Leiharbeit in privatisierten Krankenhäusern

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 11:21:55 Mo. 14.Dezember 2009

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ManOfConstantSorrow

Diagnose: Lohndumping
Personalabbau und Tarifflucht: Leiharbeit in privatisierten Krankenhäusern Hamburgs nimmt zu


Von Mirko Knoche, Hamburg
Die Leiharbeit in den privatisierten Krankenhäusern Hamburgs nimmt drastisch zu. Die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft fordert daher den Senat aus CDU und Grün-Alternativer Liste (GAL) auf, die Zeitarbeit auf drei Prozent des jährlichen Arbeitsvolumens zu begrenzen. Darauf soll die schwarz-grüne Regierung im Aufsichtsrat der Asklepios-Kliniken hinwirken. Die kommunalen Krankenhäuser Hamburgs wurden bereits Ende 2004 an den Asklepios-Konzern verkauft. Dabei setzte sich die damalige CDU-Alleinregierung über einen gültigen Volksentscheid hinweg. 75 Prozent der Hamburger hatten sich Anfang 2004 gegen die Privatisierung ausgesprochen. Heute hält die Stadt Hamburg nur noch eine Sperrminorität von 25,1 Prozent.

Die Gesundheitsexpertin der Linksfraktion, Kersten Artus, befürchtet, daß die Leiharbeit in den ehemals staatlichen Krankenhäusern des Asklepios-Konzerns auf bis zu 30 Prozent ausgeweitet werde. Artus beschuldigt die Geschäftsführung, durch »massiven Personalabbau« bewußt Lücken zu schaffen, die mit Zeitarbeit gestopft würden. So entziehe sich das Unternehmen zunehmend den Klinik-Tarifverträgen. Zudem agiere die Hamburger Asklepios-Leitung an den Betriebsräten vorbei. Die schlechten Arbeitsbedingungen wirkten sich negativ auf die Gesundheit von Beschäftigten und Patienten aus, warnte die Abgeordnete Artus.

In ganz Hamburg waren bis September 2009 über 26000 Arbeiter und Angestellte als Leiharbeiter beschäftigt, teilte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mit. Diese Zeitarbeiter seien »ständig in ihrer Existenz bedroht«, so die zuständige Gewerkschaftsexpertin Ulrike Fürniß. Die Verträge von über 7000 Leiharbeitern liefen in der Hansestadt zum Jahresende aus. Ver.di-Frau Fürniß fordert ein Ende des »alltäglichen Wahnsinns« gesetzwidriger Dauerbefristungen. Von den 350 Personalverleihern in Hamburg sind lediglich fünf Filialen von Konzernen. Timo Stegen, Betriebsratsvorsitzender von PHH Personaldienstleistungen, verlangt deshalb tarifliche Regelungen für gleiche Bedingungen in allen Zeitarbeitsunternehmen. »Es muß verhindert werden, daß durch Lohndumping und unsoziale Arbeitsbedingungen für einen Teil der Unternehmen Wettbewerbsvorteile entstehen«, so Stegen. Die Gewerkschaft klärt am kommenden Mittwoch in der Hochschule für Angewandte Wissenschaften über die Rechte von Leiharbeitern auf.

http://www.jungewelt.de/2009/12-14/052.php
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

admin

Von den Hamburger Gewerkschaftslinken bekam ich folgenden Text mit Bitte um Veröffentlichung:

ZitatLeiharbeit im Krankenhaus
ein Bericht über die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals


Krankenhäuser stehen nach deren Verkauf im Wettbewerb, sie sollen billiger wirtschaften. Dies geschieht im Wesentlichen durch Einsparungen beim Pflegepersonal.
Die  ,,Verbilligung" der Krankenpflege geschieht zu Lasten der Beschäftigen und wird zum Risiko für Patienten und medizinisches  Pflegepersonal: Das geschieht nach folgendem Muster:
Medizinisches - und Pflegepersonal wird reduziert,  dringend benötigte MitarbeiterInnen  werden dann wieder ohne Tarif billiger über Leiharbeitsfirmen zurückgekauft   Das  in doppelter Weise ( sowohl für Patienten als auch für die Mitarbeiter) unmenschliche Konzept dieser Leiharbeitsfirmen soll im Folgenden beschrieben werden.

Wie funktioniert das Geschäft mit Verleih und Einsatz vor Ort? 
Ein Vertrag zwischen den Managementebenen der Krankenhausbetreiber auf der einen Seite und dem Management der Zeitarbeitsfirma regelt den Einsatz des Pflegepersonals. 
Das Management der privatisierten Krankenhäuser( Asklepios) gibt eine Meldung für bestimmte Krankenhäuser an die Zeitarbeitsfirma. Das freie Personal wird dann unabhängig davon, in welchen Krankenhäusern die einzelnen Personen bisher eingesetzt waren, eingesetzt. Vorkenntnisse über Abteilungen und Stationen  des Krankenhauses  spielen keine Rolle. Die  jeweilige Station wird offenbar weder gefragt, noch hat diese einen Einfluss auf den Einsatz des Personals. Dass überhaupt eine Einarbeitung auf der Ebene der konkreten praktischen Arbeit notwendig ist, scheint für den Einsatz ohne Bedeutung zu sein.  Was diese Art des Einsatzes für die soziale, körperliche und emotionale Belastung der MitarbeiterInnen bedeutet, spielt ebenfalls keine Rolle. Dass sich PatientInnen über ständig wechselndes Pflegepersonal beklagen und verunsichert sind, ist wohl auch noch nicht in die Ebenen der Verwaltung gedrungen.  Menschen werden zum Faktor der Ökonomie, deren  Probleme zu Kollateralschäden,  die in Kauf zu nehmen sind. 
Folgen für den praktischen Einsatz: Die jeweilige Krankschwester weiß erst kurz vor ihrem Einsatz, an welchem Ort sie eingesetzt wird. Wie sie in ein dann vielleicht unbekanntes Krankenhaus kommt, ist ihre Sache. Sie hat kein festes Krankenhaus mit Stationen, auf denen sie bekannt ist bzw. deren Organisation und MitarbeiterInnen sie kennt. Die PatientInnen werden jeweils von völlig fremdem Personal betreut, ihre individuellen Eigenheiten, psychische und somatische Besonderheiten der Erkrankung  sind nicht bekannt.  Die eingesetzte Kraft ist fremd, sie wird als fremd empfunden, so etwas wie kollegiale Unterstützung gibt es nicht und wegen der Unkenntnis zeitaufwendig, ja möglicherweise wird die nicht integrierte Mitarbeiterin sogar als Belastung empfunden. 
Eine Solidarität mit den Mitarbeitern des Krankenhauses oder ein Austausch von MitarbeiterInnen aus Zeitarbeitsfirmen ist zeitlich unmöglich und wird aufgrund des zunehmend niedrigen Grades an Organisiertheit in Krankenhäusern nicht  praktiziert.

Beispiel einiger Arbeitseinsätze einer Mitarbeiterin in Krankenhäusern über eine Zeitarbeitsfirma:
Ich habe einen Vertrag für 40 Stunden / Woche. Das kann bedeuten, dass ich 7 Tage nacheinander eingesetzt werde und erst dann die Überstunden frei bekomme. Beispiele für einige Arbeitseinsätze

1.   Arbeitseinsatz:

Am Abend bekomme ich einen Anruf für einen Auftrag auf einer Station E. Krankenhaus X im Norden von Hamburg.  Auf meine Frage welche Station, welche Fachabteilung bekomme ich erst auf meine 2. Nachfrage die Antwort, Chirurgie, morgen früh. Ich fahre morgens mit etwas Zeitaufwand ( ich nutze die öffentlichen Verkehrsmittel) ca. 1 Std. – 1 ½  Stunden. Ich finde die Station, die inzwischen seit meinem letzten Einsatz wegen Umbau vollkommen woanders liegt, als ich dachte. Aus Zeitgründen lasse ich den ganzen Aufwand wie Umkleiden bis zur Übergabe,  dann erfahre ich, dass ich auf der Intensiv-Station arbeiten muss.  Dies passiert, obwohl ich meinem Arbeitsgeber erklärt habe,   dass ich keine Erfahrung auf der Intensivstation habe. Das war offenbar der Grund, weshalb der Arbeitgeber zuerst so zögerlich und mir dann verheimlichte, wo ich arbeiten sollte. Ich habe die Station informiert, dass ich keinerlei Erfahrung habe, also keine Intensiv-Kraft bin. Trotzdem musste ich diesen Arbeitstag hier zu Ende bringen mit dem ständigen Gefühl etwas nicht richtig einzuschätzen, etwas falsch zu machen. Auf jeden Fall war das eine hohe Gefahr für die Patienten und auch für mich.

2.   Arbeitseinsatz:
Ich bekomme telefonisch einen neuen Auftrag: Ich soll in einem mir vollkommen unbekannten Krankenhaus eingesetzt werden. Ich erfahre, ich bin für die Nachtschicht auf der neulogischen Abteilung mit Schwerpunkt Epilepsie eingeteilt.  Erst einmal wieder lange Suche mit dem Stadt- und Fahrplan und ... wie komme ich in welcher Zeit pünktlich dahin? Ich hatte Bedenken und war sehr besorgt,  Was mache ich, - ich bin keine Fachkrankenschwester-,  bei akuten Anfällen. Ich kenne niemanden auf der Station. Wer vom  Fachpersonal könnte einigermaßen verständlich erläutern, was bei einem epileptischen Anfall einer bestimmen PatientIn geschehen muss, falls in der Nacht ein Epilepsie-Anfall passieren würde. Was, wenn ich das wegen meiner Unerfahrenheit nicht mitbekomme oder falsch einschätze, und wegen der Fremdheit auf der Station abgelenkt möglicherweise nicht aufmerksam genug bin. ...... Ich bin unter Druck. Keine erfahrende Kraft ist im Dienst.

3.   Einsatz:
Nachtschicht auf einer Kinderstation in einem Krankenhaus in einer vollkommen anderen Ecke von Hamburg. Ich bin keine ausgebildete Kinderkrankenschwester. Ich kenne weder Haus, noch das Personal und die Organisation ist mir fremd. Ich bin auf der Intensivstation. Ich hatte hier bereits 2 –3 Nachtschichten. Dennoch ist die gesamte Situation für eine unerfahrene Nicht-Fachkrankenschwester  ohne spezielle Kenntnisse psychisch  bedrückend: Zu wissen nicht genügend Kenntnisse zu haben, im Notfall nicht kompetent wie sonst zu sein, hier ein Anfängergefühl zu haben. Ich muss ständig  hin – und herlaufen,  wenn ich Informationen brauche. Eingesetzt werde ich für  die niederen Tätigkeiten, die wiederum meiner Ausbildung nicht entsprechen. Das erlebe ich als demütigend  .

Solche Einsätze und die mich dabei begleitende Unzufriedenheit sind ein auf Dauer nicht erträglicher, weil unbefriedigender Zustand. Nie erlebe ich mich kompetent und meinen Fähigkeiten entsprechend  eingesetzt. Außerdem  bin ich kollegial nicht eingebunden  Der unnötige Zeitaufwand für Wege und  Einholen  von Informationen,  ständige Anspannung und  körperliche Anstrengung, weil jedes Mal die entsprechende, richtige Arbeitskleidung mitgeschleppt werden  muss u.s.w., überall eine Gastrolle mit zuweilen großer Verantwortung spielen zu müssen,  macht auf längere Sicht krank.

Wer möchte dazu Stellung nehmen? Wem ergeht es ähnlich?
Kontaktadresse: jourfixe.hh@t-online.de 


Kuddel

Zitat Zeitarbeitsbranche 
Leiharbeit im OP-Saal

Die Umwandlung regulärer Stellen in Leihjobs bleibt erlaubt. Besser wird das Image der Zeitarbeitsbranche dadurch nicht.


Schleckern" könnte das Wort des Jahres werden. Immer wenn Unternehmen Stammbeschäftigte vor die Tür setzen und als billigere Leiharbeitnehmer wieder einstellen, heißt es inzwischen: die schleckern.

Berühmt und berüchtigt für diesen Missbrauch der Zeitarbeit wurde im Herbst 2009 Deutschlands größter Drogeriemarktbetreiber, der Unternehmer Anton Schlecker. Zwar schwor der schwäbische Patriarch der Methode inzwischen ab. Anfang Juni vereinbarten seine Unternehmen Schlecker AS und Schlecker XL mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, dass die 34.000 Beschäftigten künftig nach dem Einzelhandelstarif bezahlt werden und nicht mehr nach Leiharbeitstarif.

Doch geschleckert wird weiter – beim Reisekonzern TUI, beim Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr und bei vielen anderen Unternehmen, besonders massiv aber in privaten und öffentlichen Krankenhausgesellschaften und in gemeinnützigen Unternehmen wie der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Daran ändern auch die Versuche nichts, per Tarifvertrag oder Gesetz der Umgehung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes einen Riegel vorzuschieben. Beim näheren Hinsehen erweisen sich alle Paragrafen als zahnlose Tiger.

So haben der Bundesverband Zeitarbeit (BZA), der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) und der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) in Branchentarifverträgen mit den Gewerkschaften strengere Regeln vereinbart: Unternehmen, die Mitarbeiter entlassen und über konzerninterne Zeitarbeitsfirmen weiter beschäftigen, müssen die Betroffenen künftig so bezahlen wie ihre Stammbelegschaft. Durch die Regelung – der finanzielle Anreiz entfällt – sei der Missbrauch des BZA-Tarifvertrags ,,für die Zukunft ausgeschlossen", behauptet BZA-Präsident Volker Enkerts, der die Großen der Branche wie Adecco, Manpower und Randstad vertritt.

Doch die Praxis sieht anders aus. Marcus Schulz, Geschäftsführer des Branchensechsten USG People Germany und mit seinem Unternehmen ebenfalls BZA-Mitglied, warnt eindringlich: ,,Diese Klauseln taugen nur bedingt, um Umgehungstatbestände wirksam zu beseitigen."

,,Um Jahre zurückgeworfen"

Gestoppt werden durch die Tarifverträge allenfalls die extremen Varianten des Personaltricks: der sogenannte Drehtüreffekt, bei dem Mitarbeiter auf direktem Wege zu firmeneigenen Billigablegern verschoben und zurückgeliehen werden. Wer jedoch nicht einzelne Beschäftigte, sondern systematisch und im großen Stil frei werdende Stellen zu Zeitarbeitstöchtern verschiebt und dafür neue Leute einstellt, dem lassen die Tarifklauseln weiter freie Hand. An derselben Hürde scheitert auch der Gesetzentwurf, den das Bundesarbeitsministerium am vergangenen Dienstag vorlegte und der die ,,Einführung einer Drehtür-Regelung" in Paragraf 3 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) vorsieht.

Lobbyorganisationen und Manager der Zeitarbeitsfirmen haben eigentlich erkannt, welchen Imageschaden das Schleckern fürs eigene Geschäft bedeutet. ,,Das hat uns in der öffentlichen Wahrnehmung um Jahre zurückgeworfen", sagt USG-Chef Schulz. Doch die Branche bekämpft den konzerninternen Verleih nur gebremst. Schließlich gehören allen drei Verbänden Unternehmen an, die selber schleckern. So zählt der BZA 16 Zeitarbeitstöchter diverser Kliniken sowie die Telekom-Zeitarbeits-Tochter Vivento Interim Services mit neun Regionalgesellschaften zu seinen Mitgliedern.

,,Auch Gruner + Jahr schleckert"


Geschleckert wird also weiterhin. Das Deutsche Rote Kreuz mit seiner DRK-Kinderklinik in Siegen etwa verlagert systematisch reguläre Jobs in die Zeitarbeits-Tochterfirma Persana. Klinik-Geschäftsführer Jochen Scheel strebt an, dass am Ende der Personalmetamorphose allenfalls noch 60 seiner 750 Mitarbeiter direkt bei dem DRK-Krankenhaus arbeiten, und zwar ,,nur noch die Führungskräfte".

,,Schlecker auch bei Gruner + Jahr" prangert der Betriebsrat des zu Bertelsmann gehörenden Hamburger Zeitschriftenverlages an: ,,G+J missbraucht die Regelung der Leiharbeit seit 2004."

Die Arbeiterwohlfahrt Westliches Westfalen (AWO) in Dortmund steht mit vier eigenen Zeitarbeitsunternehmen im Bezirk inzwischen mächtig unter Druck. Ein Schlichter aus dem Landesarbeitsministerium versucht zwischen Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretern zu vermitteln. ,,Zu glauben, die AWO sei sozial und arbeitnehmerfreundlich, das kann man vergessen", zürnt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende im Bezirk Westliches Westfalen, Detlev Beyer-Peters. AWO-Bezirksgeschäftsführer Wolfgang Altenbernd gibt jetzt nach und verfügt, dass seine Zeitarbeitstochter PSG nicht mehr wächst, sondern schrumpft: ,,Wir senken die Zahl der Beschäftigten in der PSG von 300 auf 180 ab."

Schleckern lohnt kaum


Auch die Uniklinik Essen hinkt hinter ihrem Plan her. ,,Wir werden künftig nur noch Ärzte und Krankenschwestern fest einstellen", verkündete ein Kliniksprecher noch im Herbst 2009, ,,ansonsten machen wir das über die PSG." In Zahlen hieß das, dass rund 3000 der 5500 Uniklinik-Mitarbeiter irgendwann als hauseigene Leihkräfte beschäftigt werden sollten. Tatsächlich sind es aber erst 250. Denn die Mitarbeitervertretung stimmt keiner einzigen Einstellung zu, die über die PSG läuft. Die Klinik muss jeden Einzelfall mühsam juristisch durchfechten.

Dass sich Schleckern kaum lohnt, weiß nun auch Schlecker. Imageschaden und leere Kassen machten den Konzern mürbe. Von Januar bis Ende April – als die Debatte hochkochte – brachen die Erlöse gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 16 Prozent ein. Jeder zehnte Schlecker-Kunde ging zur Konkurrenz.
http://www.wiwo.de/unternehmen-maerkte/leiharbeit-im-op-saal-433435/2/

Zitat
Leiharbeit im Krankenhaus
Pfleger auf Abruf

Von Thomas Öchsner


Zu wenig Planstellen: Weil es an Personal fehlt, wächst auch in Krankenhäusern und Altenheimen die Zahl der Zeitarbeiter.


Krankenhäuser, Altenheime und mobile Pflegedienste setzen verstärkt auf Leiharbeiter. Seit 2004 hat sich ihre Zahl etwa verfünffacht, vor allem wegen der wachsenden Personalknappheit im Pflegebereich. Das geht aus einer Untersuchung des Instituts Arbeit und Technik (IAT) der Fachhochschule Gelsenkirchen hervor.

In Deutschland arbeiten etwa 1,3 Millionen Pflegekräfte. Nach Angaben des IAT sind davon bislang gerade einmal 19.000 Leiharbeitskräfte,  die nicht zum Stammpersonal gehören und von einer Zeitarbeitsfirma an die jeweilige Einrichtung verliehen werden. Auch verglichen mit den derzeit insgesamt 600.000 Leiharbeitern ist ihre Zahl relativ niedrig. Die Autoren der Studie rechnen aber in der Pflegebranche mit einer weiteren Zunahme, weil der Bedarf an qualifizierten Fachkräften deutlich steigen wird. Wissenschaftler erwarten bis zu einer Million zusätzliche Arbeitsplätze im Pflegebereich bis zum Jahr 2025.

In der Branche gibt es einen ungewöhnlichen Trend: Während in der Industrie und bei anderen Dienstleistern häufig Leiharbeiter ohne spezielle Qualifikation gefragt sind, spielt die richtige Ausbildung in der Pflege eine große Rolle. Die Auswertung von Stellenanzeigen zeigt: Nur knapp jede achte richtet sich an Helfer, die übrigen an Fachkräfte.

Nach Angaben des IAT geht es beim Einsatz von Leiharbeitskräften meist darum, plötzliche Personalausfälle zu überbrücken. In Kliniken oder Altenheimen ist die Personaldecke oft sehr dünn. Schon einzelne krankheitsbedingte Ausfälle bringen die Schichtplaner regelmäßig in Bedrängnis. Zu Leiharbeitskräften zu greifen, sei dann oft die letzte Möglichkeit, heißt es in der Untersuchung.

Keine Zeit für Urlaub


In einigen Einrichtungen gehe der Bedarf allerdings über solche kurzfristigen Notfallmaßnahmen hinaus. "Manchmal werden Leiharbeitnehmer eingesetzt, damit das Stammpersonal überhaupt dazu kommt, Urlaub zu nehmen oder Überstunden abzubauen", heißt es in der Studie, die die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat. Nach Ansicht der Forscher ist dies ein Symptom dafür, dass es in der Branche viel zu wenig Planstellen gibt. Allein die Allgemeinkrankenhäuser hätten zwischen 1996 und 2006 etwa 46.000 Pflege-Vollzeitstellen gestrichen.

Die Wissenschaftler merken jedoch an, dass die Pflegeeinrichtungen Leiharbeitskräfte  auch einsetzen, um Kosten zu sparen. Sie seien "oft billiger, weil sie nur für die tatsächlich geleistete Arbeit bezahlt werden müssen, nicht aber bei Krankheit oder wenn gerade kein Bedarf besteht". Außerdem weisen die IAT-Forscher auf den Missbrauch der Leiharbeit hin: So gründeten vereinzelt Kliniken eigene Zeitarbeitsfirmen, in denen sie ihre Mitarbeiter zu schlechteren Konditionen weiterbeschäftigen. "In einigen Fällen wurden Zeitarbeitskräfte auch als Streikbrecher genutzt", kritisieren die Wissenschaftler.

Andererseits geht aus der Studie hervor, dass die Leiharbeiter vom vorübergehenden Einsatz in Pflegeeinrichtungen durchaus profitieren können: Sie können sich einen Einblick in die Arbeitsumstände verschaffen und leicht testen, ob ein bestimmter Arbeitgeber längerfristig in Frage kommt. Außerdem bewerben sich manche bewusst bei einer Verleihfirma, weil sie nur eine bestimmte Phase ohne Einkommen überbrücken wollen.
http://www.sueddeutsche.de/karriere/leiharbeit-im-krankenhaus-pfleger-auf-abruf-1.963696

Kuddel

ZitatLeiharbeit: Das Ende der Billiglöhne am Klinikum in Essen

Wenn am heutigen Mittwoch NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) die Personalversammlung des Uniklinikums besucht, dann bringt er frohe Kunde mit: Auch auf seinen Druck hin hat sich die Leitung des Universitätsklinikums nach jahrelangem Festhalten an billiger Leiharbeit bewegt - und will ab sofort keine Kraft mehr über die eigene Leiharbeitsagentur PSG zu Dumpinglöhnen beschäftigen. Prof. Eckhard Nagel, Vorstandschef und Ärztlicher Direktor des Uniklinikums, begründete diese Entscheidung am gestrigen Dienstag damit, dass am Ende die Leiharbeits-Maßnahme der Uniklinik mehr Probleme machte als sie an Gewinn einbrachte. ,,Diese Regelung war zwar legal, hat aber zu Spannungen innerhalb unseres Betriebes geführt und war auch nicht dem Image der Uniklinik als attraktiver Arbeitgeber förderlich", sagte Nagel...
http://www.labournet.de/news/2010/donnerstag1811.html

ZitatWir wehren uns" Nr. 4: Unsere Klarstellung zur Leiharbeitsfrage

Die BR-Mehrheit vermeidet eine veröffentlichte Klarstellung, was Stand der Dinge zur Leiharbeitsfrage ist. Sie macht darüber hinaus glauben, dass ihre ,,kritische Haltung" aus der Vergangenheit die Geschäftsführung überzeugt und zum Einlenken gebracht hätte. Fakt ist aber: dass zur Zeit ALLE Leiharbeitsverträge auslaufen, weil die Geschäftsführung zur Zeit überhaupt keine Anträge auf Leiharbeit mehr stellt (der Sparzwang scheint sich noch zu verschärfen); der BR ein einziges Mal (!) einen Leiharbeitsantrag abgelehnt hatte; die BR-Mehrheit durch ihre Zustimmung zum Sanierungskonzept und Duldung von Leiharbeit als ,,kleinerem Übel" UND die Geschäftsführung als direkte Befehlsempfängerin der GeNo-Spitze verantwortlich sind für Personallöcher, Arbeitsüberhänge und Patientenunterversorgung...

http://www.betriebsgruppen.de/wirwehrenuns/uploads/wwu_nr4.pdf

Kuddel

ZitatUrteil gegen Uniklinikum
Kleiner Sieg für Leiharbeiter

Am Frankfurter Uniklinikum dürfen auch ausgegliederte Beschäftigte in den Personalrat gewählt werden. Für Verdi ist das ein erster Schritt gegen das "Lohndumping" der Geschäftsleitung.



In einem Streit um Leiharbeiter am Universitätsklinikum Frankfurt hat der Hessische Verwaltungsgerichthof (VGH) die Rechte der Arbeitnehmer gestärkt. In einem gestern veröffentlichten Beschluss bestätigten die Kasseler Richter das Recht der Leih-Arbeitnehmer, an Personalratswahlen des Klinikums teilzunehmen und sich dort selbst zu Personalräten wählen zu lassen. Jedenfalls, wenn sie für einen ausreichenden Zeitraum in die Organisation eingegliedert waren. Der Beschluss gelte auch für vergleichbare Fälle

Die Leiharbeitsfirma, um die es in dem konkreten Fall ging, ist eine Tochtergesellschaft des Klinikums: Die Rhein-Main Personalservice GmbH wurde 2005 gegründet und überlässt dem Universitätskrankenhaus unter anderem Küchen- und Servicekräfte, aber auch Pflegehelferinnen. Fragt man bei der Klinikumsleitung an, warum sie auf eine solche Konstruktion setzt, verweist sie auf ,,wirtschaftliche Gründe".
ZitatUniklinikum

Träger des Universitätsklinikums Frankfurt ist das Land Hessen. Seit 2001 hat das Krankenhaus die Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts.

Die Tochtergesellschaft Rhein-Main-Personalservice GmbH wurde 2005 gegründet und überlässt dem Klinikum ihre Beschäftigten als Leiharbeitnehmer. Nach Angaben von Verdi hat die GmbH derzeit rund 420 Beschäftigte. Die Landesregierung gab die Zahl der Vollzeitstellen im Mai 2010 mit 340 an.

Das Uniklinikum hat zwei weitere Tochtergesellschaften: eine für ,,Facility-Management" und eine für Reinigung, Sterilisation und Sicherheit. (kaj)

Die Gewerkschaft Verdi in Frankfurt freilich buchstabiert die Ziele anders: Aus ihrer Sicht sollte die Tochtergesellschaft den Flächentarif knacken und ,,Lohndumping" betreiben. Bis Mitte 2010 nämlich wurden die Mitarbeiter nach einem Vertrag mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) bezahlt. Die christlichen Gewerkschaften aber sind für niedrige Tarifabschlüsse verschrien. Die CGZP ist auch genau jene Organisation, der das Bundesarbeitsgericht am 14. Dezember absprach, überhaupt Tarifverträge abschließen zu können.

Allerspätestens nach diesem Beschluss sieht man es bei Verdi in Frankfurt an der Zeit, die klinikumseigene Leiharbeitsfirma aufzulösen und alle Beschäftigten wieder in den Mutterbetrieb zu holen. Als Gewerschaftsmitglied kämpft auch Klinikums-Personalrat Uwe Richtmann dafür.

Er ist der Mann, mit dessen Fall sich der VGH hatte befassen müssen: Der EDV-Fachmann war Betriebsratsvorsitzender der Rhein-Main Personalservice GmbH. Erfolgreich focht er mit Kollegen eine Personalratswahl am Uni-Klinikum an, bei der die Leiharbeitnehmer nicht hatten mitstimmen dürfen. Bei der Neuwahl wurde er zusätzlich dort zum stellvertretenden Personalratsvorsitzenden gewählt. Das war in Ordnung, bestätigte nun der VGH. Eine Stellungnahme des Klinikums dazu, warum den Leiharbeitern Wahlrechte verweigert werden sollten, wollte man dort gestern nicht abgeben. Auch mögliche Folgen und Kosten der BAG-Entscheidung vom Dezember wollte man nicht kommentieren. Inzwischen gelte ein Zeitarbeits-Tarifvertrag mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund, betonte die Pressestelle.

Richtmann hingegen weiß von Klagen auf gleiche Bezahlung für Leiharbeiter. Er weiß aber auch, welche Hürden auf dem Verhandlungsweg liegen, wenn es darum geht, alle Beschäftigte wieder in den Tarif des Öffentlichen Dienstes zu holen: ,,Wiesbaden", also die Landesregierung – ,,zahlt auch nicht gern für die Unikliniken".

(Az.: 22A 959/10.PV)
http://www.fr-online.de/frankfurt/kleiner-sieg-fuer-leiharbeiter/-/1472798/5059726/-/index.html

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