correctiv.org: Übergriffe und Wirkungen - Was wir bei CORRECTIV derzeit erleben

Begonnen von dagobert, 07:46:35 Sa. 04.Februar 2017

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dagobert

Zitat
Übergriffe und Wirkungen
Was wir bei CORRECTIV derzeit erleben

Die Angriffe auf CORRECTIV nehmen derzeit massiv zu. Nicht alle Attacken sind offen und fair. Kampagnenartig wird versucht, unsere Arbeit zu stören.


Als wir unser Projekt CORRECTIV vor drei Jahren starteten, haben wir eine Stellenanzeige veröffentlicht. Wir haben Mitarbeiter gesucht, die hart im Nehmen sind: ,,Unser Kandidat weiß genau, dass die Aufgabe verdammt hart und frustrierend ist; dass es hier um einen Job geht, in dem man kiloweise Papier wälzt und nächtelang Datenbanken von Hand füttert; in dem man Dokumente in aufwendigen Verfahren beschafft, während andere das Zeug von Pressestellen geschenkt bekommen. Unser Kandidat weiß, dass man am Ende von Niemandem gelobt, dafür aber von gut bezahlten Rechtsanwälten bedroht wird."

Tatsächlich sieht der Alltag bei uns in etwa so aus. Nur mit dem Lob ist es anders gekommen. Wir haben einige Preise gewonnen und freuen uns sehr über diese Anerkennung. Aber die Arbeit  ist tatsächlich anstrengend und hart. Und oft werden wir juristisch angegriffen. Damit können wir umgehen. Das kennen wir.

Doch nun häufen sich Angriffe und Diffamierungen, die nichts mit dem zu tun haben, was wir bislang als normale Auseinandersetzung in unserer Gesellschaft kannten.
[...]
Unsere Transparenzberichte werden benutzt als Beweise, dass wir dubiose Zahlungen von geheimnisvollen Geldgebern bekommen würden. Unser Chefredakteur Markus Grill und ich, wir werden persönlich als Strippenzieher und Werkzeuge in den Händen düsterer Kräfte beschrieben. Und nun greifen vor allem rechte Hetzer Menschen in den sozialen Netzwerken an, die sich dazu bekennen, uns mit kleinen Spenden zu unterstützen. Wer bei Twitter schreibt, dass er Mitglied von CORRECTIV ist, muss damit rechnen, vom Mob beschimpft zu werden.

Die Situation eskaliert in den vergangenen Wochen weiter. Seit wir #ÖZGÜRÜZ mit Can Dündar publizieren, greifen uns türkische Extremisten an. In der Zeitung Sabah wurde ein Foto veröffentlicht, in dem ich mit einem roten Kreis markiert werde. Als angeblicher Agent, der Terroristen unterstützt.

Unsere Redaktion steht unter polizeilichem Objektschutz. Personenschützer gehen bei uns ein uns aus. Und das in Deutschland. Wie weit sind wir gekommen?
[...]
Einmischung von SPD-Funktionären

Besonders die Wahlen machen offenbar Menschen nervös. Mein Freund Martin Kaysh, mit dem ich den wöchentlichen Podcast ,,Wir und Heute" für unsere Regionalausgabe Ruhr mache, berichtete mir, dass er von sehr hohen SPD-Funktionären angesprochen worden wäre, wonach wir von CORRECTIV doch nur als Kreatur geschaffen worden seien, um die SPD in NRW anzugreifen. Absurder geht es kaum. Martin wurde aufgefordert, die Zusammenarbeit mit mir einzustellen.

Offenbar gibt es viele Gründe uns aus vielen Richtungen anzugreifen.

Wir können viel aushalten. Diese Art der Attacken machen uns wenig.

Aber bedenklich wird es, wenn Hetzer versuchen, Menschen und Stiftungen anzugreifen, die wir in unseren Transparenzberichten genannt haben, damit diese Einfluss auf unsere Berichterstattung nehmen.

Mittlerweile wurden fast alle unserer Förderer direkt angeschrieben und angegriffen.

Einflussnahme auf Förderer

Ich möchte hier ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit nennen, weil es unsere Initialförderin, die Brost-Stiftung betrifft. Die Stiftung, die uns erst möglich gemacht hat.

Wir haben eine Serie zu den Medien der Neuen Rechten gestartet. Darin haben wir in einem Absatz auch über die ,,Deutschen Wirtschafts Nachrichten" geschrieben. Deren Rolle im Umfeld der Rechten könne man auch beleuchten.

Daraufhin hat sich der Herausgeber der Deutschen Wirtschafts-Nachrichten, Michael Maier, an die Brost-Stiftung gewandt und kaum verholen mit Diffamierung gedroht, sollte der 2. Vorsitzende der Brost-Stiftung, Bodo Hombach, nicht auf uns Druck ausüben, unsere Einschätzung betreffend der ,,Deutschen Wirtschafts Nachrichten" zu ändern.

Drohung gegen Hombach

Zitat Michael Maier: ,,Ich bitte Sie, ihren Einfluss geltend zu machen, damit die Diffamierung umgehend gelöscht wird." Mit Diffamierung meint Maier hier, dass wir von CORRECTIV seine ,,Wirtschafts Nachrichten" den Medien zurechnen, aus denen sich die Neue Rechte bedient.

Nachdem sich Hombach weigerte, auf uns Einfluss auszuüben, schrieb dann Michael Maier dies: ,,Sie haben selbst ja bei unserem Treffen (ich war damals STERN-Chefredakteur) vor vielen Jahren in Ihrem Haus in Mühlheim darauf hingewiesen, wie verheerend es sein kann, wenn man Opfer einer Diffamierung ist."

Um die Drohung zu verstehen, muss ich ein wenig ausholen. Als Michael Maier für wenige Monate Chefredakteur des ,,Stern" war, trieben Redakteure unter seiner Anführung eine Berichterstattung gegen Bodo Hombach voran, die mit Hilfe von Verleumdungen rund um dessen Haus in Mülheim operierte. Bei dem Bau des Heimes soll es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Der Konzern VEBA habe das Haus Hombachs teilweise bezahlt.

Nichts dran an Vorwürfen

Diese Vorwürfe wurden alle zurückgewiesen – zuletzt vom Bundesgerichtshof. Sie waren aus der Luft gegriffen. Lügen. Hans Leyendecker hat in der ,,Süddeutschen Zeitung" unter dem Titel ,,Etwas bleibt immer" über die perfide Art geschrieben, ,,wozu angeblich investigativer Journalismus auch führen kann". Falsche Vorwürfe seien wiederholt und verbreitet worden. Unterstellungen statt Fakten. Leider ist der Artikel von Leyendecker nicht frei im Netz verfügbar. Aber nicht nur Leyendecker sah das so. Auch der ,,Spiegel" berichtete damals: ,,Hausbauer mit reiner Weste"

Damit sollten diese Vorwürfe beerdigt sein, die unter der Chefredaktion von Michael Maier beim ,,Stern" verbreiten wurden – oder?

Mitnichten. Wenige Tage nachdem Hombach ablehnte, auf CORRECTIV Einfluss auszuüben und mich über die Schriften von Michael Maier an die Brost-Stiftung informierte, veröffentlichte der ,,Spiegel" eine Geschichte, in der es auch um den alten Hausbau von Bodo Hombach ging. Unter den Autoren: ein ehemaliger ,,Stern"-Kollege von Michael Maier. Die Autoren wiederholten etliche Vorwürfe, vergaßen dabei aber zu erwähnen, dass die alten Vorwürfe komplett vom Bundesgerichtshof widerlegt waren.
[...]
Mittlerweile werden sogar die Mitglieder unseres Ethikrates – den wir auf unserer Internetseite öffentlich darstellen – in einer konzertierten Aktion angegriffen. Immer wieder aus allen möglichen Richtungen.

Wir sind 2000

Das Ziel ist immer gleich: Menschen, die uns unterstützen, sollen unter Druck gesetzt werden, sie sollen unsere Arbeit beeinflussen oder behindern. Am Ende aber sollen sie die Lust verlieren, mit uns in Verbindung gebracht werden.

CORRECTIV soll isoliert werden. Aber das wird nicht klappen.

Mittlerweile unterstützen uns fast 2000 Menschen. Etliche Stiftungen helfen uns beim Aufbau unserer Strukturen.

Wie gesagt: Wir können viel aushalten. Wir werden weiter kiloweise Papier wälzen und weiter nächtelang Datenbanken von Hand füttern. Das ist unser Job. Wir werden ihm unbeirrt nachgehen. Wir werden uns nicht einschüchtern lassen.
vollständiger Artikel:
https://correctiv.org/blog/2017/01/29/uebergriffe-und-wirkungen/
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

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