Existenzsicherungsmodell für deutsche Arbeitslose - für deutsche Firmen im Billiglohnland arbeiten

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 11:06:45 Mi. 19.April 2006

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Wilddieb Stuelpner

Ja, unermeßliche Profite brauchen deutsche Firmen, indem man deutsche Arbeitslose als KZ-Material im Billiglohnland am besten nur für Brot und Wasser arbeiten läßt. Da gilt doch das deutsche Grundgesetz mit der unantastbaren Menschenwürde sowieso einen Scheißdreck. Solange das in Großgermanien Merkels noch nicht umsetzbar ist, weicht und wandert man eben ins Billiglohnland mit den 5 Mio. Arbeitslosen aus. Zwangsumsiedlung ist angesagt.

Diese Möglichkeit ist dem ifo-Kombilohnpropheten Hans-Werner (Un-)Sinn bisher entgangen. Hatte wohl in dem Moment einen Tiotalausfall all seiner geistigen Kräfte.

Da man die EU hat, braucht man nicht unbedingt nach Hitlers Vorbild die Ex-Tschechoslowakei in ein Reichsprotektorat Böhmen und Mähren umzuwandeln. Es genügt, wenn deutsche Firmen dort Firmenniederlassungen haben wie z.B. VW die Skodawerke in Mlada Boleslaw (ehemals Jungbunzlau).

MDR, Sendung "exakt" vom 18.04.2006: Ostdeutsche Gastarbeiter in Tschechien

Manuskript des Beitrages von Manuskript des Beitrages von Barbara Dobke

Um einen Job zu bekommen, muss man flexibel sein. Warum immer nur nach Westen schauen, auch in Osteuropa gibt es Arbeit.



Arbeiten in Tschechien

Sonntagvormittag. Kofferpacken bei Sven Gömer in Ilmenau. Für den 26-Jährigen beginnt die Arbeitswoche schon jetzt. Denn Montag in aller Früh muss der studierte Betriebswirt pünktlich bei seinem Arbeitgeber Skoda antreten: Im rund 400 Kilometer entfernten tschechischen Mlada Boleslaw. Arbeit im Niedriglohnland.

O-Ton: Sven Gömer "Es war mir eigentlich von Anfang an klar, dass ich entweder in die alten Bundesländer zum Arbeiten gehen muss, wo wirklich die Zentralen der Unternehmen sind – oder ins Ausland."

Mutter Ingrid packt die Wäsche für die Woche. Hier in Ilmenau ist jeder Fünfte arbeitslos. Sven Gömer hat sich deshalb für den ungewöhnlichen Schritt nach Tschechien entschieden: Das Wochenende verbringt er bei seinen Eltern zuhause. Am Sonntagmittag geht es mit Zug und Bus ins Nachbarland zur Arbeit.

O-Ton: Eltern Karl-Heinz Gömer: "Tschüss. Mach's gut."

Ingrid Gömer: "Tschüss und komm gut hin. Und schreib heute Abend, wenn Du angekommen ist."

Acht Stunden ist der Thüringer jedes Mal unterwegs. Von Ilmenau über Erfurt, Leipzig, Dresden, Prag, schließlich mit dem Bus das letzte Stück nach Mlada Boleslaw. Als er ankommt, ist es bereits dunkel. Auf ihn wartet das Arbeiterwohnheim des Unternehmens gleich gegenüber vom Werkstor. 15 Quadratmeter Gastarbeiterheimat. Bad und Küche teilt er sich mit einem Kollegen.

O-Ton: Sven Gömer "Ich habe zwar nicht vor jetzt hier zehn Jahre in dem Zimmer wohnen zu bleiben, sondern mir dann irgendwann einmal eine richtige Wohnung zu besorgen. Aber im Moment, wo ich ja noch an den Wochenenden nicht hier bin, sondern nur wirklich in der Woche zur Arbeit, da reicht es."

Montagmorgen 8 Uhr Arbeitsbeginn im Skoda-Werk Mlada Boleslaw. 20.000 Mitarbeiter fertigen Autos für den gesamten europäischen Markt. Sven Gömer arbeitet in der Verwaltung, genauer gesagt in der Abteilung "Internationaler Vertrieb".

O-Ton: Sven Gömer "Guten Morgen."

Auch sein Chef ist Deutscher, wie noch ein weiterer Kollege in der Abteilung. Sie alle sind dafür zuständig, Produktion und Nachfrage in Südeuropa in Einklang zu bringen – für tschechisches Gehalt. 900 Euro monatlich bekommt Sven Gömer für nominell eine 40-Stunden-Woche. Tatsächlich arbeitet er für das wenige Geld deutlich mehr.

O-Ton: Sven Gömer "Also ich muss sagen, wir arbeiten hier wie die Arbeit anfällt, also absolut flexibel. Es lässt sich schwer in Wochenstunden ausdrücken."

O-Ton: Jan Scheidgen "Sven arbeitet wirklich viel. Es ist teilweise hart zu sehen, wenn er abends noch da sitzt, es ist dunkel draußen."

Sein direkter Vorgesetzter Jan Scheidgen stammt aus Nürnberg, kam vor zwei Jahren. Auch der 31-jährige Bereichsleiter nimmt die vergleichsweise schlechte Bezahlung in Kauf. Die Deutschen, die im Werk arbeiten trieb vor allem eines hierher: Die mangelhaften Job-Perspektiven zuhause.

O-Ton: Sven Gömer "Ich hatte auch die Sorge in Deutschland, dass ich eventuell auch überhaupt keinen Beruf bekomme."

Wie gesagt: In Ilmenau ist jeder Fünfte arbeitslos. Hier in Mlada Boleslaw herrscht Vollbeschäftigung. Gut ausgebildete Fachkräfte sind sogar begehrte Mangelware. 18 Uhr. Sven Gömer hat wieder eine Stunde länger gearbeitet, als er bezahlt bekommt. 42 Euro hat er heute verdient. Mit dem Geld kommt er nur deshalb so gerade über den Monat, weil die Lebenshaltungskosten hier deutlich niedriger sind als zuhause.

O-Ton: Sven Gömer "Die Preise in Gaststätten, Restaurants und im Imbiss, die sind ich würde sagen gegenüber Deutschland ein Achtel, ein Neuntel."

Die Suppe im Imbiss kostet umgerechnet gerade mal 30 Cent. Doch auch in Tschechien gleichen sich die Preise immer mehr an deutsche Verhältnisse an – einige Waren sind inzwischen sogar teurer als hierzulande.

"Meine Anzüge zum Beispiel, die ich für die Arbeit benötige, kaufe ich in Deutschland ein in den Discountketten oder auch Elektronikartikel."

Ansonsten heißt es für Sven Gömer, sparen wo es nur geht. Den Feierabend verbringt er vor dem Fernseher – mit tschechischem Programm. Das hat aber einen positiven Nebeneffekt: Inzwischen spricht der Ilmenauer die Sprache.

Samstagfrüh. Sven Gömer tritt wieder die lange Fahrt nach Hause an. Fast ein Viertel seines Gehaltes gibt er für die Heimfahrten aus. In Ilmenau führt ihn sein Weg an einer der zahlreichen Industrieruinen vorbei.

O-Ton: Sven Gömer "Das war einer der größten Arbeitgeber der Region Ilmenau. Die hatten mehrere Tausend Beschäftigte und die sind halt schrittweise nach der Wende entlassen worden."

Auch Sven Gömers Mutter Ingrid hat die allgemeine Krise auf dem Arbeitsmarkt erwischt. Die 53-jährige Arzthelferin verlor zu Jahresbeginn ihren Job – seit dem sucht sie vergeblich.

O-Ton: Ingrid und Sven Gömer Ingrid: "Ich bewerbe mich ständig, auf alles, auch artfremd, sogar bis hin zum Zimmermädchen. Zimmermädchen, da wird erzählt da brauche ich eine Ausbildung und Berufserfahrung von einem viertel Jahr und da war ich schon bei zwei Arztpraxen. Na ja, da hatte ich bisher auch noch nicht viel Glück."

Sven: "Wir müssen mal wieder was machen. So lange nichts mehr gemacht."

Deshalb will auch sie jetzt in Tschechien für Kronen arbeiten. Die Sprache büffelt die Familie mit einem tschechischen Bekannten bereits gemeinsam.

O-Ton: Lehrer und Ingrid Gömer

Lehrer: "Freust Du Dich auch auf ihn?"

Ingrid: "Am liebsten möchte ich auf'm Büro eine Tätigkeit finden als Sekretärin, aber da braucht man eben das Tschechisch, deswegen hatte ich schon gedacht in einen anderen Beruf irgendwo im Hotel als Zimmermädchen, damit ich erstmal mehr das Tschechisch lerne."

Zimmermädchen in Tschechien: 250 Euro würde sie so verdienen, 500 als Sekretärin. Trotz der niedrigen Löhne will auch sie zusammen mit ihrem Mann, einem pensionierten Lehrer, den Schritt ins Nachbarland gehen.

O-Ton: Karl-Heinz Gömer "Es wird doch immer davon geredet, die Menschen bei uns müssen auch Arbeiten annehmen, die weniger bezahlt werden. Und das ist doch genau das gleiche Problem: Ob ich hier eine Arbeit annehme mit Gehaltsverlust. Oder ob ich die im Osten annehme. Das ist doch letztendlich das gleiche."

zuletzt aktualisiert: 18. April 2006 | 22:25

michael92660

...es ist einfach nur noch traurig! Anstatt im Land was zu machen ist man gezwungen ins Ausland zu gehen. Ob's noch ohne Revolution gehen wird?

jensen-ex

ZitatExistenzsicherungsmodell

jo, auch n geiler euphemismus, da wird also n modell kreiert, das die existenz sichern soll. erscheint mir ähnlich sinnhaft, wie eine ''lebensversicherung''.

stichwort existenzsichereung: nimm es mal auseinander: hier wird eine existenz gesichert. mal abgesehen davon, dass das sowieso nur heisse luft ist: hier wird so um die ecke dieses ding angestimmt: nur wenn du im akkumulationsprozess des kapitals vernutzbar bist, wird dir ne chance gegeben, den ganzen scheiss zu überleben (resp zu überleiden bzw. zu durchleiden).  

jeder muss für sich selbst festmachen, was das wörtchen ''leben'' für den Einzelnen bedeutet. was soll es sein? n bisschen fit sein für den morgigen arbeitstag, oder darf es auch ein bisschen mehr sein? freude? lust? ... jo darum geht es auch: scheiss auf die existenz, wenn sie keinen spaß macht,  oder: im altenheim tanzen wir keinen pogo. lebenslust. lebensfreude. geilheit. ... jo, ein existenzsicherungsmodell.

soweit kriegen die mich nie.

es ist nicht meine existenz, wenn ich nicht nebenher tanzen, lachen, spielen kann.

j.
So it goes.

Kurt Vonnegut

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