Schluss mit Hotel Mama - Obdachlosigkeit als Folge?

Begonnen von mlawrenz, 21:15:40 Sa. 27.Februar 2010

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mlawrenz

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Schluss mit Hotel Mama - Obdachlosigkeit als Folge?

Ghandy am Samstag, 27.02.2010 10:19 Uhr (Rating: RatingRatingRatingRatingRating)
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Die Betreiber so mancher Realityshows im Fernsehen scheinen in arge Erklärungsnot zu geraten, sollte man das Konzept ihrer Sendung genauer unter die Lupe nehmen. Sollte es im TV-Biz normal sein, dass der Protagonist als Folge der Aufnahmen automatisch obdachlos wird?

Verwöhnte Kinder, die auf den Nerven ihrer Eltern herumtrampeln, gibt es überall. Wer würde da nicht gerne zuschauen, wenn man diese vor die Tür setzt und ihnen hilft, selbstständig zu werden? Will man wirklich alle Klischees bedienen, hängen die Jugendlichen beziehungsweise jungen Erwachsenen ziellos herum, kümmern sich weder um Einkommen noch um eine Ausbildung. Sie tragen auch sonst nichts zum Haushalt bei, von dem sie regelrecht durchgefüttert werden. Dieses Szenario dürfte sich in tausenden Familien in Deutschland abspielen. Und nicht wenige Beobachter wären gerne dabei, wenn man die antriebsarmen Kleinen vor die Tür setzt. Das dachte man sich sicher auch bei der Firma Constantin Entertainment in Ismaning und strickte daraus ein Konzept. Die erfolgreiche Fernsehserie "Schluss mit Hotel Mama" wird regelmäßig bei Kabel Eins ausgestrahlt.

Das Problem ist nur, dass zumindest im vorliegenden Fall eines jungen Leipzigers ein wenig nachgeholfen wurde. Aus der Reality-TV-Serie wurde zumindest teilweise ein geplantes Schauspiel. Man hat also nach Aussage des Betroffenen nicht einfach die Zustände in seiner Familie abgefilmt. Nein. Ihm, seinem Bruder und den Eltern wurden konkrete Regieanweisungen gegeben, wie sich jeder darzustellen hätte. Und statt professionellen Schauspielern agieren hier nur bezahlte Privatpersonen. Mutter und Stiefvater des Betroffenen sollen jeweils 500 Euro für die Show kassiert haben. Dumm auch, dass am Ende der Sendung der betroffene Christian aus Leipzig keine familiäre Bindung mehr hatte und akut davon bedroht war, obdachlos zu werden. Was die Zuschauer nicht wissen können: Christian ist kein Stubenhocker und auch kein ausgemachter Computerfreak. Er wird im Verlauf der Sendung aber als kontaktscheuer Nerd, Langschläfer und Ausbildungsabbrecher dargestellt, der von der Familie finanziert oder zumindest geduldet wurde. Dem jungen Mann wurde ein Job und eine eigene Wohnung in Aussicht gestellt, weswegen er bei der "Familiendokumentation" freiwillig mitgewirkt hat. Da half auch die Warnung seiner Freundin nichts, die schon Übles auf ihn zukommen sah. Seine Eltern sollen seine Auszugsversuche im Vorfeld sogar blockiert haben. Er hatte bereits vor den Aufnahmen versucht, auf eigene Faust eine Wohnung zu beziehen. Der Grund dafür ist offensichtlich: Ohne Vorzeigestubenhocker in der Familie hätte es keine Sendung gegeben. Und ohne Sendung gab es für Mutter und Stiefvater kein Geld! So einfach ist das.

Aber der Reihe nach. gulli wurde auf die Serie durch einen Thread des g:b Mitgliedes KleoW aufmerksam. Die Autorin hatte sich im Vorjahr ausführlich und höchst negativ über die Mitwirkung ihres Lebensgefährten bei "Schluss mit Hotel Mama" ausgelassen. Die Rechtsabteilung der Produktionsgesellschaft stolperte über ihre Beiträge und forderte uns per Einschreiben auf, ihre Aussagen zu löschen. KleoW hatte sich darüber beschwert, dass ihr Freund laut Regieanweisungen agieren sollte. Das abgedunkelte Zimmer, in das die Mutter mittags stürmt. Der schlaftrunkene Jugendliche, der zu diesem Zeitpunkt noch im Bett liegt. Dies alles sei gestellt gewesen, so die Lebensgefährtin des Betroffenen weiter. Er selbst versuchte sich gegen die Anweisungen zu wehren. Er wurde freundlich aber bestimmt auf die Klauseln in dem von ihm unterzeichneten Vertrag hingewiesen. Man sagte ihm, bei unterlassener Mitwirkung würde ihm eine Vertragsstrafe drohen. Das sind freilich Aussagen, die jemand ohne entsprechendes juristisches Fachwissen schlecht überprüfen kann. Danach wurde - wie in der Sendung üblich - sein Kinderzimmer in seiner Abwesenheit geräumt. Dabei sollen Gegenstände des Jungen beschädigt worden sein. Nach Aussage des Betroffenen wurde ihm der Schaden bis dato nicht ersetzt. Den eigentlichen Umzug in die von der Firma gemieteten Wohnung musste der junge Mann ebenfalls selber durchführen. Zu allem Überfluss fand diese Aktion ausgerechnet an seinem Geburtstag statt. Die Mutter hatte sich wirklich eine sehr ausgefallene Geburtstagsüberraschung einfallen lassen.

Bis zum Ende der Aufnahmen soll der betreuende Psychologe nur zwei Mal anwesend gewesen sein. Herr Michael Thiel kam immer nur im Schlepptau des Kamerateams in die Wohnung von Christian. Nach Drehende erfolgten keine Nachfragen, es kam keine Unterstützung. Weder von Herrn Thiel, noch von Mitarbeitern der Constantin Entertainment GmbH.

Der eigentliche Hammer kommt aber noch. Denn der tatsächliche Eigentümer der Wohnung hat den Mietvertrag nicht mit Christian selbst ausgehandelt. Die Leipziger Wohnung wurde von der Produktionsfirma untervermietet. Der so geschlossene Mietvertrag war auf einen Monat befristet. Das lässt darauf schließen, dass von Beginn an auch nur ein einmonatiger Aufenthalt des jungen Mannes in der Wohnung geplant war. Wie will man jemanden in dieser Form auf seine Selbstständigkeit vorbereiten? Während der Aufnahmen soll von der Frist keine Rede gewesen sein. In der Stellungnahme zu KleoWs Aussagen wurde uns mitgeteilt, dass es üblich sei, dass die Produktionsgesellschaft die Wohnung anstelle des Betroffenen anmieten würde. Man sieht sich selbst als seriöses Produktionsunternehmen an. Ist aber ein derartiges Vorgehen wirklich verantwortungsvoll oder gar seriös? Glaubt man dort ernsthaft, der Schritt zur Obdachlosigkeit gehört zum Prozess, um erwachsen zu werden? Oder warum wurde der Mietvertrag auf vier Wochen begrenzt?

Ohne die massive Unterstützung seiner Freunde wäre der junge Mann tatsächlich auf der Straße gelandet. Mit Mutter und Stiefvater hatte er sich zwischenzeitlich überworfen. Von der Seite war mit keinerlei Unterstützung zu rechnen. gulli wurde Anfang Dezember mitgeteilt, wir hätten die Aussagen von KleoW von unserer Webseite zu entfernen. Diese würden nicht der Wahrheit entsprechen, die Autorin hätte nicht selber an der TV-Produktion mitgewirkt. Uns wurden gerichtliche Schritte angedroht, sollten wir die von der Firma geforderte Beseitigung nicht innerhalb der vorgegebenen Frist vornehmen. Auch die Kosten der anwaltlichen und gerichtlichen Inanspruchnahme müssten in dem Fall von uns erstattet werden, so Rechtsanwältin Naaf vom Justiziariat der Constantin Entertainment GmbH weiter.

Auch Holger Kreymeier von der Hamburger Alsterfilm GmbH hat sich mit dem Vorfall beschäftigt. In Folge 40 seines Videopodcasts "Fernsehkritik.TV" werden die Geschehnisse sehr plakativ und ausführlich behandelt. Zum Zeitpunkt unserer Kontaktaufnahme hatte man seinen Beitrag noch nicht entdeckt. Er würde den Podcast sowieso nicht löschen. Er wäre nicht zu dieser Form der Zensur bereit. Er erzählt uns am Telefon, er wäre selbst früher für andere Unternehmen in der Branche tätig gewesen. Unsere Aufregung konnte er nicht verstehen. Ein derartiges Vorgehen sei zwar sehr fraglich, in der Fernsehbranche aber nicht außergewöhnlich, so Herr Kreymeier weiter.

Die Fernsehzuschauer indes bekommen von alldem nichts mit. Sie müssen anhand des Films glauben, dass man einen jungen Mann tatkräftig unterstützt hätte. Wie soll man auf die Idee kommen, dass vielleicht das Gegenteil der Fall ist? Welcher Zuschauer will schon im Nachhinein wissen, was aus den Menschen wird? Laut Fernsehkritik.tv sei das im Biz alles völlig normal. Geht die Kamera aus, erlahmt automatisch das Interesse der Produzenten. Die Karawane zieht weiter, die nächste Wohnung wird untervermietet - für vier Wochen versteht sich.

Weitere Details kann man diesem überaus kurzweiligen Videopodcast entnehmen.

(Grafikausschnitt via Fernsehkritik-tv, das satirisch-kritische TV-Magazin, danke!)
"Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Reichen, die Krieg führt und wir sind dabei zu gewinnen'"
Warren Buffet, zweitreichster Mann der Welt


anti-hartz4

Solche und ähnliche Sendungen ,sind bei uns zu hause nicht ohne Grund verboten. Manipulation und Gehirn-Abschaltaktionen der Masse,nennen wir das. Wenn was auf der Plastescheibe flimmert, sind es meist DVDs.
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