Hartz-Betrüger muss fast sechs Jahre in Haft

Begonnen von Kater, 19:15:13 Di. 31.Juli 2007

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

Kater

ZitatSCHEIN-JOBVERMITTLUNG
Hartz-Betrüger muss fast sechs Jahre in Haft
Von Uta Falck

Mit einem einfachen Trick hatte ein Berliner die Bundesagentur für Arbeit abkassiert. Er vermittelte Arbeitslose an seine eigene Firma und ließ sie dann sinnfreie Jobs verrichten - ohne Lohn. Jetzt fand die bizarre Geschichte aus der Hartz-IV-Welt ihr Ende vor dem Berliner Landgericht.

Berlin - Die 11. Große Strafkammer des Berliner Landgerichts verurteilte Arnd R. heute zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft. Lange Zeit hatte sich der mehrfach Vorbestrafte gewunden, dann rang er sich zu einem Geständnis durch - gegen die Zusicherung des heute verhängten Strafmaßes.

"Ehrlich gesagt, fühle ich mich nicht sehr wohl dabei. Aber angesichts der Tatsache, das Verfahren zu beenden, erkläre ich mich bereit", sagte der Angeklagte, dem 50 Fälle gewerbsmäßigen und 151 Fälle gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs zur Last gelegt werden. Das war vor einer Woche und es war der erste Verhandlungstag nach 20 Sitzungen, an dem der 40-Jährige sich mit mehr als einem knappen Satz an der Verhandlung beteiligte.

An diesem Tag muss er für einen Moment erkannt haben, dass eine langjährige Haftstrafe unabwendbar ist. Zu detailliert waren die Aussagen der Zeugen über seine betrügerischen Firmengründungen, Personalvermittlungen und Lohnprellungen. Dabei wurde "die Kammer mit sozialem Elend konfrontiert, wie es durch die als missglückt zu bezeichnende Arbeitsmarktreform entstanden ist" - so drückte es Richter Thomas Seifert aus.

Provisionen für Schein-Vermittlungen

Im Sommer 2003 hatte der Angeklagte R. damit begonnen, Arbeitskräfte an sich selbst zu vermitteln und für diese Vermittlungstätigkeit Provisionen von den Arbeitsämtern, ab Januar 2004 Arbeitsagenturen, anzufordern. 1000 Euro betrug die erste Rate für einen vermittelten Job, zahlbar direkt nach Abschluss des Arbeitsvertrages. Die zweite Rate in Höhe von 1500 Euro wird auch heute erst fällig, wenn der Arbeitsvertrag ein halbes Jahr besteht.

R. fing klein an, stiftete zunächst seine damalige Freundin an, eine Arbeitsvermittlung zu gründen und Büropersonal für seine eigene Arbeitsvermittlung "Jobstitute" zu suchen. Für die Einstellung der Mitarbeiter in Köln, Lünen, Düsseldorf, Aachen, Hamburg und Berlin forderte er von den Arbeitsämtern Vermittlungsprovisionen.

R.s neue Mitarbeiter wiederum suchten nach arbeitslosen Eisenflechtern und Betonbauern mit Vermittlungsgutscheinen, die sie zu R.s Baufirmen "Nikolaus Plas" und "Bewehrungstechnik Lünen" nach Minden, Hattingen oder Holland schickten. Die Baustellen existierten tatsächlich, Lohn und Provision aber kassierte R. Die Geprellten versuchten sich zu wehren, bedrohten in ihrer Verzweiflung die Angestellten von Jobstitute, die häufig selbst keinen Lohn von ihrem Arbeitgeber bekamen. Aufgrund der Übergriffe in der Lünener Zeigstelle schloss R. kurzerhand das Büro.

Wochen lang ein regulärer Arbeitsplatz vorgegaukelt

Auch in Berlin wehrte sich ein 50-jähriger Bauarbeiter, der kein Geld bekommen hatte. Er ging in die Berliner Filiale von Jobstitute, drang in das Büro der Geschäftsleitung ein und beschlagnahmte einen Laptop. Die Angestellten alarmierten die Polizei, später wurde der verzweifelte Arbeitnehmer von einem Gericht wegen "unberechtigter Pfandnahme" zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen in Höhe von 1200 Euro verurteilt.

Höhepunkt der betrügerischen Aktivitäten war aber die Gründung der Firma Europework: "Das war doch die Firma mit der sinnlosen Arbeit", sagt ein ehemaliger Mitarbeiter R.s. Im Frühjahr 2004 wurde 78 Menschen in Berlin und Hamburg ein paar Wochen lang ein regulärer Arbeitsplatz vorgegaukelt. In Berlin arbeiteten etwa 30 Menschen in einer unrenovierten, dürftig mit selbst gezimmerten Tischen und billigsten Werkzeugsets eingerichteten Halle an der Fabrikation von Verlängerungskabeln.

Eine Woche später, wohl weil das Material billiger und das Zerlegen schneller ging, schwenkte R. um auf die Plastikperlenketten, die angeblich zum Bestücken von Wundertüten gedacht waren. "Es war die Karikatur eines normalen wirtschaftlichen Prozesses", sagt Staatsanwalt Nicolas Behrend in seinem Plädoyer, der Richter Seifert sekundiert in seinem Urteil: "Schlimmer kann man Zeit nicht totschlagen."

Schon nach wenigen Tagen wurden manche der von Europework beschäftigten Produktionshelfer misstrauisch, doch nicht immer gelang die problemlose Rückkehr in den Status der Arbeitslosigkeit - manche Arbeitsagenturen verhängten sogar eine Sperre über die Geprellten, weil sie angeblich durch eigenes Verschulden ihren neuen "Arbeitsplatz" aufgegeben hätten.

Arbeitsagenturen reagierten nicht auf Warnungen

Überhaupt haben die Arbeitsagenturen bei diesem Prozess keinen guten Eindruck hinterlassen. "Das verfolgen wir jetzt weiter", mit diesen Worten wollte sich eine Sachbearbeiterin des Arbeitsamtes Merseburg im November 2003 um einen Vermittlungsfall mit Lohnprellung kümmern, sagte ein Zeuge. Doch trotz vieler Hinweise an die Arbeitsagenturen, sogar von R.s eigenen Büromitarbeitern, wurde er nicht von der Behörde bei der Polizei angezeigt. Sein Befremden darüber äußerte Staatsanwalt Behrend am Rande des Prozesses.

Es waren die geprellten Europework-Arbeitnehmer, die Anfang Juni 2004 während eines Besuches von R.s auch schon verurteilten Gehilfen, Kirsten H. und Vincent F., die Polizei holten. Noch am selben Tag erstatteten die Betrogenen Anzeige gegen Europework. Das war das Ende von Jobstitute. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten R. und seine Gehilfen die Arbeitsagenturen um 60.000 Euro betrogen. 20.000 Euro wurden bei Jobstitute sichergestellt - aber auch hier rührte sich die Bundesagentur bislang nicht, forderte noch nicht einmal die Rückzahlung.

In seinem äußerst knappen Plädoyer äußerte Verteidiger Jochen Bulowski: "Das Geld lag in dieser Zeit auf der Straße, der Angeklagte hat es aufgehoben." Das ihm das Betrügen leicht gemacht wurde, sei noch lange kein Grund dafür, den Betrug zu begehen, konterte der Vorsitzende Richter und mochte diesen Einwand nicht als entlastend werten.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,497344,00.html

Kater

Prozessbericht:

ZitatDas Jobwunder
Ein privater Arbeitsvermittler vermittelt Arbeit, die es nicht gibt und kassiert dafür die Provision. Jetzt sitzt er im Gefängnis
Uta Falck

BERLIN. Es war Frühling, und Karin D. spürte auf einmal wieder Hoffnung. Die zierliche Frau, sie ist Mitte Fünfzig, hatte im Mai 2004 durch die private Personalvermittlung Jobstitute endlich Arbeit gefunden. Die Firma, bei der sie sofort anfangen kann, hieß Europework, das klang viel versprechend. Frau D. dachte, sie würde wieder Geld verdienen. Am ersten Tag traf sie sich mit anderen Produktionshelfern in einer Halle im Berliner Stadtteil Neukölln. Dass die Halle leer war, kam ihr zu diesem Zeitpunkt noch nicht seltsam vor. Zu groß war die Freude, etwas tun zu können.

Doch wie es aussah, gab es gar nichts zu tun. Es gab keine Werkbänke, keine Stühle und auch kein Material. Solange jedenfalls, bis ihr Vorarbeiter Nasser A. Plastikstühle, Werkzeugkästen, Kanthölzer und Holzplatten besorgte. Aus letzterer Rohware zimmerten die frisch eingestellten Arbeitskräfte Tische.

Das taten sie zwei Tage lang, dann trafen Kabel, Schuko-Stecker-und Kupplungen für die Produktion von Verlängerungsschnüren ein. Nasser A. wunderte sich zwar darüber, dass Ungelernte wie seine neue Kollegin Karin Elektronikwaren herstellen dürfen. Aber er sagte nichts. Auch er ahnte nicht, dass sie alle Teil eines bizarren Betruges aus der Hartz-IV-Welt geworden waren.

Die Erleichterung darüber, endlich einen Job gefunden zu haben, trübte ihren Realitätssinn, so muss man das wohl sagen. Arnd R. hat sich diese Gutgläubigkeit zu Nutze gemacht. Vor der 11. Großen Strafkammer am Berliner Landgericht ist der 40-jährige Arnd R. angeklagt, das Hartz-IV-Gesetz in betrügerischer Absicht ausgelegt zu haben. Einige Wochen lang täuschte er in Berlin und Hamburg 78 Menschen einen regulären Arbeitsplatz vor.

Die Bundesarbeitsagentur zahlt für die Bemühungen privater Personalvermittler, Arbeitslosen einen Job zu vermitteln, eine Provision in Höhe von 2 500 Euro. Das Geld wird in zwei Raten ausgezahlt. Bis Ende 2004 bekamen die Vermittler die ersten 1 000 Euro bei Abschluss eines Arbeitsvertrages, also sofort.

Schnelles Geld, wie der Angeklagte meinte. Bundesweit vermittelte er Arbeitslose an Firmen, die er selbst gegründet hatte. Er kassierte die Provisionen, ließ seine Angestellten völlig sinnfreie Arbeiten verrichten und prellte sie am Ende um ihren Lohn. Ein ebenso simples wie perfides System, das eine Weile funktionierte. An Interessenten für seine Arbeitsangebote herrschte zu keiner Zeit Mangel. "Die Kammer wurde mit sozialem Elend konfrontiert, das durch die als missglückt zu bezeichnende Arbeitsmarktreform entstanden ist", resümierte der Vorsitzende Richter Thomas Seifert, als der Prozess gegen Arnd R. in dieser Woche zu Ende ging.

Elf Monate hatte die Verhandlung gegen den Mann mit dem auffallend ebenmäßigen Gesicht gedauert. Die meiste Zeit sagt er kein Wort, gelassen fläzt er sich auf seinen Stuhl und streicht sich ab und zu über seine sorgfältig zum Zopf gebundenen Haare. Erst am vorletzten von insgesamt 23 Verhandlungstagen ist ihm danach, das Wort zu ergreifen. Nicht etwa, um sich bei den Betrogenen zu entschuldigen. Es geht ihm im Wesentlichen um sich selbst. Er bittet darum, seine beiden Verteidiger zu entpflichten, vergeblich. Er findet, sie hätten ihn schlecht beraten. Das Vertrauensverhältnis zu ihnen sei gestört.

Kurz vor dem Prozessende beantragt Arnd R. dann noch, ein erneutes psychiatrisches Gutachten zu erstellen. Er möchte beweisen, dass er im Tatzeitraum nicht schuldfähig war. "Ich fühle mich anders als der, der ich vorher gewesen bin", begründet er etwas nebulös dieses Anliegen. Erst als ihm das Gericht seine Anträge verwehrt, scheint R. die Unabwendbarkeit der Haft zu begreifen. Er lässt seinen Verteidiger ein dürres Geständnis formulieren.

Karin D., die in Berlin für den Angeklagten arbeiten sollte und auch wollte, ist eine der Zeuginnen, die vor Gericht gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber auftritt. "Die Enttäuschung war groß", sagte sie, "man hat sich ja gefreut über den Job. In meinem Alter nimmt man alles an und denkt, es ist rechtens." Nachdem sie Tische gebaut und Verlängerungsschnüre hergestellt hatten, fädelten Karin D. und ihre Kollegen ab der dritten Woche Ketten aus billigen Plastikperlen - angeblich zum Bestücken von Wundertüten. In Wahrheit wurden die Ketten abends zerschnitten, damit am nächsten Morgen wieder etwas zu tun war.

Begonnen hatte Arnd R. sein betrügerisches Werk im Juli 2003, ein halbes Jahr nachdem die Reform Hartz II in Kraft getreten war, die ihm, wie er dachte, interessante Möglichkeiten eröffnete. Er gründete seine private Arbeitsvermittlung "Jobstitute S. L. und Co. KG". Dann überredete er seine damalige Freundin, Bürokräfte für die Filialen in Aachen, Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Köln und Lünen anzuheuern und dafür von den Arbeitsämtern Provisionen zu fordern. Die neuen Büro-Mitarbeiter suchten danach arbeitslose Eisenflechter und Betonbauer mit Vermittlungsgutscheinen, die sie zu Baufirmen nach Minden, Hattingen und Holland schickten. Die Baustellen existierten tatsächlich, doch R. strich Provisionen und den Lohn ein.

Derart dreist betrogen versuchten sich die Bauleute zu wehren und bedrohten in ihrer Verzweiflung sogar die Jobstitute-Mitarbeiter. Einer von ihnen übte Selbstjustiz, indem er das Berliner Büro der Geschäftsleitung aufsuchte, und ein Laptop mitnahm. Ein Gericht ahndete die Verzweiflungstat als "unberechtigte Pfandnahme" mit einer Geldstrafe von 1 200 Euro. "Ich habe drei Monate kein Geld bekommen", sagt der Eisenflechter vor Gericht. "Da können Sie sich vorstellen, wie zu Hause die Laune ist."

Zur gleichen Zeit richtete Arnd R. in Berlin eine Weihnachtsfeier für alle Jobstitute-Mitarbeiter aus. Denen war nicht nach Feiern zu Mute, denn im Dezember 2003 hatten sie kein Gehalt bekommen. Kündigen können Arbeitnehmer aber erst nach dreimonatigem Lohnausfall, ansonsten riskierten sie die Sperrung ihres Arbeitslosengeldes.

Arnd R. verkündete: "Alles wird besser." Er wolle noch mehr Firmen gründen und Fördergelder beantragen. Außerdem solle Jobstitute im März 2004 als Limited und Co. KG neu gegründet und nicht mehr von ihm, sondern von der Justitiarin Alexia Z., der Prokuristin Kirsten H. und dem Geschäftsführer Vincent F. geleitet werden. "Wir fangen noch einmal von vorn an, und alles bleibt wie vorher", beschreibt eine Mitarbeiterin die Umfirmierung.

Nach Verkündung seiner Pläne erschien Arnd R. gar nicht mehr im Büro. Seine Anweisungen gab er telefonisch über die Justiziarin und die Prokuristin weiter. Von Kirsten H. stammte auch die Sprachregelung: "Herrn R. gibt es in dieser Firma nicht." Das stimmte insofern, da er sich jetzt "Mario Krüger" nannte. Seine Mitarbeiter wunderten sich, aber richtig misstrauisch wurden sie erst, als ihr Gehalt weiterhin ausblieb, sich unbezahlte Rechnungen stapelten und der Gerichtsvollzieher das Büro besuchte.

Im Januar 2004, so erzählt es eine Zeugin, habe sie sich an die Arbeitsagentur gewandt: "Sie müssen das Ganze beenden. Da fließt eine Menge Geld für krumme Geschichten". Trotz solcher Hinweise habe R. jedoch immer weiter seinen Betrügereien nachgehen können.

Es war Nasser A., der Vorarbeiter aus Berlin, der schließlich die Polizei informierte, als er erfuhr, dass seine Arbeitskräfte nach fünf Wochen immer noch nicht bei den Krankenkassen gemeldet waren.

Damit brach das Lügengebäude von Jobstitute endlich zusammen. R.s Stab, seine Prokuristin, die Justiziarin und der Geschäftsführer wurden verhaftet. Mit ihrer Hilfe hatte er die Arbeitsagenturen um 60 000 Euro und die Arbeitnehmer seiner Scheinfirma Europework um insgesamt 110 000 Euro Lohn betrogen. 20 000 Euro wurden auf dem Konto von Jobstitute sichergestellt.

Arnd R. selbst ist zunächst nicht zu greifen. Er war im Sommer 2004 bei einer Hamburgerin untergetaucht, die er kurz zuvor auf Ibiza kennen gelernt hatte. Weil er sie schlug und einsperrte, rief die junge Frau im Dezember 2005 die Polizei. Bei deren Eintreffen versuchte der mit Haftbefehl Gesuchte über das Dach zu fliehen, doch er rutschte ab und fiel 18 Meter in die Tiefe. Ein Baum und ein Erdhügel bremsten den Aufprall. Er überlebte mit Rippenbrüchen und einem Milzriss.

Nachdem er sich erholt hatte, konnte im September 2006 in Berlin der Prozess gegen R. und seine obskure Bürogemeinschaft beginnen. Die Gehilfen wurden nach drei Verhandlungstagen auf Grund von Geständnissen zu hohen Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt. Obwohl sie den Betrug tatkräftig unterstützt hatten, fühlten sich die Mitangeklagten eher als Opfer ihres Chefs Arnd R. Auch ihr Realitätssinn hatte offenbar gelitten. Die 38-jährige Kirsten H. zum Beispiel, die als Prokuristin arbeitete, ist verheiratet und zweifache Mutter; sie wollte nach dreijähriger Pause in den Beruf zurück. Die 32-jährige Alexia Z. hatte nach ihrem zweiten Jura-Staatsexamen keinen Job gefunden und war vom Arbeitsamt an Arnd R. vermittelt worden, bei dem sie dann die Tätigkeit als Justiziarin aufnahm. Nach dem Zusammenbruch von Arnd R.'s Imperium saß sie ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Ihre Zulassung als Rechtsanwältin musste sie zurückgeben.

Arnd R. wollte sich nicht auf den Handel Geständnis gegen Strafmilderung einlassen. Zehn Monate saß er allein auf der Anklagebank. Er schwieg, machte sich Notizen, schüttelte ab und zu den Kopf oder trat an den Rand seiner Kabine, um den beiden Verteidigern etwas zuzuflüstern. Das war, als er ihnen noch eine Strategie zutraute. Doch auch die beiden Anwälte glänzten nicht in diesem Prozess. Einer ehemaligen Jobstitute-Mitarbeiterin, die zur Beweissicherung Dateien kopiert hatte, wurde vorgehalten: "Sind Sie sicher, dass dies mit Ihrem Arbeitsvertrag konform war?"

In seinem knappen Plädoyer äußerte der Verteidiger: "Das Geld lag in dieser Zeit auf der Straße, der Angeklagte hat es aufgehoben."

Eine Sichtweise, die der Vorsitzende Richter naturgemäß nicht als entlastend werten mochte. Er verurteilt Arnd R. wegen Betruges in 130 Fällen und versuchten Betruges in 71 Fällen zu fünf Jahren und zehn Monaten Gefängnis.

Das Spiel ist aus. Die Arbeitsagenturen haben ihren Modus für Provisionszahlungen seit Januar 2005 geändert. Die erste Rate fließt jetzt erst, nachdem das Arbeitsverhältnis sechs Wochen besteht.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/seite_3/674870.html

geschfreak

Das Urteil gegen den Privaten Arbeitsvermittler finde ich voll in Ordnung, denn er hat mit unserer Not, keine Arbeit zu haben, auf betrügerische Weise Leidensgenossen über den Tisch gezogen und damit Geld verdient.
MFG

geschfreak

papageno

Ich schließe mich dem an, gegen die reichen Bonzen zu betrügen wäre ja okay aber gegen Leute, die selber am Hungertuch nagen, finde ich geradezu geschmacklos, es ist ja bereits so, dass es zur Zeit schwer ist einen Nebenjob zu finden und die Firma EDEKA gratis Probearbeiten lassen will, diese Verbrecher haben wirklich keine Moral mehr, sollte man alle in den Knast oder am besten in ein Arbeitslager sperren.

Urmel1500

Wer so dreist notleidende Menschen hintergeht und betrügt dem darf nichts anderes blühen hoffentlich setzt dieser Schuldspruch ein Zeichen.
Wer kämpft kann verlieren wer nicht kämpft hat schon verloren.

Regenwurm

Inhaltlich richtiger ist: der 20-mal vorbestrafte Angeklagte. Deswegen geht er solange im Knast, wäre er nicht Vorbestraft, wieviel "Strafe" gäb es dann dafür. Arnd R., der komplette SuperAbzockTyp. Endlich "aus die Maus", ein AusbeuterSchwein weniger und Tschüß.
Erstmal ! Wann der wohl Freigang kriegt ?
ZitatAuch in Berlin wehrte sich ein 50-jähriger Bauarbeiter, der kein Geld bekommen hatte. Er ging in die Berliner Filiale von Jobstitute, drang in das Büro der Geschäftsleitung ein und beschlagnahmte einen Laptop
1200 Euro Geldstrafe kostete das. Den Preis für Informationsbeschaffung schon mal merken. Courage, vieleicht sollte man eine Spendenaktion für Ihn organisieren.
ZitatArnd R. selbst ist zunächst nicht zu greifen. Er war im Sommer 2004 bei einer Hamburgerin untergetaucht, die er kurz zuvor auf Ibiza kennen gelernt hatte. Weil er sie schlug und einsperrte, rief die junge Frau im Dezember 2005 die Polizei. Bei deren Eintreffen versuchte der mit Haftbefehl Gesuchte über das Dach zu fliehen, doch er rutschte ab und fiel 18 Meter in die Tiefe. Ein Baum und ein Erdhügel bremsten den Aufprall. Er überlebte mit Rippenbrüchen und einem Milzriss.
Da war doch was. Richtig, ein paar Zeilen in der Hamburger Presse:
Eifersüchtiger von Dach gestürzt  Nach einem Eifersuchtsanfall hat ein 38 Jahre alter Mann in der Nacht zum Montag an der Sierichstraße Terpentin in seiner Wohnung vergossen und gedroht, sich selbst und seine Freundin (31) anzuzünden. Nachbarn riefen die Polizei, weil die Frau um Hilfe schrie. Als die Freundin die Beamten in die Wohnung ließ, flüchtete Arnd R. auf das Dach. Dort rutschte er aus, stürzte 18 Meter in die Tiefe. Der 38jährige überlebte schwer verletzt mit Milzriß und Rippenbrüchen. Sobald er transportfähig ist, wird er ins Untersuchungsgefängnis verlegt: Die Staatsanwaltschaft Berlin sucht Arnd R. per Haftbefehl wegen 79 Betrugsdelikten.  

ZitatKurz vor dem Prozessende beantragt Arnd R. dann noch, ein erneutes psychiatrisches Gutachten zu erstellen. Er möchte beweisen, dass er im Tatzeitraum nicht schuldfähig war. "Ich fühle mich anders als der, der ich vorher gewesen bin", begründet er etwas nebulös dieses Anliegen. Erst als ihm das Gericht seine Anträge verwehrt, scheint R. die Unabwendbarkeit der Haft zu begreifen. Er lässt seinen Verteidiger ein dürres Geständnis formulieren.
Der Ausspruch ist bemerkenswert, was für eine Erkenntnis:"Ich fühle mich anders als der, der ich vorher gewesen bin".

ZitatHöhepunkt der betrügerischen Aktivitäten war aber zweifellos die Gründung der Firma Europework: "Das war doch die Firma mit der sinnlosen Arbeit", sagt ein ehemaliger Mitarbeiter von R. Im Frühjahr 2004 wurden 78 Menschen in Berlin und Hamburg ein paar Wochen lang ein regulärer Arbeitsplatz vorgegaukelt.

Das generell die hier beschriebene Arbeitsweise der Argen nur die Spitze eines Eisberges darstellt, könnten Tausende von der BA als Kunden bezeichnete im täglichen Umgang mit dieser Behörde dokumentieren. Aber Medien finden es interessanter, Sozialdetektive bei der Suche nach vermeintlichen Sozialschmarotzern zu begleiten.
Das System macht keine Fehler, es ist der Fehler.

mensch-meier

die ärmsten werden mal wieder am meisten abgezockt - leider gibt es keine Strafen für unsere Politiker
 :kotze>

ist aber auch bestimmt kein Einzelfall !
Hartz IV und Söhne, grosse Schippe, kleine Löhne  :aggressiv>

Lichtkämpfer

Zitat
Mit einem einfachen Trick hatte ein Berliner die Bundesagentur für Arbeit abkassiert. Er vermittelte Arbeitslose an seine eigene Firma und ließ sie dann sinnfreie Jobs verrichten - ohne Lohn.Zitat Ende

Läuft das nicht häufig so? Was ist mit den Praktika? Was mit den 1Euro Jobs?
Ich will diesen Arsch nicht in Schutz nehmen. doch er hat gezeigt was alles unter Hartz IV möglich ist. Der Hartz gehört mit samt dem Schröder hinter Gitter. Dem Clement sollte man für seine Missbrauchsunterstellungen mal einen eej machen lassen. Hartz IV muss auf den Müllhaufen der geschichte.
Als Erwerbsloser kannst du in diesem Staat nur ein Dissident sein.

Pinnswin

- Was ist mit Dienstleistung (+), was ist mit Handwerk (+) wann werden die endllich eingebuchtet ----
ZitatDas Jobwunder
Ein privater Arbeitsvermittler vermittelt Arbeit, die es nicht gibt und kassiert dafür die Provision. Jetzt sitzt er im Gefängnis
Im Gefängniss sind bestimmt noch Plätzchen frei für die gewinnorientierten Gewerkschaftsunternehmen, die Genossenschaften und Handwerkskammern, ebenso wie für die AWO und Co. Da gibts schätzungsweise noch so einige Seilschaften wegzusperren.

Lg
Das Ende Der Welt brach Anno Domini 1420 doch nicht herein.
Obwohl vieles darauf hin deutete, das es kaeme... A. Sapkowski

flipper

das hat ja lange gedauert bis se den gschasst haben...
schätze mal dunkelzifferfaktor 1000. das grössere problem sind aber die "legalen" abzocker, wie diese ganzen "sozialarbeitervereine" und "private arbeitsvermittler" , die sind schwieriger zu erwürgen.

 :aggressiv>

ich sammle für kostenloses viagra für seine muskulösen gay zellenkumpels! wenn jemand mehr spendet dann langts vielleicht auch für n tittentattoo auf seinem rücken *spendendose schüttel* , wenn der rauskommt furzt er leiser LOL
"Voting did not bring us further, so we're done voting" (The "Caprica Six" Cylon Model, BSG)

CubanNecktie

richtig so  8)

aber wie dem auch sei, Totschlag, schwere Körperverletzung, Mord etc. gehört härter bestraft als jedes "Kapital" Verbrechen. Nur so am Rande, auch wenn es nicht zum Thema paßt.
Vorstellungsgespräch bei einer Leihbude?
ZAF Fragebogen
Passwort: chefduzen.de

  • Chefduzen Spendenbutton