Hartz IV - Wenn die Heizung zur Kostenfalle wird

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 10:44:20 Mi. 16.März 2005

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Wilddieb Stuelpner

MDR, Sendung "exakt": Hartz IV - Wenn die Heizung zur Kostenfalle wird

exakt vom 15.03.2005

Manuskript des Beitrages von Kristina Ehrlich, Yvonne Müther

Hartz IV-Betroffene haben in der Regel Anspruch auf einen Zuschuss zu den Heizkosten. Allerdings wird der Zuschuss pauschal festgelegt und richtet sich nicht nach dem Bedarf.

Den Küchenherd heizen, das macht Andrea Drong erst mittags, wenn sie eh kochen will. Der Ölofen in der Küche ist eine von zwei Heizmöglichkeiten in der 50 qm großen Wohnung. Und beide Öfen werden, trotz winterlicher Temperaturen, nur auf Sparflamme gehalten.

O-Ton: Andrea Drong

"Es sind jetzt 17 Grad, das ist eigentlich relativ warm noch. Hier ist die Schlafstube, da heiz ich sowieso nicht, da mach ich dann immer die Türe auf, gegen Abend, dass es verschlagen ist, Kinderzimmer genau das gleiche. Und heute Abend, wenn ich ins Bett gehe, um 10, halb 11, wird hier wieder ausgemacht. Bis morgen früher Mittag bleibt der Ofen aus."

Heizöl verschwendet haben sie nie. Doch als die Drongs im Januar ihren ALG II Bescheid bekommen, ist klar – sie müssen noch mehr sparen. Zwar liegt ihre Kaltmiete von nur 150 Euro deutlich unter dem, was als angemessen gilt. Die Heizkosten jedoch werden als zu hoch eingestuft.

O-Ton: Hans Dong

"Bewilligt nur 41,65 Euro – das reicht nicht vorn und nicht hinten."

O-Ton: Andrea Drong

"Mit 835 bis 850 Euro würde ich auskommen, und jetzt bekomme ich 41 Euro im Monat, das sind 400, 500 Euro knapp."

300 Euro weniger als sie bräuchten, um die Wohnung ordentlich warm zu kriegen - denn die liegt in einem spärlich gedämmten Dachgeschoss.

O-Ton: Andrea Drong

"Isoliert ist ja nicht, Sie sehen ja, hinter den Sauerkrautplatten sind gleich die Dachziegel, mehr ist ja da nicht."

Auf den Tag genau 24 Jahre wohnen sie jetzt hier. Ans Umziehen haben sie nie gedacht - vor allem, weil die Wohnung an sich billig ist. Jetzt wollen sie auf der zuständigen ARGE klären, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, die Heizkosten voll erstattet zu bekommen.

Familie Fritz dagegen hat sich entschieden aufzugeben. Warten auf einen potenziellen Käufer für ihr Haus. Schweren Herzens, aber fest entschlossen.

O-Ton: Jörg Fritz

"Nee, das machen wir so. Das ziehen wir jetzt durch, und auch das schaffen wir noch."

5 Jahre lang haben sie in ihrem Haus gewohnt, fast alles selbst ausgebaut.

O-Ton: Jörg Fritz

"Das schmerzt. Und das wäre alles nicht, wenn Hartz IV nicht gekommen wäre, wäre es noch möglich gewesen, hier zu bleiben, aber so kann an das einfach nicht verantworten, auch gegenüber den Kindern."

Seit Familie Fritz Arbeitslosengeld II bekommt, müssen sie mit rund 400 Euro weniger auskommen. Selbst wenn nichts kaputt geht – ständig steigende Nebenkosten bedeuten das Aus.

O-Ton: Jörg Fritz

"Also es rechnet sich nicht vorn und nicht hinten. Man versucht zwar immer irgendwelche Lücken zu stopfen, aber es reicht einfach nicht."

Jörg Fritz hat längst auf billige Kohle aus Tschechien umgestellt. Um noch mehr zu sparen, verfeuert er auch Holz, das er kostenlos kriegt.

Der Interessent für das Haus, der sich für diesen Nachmittag angesagt hatte, ist nicht gekommen. Bis Mai wollen sie unbedingt einen Käufer finden. Dass sie jemals in ihrem eigenen Haus frieren würden, das hätten sich auch Viola und Holger Heinold nie träumen lassen. Doch seit Januar haben sie rund 900 Euro weniger, müssen nun beide vom Arbeitslosengeld des Mannes leben. Ein Einschnitt, der sich zuerst beim Heizen bemerkbar gemacht hat.

O-Ton: Viola Heinold

"Anfang Februar war das, da fiel die Heizung aus. Und da hatten wir eben kein Öl mehr, da war's Öl alle, und da stand die Frage: so, jetzt müssen wir Öl bestellen. Und wir hatten wirklich nicht das Geld dazu, um dann die Rechnung zu bezahlen. Und da haben wir den Ölradiator angemacht, was dann natürlich auch wieder Stromkosten sind und und und, das haben wir dann nur stundenweise gemacht."

Als es dann doch zu kalt wurde, haben sie sich notgedrungen 500 Liter Heizöl gekauft, das sie jetzt ratenweise abstottern, trotz des knappen Haushaltsbudgets.

O-Ton: Holger Heinold

"Aber das Letzte wäre eben praktisch, das Haus zu verkaufen. Müssen wir sehen, ob wir es den Kindern überschreiben oder was, aber das wäre eben wirklich der letzte Schritt."

Die Heinolds hoffen nun auf einen Heizkostenzuschuss von der ARGE. Jeden Tag warten sie auf die Entscheidung, dass sie wenigstens für die Monate Februar bis April Unterstützung bekommen.

O-Ton: Hans Drong

"Wenn es jetzt nachher heißt, ich soll vielleicht umziehen, dann ist ja das noch viel mehr Geld, was ausgegeben werden muss. Und eventuell noch meine Umzugskosten, die übernimmt ja dann vielleicht die AEGE auch noch, das wird ja viel teurer als wenn sie mir die paar Pfennige hier bewilligt hätten."

O-Ton: Klaus Stops, ARGE Aschersleben-Stassfurt

"Sie haben ja völlig Recht, wenn Sie jetzt sagen, die Miete liegt weit unterhalb der so genannten Angemessenheitsgrenze, das ist auch in Ordnung, das ist bei Ihnen tatsächlich so, nur es wird einfach nun mal getrennt zwischen Heizkosten alleine und den eigentlichen Mietkosten, einfach weil die Heizkosten ein Faktor sind, den jeder Mann, in welcher Höhe auch immer, beeinflussen kann."

Noch schlimmer: es gibt nicht einmal ein Darlehen für die Heizkosten.

O-Ton: Klaus Stops, ARGE Aschersleben-Stassfurt

"Die Darlehensgewährung ist möglich für den Teil der Miete, aber nicht für den Teil der Heizkosten."

Heißt im Klartext: die Differenz selbst zahlen. Am Ende dann zumindest ein Angebot: der soziale Dienst wird sich die Wohnung der Drongs persönlich anschauen, um vielleicht doch noch eine Lösung zu finden.

O-Ton: Klaus Stops, ARGE Aschersleben-Stassfurt

"Wenn Sie einverstanden sind, das hatten Sie ja schon gesagt, ich habe ja Ihre Telefonnummer vom Bescheid her, und die würden einfach bei Ihnen anrufen und einen Termin ausmachen."

zuletzt aktualisiert: 15. März 2005 | 22:22

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Anmerkung: So treibt der gesetzgebende, korrupte Bundestag, die Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit vorsätzlich die Menschen ins Elend. Die Menschen werden betrogen, belogen, bestohlen und enteignet.

Warum zieht man nicht beide Bestandteile zu einem Wert zusammen und vergibt darauf das Darlehen?

Warum berücksichtigt man nicht den vorhandenen Bauzustand und den der Wärmeisolierung in die Kostenerstattung nicht mit ein? Pauschalen helfen den Betroffenen nicht weiter.

Wer das eigene Fahrzeug nicht als verwertbares Vermögen von der Arbeitsagentur anerkannt haben will, muß von einem Kfz-Sachverständigen dem Amt ein Wertgutachten vorlegen, daß das Fahrzeug unter 5.000 € wert ist.

Warum gibt es in Zweifelsfällen für angemessene Betriebsnebenkosten kein baupysikalisches Gutachten für die Eigentumswohnung, Eigenheim und Mietwohnung? Und wer bezahlt dann das Gutachten?

An diesem Fernsehbeitrag sieht man wie sich ein Großteil der 90.000 Leute in der BA mit sinnloser Bürokratie beschäftigen statt Unternehmern mit Einstellungszwang ordentliche Arschtritte zu verpassen - Recht auf Arbeit - von der BRD anerkanntes UN-Menschenrecht. Recht auf Arbeit heißt auch Beschäftigungs- und Fürsorgepflicht durch Unternehmer - siehe Sozialverpflichtung im Grundgesetz.

Betrogen und Belogen sieht man wieder an der vermeintlichen Darlehensvergabe - für die Miete ja, für Betriebskosten nein.

Wenn man nun ein Dalehen auf die Miete wollte, bekame man garantiert von den BA-Beamten die andere Antwort - für Miete nein, für Betriebskosten ja. Immer gerade so, daß sich das Amt um die Zahlung drücken kann.

Regenwurm

-kein Geld für Öl - sollich klauen gehn.......


Frankfurt am Main - Nachzahlung Heizkosten für 2004  Kurzmeldung: Heizkostennachforderungen werden als Beihilfe erstattet (Stand: 28.02.2005)
Nach Angabe einer Sprecherin der Frankfurter Arbeitsagentur auf einer Diskussionsveranstaltung des DGB-Frankfurt am 28. Februar werden die in diesem Jahr fälligen Heizkostennachzahlungen für Alg II-Beziehende von der ARGE als Beihilfe gewährt.

Bislang ist uns nicht zu Ohren gekommen, wie Leistungsträger andernorts mit fälligen Nachzahlungen aus dem Zeitraum vor dem Leistungsbezug umgehen. Eine weitere mögliche Verfahrensweise wäre die Gewährung des fälligen Betrages als Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB II -  für Betroffenen ist das freilich die schlechtere Lösung.

Analog zur "alten" Sozialhilfepraxis (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.02.1988) gehören Heizkostennachzahlungen zu den laufenden Kosten für die Heizung und sind demzufolge auch für Alg II-BezieherInnen zu übernehmen - auch für einen Zeitraum in dem die jetzt Leistungsberechtigten noch nicht Alg II bezogen. Voraussetzung dafür ist, dass man "wirtschaftlich" geheizt hat.  

Heizkosten / Quelle
Das System macht keine Fehler, es ist der Fehler.

Wilddieb Stuelpner


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