewaltigen Herausforderungen. In den nächsten vier Jahren verlieren Medikamente mit einem Verkaufsvolumen von 67 Milliarden Dollar ihren Patentschutz. Der Weg für billigere Nachahmerpräparate ist dann frei – und der Umsatzeinbruch vorgezeichnet. Generika kosten etwa nur ein Fünftel des Originals.
Gestiegene Ansprüche. Bei den meisten Pharma-Konzernen fehlt Ersatz. ,,Viele Forscher und Manager haben zu lange versucht, Erfolge zu wiederholen. Sie setzten lieber auf die neue Generation eines Milliardenmedikaments als auf die Suche nach neuen Wirkmechanismen".
Actelion – Europas AushängeschildEs war einer der größten Arznei-Deals der Biotech-Geschichte. Für bis zu zwei Milliarden Euro (inklusive erfolgsabhängiger Prämien) erwarb vor Kurzem der Pharma-Konzern GlaxoSmithKline vom Schweizer Biotech-Unternehmen Actelion die Rechte für Almorexant. Das Medikament wird zurzeit als Schlafmittel getestet (Phase III), soll aber auch für andere Krankheiten erforscht werden. Spätere Einnahmen werden geteilt.
Das Abkommen dürfte Actelion mit den notwendigen finanziellen Mitteln versorgen, um seine übrige Pipeline weiterzuentwickeln. Vier Produkte befinden sich in Phase II, in der erstmals die Wirksamkeit am Menschen untersucht wird. Ebenfalls vier sind es in der Phase III. Hier wird das Präparat an einer großen Patientengruppe getestet. Es ist die letzte Phase vor dem Zulassungsantrag.
Drei Medikamente hat das Unternehmen schon auf dem Markt. Das wichtigste: Tracleer, ein Mittel gegen arteriellen Lungenhochdruck. Die Analysten erwarten, dass sich der Gewinn bis 2009 gegenüber 2007 auf 230 Millionen Euro verdreifacht. ,,Actelion bietet ein geringes Risiko bei hohen Gewinnchancen", urteilt die US-Investmentbank Goldman Sachs in einer Studie.
Börsenwert: 4,3 Mrd. Euro
http://www.focus.de/finanzen/boerse/biotechnologie-helden-der-krise_aid_324407.html [/list]
Gruss scalpell 8)