Wie aus 330 Euro Verspätungsschaden ganz schnell 240.000 Euro werden können

Begonnen von convar, 08:51:04 Mi. 26.Dezember 2012

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convar

Ein mittelständisches schwäbisches Unternehmen war mit der Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung in Verzug geraten, die bereits verlängerte Frist lief am 31. Januar ab. Der Steuerberater hatte am Tage des Fristablaufs mit dem zuständigen Sachbearbeiter beim Finanzamt telefoniert und gefragt, ob auf Verspätungszuschläge verzichtet werde, wenn die Steuererklärung ein paar Tage später komme. "Das passt schon..", habe die Antwort gelautet. Die Umsatzsteuererklärung, die zu einem Nachzahlungsbetrag von 680.000 Euro führte, wurde am 03. Februar beim Finanzamt eingereicht, also 3 Tage verspätet. Aber wie gesagt, "Das passt schon" hatte der Sachbearbeiter gesagt.

Ein paar Wochen später wurde der Geschäftsführer des Unternehmens, eine GmbH, durch die Finanzbehörde informiert, dass wegen der verspäteten Abgabe der Steuererklärung ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden sei. Man werte die nachgereichte Steuererklärung als Selbstanzeige, aber weil ein Steuerschaden besonders großen Ausmaßes entstanden sei, könne gem. § 398a AO nur von der Verfolgung abgesehen werden, wenn 5 Prozent der hinterzogenen Steuern, das wären knapp 34.000 Euro, zugunsten der Staatskasse gezahlt würden. Eine weitere Fristverlängerung sei nämlich nicht gewährt worden und der Finanzbeamte habe auch keinen entsprechenden Vermerk zur Akte gebracht.

Zur Vermeidung eines Strafverfahrens wurde dem Geschäftsführer geraten, die 34.000 Euro unter Vorbehalt zu zahlen und dann im Wege der Leistungsklage gegen die Finanzbehörde d als Kondiktionsanspruch zurückzufordern. So weit, so gut. Als die Finanzbehörde von der beabsichtigten Klage Kenntnis erhielt, holte die zum Gegenschlag aus. Wegen des umsatzsteuerrechtlichen Kompensationsverbotes hätte bei der Berechnung des Hinterziehungsbetrages nicht nur die nachzuzahlende Umsatzsteuer von rund 680.000 Euro, sondern der gesamte Jahresumsatzsteuerbetrag von rund 4,8 Millionen Euro berücksichtigt werden müssen. Danach berechneten sich auch die 5 Prozent, die zugunsten der Staatskasse bezahlt werden müssten, um von der Strafverfolgung abzusehen. Der Geschäftsführer müsse daher weitere knapp 210.000 Euro zahlen, um einem Strafverfahren zu entgehen.

Seht man einmal von der streitigen Frage ab, ob dem Geschäftsführer wegen der ihm erteilten Auskunft, "es passe schon", wenn er die Erklärung ein paar Tage später abgebe, überhaupt ein Vorsatz oder eine Fahrlässigkeit angelastet werden kann, dann ist – so das wirtschaftliche Ergebnis – die rechnerische Position des Finanzamtes wohl zutreffend. Das Ergebnis ist grotesk: Der wirtschaftliche Verspätungsschaden für 3 Tage  beläuft sich bei einer Steuerlast von  680.000 Euro und einem Zinssatz von 6 Prozent pro Jahr  auf etwas mehr als 330 Euro. Die Kompensationzahlung zur Vermeidung des Strafverfahrens soll demgegenüber 240.000 Euro betragen. Man fragt sich sicher nicht zu Unrecht, ob das noch verhältnismäßig sein kann.

Quelle
http://strafblog.de/feed/

Rudolf Rocker


unkraut

Noch Fragen Hauser ? Ja Kienzle , wer ist eigentlich Unkraut ?

Wir wagen es nicht weil es schwierig ist sondern es ist schwierig weil wir es nicht wagen .

Mein Buchtip als Gastautor :  Fleißig , billig , schutzlos - Leiharbeiter in Deutschland  > ISBN-10: 3771643945

convar

ich kenne einen Fall, da ist einer aus einer Firma nur ausgestiegen,
hat keine Abfindung erhalten,
negative Kapiatlkkonten haben bestanden - damit wurde die Abfindung verrechnet -

und das Finanazmt hat dann einen virtuellen Veräußerungsgewinn geschätzt -

das war dann der finanzielle Ruin -

jo, man braucht ja nur bei youtube nach Andreas Popp, Franz Hörman und z.B. Andreas Berger .....
dann erkennt man schnell wo der Wind herweht

MisterGrey

Zitat von: Rudolf Rocker am 10:41:04 Mi. 26.Dezember 2012
Kann der da nicht den Steuerberater haftbar machen?

(Der Beitrag ist zwar schon etwas älter, aber sehr interessant, wie ich finde)

Zur Frage, ob ein Steuerberater haftbar gemacht werden kann, hier eine kurze, erschlagende Antwort: Ja !!! Übrigens auch Anwälte.

Hier war es aber wohl der Sachbearbeiter vo Finanzamt. Daher würde ich mir solche Aussagen immer schriftlich bestätigen lassen. Sonst heißt es hinterher immer: " Das habe ich so nie gesagt" !!

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