Max Watts: Die »Untergrund«-Bahn für US-Deserteure während des Vietnamkrieges

Begonnen von Kater, 21:05:11 Fr. 17.August 2007

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Kater

Max Watts: Die  »Untergrund«-Bahn für US-Deserteure während des Vietnamkrieges

der folgende Text von Max Watts erschien 1989 in Westberlin unter dem Titel: US-ARMY-EUROPE – Von der Desertion zum Widerstand in der Kaserne oder wie die U-Bahn zur RITA fuhr...

ZitatDie Anfänge der »Untergrund«-Bahn

Die niederländische Verbindung

Die Geschichte des Widerstandes innerhalb der US-Armee während des Krieges in Vietnam wäre ohne die Geschichte der »Untergrund«-bahn unvollständig. Sie unterstützte amerikanische Soldaten dabei, Deutschland auf andere Weise zu verlassen, als nach Vietnam versetzt zu werden. Brennpunkt dieser Aktivitäten war lange Zeit Amsterdam.

Bereits Mitte der 60er Jahre sah sich das US-Militär nicht nur mit wachsendem Widerstand gegen die allgemeine Wehrpflicht konfrontiert, mit der gezielten Weigerung, den Militärdienst anzutreten, es hatte auch mit einer wachsenden Welle von Desertionen und unerlaubter Entfernung von der Truppe zu kämpfen. Die Kriegsdienstgegner und zum Teil Kriegsdienstverweigerer stammten überwiegend aus der Mittelklasse; dagegen kamen Deserteure und jene, die sich unerlaubt von der Truppe entfernten, gewöhnlich aus der Arbeiterklasse der Großstädte sowie »vom Land«. Was die Wortführer der Bewegung gegen den Vietnamkrieg am meisten überraschte, war die Tatsache, daß die meisten Deserteure bzw. Soldaten, die sich unerlaubt von der Truppe entfernten, Soldaten waren, die nur in Ausnahmefällen einem Einberufungsbefehl gefolgt waren. Überwiegend waren es Soldaten, die sich freiwillig zum Militär gemeldet hatten. Erst dort erfuhren sie, was der Vietnamkrieg eigentlich war, und, noch wichtiger, wie es in der Armee zuging.

Während wortgewandte Wehrdienstgegner oft Unterstützung von der Antikriegsbewegung suchten und auch erhielten, erwarteten die Soldaten zunächst keine Hilfe von ziviler Seite, außer vielleicht von Freunden und Bekannten. Innerhalb der USA konnten Deserteure und Soldaten, die sich unerlaubt von der Truppe entfernten, in einer ihnen bekannten Kultur untertauchen. Für den amerikanischen Soldaten in Europa war dies unmöglich (noch unmöglicher in Südostasien, Saigon ausgenommen). Für den Jugendlichen, der - wie mir der Gefreite Gregory Graham erzählte - sich »am 17. Geburtstag freiwillig meldete, um aus dem Waisenhaus in Waco (Texas) zu entkommen, wo ich großgezogen wurde« - und der mit 18 Jahren nach einem Jahr bei der 7. US-Armee in der Bundesrepublik, »wo ich erfuhr, daß sie uns über den Krieg belogen hatten«, nach Vietnam versetzt wurde, war Desertion oder unerlaubte Entfernung von der Truppe in Europa überhaupt keine Perspektive - bis »ich erfuhr, daß es draußen Leute gab, die uns helfen würden.« Uns - amerikanischen Soldaten.

Bereits im Herbst 1966 waren die Niederlande, insbesondere Amsterdam, zu einem Mekka für Tausende von jungen amerikanischen Soldaten geworden. Zyniker mögen mutmaßen - nicht zuletzt deshalb, weil dort Drogen nicht nur billig, sondern reichlich vorhanden und nahezu legal geworden waren. Doch Amsterdam bot mehr als nur Haschisch. Immer öfter hörten die Soldaten von den »Provos«, jenen anti-autoritären niederländischen Jugendlichen, die dem Establishment die Stirn boten. Viele amerikanische Soldaten empfanden für sie starke Sympathie. Die freilebige Amsterdamer Szene bot eine willkommene Abwechslung vom tristen Leben in der Kaserne. Bald waren die Fernzüge, die Freitag abends die Stationierungsstädte der 7. US-Armee in Richtung Amsterdam durchfuhren - Mainz, Frankfurt, Mannheim usw. - von jungen Soldaten der US-Armee mit Wochenendausgang übervölkert.

Die Provos, sowie eine wachsende Zahl der sonstigen niederländischen Jugend, waren gegen Militarismus im allgemeinen und gegen den Krieg in Vietnam im besonderen. Außerdem galt bei ihnen die Losung, »laßt Taten sprechen«. US-Gefreiter Graham beschrieb das wie folgt: »Ich hatte schon von anderen gehört, wie es die LKW-Fahrer trifft, wenn sie in Vietnam auf eine Mine fuhren. Das war nichts für mich. Also bin ich nach Amsterdam gefahren, lief durch die Gegend, schaute nach jemandem in langem Mantel. Einen fragte ich, ob er Provo sei. Er sagte ja und ich sagte, »Ich will von der Armee desertieren, kannst du mir helfen?« Und er sagte: »Na klar!«

Gregory Graham war nicht der erste US-Soldat, dem die Niederländer geholfen hatten, allerdings war er der erste, der sich mit der organisierten amerikanischen Antikriegsbewegung in Verbindung setzte - zumindest in Europa.

Bereits einige Wochen, nachdem er in den Niederlanden untergetaucht war, wurde er von der Polizei gesucht. Hätten sie ihn erwischt, wäre er der US-Armee übergeben worden. Deshalb brachten ihn einige Provos mit dem Auto über Belgien nach Paris, wo sie ihn bei Freunden unterbrachten.

Als diese wiederum Paris verlassen mußten, setzten sie sich mit Claude Bourdet, einem unabhängigen französischen Sozialisten in Verbindung, der wegen seiner Rolle in der antifaschistischen Résistance einen Ruf in der Pariser Linken genoß. Bourdet war sich nicht sicher, was er mit dem jungen Soldaten anfangen sollte, vertraute jedoch darauf, daß »die Amerikaner« in Paris darauf eine Antwort haben würden. Zu seinen Freunden zählten einige führende Mitglieder von PACS - »das Paris American Committee to Stop War« - das 1965 von Amerikanern (überwiegend Intellektuellen) ins Leben gerufen wurde, die sich in Paris aufhielten. Kurz vor Weihnachten 1966 lieferte Bourdet den jungen Gefreiten bei der Gruppe ab.

Inzwischen war Gregory Graham der wiederholten Weitervermittlung überdrüssig. Er sagte: »Wie ich höre, seid ihr alle gegen den Krieg. Seid ihr es wirklich oder redet ihr nur?« Die meisten Wortführer von PACS konnten gar nicht fassen, daß sie es mit einem US-Soldaten zu tun hatten, der gegen den Krieg war. Wie viele Angehörige der damaligen Friedensbewegung hatten sie angenommen, daß alle Soldaten für den Krieg waren. Als sie das Gegenteil zur Kenntnis nehmen mußten, waren sie völlig verwirrt und fanden etliche Gründe, warum sie mit der ganzen Sache lieber nichts zu tun haben wollten. Doch eine Minderheit entschied sich dafür, »irgendetwas zu tun«. Da ich auch zu dieser Gruppe zählte, nahm ich also Graham über die Feiertage mit nach Hause. Schließlich besorgten wir ihm eine Unterkunft und eine Arbeit auf dem Lande. Einige Tage später wurde ich von einem mir unbekannten jungen Paar mit der Bemerkung angesprochen: »Wir haben gehört, daß ihr amerikanische Deserteure betreut.« Als ich, etwas verunsichert, jegliche solche Tätigkeit bestritt, sagten sie: »Nein, wir sind keine Polizisten, aber zwei von ihnen wohnen bei uns und fressen uns die ganze Bude leer, kannst du uns bitte helfen?« Auch diese beiden waren von niederländischen Provos nach Paris gebracht worden, nachdem es nicht mehr möglich war, sie in Amsterdam versteckt zu halten.

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ZitatDie »Untergrund«-bahn

Sie waren nicht die einzigen. In den ersten Monaten des Jahres 1967 wurde es allmählich klar, daß ein steter und wachsender Strom amerikanischer Soldaten nach Amsterdam aufbrach, auf der Suche nach »Provos«, Hilfe, nach Alternativen zur Armee und zu Vietnam. Viele baten einfach die »Geschäftsfrauen«, die Prostituierten auf der Lange Nijzel, um Hilfe; und oft waren diese Frauen durchaus hilfsbereit. Doch waren die meisten Zuhälter dagegen und so wurde mancher US-Soldat der holländischen Polizei übergeben.

In den Niederlanden glaubte man, daß die US-Soldaten in Frankreich sicherer wären, wo die Regierung De Gaulle´s den amerikanischen Krieg in Vietnam bereits kritisiert hatte. Ab Februar 1967 wurden Kontakte zwischen den amerikanischen Antikriegsaktivisten in Frankreich und verschiedenen Gruppen in den Niederlanden geknüpft, um das zu organisieren, was sich bald erneut »Untergrund«-bahn nennen sollte. Sie war eine locker organisierte, spontane Kooperation, die sich zur Aufgabe machte, in Amsterdam untergetauchte US-Deserteure oder Soldaten, die sich unerlaubt von der Truppe entfernt hatten, aufzusammeln, vom Zugriff der niederländischen Polizei fernzuhalten und nach Frankreich zu bringen.

In gewisser Hinsicht war dies eine Wiederholungsvorstellung, denn die Niederländer - in einigen Fällen sogar die leiblichen Eltern jener Provos der 60er Jahre - hatten 25 Jahre zuvor eine ähnliche »Untergrund«-bahn für abgeschossene amerikanische und britische Luftwaffenangehörige organisiert. Damals, während des antifaschistischen Krieges, halfen sie den abgeschossenen Flugzeugbesatzungen und entflohenen Kriegsgefangenen aus den Niederlanden nach Frankreich zu fliehen, von wo aus sie nach Spanien, Portugal in die Freiheit gelangen konnten. Natürlich leiteten beide »Untergrund«-bahnen ihren Namen von einer noch früheren ab, nämlich jener, die vor Ausbruch des amerikanischen Bürgerkrieges 1861, schwarze Sklaven aus den Sklavenhalterstaaten des Südens nach dem Norden und nach Kanada in die Freiheit brachte.


INADAMNLUGO2PROVOS (INADAMNLGEHZUPROVOS)

In den Niederlanden übernahmen die Provos und andere niederländische Jugendliche diese Aufgabe mit Begeisterung. Ihre anti-autoritären Sympathien lagen unverhohlen auf Seiten der gegen den Krieg und gegen die Armee eingestellten US-Soldaten. Allmählich gingen sie dazu über, die am Freitag abend in Amsterdam einfahrenden »Urlaubs«-züge zu empfangen, wo sie auf dem Amsterdamer Hauptbahnhof Antikriegsflugblätter mit der »verschlüsselten« Botschaft: »INADAMNLUGO2PROVOS« verteilten. Bald darauf wurde sie überall in den Einheiten der 7. US-Armee bekannt - im Klartext: »Bist Du in Amsterdam in den Niederlanden wende dich an die Provos«.

Etwas später wurden Stationen der »Untergrund«-bahn auch in der Bundesrepublik eingerichtet, wo der SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) auch lautstark gegen den Krieg in Vietnam protestierte. Doch in der Bundesrepublik dauerte es lange, bis die Kontakte zwischen deutschen Studenten und amerikanischen Soldaten jene lockere Vertrautheit erreichten, die in den Niederlanden über Nacht entstanden war. Die deutschen Studenten wollten wenigstens mit den Soldaten über den Imperialismus diskutieren, auch wenn sie ihnen nicht gerade vorwarfen, vietnamesische Babies zu ermorden. Doch bald begleiteten Studenten aus dem südwestdeutschen Raum US-Soldaten durch die bewaldeten Hügel der Pfalz (südlich der Autobahn zwischen Heidelberg und Saarbrücken) direkt nach Frankreich. Später wurde es möglich, für Soldaten, die schon abgehauen waren aber noch ihren Soldatenausweis hatten, Urlaubspapiere zu fälschen. Daraufhin reisten viele US-Soldaten, die ihre Versetzungsbefehle nach Vietnam erhalten hatten, nach Paris und blieben dort. Wenige haben das »vorbereitet«. Es war die »Untergrund«-bahn, die den GIs »leave passes« ausstellte.

Bemerkenswerterweise blieb Belgien, obwohl direkt zwischen den Niederlanden und Frankreich gelegen, an solchen Aktivitäten fast unbeteiligt. Nach meinen Kenntnissen haben sich damals (1966-68 ) dort keine unabhängigen Aktivitäten entwickelt, um die US-Soldaten zu unterstützen. Es blieb eine »tote Zone«, die so schnell wie möglich durchschritten wurde.

Das Verhältnis zwischen der französischen Linken und den amerikanischen Soldaten, die sich nunmehr im Lande vermehrten, blieb nicht immer ohne Spannungen. Es gab durchaus hilfsbereite, politisierte Franzosen, doch vielfach schienen sie noch in der Vergangenheit zu leben, und leiteten ihre Vorgehensweise aus den Erfahrungen der Résistance gegen die Deutschen oder dem Widerstand gegen Frankreichs Krieg in Algerien ab. Trotz guter Absichten wandten sie dieselben Methoden, komplizierte Geheimnistuerei, an, wie sie es in der Vergangenheit getan hatten, zu Zeiten als eine Entdeckung die Todesstrafe, das Konzentrationslager oder zumindest Gefängnis zur Folge hatte. Einem US-Soldaten einen »Zweit-Treff« anzubieten, (»Geh zum Cafe Deux Magots eine Stunde früher als wir am Telefon vereinbart haben; warte dort 10 Minuten, um dich zu vergewissern, daß dir niemand gefolgt ist, und geh dann zum zweiten Cafe, dem Tournon, wo wir dich abholen werden.«), bedeutete - in der Praxis - daß es irgendwo in Paris einen verloren umherirrenden US-Soldaten gab. Eine Gruppe erhielt unter den Amerikanern sogar den Spitznamen »Die telefonlosen Freunde«. Aus Angst davor, abgehört und somit identifiziert zu werden, gaben sie nie ihre eigenen Telefonnummern bekannt, sondern riefen immer aus öffentlichen Telefonzellen zu vorher verabredeten Zeitpunkten an, oder wenn entsprechende Hinweise für sie hinterlassen wurden. Einige Jahre später wurde allerdings einer ihrer Anführer, Henri Curiel, in der Tat von einem faschistischen Rollkommando in seinem Fahrstuhl ermordet. Ihre Vorsicht war somit vielleicht berechtigt. Dennoch waren ihre Kontakte mit US-Soldaten nur selten fruchtbar.

Sehr zur Verstörung vieler aktiver Kriegsgegner blieb die Kommunistische Partei Frankreichs - zu jener Zeit noch eine beträchtliche Macht im Lande - lange Zeit in bezug auf die Unterstützung der Deserteure und entlaufenen US-Soldaten inaktiv. Ursprünglich weigerte sich die Partei, irgendetwas mit diesen »illegalen Immigranten«, die ja »keine Papiere« hatten, zu tun zu haben.

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ZitatGefreiter Armfield erhält »Papiere«

In Wirklichkeit war die Situation der US-Soldaten in Frankreich bis Mai 1967 durchaus ungewöhnlich. In der Vergangenheit wurden entlaufene US-Soldaten, die von der französischen Polizei aufgegriffen wurden, der US-Militärpolizei übergeben. Aber das Regime De Gaulle´s hatte 1965 die NATO aufgefordert, ihr Hauptquartier SHAPE außerhalb Frankreichs zu verlegen, und die meisten ihrer ausländischen Truppen aus Frankreich abzuziehen. Ab 1967 gab es nur noch eine sehr kleine US-amerikanische Militärpräsenz im Lande. Allem Anschein nach hatte die französische Polizei inoffiziell die Anordnung erhalten, die amerikanischen Soldaten »ohne Papiere« schlicht zu ignorieren - nach der Formel: haben sie ihre Einheiten außerhalb Frankreichs verlassen, so gehe dies die französische Regierung nichts an. Dennoch - natürlich - waren diese Amerikaner in der Tat »illegale Immigranten«, weil sie weder Aufenthalts- noch Arbeitspapiere besaßen und somit keiner legalen Arbeit nachgehen konnten. Es hatte viele langwierige Diskussionen zwischen amerikanischen Zivilisten und einigen GIs in Paris und befreundeten französischen Anwälten über die Frage gegeben, ob ein Soldat zur Probe offiziell eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis beantragen sollte, doch waren diese Diskussionen von der bangen Frage begleitet: Welche Maus soll letztendlich die Katze anrufen? (1) - denn es gab überhaupt keine Garantie, daß solche Offenheit nicht mit der sofortigen Auslieferung des Antragstellers an die amerikanischen Militärbehörden oder zumindest mit der Ausweisung aus Frankreich belohnt werden würde.

Dann, im Mai 1967, wurde Louis Armfield, ein schwarzer US-Armee-Gefreiter, der aus Mainz desertiert war, von der Pariser Polizei festgenommen, als er in einem fremden Auto schlief. Seit Januar hatte er sich in Frankreich illegal aufgehalten. Armfield bat als Gegner des Vietnamkrieges um politisches Asyl. Nachdem er zehn bange Tage in einem Gefängnis verbracht hatte, erhielt er zwar kein »politisches Asyl«, dafür jedoch eine Aufenthaltserlaubnis, die er als »Fremdarbeiter« verlängern durfte. Die Angelegenheit wurde auf höchster Ebene entschieden. Auf einer Sitzung des französischen Kabinetts, und trotz der energischen Einwände des Verteidigungsministers, Messmer, der auf die Präzedenzwirkung zugunsten der Desertion hinwies, fragte De Gaulle: »Haben die Amerikaner unsere Deserteure während des Algerienkrieges zurückgegeben? Nein? Nun, dann sind sie es, die den Präzedenzfall geschaffen haben; dann werden wir´s auch nicht tun ...« Somit wurde Frankreich zum ersten Land, das US-Soldaten, die sich aus Opposition gegen den Krieg in Vietnam unerlaubt von der Truppe entfernt hatten oder desertiert waren, den legalen Aufenthalt und Zugang zum Arbeitsmarkt einräumte.

Armfield hatte die Flutschleusen geöffnet, den Präzedenzfall geschaffen. Dutzende amerikanischer Soldaten tauchten überall in Frankreich auf; stellten sich den Behörden. Hunderte folgten ihnen - zum Teil über die niederländische »Untergrund«-bahn, zum Teil direkt aus der Bundesrepublik. Einige Soldaten, die gültige Reisepässe hatten, kamen direkt aus den Vereinigten Staaten mit dem Flugzeug.

Die amerikanischen Zivilisten in Frankreich, die den US-Soldaten dabei geholfen hatten, Unterkunft und Arbeit zu finden, waren zunächst begeistert und dann: völlig überfordert. Sie hatten bislang, so gut sie konnten, einige Dutzend US-Soldaten irgendwie untergebracht und mit Nahrungsmitteln versorgt. Nunmehr sahen sie sich jedoch mit Hunderten konfrontiert. Sie baten verschiedene französische Gruppen um Hilfe und erhielten in der Tat einige Unterstützung von Kirchengemeinden, insbesondere von Quäkern und den französischen Protestanten, jener Minderheit, die einst selbst verfolgt worden war. Die KPF hielt sich nach wie vor zurück. Immerhin hätte sie in den Städten, wo sie die kommunale Regierung stellte, den Soldaten Arbeit im öffentlichen Dienst beschaffen können. Aber von oben kam die Losung: »Sollte die KPUSA so etwas befürworten, könnten wir vielleicht aktiv werden.«

So einfach war das nun auch wieder nicht - es lag auf der Hand, daß man nicht einfach die KPUSA mit der Bitte anrufen konnte, ihre französischen Genossen aufzufordern, die US-Deserteure zu unterstützen. Schließlich wurde ein entsprechendes Ersuchen dennoch nach New York übermittelt. Keine Reaktion. Einzelne französische Kommunisten haben den GIs durchaus geholfen, obwohl sie oft durch die Überheblichkeit und den »Antikommunismus« der US-Soldaten befremdet waren. Eine typische Bemerkung: »über den Kommunismus brauchst du mir nichts zu erzählen. Ich habe gerade zwei Jahre in einer kommunistischen Verschwörung verbracht, der US-Armee. Dort hast du auch keine Freiheit, dort wirst du - schlecht - versorgt, alles geschieht nur auf Befehl ... Kommunismus, auf keinen Fall!« Kein Wunder, daß sich viele alte Linke von solchen Bemerkungen vor den Kopf gestoßen fühlten. Mit den jüngeren Linken, mit den Trotzkisten, Maoisten und Anarchisten, die von den Bürokraten der etablierten linken Parteien abgelehnt worden waren, und die sie nun wiederum selbst ablehnten, kamen die US-Soldaten besser zurecht.

Während ein wachsender Strom fliehender amerikanischer Soldaten Frankreich überflutete, wurden sowohl von den Soldaten selbst, als auch von verschiedenen »Schaffnern« der »Untergrund«-bahn Anstrengungen unternommen, um andere »sichere Häfen« ausfindig zu machen. Als fast die gesamte europäische Jugend allmählich begann, einen aktiven Widerstand gegen den Krieg in Vietnam zu entwickeln, fingen die Soldaten, die sich unerlaubt von der Truppe entfernt hatten oder desertieren wollten, oder nach anderen Formen des Widerstandes suchten, auch allmählich an, die sprachlichen und kulturellen Barrieren zu überwinden, die sie bislang von diesen »Ausländern« getrennt hatten. Aber die Behörden verhielten sich ganz anders. Auch Regierungen, die den Vietnamkrieg verurteilten, hatten große Schwierigkeiten, sich entsprechend gegenüber den anti-militaristischen, anti-autoritären US-Soldaten, die gegen den Krieg rebellierten, zu verhalten.

Die Bundesrepublik, wo die meisten der US-Soldaten stationiert waren, war eine ausgesprochene Falle für Soldaten, die sich für längere Zeit unerlaubt von der Truppe entfernten. Auch nach 1969, als die Sozialdemokraten, zum Teil auch gegen den Krieg in Vietnam eingestellt, an die Macht kamen, verhafteten deutsche Polizisten jeden US-Soldaten, der sich in einer »nicht-geregelten« Lage befand, und übergaben ihn der US-Militärpolizei.

Mit Ausnahme von Frankreich war die Lage in allen anderen NATO-Ländern theoretisch die gleiche. In der Praxis gab es jedoch große Unterschiede. Belgien stellte sich, wie ich bereits erwähnt habe, taub; kaum ein US-Soldat hat daran gedacht, dort einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis zu stellen. In Italien kümmerte sich die Polizei weniger darum als in der Bundesrepublik, und so gelang es mehreren Soldaten, sich über längere Zeit dort illegal aufzuhalten. Großbritannien, wo eine »verständliche« Sprache gesprochen wurde und wo eine breite Kette von PX-Läden für die dort stationierten 25.000 Angehörigen der US-Luftwaffe (3) existierte, wäre sicherlich für die meisten US-Soldaten ein bevorzugter Zufluchtsort gewesen. Doch - obwohl die verschiedenen britischen Regierungen stets den Wehrdienstgegnern einen legalen Aufenthalt einräumten (gewöhnlich durch die Gewährung des »Studenten«-Status) - übergaben sie, ob Labour oder Konservativ, Soldaten der US-Militärpolizei. Norwegen wurde für »zu spießig, zu weit und zu kalt« befunden - um einen entflohenen US-Soldaten zu zitieren, der es ausprobiert hat. Außerdem gab es dort keine ständig stationierten US-Einheiten. Auf die besonders merkwürdige Haltung Dänemarks, vor allem als Übergangsstation nach Schweden, gehe ich weiter unten ein. Die Niederlande blieben weiterhin wichtigster Ausgangspunkt. Viele US-Soldaten hielten sich wochenlang in diesem ansprechenden Land auf. Doch erst Anfang der 70er Jahre gelang es schließlich einer kleinen Zahl US-Soldaten, eine offizielle Aufenthaltserlaubnis für die Niederlande zu erhalten.

Vor den »kommunistischen« (d.h.: sozialistischen) Staaten Osteuropas hatten die US-Soldaten Angst und diese selbst wiederum hatten vor ihnen Angst. Dort kam vielleicht Verständnis für die Deserteure auf, auf keinen Fall jedoch für den selbstbewußten Widerstand innerhalb der Armee. (3)

Die neutralen Staaten Europas - die Schweiz, Österreich und Schweden, entwickelten sehr unterschiedliche Verhaltensweisen gegenüber US-Soldaten, die gegen den Krieg rebellierten. Sicherlich noch wichtiger war die Tatsache, daß die Einstellungen der Soldaten gegenüber diesen Ländern sehr unterschiedlich ausfielen. Während es in Österreich kaum rechtliche Probleme für die amerikanischen Soldaten gab, fühlten sich nur wenige dort »heimisch«. Die Schweiz - ein neutrales Land - nahm sofort mit Willkommensgruß Soldaten auf, die der »roten Tyrannei« in Ungarn, oder sonst wo im Osten, entflohen waren, wandte sich jedoch auf merkwürdige Weise vom Prinzip der Unparteilichkeit ab, als Amerikaner die Regierung um Asyl ersuchten. Zuerst wurden die US-Soldaten an die bundesrepublikanische Polizei ausgeliefert, bzw. wurde ihnen mit frei erfundenen Gefängnisstrafen gedroht. (Als z.B. eine Gruppe hungriger US-Soldaten in Zürich beim Brotdiebstahl erwischt wurde, drohten die Behörden mit einer fünfjährigen Gefängnisstrafe für den Fall, daß die Gruppe sich weigern sollte, freiwillig zu ihrer Einheit zurückzukehren.) Mitte 1967 stellten Angehörige der »Untergrund«-bahn der schweizerischen Polizei eine Falle: Ein Amerikaner, der sich als Deserteur ausgab, ließ sich in Bern festnehmen. Unmittelbar bevor er der US-Armee in Deutschland übergeben werden sollte, zog er einen gültigen Reisepaß aus der Tasche und bewies damit, daß er Zivilist war. Der Vorfall wurde genauestens von dem (einzigen?) aufrechten schweizerischen Parlamentarier, Jean Ziegler, verfolgt, wodurch die schweizerische Bundesregierung in eine äußerst peinliche Lage gebracht wurde. Schließlich mußte sie offiziell erklären, daß sie »noch nie« einen amerikanischen Deserteur ausgeliefert hätte und dies auch in Zukunft nicht zu tun gedenke. Im Laufe der Zeit gelangten einige Dutzend US-Soldaten in die Schweiz. Und in einigen Fällen haben sie sich dort regelrecht niedergelassen, doch für die meisten Kriegsgegner war das Land einfach »zu spießig«.

Obwohl Schweden schließlich aufgrund seiner Politik der Asylgewährung für alle entflohenen US-Soldaten zum berühmtesten Zufluchtsland wurde, geschah dies erst Ende 1967, ein Jahr, nachdem Frankreich zum ersten Zielbahnhof der »Untergrund«-bahn geworden war. Ursprünglich erschien Schweden für die meisten US-Soldaten, die überwiegend im mittleren und südlichen Teil der Bundesrepublik stationiert waren, einfach zu weit entfernt zu liegen. Hinzu kam, daß es ohne besondere Kenntnisse und Unterstützung schwierig war, schwedischen Boden zu erreichen. Während es durchaus einfach war, vom dänischen Boden aus nach Schweden zu gelangen, war es etwas kompliziert, dänischen Boden zu erreichen. Es gab sehr strenge Kontrollen auf den Fähren, die zwischen der Bundesrepublik und den dänischen Inseln verkehrten. Und, die meisten US-Soldaten, mit europäischer Geographie nur wenig vertraut, wußten überhaupt nicht, daß es eine relativ offene Landesgrenze zum dänischen Teil Jütlands an der Nordgrenze der Bundesrepublik gab.

Als »Schaffner« der »Untergrund«-bahn im Juni 1967 Schweden als potentiellen Zufluchtsort auszukundschaften begannen, um nach einer möglichen Entlastung Frankreichs zu suchen, stießen sie auf einen einzigen US-Soldaten im ganzen Land. Ihm hatten die Behörden erzählt, sein weiterer Aufenthalt im Land hänge von seiner Bereitschaft ab, sich extrem unauffällig zu verhalten, die Öffentlichkeit zu meiden und sich der politischen Betätigung zu enthalten.
                                                                                                    (1) In der bekannten Fabel wies eine kluge Maus darauf hin, daß es möglich sein würde, die Gefährlichkeit der Katze dadurch zu vermindern, daß maus ihr eine Glocke um den Hals bindet. Alle Mäuse bekundeten ihre Zustimmung, doch wer sollte zur Katze gehen, um ihr die Glocke um den Hals zu binden?

(2) Es herrschte bei den Deserteuren und den Soldaten, die sich unerlaubt von der Truppe entfernten, ein starker Drang, dennoch Kontakt »zur Welt« - also mit dem amerikanischen »way of life« - aufrechtzuerhalten. Folglich fühlten sie sich auch von den US-Stützpunkten im Ausland angezogen.

(3) Wie hätte eine sowjetische Zeitung, die von sowjetischen Soldaten gelesen wird, ihren Lesern erklären sollen, daß westliche Soldaten für sich das Recht in Anspruch nahmen, nicht nur Antikriegszeitungen zu lesen, sondern sie auch herauszugeben oder etwa Soldatengewerkschaften zu bilden? John Reed, der in Moskau die Zeitung »The Flame« (Die Flamme) für die amerikanischen Soldaten herausgegeben hatte, die 1918-1920 gegen den Bolschewismus in Rußland kämpften, wäre von der Zeitung »The Bond« (Die Verbindung) sicherlich begeistert gewesen, doch ist der längst gestorben...

Kater

ZitatDie »furchtlosen« vier Matrosen des US-Flugzeugträgers »INTREPID«

Durch ein unvorhersehbares Ereignis änderte sich die Lage in Schweden vollkommen. Im Oktober 1967 hatten sich vier Matrosen des US-Flugzeugträgers »INTREPID« (»FURCHTLOS«) - der den ständigen Auftrag hatte, vom unerreichbaren Stationierungsort »Yankee Station« (4) aus, Vietnam zu bombardieren, - entschlossen, ihre Haltung zum Vietnamkrieg in der Öffentlichkeit bekannt zu machen: als sie in Jokosuka Erholungsurlaub erhielten, verließen sie das Schiff - noch immer in Uniform - und machten sich auf die Suche nach Japanern, die auch gegen den Krieg waren. Mit mehr Glück als Verstand stießen sie schließlich auf ein Büro von Beheiren, dem japanischen Komitee gegen den Vietnamkrieg. Obwohl die Einzelheiten dieser ersten Begegnung nicht mehr rekonstruierbar sind, wurden sie bald willkommengeheißen, gefeiert, heimlich aufgenommen und versteckt. Damals und auch später war es ausgesprochen schwierig, US-Soldaten in Japan zu verstecken. Somit begann die dringliche Suche nach einer Möglichkeit, sie von dem Inselstaat wegzubringen. In diesem Fall unterstützte die Sowjetunion die japanischen Kriegsgegner und die amerikanischen Matrosen. Heimlich wurden die vier an Bord eines sowjetischen Passagierschiffes geschmuggelt, mit dem sie in die Sowjetunion, und schließlich nach Moskau, gelangten. Nachdem der Film, den sie in Japan gedreht hatten, öffentlich aufgeführt wurde, traten sie - bereits bärtig - im Moskauer Fernsehen an die Öffentlichkeit.

Doch, ähnlich wie bei den desertierenden Soldaten in Westeuropa, wollten sie nicht in einem »kommunistischen« Staat bleiben. Somit baten sie die Sowjets um Hilfe, um in ein neutrales Land weiterzureisen. Bald darauf gelangten sie auf dramatische Weise nach Stockholm. Schwedens neuer Premierminister, Olav Palme, hatte nicht nur an Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg teilgenommen; er war auch bereit zu handeln (eine Ausnahme, die die Regel bestätigt, daß sozialdemokratische Politiker in der Opposition zwar links reden, doch rechts handeln, wenn sie an der Macht sind). Palme gewährte den vier Matrosen - und danach Hunderten weiterer US-Soldaten - aus humanitären Gründen offizielles Asyl in Schweden. Anders als in Frankreich, wo die Soldaten zwar bleiben durften, jedoch ansonsten die Freiheit genossen, »unter den Brücken von Paris zu verhungern«, gewährte Schweden allen asylsuchenden amerikanischen Soldaten den Regelsatz der Sozialhilfe sowie andere soziale Dienstleistungen. Einziges Problem: Dahingelangen. Die »Untergrund«-bahn mußte neue Strecken aufbauen - nunmehr nach dem Norden anstatt gegen Westen.

Dänemark: Die unaufrichtige Regierung

Nach Schweden zu gelangen, wurde nicht nur durch die Entfernung und die mangelhaften geographischen Kenntnisse durchschnittlicher US-Soldaten kompliziert. Die doppelzüngige Haltung der dänischen Regierung kam erschwerend hinzu. Der dänischen Bevölkerung - die gegen den Krieg in Vietnam eingestellt war - erzählten die dänischen Behörden, amerikanische Kriegsgegner würden die Erlaubnis erhalten, dänischen Boden auf dem Weg nach dem neutralen Schweden zu überqueren. Auf jene Soldaten, denen es gelang, bis nach Kopenhagen zu kommen, traf dies gewöhnlich zu. Die »Untergrund«-bahn selbst unterhielt Segelboote und andere Mittel (5), mit denen sie US-Soldaten aus Norddeutschland nach den dänischen Inseln oder direkt nach Schweden brachte. Bei jenen Soldaten jedoch, denen es nicht gelang, einen »Schaffner« zu finden, die somit versuchen mußten, es auf eigene Faust zu schaffen, kam die Willkür dänischer Beamter hinzu. Einige Soldaten gelangten in die Fänge der deutsch/dänischen Grenzkontrollbeamten auf der Fähre nach Puttgarden, andere gelangten auf dem Lande über die Grenze nach Jütland in das ländliche Dänemark. Gelang es ihnen, bis nach Kopenhagen zu kommen, hatten sie es gewöhnlich geschafft. Wandten sie sich jedoch - oft hungrig und im Winter dem Erfrieren nahe - an die dänischen Beamten in der Nähe der Grenze ...

Der Obergefreite Ted Price hatte bereits seinen Versetzungsbefehl nach Vietnam erhalten. Von seiner in der südlichen Bundesrepublik nahe Karlsruhe gelegenen Einheit brach er in Richtung Norden auf. Noch ehe er Skandinavien erreichte, war ihm das Geld ausgegangen und so mußte er zu Fuß weiter nach Jütland wandern. Es war Dezember - und kalt. Er war hungrig, seit drei Tagen hatte er nichts gegessen. Bei Grostein überschritt er die Grenze und trat in ein Gasthaus ein. »Dort kaufte mir jemand ein belegtes Brot und fragte mich danach, wo ich hinwollte. Ich sagte: Schweden und nicht Vietnam! Er notierte alles ...« Der hilfsbereite Mensch entpuppte sich als Ivar Moeller, Polizeichef in Grostein. »Dann nahm er mich mit und übergab mich der deutschen Polizei an der Grenze, gab ihnen sogar auch seine Notizen ...«

Diese Notizen, so erklärte ihm später sein Militäranwalt, würden ihn der Desertion überführen, weil sie seine Absicht festhielten, die Armee permanent zu verlassen, und sich nicht nur vorübergehend unerlaubt von der Truppe zu entfernen. Somit hätte er zu einer jahrelangen Gefängnisstrafe im US-Militärzuchthaus Leavenworth verurteilt werden können, anstatt zu einer mehrmonatigen Strafe in einem gewöhnlichen Militärgefängnis. Ende des Jahres 1968 waren jedoch die Militärgefängnisse ohnehin überfüllt, so daß Price das Glück hatte, nicht wegen Desertion angeklagt zu werden. Er wurde zu einer fünfmonatigen Freiheitsstrafe im Militärgefängnis der US-Armee in Mannheim verurteilt. Als er im April 1969 entlassen wurde, erhielt er »die Chance sich zu rehabilitieren. In Vietnam.«

Im »Mannheimer Gefängnishotel« hatte Price einiges über Frankreich in Erfahrung gebracht und nach seiner Entlassung bestieg er einen Zug nach Paris. Eine Schülergruppe schmuggelte ihn über die belgische und die französische Grenze. Als er schließlich am Zielbahnhof der »Untergrund«-bahn in Paris ankam, erzählte er den Soldaten, die sich inzwischen als »RITAS außerhalb der Kaserne« organisiert hatten, was ihm in Dänemark widerfahren war. Als die US-Soldaten in Frankreich den Vorfall ihren Freunden berichteten, setzten die sich mit ihren Kontakten in Dänemark und mit den dänischen Medien in Verbindung. Die Zeitung »Politiken«, eine der wichtigsten Tageszeitungen in Dänemark, interviewte den Polizeichef, Moeller, in Grostein, und erhielt die naive Auskunft: »Selbstverständlich übergab ich ihn den Deutschen, das machen wir immer.« Die Geschichte gelangte auf die Titelseite. Die Enthüllung führte fast zum Sturz der dänischen Koalitionsregierung. Während des 2.Weltkrieges hatten die Dänen ihre Juden vor den Fängen der Nazibesatzung dadurch gerettet, daß sie sie nach Schweden schmuggelten - für die meisten Dänen war eine Auslieferung an die Deutschen eine undenkbare Handlung. Nunmehr erklärte die dänische Regierung - wie zuvor die Schweizer - daß sie »nie« in der Vergangenheit so gehandelt hätte, und es auch in Zukunft nicht tun würde. Nunmehr durften US-Soldaten offiziell durch das Land reisen. Einige Monate später flogen Price und ein weiterer entflohener US-Soldat in Begleitung des amerikanischen Anwalts, Mark Lane, nach Kopenhagen. Als Wiedergutmachung für ihre früheren Untaten gewährten die dänischen Behörden Ted Price einen legalen Aufenthaltsstatus in Dänemark. Sehr zur Verärgerung der US-Botschaft.

(4) Weder die Streitkräfte der nationalen Befreiungsfront in Vietnam (Vietcong), noch die nordvietnamesische Armee (NVA) haben je über Waffensysteme verfügt, mit denen sie die vor ihren Küsten stationierten US-Flugzeugträger hätten unter Beschuß nehmen können, deren Flugzeuge sie tagtäglich angriffen.

(5) Wenn die Soldaten begleitet wurden oder es ihnen gelang, in Norddeutschland Kontakt zur »Untergrund«-bahn aufzunehmen, wurden sie manchmal über Flensburg ins dänische Jütland gebracht oder sie gelangten mit gefälschten Urlaubspapieren über die Puttgardenfähre nach Dänemark.

Kater

ZitatDeserteure sind ... Soldaten

Dem aufmerksamen Leser wird bei der Lektüre des vorangegangenen Abschnitts nicht entgangen sein, daß ich jene Soldaten, die sich aus Protest gegen den Krieg von ihren Einheiten entfernt haben, als Soldaten gekennzeichnet habe. Und nicht als Deserteure. Ich halte dies für gerechtfertigt. Jene Zivilisten, die sich an der »Untergrund«-bahn beteiligten, machten schnell die Erfahrung, daß es deutliche Unterschiede gibt zwischen Wehrdienstgegnern und Wehrdienstverweigerern (d.h. zwischen denjenigen amerikanischen Jugendlichen, die ihre Einberufung umgangen hatten) auf der einen und jenen, die schon »drin« gewesen waren auf der anderen Seite. Dieser Unterschied blieb noch deutlich spürbar auch nachdem die Soldaten sozusagen »freiwillig in den Ruhestand« getreten waren - ungeachtet der Frage, ob sie das Militär nur vorübergehend oder auf Dauer verlassen hatten. Einmal ein Soldat, lange ein Soldat.

Es handelt sich hierbei nicht nur um einen juristischen Unterschied: während in den meisten anderen Ländern das Militär zivile Wehrdienstverweigerer und -gegner unter Anklage der »Desertion« stellt, werden in den Vereinigten Staaten die Wehrdienstgegner und -verweigerer lediglich von der zivilen Gerichtsbarkeit unter Anklage gestellt. Nach den Bestimmungen des einheitlichen US-Militärstrafgesetzbuches (UCMJ) darf eine Anklage wegen Desertion oder unerlaubter Entfernung von der Truppe von einem Militärgericht nur gegen einen bereits einberufenen Soldaten erhoben werden, der den Soldateneid bereits abgelegt hat.

Am Anfang wußten die meisten »Schaffner« der »Untergrund«-bahn nur sehr wenig über das Militär, über die Soldaten, denen sie halfen. Zum einen nahmen sie an, daß alle Soldaten, die sich von ihrer Einheit entfernt hatten, »Deserteure« waren und hielten dies für einen schwerwiegenden, ja geradezu beängstigenden Entschluß. Die zivilen »Freunde« waren oft über die lässige Haltung der Soldaten überrascht, die ihre Abwesenheit von der Truppe für »keine große Sache« hielten. Erst später erfuhren die Zivilisten mehr über das Innenleben der Armee und die wichtigen Unterschiede zwischen unerlaubter Entfernung von der Truppe und Desertion.

Rein technisch im Sinne der Soldatenmeldestatistiken kennzeichnete die Armee jeden Soldaten als Deserteur, der sich (ohne Erlaubnis) für länger als 30 Tage von seiner Einheit entfernt hatte. Dann wurde er von der Truppenliste als desertiert gestrichen. Bis zu diesem Zeitpunkt galt er nur als »unerlaubt von der Truppe entfernt«. Jedoch juristisch gehört nach den Bestimmungen des einheitlichen Militärstrafgesetzbuches die »Absicht«, nie zur Truppe zurückzukehren, notwendig zum Tatbestand der Desertion. Erklärt ein Soldat, daß er die Armee, oder die Streitkräfte überhaupt, endgültig verlassen will, entledigt er sich seiner Uniform, seines Ausweises, wird er damit juristisch sofort zum Deserteur. Behauptet er jedoch, die Absicht gehabt zu haben, eines Tages zurückzukehren, hat er sich lediglich »unerlaubt von der Truppe entfernt« - auch wenn er Monate, gar Jahre, wegbleibt.

In Wirklichkeit hatten sich bereits im Jahre 1967 mehr als 50.000 Soldaten technisch der Desertion schuldig gemacht, indem sie sich für »mehr als 30 Tage« von der Truppe entfernt hatten. Im Jahre 1971, (genauer: zwischen 1.7.70 - 30.6.71), als der Widerstand gegen den Vietnamkrieg seinen Höhepunkt erreicht hatte, stieg diese Zahl auf fast 100.000. Insgesamt waren während des neunjährigen (offiziellen) US-Vietnamkrieges 432.000 Angehörige der Streitkräfte »desertiert«. Kehrten sie zurück, bzw. wurden sie verhaftet, erfolgte in der Regel eine Anklage wegen unerlaubter Entfernung von der Truppe. Meistens wurde dies mit einigen Monaten Militärhaftstrafe bestraft. In rein praktischer Hinsicht wäre es überhaupt unmöglich gewesen, mehr als 400.000 Soldaten zu mehrjährigen Gefängnisstrafen zu verurteilen. Am Ende der 60er Jahre waren die Militärhaftanstalten sowieso völlig überfüllt. Für viele Soldaten wurde eine Militärhaftstrafe praktisch zum »gewöhnlichen« Bestandteil des Militärdienstes.

Sich unerlaubt von der Truppe zu entfernen bzw. zu desertieren, war nicht nur alltäglich geworden: ab 1967 galt es fast als »Kavaliersdelikt«.


Von der »einfachen« Desertion zum »Widerstand außerhalb der Kaserne«

Es wuchs nicht nur die Zahl amerikanischer Soldaten, die sich nach Frankreich, Schweden und Kanada abgesetzt hatten (6), auch ihre Einstellungen und Verhaltensweisen änderten sich. Anfänglich wollten die Soldaten nur von der Armee »abhauen« (7), bald jedoch wollten einige von ihnen außerdem etwas gegen den Krieg in Vietnam unternehmen. Gefreiter Hector aus Mannheim formulierte das so: »Ich bin eigentlich nicht  deshalb von der US-Armee desertiert, um bloß hier bei Orleans Hühnchen zu rupfen!« Noch bevor der US-Soldat, Louis Armfield, seine »Aufenthaltspapiere« in Frankreich erhielt, hatten bereits einige Soldaten angefangen, in der Presse anonyme Interviews zu geben, in denen sie überraschten Journalisten ihre Opposition gegen den Krieg und gegen die Armee erklärten.

Diese Öffentlichkeit verursachte einen zuerst fast aberwitzigen Konflikt zwischen »den Amerikanern«, sowohl Zivilisten als auch Soldaten, auf der einen Seite und ihren »telefonlosen« französischen Freunden auf der anderen Seite. Die Franzosen, daran gewöhnt, im geheimen Untergrund zu arbeiten, waren überrascht, verwirrt, sogar schockiert, als sie zusehen mußten, wie 19-jährige US-Soldaten dazu übergingen, selbst zu bestimmen, wie sie ihre Opposition gegen den Krieg gestalten wollten. Aus den »Kinderschuhen«, der Zeit, als sie noch das taten, was ihnen aufgetragen wurde, waren sie herausgewachsen. (8 ) Doch bald darauf entwickelte sich ein noch ernsthafterer Konflikt unter den Amerikanern, als die »Untergrund«-bahn dazu überging, auch noch »Rückreisen« zu veranstalten.


Zurück zur Armee?

Bereits Mitte des Jahres 1967 hatten viele der US-Soldaten, die sich nunmehr legal in Frankreich aufhielten, den Standpunkt entwickelt, daß sie aktive Kriegsgegner seien. Sie gaben nicht nur bereitwillig Interviews oder schrieben Flugblätter, die sich an andere Soldaten richteten; zunehmend setzten sie sich mit ihren Freunden und Bekannten in den Einheiten in der Bundesrepublik wieder in Verbindung. Etwa zu dieser Zeit tauchte ein neues Phänomen auf: Rückreisen - zurück in die Einheiten. Für einige Soldaten war dies das Ergebnis eines Sinneswandels. Auch wenn ihnen der legale Aufenthalt in Frankreich eingeräumt worden war, konnten sie sich nicht vorstellen, auf Dauer dort zu bleiben. Zahlreiche wurden von ihren Familien unter Druck gesetzt, zurückzukehren und »sich zu stellen«. Schließlich meinten andere, sie könnten mehr »von innen her« ausrichten als in Paris, auch wenn dieses »von innen her« zunächst einmal innerhalb einer Militärstrafanstalt bedeutete.

Zuerst waren einige ihrer Freunde, besonders die Zivilisten, völlig überrascht. Sie hielten die Rückkehr für eine Art Kleinbeigeben, in manchen Fällen sogar für Verrat an der Sache gegen den Krieg und gegen die Armee. Andere erkannten jedoch, daß einige der »Deserteure« sowieso zurückkehren würden, und daß weder sie, noch die anderen Soldaten, schließlich irgendeine Möglichkeit besaßen, sie daran zu hindern. Hinzu kam, daß viele der Rückkehrer keineswegs ihren Standpunkt in bezug auf den Krieg oder die Armee geändert hatten; nach wie vor waren sie gegen den Krieg und noch mehr gegen die Armee. Einige Monate würden sie in einer der Militärstrafanstalten in Mannheim, Dachau (9) oder Fürth verbringen, wo sie, wie später auch in ihren alten Einheiten, die Losung verbreiten würden: »In Amsterdam wende Dich an die Provos«, oder, »wenn du es nach Paris schaffst, dort gibt es immer Freunde, die dir helfen können, geh zum Quäker-Center in der rue Vaugirard und frage einfach nach Rita ...«

(6) Seit den frühesten Tagen des Vietnamkrieges hatte Kanada zivilen Wehrdienstverweigerern und -gegnern einen legalen Aufenthalt gewährt. Die Haltung des Landes gegenüber Soldaten, die das Militär verließen, war ambivalenter, wurde jedoch im weiteren Verlauf des Krieges zunehmend wohlwollender. Faktisch durften Soldaten sich dort aufhalten, fühlten sich im Land jedoch weniger sicher als die Wehrdienstgegner. Schon seit langem war die Widerstandsbewegung in Kanada von Wehrdienstgegnern dominiert. Sie waren bei weitem nicht so darauf erpicht, mit innerhalb der Armee revoltierenden Soldaten zusammenzuarbeiten, wie die »RITA ACT«-Gruppe in Frankreich. Obwohl es nur relativ wenige Wehrdienstgegner in Schweden gab, schränkte die geographische Entfernung die direkten Kontakte zwischen Skandinavien und der 7. US-Armee in der südlichen Bundesrepublik ein.

(7) Selbstverständlich waren auch Matrosen und Angehörige der Luftwaffe darunter. Aber die überwältigende Mehrheit der US-Soldaten in Europa die sich außerhalb ihrer Einheiten aufhielten, entstammten der 7. US-Armee in der Bundesrepublik. Soweit mir bekannt, gab es keine weiblichen »Deserteure« mit Daueraufenthaltsrecht. Zu diesem Zeitpunkt war es für weibliche Angehörige der Streitkräfte noch relativ einfach, sich aus dem Militärdienst zu verabschieden.

(8 ) In der Frühzeit hießen »Deserteure« in der Katakombensprache »Babies«. Neuankömmlinge wurden »geboren«, die Mitarbeiter der »Untergrund«-bahn hießen »Babysitter«. Die ganze Sache hieß »das Baby-Geschäft«.

(9) Die 7. US-Armee unterhielt in der Tat eine Militärstrafanstalt im bayerischen Dachau. Sie wurde schließlich geschlossen, vielleicht aufgrund der Anrüchigkeit des Ortes. Die Soldaten-Gefangenen wurden nach Mannheim verlegt.

Kater

ZitatWiderstand innerhalb der Armee (Resist Inside the Army) »RITA-ACT!«

Um aus seiner Heimatstadt in Springfield, im Bundesstaat Vermont, wegzukommen, hatte der Soldat Richard Perrin sich freiwillig zur Armee gemeldet. Obwohl er eher gegen den Krieg in Vietnam eingestellt war, hatte er sich als Rekrut während seiner Ausbildung in geradezu musterhafter Weise verhalten: bis er auf dem Militärstützpunkt Fort Leonard Wood, im Bundesstaat Missouri, Zeuge eines Gespräches zwischen zwei aus Vietnam zurückgekehrten Feldwebeln wurde. Sie erzählten, wie sie gefangengenommene Vietnamesen mit einem Strick an den Hoden an die Kühlerhaube ihres Panzers vom Typ M-60 banden und bei laufendem Motor auf den Strick zogen, »Na klar, hatten sie die Wahl ... entweder die Nüsse abreißen, oder verbraten, die Kühlerhaube wird ganz schön heiß ...« Perrin ist speiübel geworden. Etwa zur gleichen Zeit schrieb ihm sein Bruder aus Kalifornien, daß er von einem Typen auf dem Militärstützpunkt Fort Sill gehört hatte, der versuchte, innerhalb der Armee eine Gewerkschaft zu organisieren. Als Perrin nach Fort Sill verlegt wurde, suchte er den Soldaten, Andy Stapp,  Gründer der American Servicemen´s Union (ASU), auf. Knapp einen Monat lang arbeiteten sie intensiv zusammen, ehe Perrin von einem Militärgericht zu einer Militärhaftstrafe verurteilt und eingesperrt wurde. Nach zwei Wochen im Kittchen wurde ihm weitere Haftverschonung für den Fall versprochen, daß er sich bereiterklärte, den Stützpunkt Fort Sill ohne Aufsehen zu verlassen. Daraufhin wurde er nach Kitzingen in die Bundesrepublik versetzt. Bald jedoch hielt er es auch da nicht mehr aus und setzte sich nach Frankreich ab. Nach anfänglichen Schwierigkeiten stieß er schließlich auf die Gruppe der US-Soldaten in Paris und deren Freunde. Im Gepäck hatte er Exemplare der ersten armeeweit vertriebenen Soldatenzeitung, den »Bond« (»Die Verbindung«). So konnte schließlich ein direkter Kontakt zwischen Paris und der wachsenden Soldatenbewegung in den USA hergestellt werden. Über die damals herrschende Losung der Pariser Gruppe konnte er nur lachen: »AITA!« (Act Inside the Army = Agiere Innerhalb der Armee). Stattdessen schlug er vor: RITA (Resist Inside The Army = Wehre Dich Innerhalb der Armee). Die US-Soldaten Perrin, Klug, Hiselman, Wagner und der Matrose Wuerth gründeten die erste Soldatenzeitung in Europa, »RITA´s ACT« (Widerständler innerhalb der Armee handeln), die später in »ACT!« (Handeln) umgetauft wurde.

Sie erschien als eine engbedruckte Einblattzeitung. Nur Soldaten durften für »ACT!« schreiben. Alle Beiträge wurden mit Dienstrang, Namen und Soldatennummer unterzeichnet. Jede Nummer enthielt eine Liste von Adressen in Europa und in den USA, wohin sich Soldaten wenden konnten, um »den Krieg und andere Fragen zu diskutieren«. Einige benutzten diese Adressen, um sich unerlaubt von der Truppe zu entfernen, oder zu desertieren, andere jedoch, um zu erfahren, wie sie sich »von innen her« organisieren könnten. Die erste Nummer von »RITA´s ACT« erschien in einer Erstauflage von 10.000 Exemplaren. Spätere Ausgaben erreichten Auflagen von 20.000 bis 25.000. »ACT« wurde vielmals nachgedruckt, fotokopiert, darunter oft vom US-militärischen Abschirmdienst - worüber sich die Herausgeber selbstverständlich freuten. Die erste Nummer wurde sogar komplett von - seinerzeit unbekannten - Freunden in Sydney, Australien, als Teil der Soldatenzeitung »Sydney FTA« (FTA = Fuck the Army = Zum Teufel mit der Armee) nachgedruckt.

Als allmählich die Nachrichten über den wachsenden Soldatenwiderstand in Europa nach Amerika drangen, kam dort bei den Kriegsdienstgegnern und ihren Unterstützern in der Studentenbewegung wachsendes Interesse auf. Im Frühjahr 1968 traf ein Aktivist des amerikanischen SDS (Students for a Democratic Society = Studenten für eine demokratische Gesellschaft), Arlo Bo Burlingham, in Paris ein. Er half bei der Gründung eines »American Deserters Committee« (Komitee amerikanischer Deserteure), in dem auch Wehrdienstgegner organisiert waren. Auch in Schweden wurde eine Gruppe mit ähnlichem Namen ins Leben gerufen. Um diese Zeit hatte sich schon bei den »RITA«-Soldaten die Erkenntnis durchgesetzt, daß Desertion, unerlaubtes Fernbleiben von der Truppe, oder sich vorübergehend vom Militär zurückzuziehen, bis »der illegale Krieg in Vietnam vorbei ist«, nur einige von vielen Möglichkeiten darstellten, Widerstand innerhalb der Armee zu entfalten. Sie unterstützten zwar das »Komitee amerikanischer Deserteure«, stießen jedoch dort auf einen ernsthaften Widerspruch: Für die Studenten und die Wehrdienstgegner im »Komitee amerikanischer Deserteure« war jeglicher Kontakt mit dem Militärapparat geradezu Verrat an der Sache. Ihrer Meinung nach gab es für Soldaten nur eine einzige richtige Handlungsweise: Desertion. Weil sie sich geweigert hatten, zum Militär zu gehen, und dies zu einer Tugend, ja einer Heldentat erhoben hatten, neigten diese Studenten dazu, auf Soldaten herabzuschauen - insbesondere auf jene, die andere Auffassungen hatten. Als diese Studenten erfuhren, daß einige Soldaten bereits mit Erfolg am Aufbau der »American Servicemen´s Union« (ASU) arbeiteten, stritten sie zuerst eine solche Möglichkeit glatt ab: »Sobald sie dich drinnen haben, werden sie dich zerquetschen. Desertion ist die einzige Lösung.« Immerhin, hätten sie die Möglichkeit eingestehen müssen, die Arbeit innerhalb des Militärapparats könne Wirkung zeitigen, würde ihre Wehrdienstverweigerung etwas an Glanz verlieren ...

Später, als der Erfolg der Widerstandsarbeit in den Kasernen überhaupt nicht mehr übersehen werden konnte, äußerten Studenten vom »Komitee amerikanischer Deserteure« die Besorgnis, eine erfolgreiche Gewerkschaft innerhalb des Militärs werde sich nur noch reformistisch und nicht mehr revolutionär verhalten; sie würde »die Armee verbessern«, sie für die Soldaten akzeptabler machen. In den letzten Monaten vor dem Mai 68 in Frankreich, als wöchentlich bis zu zehn Soldaten in Frankreich eintrafen, sorgten sie innerhalb der Soldatengemeinde mit ihrer abgewandelten Losung: »Letztenendes ist Desertion die einzige Lösung!« schon für einige Probleme.


Die »Untergrund«-Bahn organisiert Rückreisen zum »Hotel Mannheimer Militärstrafanstalt«

Zu dieser Zeit verkehrte die »Untergrund«-bahn zwischen den Stützpunkten der 7. US-Armee in der Bundesrepublik und den »Widerstands-Soldaten außerhalb«, den in Paris lebenden RITA-Soldaten rege in beiden Richtungen.(10) Der US-Soldat, Gregory Graham, war in die Bundesrepublik zurückgekehrt, um »einen Freund zu holen«. Er wurde festgenommen und in die Militärstrafanstalt nach Mannheim gebracht, wo er einen »Freund« antraf. Die beiden entflohen und fuhren mit einem gestohlenem Auto nach Paris zurück. Der Soldat Hector, der Obergefreite Herndon und andere kehrten in die Bundesrepublik zurück, wo sie Tage, auch Wochen oder Monate in Militärstrafanstalten verbrachten, wieder freigelassen wurden oder entflohen und nach Frankreich zurückkehrten. Offiziere der US-Armee beklagten sich darüber, daß die Militärstrafanstalt in Mannheim zu einem »Hotel für Deserteure geworden war, die Paris überdrüssig wurden«. Daß sie zwar dort einige Monate verbringen würden, jedoch dann wieder nach Paris entflohen. Es hatte sich herumgesprochen: Soldaten mit echten oder gefälschten Urlaubspapieren bestiegen den Freitagszug aus der Bundesrepublik direkt nach Paris, trafen sich mit jenen Soldaten, die »freiwillig in den Ruhestand« getreten waren und schon mehrere Monate in Frankreich gelebt hatten. Bei »Tian«, einem vietnamesischen Studenten, mit einer großen Wohnung, gab es ein regelmäßiges Soldatenessen mit Diskussion. Einige Soldaten blieben nur übers Wochenende, andere gleich wochenlang. Obergefreiter Hall war dabei, in seiner Einheit in Frankfurt die Soldaten zu organisieren. Vorher, als er nach Vietnam versetzt worden war, hatte er noch »an den Krieg geglaubt«, doch fand er keinen Gefallen an dem Spiel der Soldaten, die von ihren Truppenfahrzeugen aus mit Konservendosen nach den vietnamesischen Kindern warfen. »Die Konserven hätten sie schon gebrauchen können, aber warum mußten wir versuchen, sie damit zu verletzen?« Als die Widerstandsarbeit in seiner Einheit in Frankfurt zu schwierig wurde, und zu langsam vor sich ging, setzte er sich nach Paris ab.

Kam ein Soldat zu dem Entschluß, daß er »zurückkehren« sollte, bat er oft seine Freunde, insbesondere die anderen Soldaten um Rat und Geld. Es war weitaus günstiger, in den Zug zu steigen, in die Bundesrepublik zurückzukehren, und sich freiwillig bei der alten Einheit zu stellen, als sich der US-Botschaft in Paris auszuliefern, die die Soldaten mit viel Bürokratie »nach Hause« schickte. Und so kam es, daß die Gruppierung um »RITA ACT« in Paris in einigen Fällen die Rückreise finanzierte, was ihr natürlich den Vorwurf des »Verrats« durch die Studenten des »Komitees amerikanischer Deserteure« einbrachte. Doch allmählich stellte die Gruppe aus Paris die ersten Kontakte mit Anwälten in der Bundesrepublik her, die die Verteidigung amerikanischer Soldaten dort übernehmen konnten. Am Anfang handelte es sich um jene durchaus seltenen deutschen Zivilanwälte, die bereit waren, den amerikanischen Soldaten zu helfen; später kamen jedoch einige »gute« Militärstrafverteidiger hinzu, die, obwohl auch beim Militär, bereit waren, es mit den Befehlshabern aufzunehmen, und für ihre Soldaten-Klienten ernsthaft zu kämpfen.

Die wachsenden Kontakte zwischen den Widerstands-Soldaten außerhalb der Einheiten und den Soldaten, die noch »drinnen« waren, steigerte die Wirksamkeit der RITA-Bewegung enorm. Es schuf aber gleichzeitig zunehmende Reibereien mit dem »Komitee amerikanischer Deserteure« in Paris.(11) Zum Glück wurde dieser Konflikt, noch ehe er sich ausweiten konnte, von den gewaltigen Wogen des Pariser Mai 68 und durch das rapide Anwachsen von Soldaten-Widerstand »in den Kasernen« in vielen US-Stützpunkten in der Bundesrepublik überholt.

(10) Von den Niederlanden aus wurden die Soldaten - ab 1968 - sowohl nach Frankreich, als auch nach Schweden weitergeleitet. Doch verloren die Niederlande in dem Maße verhältnismäßig an Gewicht, in dem der Widerstand anderenorts in Europa zunahm.

(11) An einem Punkt der Auseinandersetzung wandte sich ein ziviler Führer des »Komitees amerikanischer Deserteure« an Jean-Paul Sartre, der den Widerstand der Soldaten innerhalb der Armee aktiv unterstützte, mit der Behauptung, das ganze Konzept des »inneren Widerstandes« sei ein Komplott der CIA, um die Deserteure zu unterwandern. Die Gruppe der Pariser Soldaten geriet dadurch zeitweilig in eine »äußerst heikle Lage, zumal der berühmte französische Philosoph unter seinem Namen für sie ein Postfach eröffnet hatte. Sartre schenkte zwar den Anschuldigungen keinen Glauben, war jedoch entsetzt und zutiefst enttäuscht über die Querelen unter den »Deserteur«-Gruppen.

Kater

ZitatDer Pariser Mai - wessen Geschichte?

Geschichte wird geschrieben, so lehren die Professoren, durch die Sieger. Wäre das nur so! In Wirklichkeit werden die Siege des Volkes, der niederen Klassen und der Unterdrückten fast nie geschrieben, sondern unterdrückt, vergessen gemacht und vernichtet. In den späten 60er Jahren kämpfte »das Volk«, die Linke, in der ganzen Welt »für Vietnam«, gegen die Besatzung durch die USA, gegen den Krieg. In den USA, in der Bundesrepublik, in Frankreich ... Das Volk, Vietnam siegte. Doch die Geschichtsschreibung schildert die 60er Jahre als ein kurzes Aufflackern, wirkungslos, als Niederlage (12).

Immer mehr Soldaten kämpften, wenn nicht für die Vietnamesen, zumindest gegen die Armee. Leisteten Widerstand. Ihr Widerstand - selbst damals kaum zur Kenntnis genommen - wird heute »vergessen«. Nicht von ungefähr. Der herrschenden Klasse kommt es darauf an, die Beherrschten davon zu überzeugen, daß sie nie siegen können: »Gegen die kommst du nicht an!« Es ist eine zentrale Aufgabe für die Herrschenden, die Siege der Beherrschten schnellstens vergessen zu machen.

In jenem Frankreich des Frühjahres 1968, in Paris, erschien das Leben durchaus normal. De Gaulle regierte mit sicherer Gelassenheit. Einige Studenten protestierten - gegen die USA, gegen den Krieg. Sie trafen sich, marschierten, verbrannten einige US-Fahnen. Kein Grund zur Aufregung.


Soldat Perrin an der Sorbonner Universität

Von der französischen Polizeipräfektur hatten die Soldaten die Information erhalten, sie dürften ruhig in Frankreich bleiben, wenn sie sich heraushielten ... aus der Politik. Ansonsten würden sie damit rechnen müssen, aus dem Land ausgewiesen zu werden. Womit das Risiko wuchs, von der US-Armee erwischt zu werden; denn es gab nur wenige Länder, die ihnen Asyl gewähren würden. Am Anfang hatte dies zur Folge, daß die Interviews, die Arbeit mit der Presse, anonym erfolgte. Man trat also hinter einem aufgespannten Bettlaken als »chinesischer Schatten« auf. Doch Ende 1967 gingen einige der RITA-Soldaten dazu über, sich der Öffentlichkeit zu stellen, zumindest US-Journalisten. Als dann ihre Zahl und ihr Selbstbewußtsein wuchsen, stellten sie sich auch der französischen Öffentlichkeit.

Als der Obergefreite, Terry Klug, in Frankreich eintraf, war er kein »Politischer«. Das sollte sich jedoch schnell ändern. Soldat Dick Perrin, der bereits im Stützpunkt Fort Sill, Oklahoma, in einer Widerstandsgruppe von Soldaten mitgearbeitet hatte, wurde zu seinem Freund und »Lehrmeister« und schließlich zum befreundeten Konkurrenten. Im April 1968 wurde Klug eingeladen, in Rennes, einer Provinzstadt, auf einer Versammlung des CVN (Nationales Vietnam Komitee) zu sprechen. Dies war mit einem Risiko behaftet. Die Franzosen waren darüber informiert, daß er vor der Verhaftung geschützt werden, also sofort nach seiner Rede weggebracht werden mußte - und so geschah es auch. Sein Auftritt - »Ich bin US-Soldat und kämpfe aktiv gegen den Krieg« war ein überwältigender Erfolg. Perrin wurde beinahe neidisch. Er wurde ebenfalls gebeten, an der Nanterre Universität in einem Vorort von Paris zu reden. Freunde warnten ihn, die Nanterre Universität sei praktisch eine Falle. Das neuerschlossene Universitätsgelände sei noch sehr isoliert, so daß es für die französischen Polizisten sehr leicht sein würde, ihn beim Verlassen des Geländes zu verhaften. Sicheres Geleit war nicht zu garantieren. Also wurde es abgeblasen. Er war sehr enttäuscht. Bis die Nachricht eintraf, daß die Regierung die ganze Nanterre-Universität geschlossen hatte, um die Versammlung gegen den Vietnamkrieg zu verhindern. Daraufhin wurde die Versammlung nach Paris-Mitte, an die Universität Sorbonne verlegt. Erneut wurde Perrin eingeladen. Hier, versicherten ihm seine Freunde, sei er vor der Verhaftung sicher. Zum einen habe die Polizei das Gelände der Universität nie betreten - zumindest nicht seit dem Jahre 1214 - 750 Jahre zuvor. Zum anderen gebe es zahlreiche Ausgänge, sollte die Flucht erforderlich sein.

Am 3.Mai 1968 begann die Veranstaltung ohne Zwischenfall. Doch dann verletzte die Universitätsleitung die jahrhundertealte Tradition und rief die Polizei. Sie verhielt sich (dieses eine Mal) »liebenswürdig« und gewährte sämtlichen Frauen freies Geleit. Aber alle Männer, insgesamt mehr als 500, wurden im Hof der Sorbonne eingekesselt und verhaftet.  Die Freunde von Perrin, die ihm erzählt hatten: »Da bist du sicher«, waren entsetzt. Für die US-Armee galt Perrin als führendes Mitglied der RITA-Gruppe. Fast um jeden Preis wollte sie ihn unter ihre Fittiche bekommen. Dennoch blieb Perrin der einzige Mann, der nicht verhaftet wurde. Ein liberaler Rektor hatte ihn kurzerhand zu »meinem Assistenten« erklärt und an der Polizeisperre vorbeigeschleust. Die Frauen, denen freies Geleit gewährt worden war, verbreiteten die Nachricht der Massenverhaftung »ihrer« (es war vor Women´s Lib) Männer im ganzen Quartier Latin. Daraufhin wurden die Polizeiwagen gestürmt, vielfach blockiert, und aufgebrochen, um die verhafteten Studenten zu befreien. Ein Sieg, ein erster. Täglich dehnten sich die Kämpfe gegen die Polizei aus, bis die Studenten am 10. Mai Barrikaden errichteten und das gesamte Universitätsviertel die ganze Nacht von der Polizei befreit hielten. Aber es waren nicht nur die Studenten.


Amerikaner in Paris, der 10. Mai

Dieser 10. Mai war ein Freitag. Viele Soldaten waren, aus der Bundesrepublik kommend, zum Pariser Wochenende eingetroffen. Bei Tian in der Wohnung war es zum bersten voll. Nach dem Essen sagte jemand: »Draußen errichten die Studenten Barrikaden. Gleich hier in der Nähe.« Sofort verließen alle die Wohnung, um sich am Barrikadenbau zu beteiligen. Pflastersteine wurden gesammelt und mit Autos Straßensperren errichtet. Die französische Bereitschaftspolizei, CRS, schaute dem ganzen Treiben zu und wartete auf ihren Einsatzbefehl. Um 2.17 Uhr in der Frühe ging die Polizei zum Angriff über. Mit Tränengas, Gewehrkolben, Druckluftgranaten und schweren Schlagstöcken. Die Studenten hielten stand und schlugen vielfach zurück. Mit Pflastersteinen und Flaschen. Zum ersten Mal fingen sie die Granaten auf und warfen sie zurück. Später flogen sogar einige »Molotow-Cocktails«. Unter den Studenten waren auch US-Soldaten, die wie besessen mitkämpften. Die Schlacht dauerte bis zum Morgengrauen. Mehr als 500 wurden festgenommen, viele Hunderte verletzt.

Diese Nacht wurde zum Zünder, der eine Explosion auslöste, die von allen gänzlich unerwartet und unvorhergesehen war. Weder von De Gaulle, noch von den Kommunisten, noch von sonst jemandem, der sich in der »Politik« auskannte. Eine Woche später waren bereits 10 Millionen Franzosen in den Streik getreten. Überall in Frankreich hielten die Arbeiter die Fabriken besetzt, die Bosse waren ausgeschlossen, und von Lille bis Perpignan wehten rote Fahnen. Die Universitäten waren nunmehr - selbstverständlich - in Studentenhand. Die Professoren durften, sofern sie wollten, das Gelände betreten. Die Soldaten - Deserteure, Besucher und vorübergehend Fahnenflüchtige - erhielten von den Studentenkomitees Räume und Druckmaschinen dazu. Nun traten die Soldaten überall in der Öffentlichkeit auf - an den Universitäten, in den Schulen und Fabriken: »Wir sind Soldaten gegen den Krieg.« Dies war ein echtes »Novum«.

In diesem Jahr waren die französischen Soldaten nicht aktiv beteiligt. Sie blieben in ihren Kasernen eingeschlossen. Hätte man sie gegen die Studenten, oder gegen die Arbeiter »eingesetzt«, wie die Kommunistische Partei fortwährend ihre Mitglieder beschwor, »Laßt euch bloß nicht auf diese Falle, diese Provokation, ein, De Gaulle wird die Armee gegen das Volk einsetzen!«, gibt es kaum Zweifel darüber, daß die französischen Wehrpflichtigen sofort zur Rebellion übergelaufen wären. Aber noch waren sie nicht organisiert und isoliert, auf sich allein gestellt, unternahmen sie nichts. Sechs Jahre später bildeten die französischen Soldaten überall Soldatenkomitees, demonstrierten in und außerhalb der Kasernen, jedoch - als es soweit war - hatten sich die Arbeiter zurückgezogen, die Studenten auch.

Von den Ereignissen wurde die Kommunistische Partei Frankreichs völlig überrumpelt. Noch mit einer sehr starken Anhängerschaft in der Arbeiterklasse, hatte sie es versäumt, die Stimmung ihrer eigenen Mitglieder richtig zu erkennen. Wochenlang verurteilte die Parteiführung die Studenten als »infantile Linke, trotzkistisch-anarchistische Maoisten«, unternahm alles mögliche, um die Streiks zu beenden. Danach befragt, ob er denn keinen »Sozialismus in Frankreich« haben wolle, erzählte mir einer ihrer Führer: »Nein, nicht um den Preis von drei Millionen Toten.« Dieser Mann hatte in Spanien gekämpft und lebte noch in jener Vergangenheit. »Wer wird denn drei Millionen Arbeiter töten?«, fragte ich ihn. »Die Armee.« »Welche, die französische? Die Soldaten würden überlaufen, wenn man sie aus der Kaserne entließe.« »Nun, wenn nicht unsere, dann die Amerikaner, aus der Bundesrepublik.« Der Mann glaubte daran, damals. Er wollte jedoch jenen US-Soldaten keine Unterstützung geben, die - in Paris, Tours, Marseilles, Nimes und anderswo gemeinsam mit ihren französischen Freunden auf den Barrikaden standen.

Mitte Juni ging die Mai-Revolte zu Ende. De Gaulle machte Konzessionen, die Löhne stiegen. Sechs Wochen Urlaub wurden gesetzlich anerkannt, die Universitäten sollten unabhängiger werden, usw. ... De Gaulle blieb noch ein Jahr an der Macht. Der Aufstand ebbte ab, erlosch. Wahrscheinlich hatte es sich um die ernsthafteste Bedrohung des Kapitalismus in einem hochentwickelten Industrieland seit 1945 gehandelt. Und dies mußte - schnell - vergessen werden.

US-Soldaten wurden kaum verhaftet, doch schlug man im Herbst gegen die Unterstützungsgruppen aus; PACS wurde aufgelöst (13), einige der Zivilisten, die im Verdacht standen, mit den US-Soldaten zusammenzuarbeiten, wurden aus Frankreich ausgewiesen (14).


Der Niedergang des Soldatenwiderstands außerhalb der Kasernen

Die tatsächlichen Zahlen der Soldaten, die sich unerlaubt von der Truppe entfernten, bzw. desertierten, sowie auch die Zahl der in Frankreich eintreffenden Soldaten wuchsen auch nach der Mai-Revolte weiter an. Doch auch wenn der Widerstand quantitativ wuchs, begann die »Qualität« allmählich zu sinken, nachdem sie sich in den vorausgegangenen zwei Jahren stets verbessert hatte. Immer mehr Soldaten, die »einfach die Armee satt hatten« fanden sich in Frankreich ein. Darunter waren immer weniger Widerständler, die aktiv etwas gegen das Militär unternehmen wollten.

Allmählich neigten die Soldaten, die Widerstand leisten wollten dazu, »drinnen«, d.h. in den Einheiten in der Bundesrepublik, zu bleiben. Es war leichter geworden, »etwas zu unternehmen«, Soldatenkomitees zu bilden, Ortsgruppen der »American Servicemen´s Union« (ASU) zu gründen, Soldatenzeitungen herauszugeben, als in den Jahren zuvor. Allmählich verschob sich das Machtgleichgewicht innerhalb des US-Militärs zugunsten der Widerstandskräfte, deren Soldaten nicht mehr das Gefühl hatten, isoliert, verängstigt und eingeschüchtert zu sein. 1970 bereits war es der junge, strebsame Offizier der 7. US-Armee, der Angst hatte, Angst vor »seinen« Soldaten (15).

Hinzu kam, daß es trotz der steigenden Absetzbewegung (16) jetzt immer mehr Orte gab, wohin sich die Soldaten, die gegen den Krieg eingestellt waren, flüchten konnten. Sie wußten, wie sie nach Schweden gelangen konnten; Dänemark wies keinen Soldaten an der Grenze mehr zurück, die Schweiz akzeptierte den Aufenthalt einiger amerikanischer Soldaten. Und vor allem hatte Kanada, auch für die Soldaten, die mit dem Flugzeug aus Europa eintrafen, seine Grenzen aufgemacht.

Auch hatte sich die Stimmung in Frankreich gewandelt. Obwohl jetzt durchaus etwas verspätete Unterstützung für die Soldaten von Seiten der KPF erfolgte, war es längst keine »große Sache« mehr, mit oder für amerikanische Soldaten zu arbeiten. Die nicht-parteikommunistische Linke litt an den Nachwehen des Mai 68. Die Probleme der Vietnamesen und, implizit, der amerikanischen Soldaten schienen verhältnismäßig weniger wichtig, weniger dringlich, weniger aufregend.

In Paris kamen viele der »außerhalb der Kaserne« verweilenden US-Soldaten allmählich zu der Überzeugung: »Die Szene in Frankreich ist vorbei. Jetzt geht es anderswo weiter.« Doch sollten ihre weiteren Schicksale sehr unterschiedlich ausfallen:

Der Obergefreite Terry Klug beschloß, zur Armee zurückzukehren, um innerhalb der Militärstrafanstalt weiterzukämpfen. Als ich ihm sagte: »Das würde ich an deiner Stelle nicht tun«, erwiderte er: »Max, begreif endlich einmal, du bist nicht ich. Also, wirst du mir helfen?« Mit viel Öffentlichkeit flog Klug nach New York zurück, verweigerte den Kriechgang und erhielt in einem ersten Militärstrafverfahren drei Jahre Haftstrafe. In der Militärstrafanstalt im Stützpunkt Fort Dix, im Bundesstaat New Jersey, organisierte er die anderen Soldaten-Strafgefangenen in der »American Servicemen´s Union« (ASU). Im Juli 1969 brach eine Gefangenenrevolte gegen Rassismus, schlechte Behandlung, Folterung, usw. aus, die mit der Übernahme der Militärstrafanstalt durch die Gefangenen endete. Daraufhin wurde er angeklagt, eine Vielzahl von Verbrechen (darunter Meuterei, Brandstiftung, usw.) begangen zu haben, die zusammen zu einer Haftstrafe von insgesamt 40 Jahren hätte führen können. Im Oktober 1969 wurde er jedoch von einem großen Militärstrafgericht von all diesen Anklagepunkten freigesprochen, nachdem zehntausend Menschen den Stützpunkt Fort Dix zur Unterstützung der »Fort Dix 39« besetzt hatten. Die Soldatengefangenen, die gegen ihn aussagen sollten, hatten vor Gericht erklärt: »Mir wurde erzählt, daß ich bereits heute abend freigelassen werde, wenn ich aussagen würde, es sei Klug, der die Kaserne in Brand steckte, die Badewannen aus den Fenstern warf und die Revolte anführte. Aber ich möchte die Wahrheit sagen, ich habe ihn nie gesehen.« 20 Monate lang saß Klug im Bundesgefängnis in Fort Leavenworth. Dann wurde seine erste Verurteilung, wegen Desertion, aufgehoben. Für das Vergehen, sich unerlaubt von der Truppe entfernt zu haben, hätte er nicht mehr als ein Jahr Strafhaft erhalten dürfen. Nach seiner Freilassung wurde er zum Aktivisten der »American Servicemen´s Union« und der »Workers World Party«

Perrin und Hiselman fuhren nach Kanada. Perrin eröffnete im Bundesstaat Saskatchewan eine Herberge für entflohene US-Soldaten. Hiselman wurde in Montreal Gewerkschaftsfunktionär.

Der Obermaat Wuerth heiratete seine französisch-vietnamesische Freundin und ließ sich in Schweden nieder.

Jim Morrisey blieb in Frankreich, unterstützte weiterhin die eintreffenden Soldaten, und wurde ein erfolgreicher Fernsehtechniker.

Unterfeldwebel Herndon, der die Armee zum dritten Mal verlassen hatte, kehrte nach Frankreich zurück, wo er in der Zeitung »ACT« einen Brief veröffentlichte, in dem er den Vietnamesen für die Entscheidung dankte, auf keine US-Soldaten zu schießen, die sie nicht zuerst angriffen. Sein Brief wurde in ganz Vietnam verteilt.

Die Zeitung »RITA´s ACT« erschien, wenn auch unregelmäßig, noch einige Jahre lang. Doch hatten sich die meisten Aktivitäten in die 7. US-Armee in der Bundesrepublik verlagert.

Arlo Bo Burlingham, der Aktivist vom SDS im »Komitee amerikanischer Deserteure«, der seinerzeit jede Abweichung von der Losung »Desertion ist die einzige Lösung« heftig attackiert hatte, kehrte in die USA zurück, wo er kurze Zeit bei der Zeitschrift »Ramparts« als Redakteur arbeitete.

Andere studentische Kriegsgegner vom »Komitee amerikanischer Deserteure«, die auch zuerst geglaubt hatten, nur Desertion sei wirksam, änderten ihre Position gänzlich, und zogen in die Bundesrepublik, wo sie mit aktiven US-Soldaten, insbesondere den schwarzen US-Soldaten, in der Gegend um Frankfurt aktiv zusammenarbeiteten.

Bis in die 70er Jahre hinein funktionierte noch die »Untergrund«-bahn. Doch nach 1968 war es nur noch eine geringfügige Aktivität, die bei weitem von den Aktionen in den Einheiten überschattet wurde.


(12) Merkwürdigerweise ist die Erinnerung an den anti-faschistischen Krieg in Spanien vor mehr als 50 Jahren, der eine wahre Niederlage des Volkes und der Linken besiegelte, offenkundig mehr im Gedächtnis geblieben als Vietnam! In der Bundesrepublik Deutschland wird die »Baader-Meinhof«-Gruppe (die erste Generation der RAF, »Rote Armee Fraktion«) als eine Gruppe verrückter Terroristen verschrien, die nicht nur tot ist, sondern auch offensichtlich besiegt. Doch die Bomben, die sie in den Hauptquartieren der US-Armee in Frankfurt und Heidelberg legten, waren ein Protest gegen die Zerstörungen durch die B-52-Bomber in Haiphong, und anderen vietnamesischen Städten ... jenen Krieg gewannen sie!
 
(13) »Paris American Committee to Stop War« (PACS = Antikriegs-Komitee der Amerikaner in Paris) hatte die Antikriegs-Soldaten nie offiziell unterstützt, obwohl viele ihrer Mitglieder mit Geld und persönlicher Unterstützung hilfreich gewesen waren.

(14) Darunter auch - ein Jahr später - der Verfasser dieses Berichts. Andere amerikanische Zivilisten, die auch aus denselben Gründen aus Frankreich ausgewiesen worden waren, hatten jedoch oft überhaupt keinen Kontakt mit dem Widerstand der US-Soldaten. In Frankreich, wie auch anderswo, kann auch Unschuld gefährlich sein.

(15) Ein Hauptmann der 7. US-Armee erzählte mir folgenden »Witz«: »Am Anfang, als ich in die Bundesrepublik kam, dachte ich: wenn die Russen kommen, zieh ich schnell die Uniform an und führe meine Truppen gegen sie an. Ein Jahr später dachte ich: Ich zieh mich schnell in Zivil um und setz mich in die Schweiz ab. und jetzt ... ich glaub, ich zieh mir schnell die Uniform an, lauf den Russen entgegen, und hoffe nur, daß ich sie erreiche, bevor meine Männer mich einholen.«

(16) Für das Jahr 1970 wuchs die Zahl der Deserteure für alle Waffengattungen der US-Streitkräfte auf insgesamt 98.000 an.

Kater

ZitatDie »Untergrund«-Bahn im pazifischen Raum:
Beheiren, Dauerurlaub in Australien, die Hobbits

Notgedrungen skizziert der folgende Text nur umrißhaft einige andere Zweige der »Untergrund«-bahn: die Pazifik-Strecken, die von Saigon bis nach Sydney, Hongkong, Okinawa, Japan, und den Philippinen reichten. Hier fehlen dem Verfasser vor allem eigene Erfahrung, persönliche Kontakte, und entsprechende Dokumente. Nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in den Anrainergebieten auf der anderen Seite des Stillen Ozeans muß noch viel geforscht werden.

Die im Zusammenhang mit den vier desertierten Matrosen des Flugzeugträgers »INTREPID« erzeugte Öffentlichkeit lenkte die Aufmerksamkeit vieler US-Soldaten auf die Tatsache, daß es in der Tat Japaner gab, die bereit waren, US-Soldaten beim Verlassen ihrer Einheiten behilflich zu sein und - etwas später - sie in ihrem Kampf gegen das Heer und gegen die Marine zu unterstützen. Andere US-Matrosen und Soldaten suchten Beheiren auf, die Komitees gegen den Vietnamkrieg in Tokio, Yokusuka, Hiroshima, Okinawa ... Japaner leisteten das ihnen mögliche, mußten jedoch zur Kenntnis nehmen, daß das Verstecken und der Transport von entflohenen US-Soldaten enorme Schwierigkeiten bereitete. Ein US-Soldat, dem die Haare wieder länger gewachsen waren, und dem es auf Dauer gelang, in der Öffentlichkeit den Mund zu halten, hatte in Europa gute Chancen, in der Öffentlichkeit als ganz normaler Zivilbürger zu gelten. Dies war jedoch in Japan gänzlich ausgeschlossen. Auch war das Überschreiten der Grenzen innerhalb Westeuropas - besonders mit Hilfe von Einheimischen - ein Kinderspiel im Vergleich zu den Schwierigkeiten, die das Verlassen der japanischen Inseln mit sich brachte. Dennoch gelang es Beheiren und anderen japanischen Gruppen, Dutzenden von Soldaten beim Verlassen des Militärs behilflich zu sein. Am Anfang gelangten einige auf dem Wege über die Sowjetunion nach Schweden, später stellte es sich heraus, daß es leichter war, sie nach Kanada oder direkt in die Vereinigten Staaten umzuleiten. Immerhin traten weitaus die meisten der 432.000 US-amerikanischen »Deserteure«, die in den offiziellen Statistiken während des Vietnamkrieges verzeichnet waren, in den Vereinigten Staaten schlicht und einfach in den selbstgewählten Ruhestand und wurden wieder Zivilisten.

Am dringendsten war für US-Soldaten, die gegen das Militär, bzw. gegen den Krieg eingestellt waren, natürlich das Verlassen der Truppe in Vietnam selbst. Tausende haben es versucht, doch wenn sie nicht zu der kleinen Minderheit gehörten, die bereit war, die Vietnamesische Befreiungsfront, die NLF (»Viet-cong«), um Unterstützung zu bitten, blieb das ein sehr riskantes Spiel und bedeutete oft ein illegales Untertauchen in der Saigoner Unterwelt, wo man ständig der Gefahr ausgesetzt war, bei Razzien durch amerikanische oder südvietnamesische (ARVIN) Militärpolizei entdeckt zu werden. Jedoch einigen gelang es, mit Hilfe von echten oder gefälschten Urlaubsscheinen bis nach Australien zu gelangen.

Viele wissen heute nicht mehr, daß auch Tausende australischer Soldaten 1962 bis 1972 gegen die Vietnamesen gekämpft haben. An die 500 sind dort gestorben. Aber die starke australische Antikriegsbewegung konzentrierte sich fast ausschließlich auf die »Draft Resistance« (Kriegsdienstverweigerung) und tat wenig für die eigenen Soldaten. Dagegen aber gab es bei einigen Gruppen begeisterte Unterstützung für amerikanische Soldaten, die sich von der Truppe entfernt hatten oder desertiert waren. So wurde die Zeitung »Sydney FTA«, eine »Soldatenzeitung«, von Amerikanern und jungen Australiern geschrieben und im Kings Cross Distrikt (der Prostituiertengegend von Sydney) an die sich erholenden US-Soldaten verteilt. Von der Gewerkschaft der Bauarbeiter, die seinerzeit von dem charismatischen und legendären rot-grünen Jack Mundey geführt worden war, erhielten US-Soldaten »Gewerkschaftsausweise«, was ihnen den Zugang zur Arbeit im Baugewerbe eröffnete und somit den Aufenthalt in Australien ermöglichte. Andere Soldaten knüpften persönliche Kontakte im »Land des Glücks« und gingen einfach in der Bevölkerung auf. Obwohl die australische Polizei gelegentlich desertierte oder unerlaubt von der Truppe entfernte US-Soldaten festnahm und an die US-Streitkräfte auslieferte, gab es kaum gezielte Suchaktivitäten. Viele legten sich neue Identitäten zu, gründeten Familien, und führten weiterhin ein glückliches Leben in Australien.

Ein spektakulärer, jedoch auch irgendwie typischer Fall, betraf den Gefreiten der US-Marineinfanterie, Douglas Beane, der erst im Dezember 1986 in Australien wieder auftauchte. Beane hatte das erste Mal im Jahr 1969 seine Einheit in Laos verlassen, danach mehrere Monate in einem laotischen Dorf gelebt, bis er während einer Sonderoperation wieder festgenommen wurde. Aus dem Militärgefängnis in Vietnam entfloh er und lebte mehrere Monate lang im Saigoner Untergrund. Als er ein zweites Mal festgenommen wurde, gelang es ihm, eine Wache zu überwältigen und - mit Unterstützung - schließlich bis nach Sydney zu gelangen, wo Antikriegsgruppen, für ihn eine neue kanadische Identität »organisierten«. Inzwischen mehrmals verheiratet und Vater zahlreicher Kinder, wurde er schließlich im Norden von New South Wales identifiziert und verhaftet, nachdem er in Sydney einen Reisepaß beantragt hatte. Er wollte seinen Vater besuchen, der im US-Bundesstaat Vermont erkrankt war, und hatte sich eingebildet, daß die US-Behörden ihn nach 16 Jahren vergessen haben würden ... Obwohl die US-Behörden ein Auslieferungsgesuch einreichten, wurde Beane von dem Obersten Australischen Gericht nach zähen Verhandlungen auf freien Fuß gesetzt. Mit Hilfe des San Franciscoer Rechtsanwaltes Howard De Nike - einst vom »Lawyers Military Defense Committee« in Saigon und Heidelberg - erreichte er danach seine Entlassung vom Marine Corps und konnte auch seine Familie in Amerika besuchen.


Die Hobbits

Bereits 1968 kam es zu Bündnissen zwischen der Antikriegsbewegung in Japan, im US-besetzten Okinawa, in Hongkong, auf den Philippinen, und Amerikanern und Australiern, die in diesen Ländern lebten. In den asiatischen Anrainerstaaten des Pazifik erhielten entflohene US-Soldaten nie das Recht, offen und »offiziell« zu arbeiten, wie ihnen in Frankreich, Schweden und Kanada eingeräumt worden war. Auch die Zivilisten, öfters Kriegsdienstgegner oder frisch entlassene US-Soldaten, sahen sich erheblichen Schikanen durch die örtlichen Behörden ausgesetzt, erlitten Verhaftungen, zuweilen auch Abschiebung und Ausweisung. Trotz dieser Schwierigkeiten gelang es ihnen, Beratungszentren für US-Soldaten einzurichten, die eine große Unterstützung für den wachsenden Soldatenwiderstand innerhalb des US-Militärs im pazifischen Raum leisteten.

In den letzten Phasen des Krieges wurden Anwaltskanzleien, wie etwa das »Lawyers Military Defense Committee«, sogar in Vietnam und auf Okinawa eröffnet und - wenn auch nur vorübergehend - auch auf den Philippinen, bevor sie, nach der Ausrufung des Kriegsrechts durch Ferdinand Marcos, von der philippinischen Polizei heimgesucht und geschlossen wurden. Diese Kanzleien wurden finanziert - wenn auch sehr knapp - durch die US-amerikanische Antikriegs- und Bürgerrechtsbewegung, um US-Soldaten kostenlos juristisch zu beraten und vor der Militärgerichtsbarkeit zu vertreten.

Viele dieser Einzelpersonen und Gruppen, die zunächst voneinander isoliert waren, benannten sich nach Charakteren in der Sage von Tolkien: Herr der Ringe. Überall auf Japan, Okinawa, in Hongkong und sogar in Vietnam tauchten Hobbits auf und vermehrten sich ... Vielleicht werden sie - eines Tages - diese Zeilen ergänzen können.

In dem Maße, in dem der Widerstand gegen den Vietnamkrieg unter den Soldaten anwuchs, die für eine Armee sterben und töten mußten, die sie für den eigentlichen Feind hielten, verwandelte sich dieser Widerstand auch im pazifischen Raum ähnlich wie es in Europa geschehen war. Obwohl das Verlassen der Truppe und die Desertion weiter zunahmen, verloren sie durch den wachsenden Widerstand innerhalb der Armee selbst verhältnismäßig an Relevanz. Bald berieten die Hobbits nicht nur, wie man eine Einheit verlassen konnte, sondern halfen auch den Soldaten in den Einheiten zu überleben, Zeitungen herauszugeben und Widerstandsgruppen zu bilden. Auf Okinawa und Japan setzte sich der Widerstand in den Kasernen noch jahrelang fort, nachdem alle US-Einheiten Vietnam längst verlassen hatten - in sehr weit verbreiteter und zugleich diffuser Hinsicht existiert er da auch heute noch.

(geschrieben 1989)

Kater

Glossar

Die »American Servicemen´s Union« (ASU)von David Harris, 1989 (http://www.chefduzen.de/thread.php?threadid=7413)

»American Servicemen´s Union« = Amerikanische Soldaten Gewerkschaft. Obwohl diese Gewerkschaftsinitiative, die am 25. Dezember 1967 in New York unter Beteiligung von vierzehn Vertretern verschiedener US-amerikanischer Stützpunkte in den USA ins Leben gerufen worden war, insbesondere durch Veröffentlichung ihrer Zeitung »The Bond« eine durchaus beachtliche Verbreitung unter den Soldaten aller Streitkräfte der USA erreichte, trat sie nie in konkrete Verhandlungen mit den Oberbefehlshabern der Streitkräfte, noch mit einzelnen Stützpunktkommandanten. Entgegen späteren Versuchen, eine offizielle, anerkannte Soldatengewerkschaft zu gründen, verstand die ASU sich in erster Linie als eine Widerstandsgruppe innerhalb der Armee. Während spätere Armee-Gewerkschaftsprojekte in den USA und etablierte Soldaten- und Offiziersgewerkschaften in Europa sich meist auf die Belange der Zeit- und Berufssoldaten fixieren, war die ASU nur für die unteren Ränge (bis Spec. 5) offen; »Lifers« (Berufsoffiziere und Unteroffiziere) wurden nicht aufge-nommen (hätten sich auch kaum beworben). Dagegen machte die ASU keine Unterschiede zwischen Wehrpflichtigen und Freiwilligen. Für das Gros der amerikanischen Soldaten, die aus der Arbeiterklasse und der armen Landbevölkerung stammten und stammen, war das Konzept einer »union«, einer Gewerkschaft, ganz natürlich. Dagegen hatten die Studenten und Mittel-ständler, die die Mehrzahl der Friedensbewegung bildeten, in den 60er Jahren kaum noch irgendwelche Verbindung zu der Gewerkschaftsbewegung. Die Verbindung zwischen dem intellektuellen Mittelstand und der amerikanischen Gewerkschaftsbewegung, die in den 30er Jahren stark war, ging in der Zeit des kalten Krieges, ab 1948, verloren. »Hard Hats« Bauarbeiter, von ihren rechten »Gewerkschaftsbonzen« beauftragt, verprügelten 1968 die langhaarigen Kriegsdienstgegner. Aber die GI-Söhne dieser »Hard Hats« wußten, daß »unions« gut waren und akzeptierten schnell die ASU. Leider hatte die ASU, außer der kleinen »Workers World Party«, kaum äußere Unterstützung von anderen Gewerkschaften oder dem Gros der Friedensbewegung. Sie erreichte sehr viel mit sehr kleinen Mitteln. Was die Zeitung und die Initiative so erfolgreich werden ließen, waren einerseits die umfangreiche Berichterstattung über Vorkommnisse (sprich Widerstandshandlungen) überall innerhalb der US-Streitkräfte in den späten sechziger und bis weit in die siebziger Jahre hinein, was auch mit dem Abdruck zahlreicher Leserbriefe einherging, andererseits aber ihre berühmten 10 Forderungen:

1. Das Recht auf Verweigerung illegaler und unmoralischer Befehle, wie dem Befehl, in dem illegalen, imperialistischen Krieg in Südostasien zu kämpfen. Diese Forderung, die ja schon ohnehin durch die Nürnberger Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher hinlänglich legitimiert ist, zielte direkt auf das Recht, Befehle zur Teilnahme am nicht erklärten Krieg in Vietnam zu verweigern. Teil der ursprünglichen Begründung für diese Forderung lautete, »Suppose they gave a war and nobody came.« (Stellt Euch vor, sie machen Krieg und keiner kommt.), das auch in der deutschen Friedensbewegung in der abgewandelten Formulierung »Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin« in Gebrauch ist, unter beinahe völliger Unterdrückung der Tatsache, daß der Spruch nicht eine Aufforderung zur Wehrdienstverweigerung unter Zivilisten, sondern eine Forderung nach dem Recht auf Befehlsverweigerung für aktiv dienende Soldaten darstellte, und somit keineswegs so pazifistisch geprägt war, wie die hierzulande verbreitete Verballhornisierung.

2. Offiziere werden von ihren Mannschaften gewählt. Diese Forderung spiegelt die sozialistische, radikaldemokratische Gesinnung der Initiative wider, die auch von den politischen Ideen der studentischen Gruppierung »Youth Against War And Fascism« YAWF (Jugend gegen Krieg und Faschismus) beeinflußt worden ist. Die Begründung für diese Forderung durch die Initiative zielt auf die Vertretung der Interessen der Reichen durch die Generäle.

3. Das Salutieren und die Anrede aller Offiziere mit »Sir« wird abgeschafft. Im gesamten US-Militär gilt das Nicht-grüßen von Offizieren als Mißachtung und kann nach dem Einheitlichen Militärstrafgesetzbuch bestraft werden. Außerdem wird von jedem Mannschaftsgrad und Unteroffizier verlangt, daß er jeden Offizier mit »Herr« (»Sir«) anredet. Es genügt keinesfalls, einen solchen mit Dienstgrad anzureden, wie etwa, »Hauptmann« oder »Leutnant«. Anderer-seits dürfen Offiziere jeden Unteroffizier oder Mannschaftsgrad mit einfachem Familiennamen anreden. In einer Gesellschaft, die das Fehlen aller Standes- und/oder Klassenunterschiede in ihrer Alltagssprache als eines der wesent-lichsten Merkmale und Beweis ihrer egalitären demokratischen Gesinnung preist, verwundert es nicht, daß gerade diese Anprangerung feudaler Gruß-formeln an eine vorrangige Stelle unter den Forderungen gelangte, auch die »patriotischen« Soldaten konnten sich durchaus hiermit identifizieren.

4. Dem Rassismus in den Streitkräften ein Ende setzen. Während auch von Kritikern der US-Streitkräfte unbestritten ist, daß insbesondere die US-Armee seit dem Koreakrieg eine Vorreiterfunktion in der Frage der Rassenintegration und -gleichberechtigung gespielt hat, so ist ebenfalls unbestritten, daß die offizielle Politik eine Sache ist, ihre praktische Umsetzung eine ganz andere. Unzweifelhaft hat das wachsende Selbstvertrauen der schwarzen und hispanischen Bevölkerung seit Anfang der sechziger Jahre auch innerhalb des Militärs zu neuen Forderungen von Soldaten schwarzer und hispanischer Herkunft geführt. Die Reaktion weißer Soldaten aus den Südstaaten ließ nicht lange auf sich warten. Diese Gruppen stießen mit offener Gewalt innerhalb der Streitkräfte inner- und außerhalb Vietnams aufeinander. Der berüchtigte Ku- Klux-Klan unterhielt an zahlreichen Stützpunkten und in zahlreichen Kasernen geheime Gruppen, die den Geist des Rassismus schürten und auch zahlreiche Rassenzusammenstöße provozierten. Nach wie vor sind rassische Minderheiten in den kämpfenden Einheiten überrepräsentiert, werden rassische Minder-heiten unverhältnismäßig öfter und härter von der Militärgerichtsbarkeit erfaßt und bei der Beförderung, insbesondere zu den höheren Unteroffiziers- und Offiziersrängen, unterrepräsentiert. Kein Wunder also, daß diese Forderung an vorrangiger Stelle aufgenommen worden ist, galt es doch auch die rassischen Minderheiten, deren Zahlen seit den frühen sechziger Jahren anschwollen, für die fortschrittlichen Ziele der Gewerkschaft zu gewinnen.

5. Keine Truppen dürfen gegen Antikriegsdemonstranten eingesetzt werden. Die Notwendigkeit dieser Forderung wird u. a. durch zwei Vorfälle aus dem Mai 1970 unterstrichen: Am 4. Mai 1970 ging an der Kent State University in Ohio die Nationalgarde gegen Studenten vor, die gegen den Einmarsch von US-Truppen in Kambodscha protestierten. Zuerst wurde Tränengas eingesetzt, danach scharf geschossen. Vier Studenten wurden getötet, viele verletzt. Nur zehn Tage später, am 14. Mai 1970, schossen Soldaten und Polizisten auf demonstrierende Studenten des Jackson State College, einer schwarzen Universität in Mississippi. Zwei Schwarze wurden getötet, mindestens 12 verwundet. Es ist wiederholt vorgekommen. daß Soldaten den Einsatzbefehl gegen Demonstranten verweigerten. Am 23. August 1968 weigerten sich beispielsweise schwarze Soldaten der 1. Armored Cavalry Division - die »Fort Hood 43« - nach Chicago geschickt zu werden, um dort bei der Aufstands-bekämpfung eingesetzt zu werden.

6. Keine Truppen dürfen gegen streikende Arbeiter eingesetzt werden. Der Einsatz der US-Armee bei Arbeitskämpfen und »Inneren Unruhen« hat eine lange Tradition. Von der Niederschlagung des Eisenbahneraufstands 1877 (mehr als 100 Tote) über die Bekämpfung des Textilarbeiterstreiks 1934 (Ausnahmezustand in Georgia) bis zum Einsatz bei den Rassenunruhen der 60er Jahre. Allein im Zeitraum zwischen Januar 1965 und Oktober 1971 wurde die Nationalgarde 260 mal gegen »innere Unruhen« eingesetzt. 1970 wurden 25.000 Mann Bundestruppen und Nationalgarde nach New York entsandt, um den Streik der Postarbeiter zu brechen.

7. Zu Gericht über Mannschaftsgrade sitzen Mannschaftsgrade. Das amerikanische Militärrechtssystem verletzt einen der Grundpfeiler der angel-sächsischen (Straf)gerichtsbarkeit, nämlich daß man von seinesgleichen abge-urteilt werden soll. In der Tat ist das US-amerikanische System noch vorsintflutlicher - heute noch - als beispielsweise im Dritten Reich, wo die Beteiligung von Mannschaftsgraden vorgeschrieben war. Die Geschichte der Militärstrafrechtsbewegung, die so lange währt, wie die Institution der US-Streitkräfte mit ihrem ansonsten von der Verfassung abgekoppelten Strafrechts-system, ist nach wie vor - selbst zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Textes - von der Grundfrage verfolgt, inwiefern Soldaten ihre Verfassungsrechte am Kasernentor abliefern, kurzum von dem Streit, ob auch beim Militär die Gerichtsbarkeit ein Mittel der Disziplin oder ein Mittel der Justiz darstellt. Noch gilt das Diktum des Obersten Gerichtshofes der USA, letztendlich ist es ein Mittel der Disziplin. Demnach wird auch noch heute das Disziplinarische bevorzugt, Vorgesetzte sitzen über Untergebene zu Gericht. Kein Wunder, daß eine solche Forderung breiten Anklang finden sollte und auch tatsächlich fand. Auch Verteidiger dieses paternalistischen Militärgeistes fühlen sich zunehmend von der breiten zivilen Kritik an der militärischen Strafgerichtsbarkeit bedrängt, in einem Zeitalter, in dem es 1. in diesen Streitkräften keine Wehrpflichtigen mehr gibt und 2. die technologische Waffen- und Waffeneinsatzentwicklung alles andere als das altherkömmliche Modell von Gehorsam und Disziplin dringend erforderlich machen.

8. Das Recht auf politische Versammlungsfreiheit. Dieses Grundrecht, das in den ersten Zusatzklauseln zur US-Verfassung verankert ist, gehört nicht nur zu den entscheidensten Bürgerrechten, für die das politische System in den USA u.a. errichtet worden ist. Es gehört auch zu jenen Grundrechten, die innerhalb des Militärapparats außer Kraft gesetzt werden. Zwar argumentieren hohe Militärs seit eh und je, dies sei erforderlich, um die zivile Vorherrschaft im politischen System zu gewährleisten und somit im Grunde genommen sogar antimilitaristischer Natur. Die Wirklichkeit lehrt jedoch ein anderes. Gerade seit dem Zweiten Weltkrieg sind es hohe Militärs innerhalb der US-Streitkräfte, die ihre Stellung dazu mißbraucht haben, um sich politisch gegenüber ihren Untergebenen zu betätigen, ohne daß dies geahndet worden ist. Um so mehr wurden die politischen Aktivitäten unterer Mannschaftsgrade gegen die Politik der USA in Südostasien, aber auch gegen ihre Schikanierung, manchmal drakonisch bestraft. Als sich z. B. 1969 27 Soldaten in der »Presidio«-Kaserne in San Francisco in einen Kreis setzten und »We shall overcome« sangen, um gegen die Ermordung eines gefangenen Soldaten durch einen Wächter zu protestieren, wurden die ersten 3 zu 14-16 Jahren Militärgefängnis verurteilt ... Die Gefangenen kamen - durch massive Proteste in und außerhalb des Militärs - jedoch bald frei. Kaum verwundert es also, daß diese Forderung aufgestellt worden ist, galt es auch unter fortschrittlichen, demokratisch gesinnten Zivilisten auf diese gravierende Einschränkung von Grundrechten innerhalb des Militärs aufmerksam zu machen.

9. Der bundesgesetzliche Mindestlohn für alle Mannschaftsdienstgrade. Solange es noch eine allgemeine Wehrpflicht gab (bis 1973), betrug der Sold der untersten Mannschaftsgrade einen Bruchteil dessen, was auf dem zivilen Arbeitsmarkt bundesgesetzlich als Mindestlohn vorgeschrieben war. So betrug der Monatssold eines Rekruten noch 1967 U$ 96,90, was umgerechnet auf einen Stundenlohn von U$ 0,37 hinauslief, geht man von einer 60-stündigen Dienstwoche aus. Zu diesem Zeitpunkt betrug der bundesgesetzliche Mindestlohn bereits mehr als U$ 2,00 die Stunde. Hinzu kam, daß die Soldsteigerungen sowohl die oberen Unteroffiziers- und Offiziersgrade unverhältnismäßig begünstigten, sowie auch alle Dienstgrade bei Zeit- und Berufssoldaten aufgrund der Struktur der Soldsteigerungen wegen bereits geleisteter Dienstjahre, die sämtlich jenseits der Wehrpflichtsspanne einsetzten. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Kleidung, Essen und Unterkunft für Wehrpflichtige kostenlos zur Verfügung gestellt wurden, so besteht kein Zweifel darüber, daß von einer Besoldung kaum die Rede sein konnte. Auch heute noch, nach Einführung unvergleichlich höherer Besol- dungsraten in der Freiwilligenarmee, sind viele Soldaten der unteren Dienst-ränge, bzw. deren Angehörige gezwungen, nebenbei zu arbeiten, wenn sie eine Familie ernähren wollen. Ganz prekär ist die Situation der Soldaten, die im Ausland dienen, denn sie sind vom niedrigen Dollarkurs besonders hart betroffen, wenn sie sich auf den zivilen Wohnungs- bzw. Einkaufsmarkt begeben.

10. Das Recht auf kollektive Verhandlungsführung. Diese Kernforderung aller gewerkschaftlichen Bemühungen zielte nicht nur auf Tarifverhandlungen, sondern auch auf alle Bereiche des militärischen Lebens. Zwar bemühte und bemüht sich die »Association of the United States Army« als mächtige Militärlobby um Verbesserungen der Soldbedingungen für alle Militäran-gehörigen, doch deutlich zugunsten von Zeit- und Berufssoldaten. Endgültige Entscheidungen fällt der Kongreß. Keine Frage, daß diese Forderung bei Rekruten, Wehrpflichtigen und Mannschaftsdienstgraden auf Zustimmung, beim Militärapparat auf krasse Ablehnung stieß, galt und gilt die besonders gute Beziehung zwischen Militär und Kapital doch besonders den Waffen-, Waffensystem- und Gerätebeschaffungen, mit denen sämtliche Soldforde-rungen im Verteidigungshaushalt konkurrieren müssen.

Bis Mitte 1969 traten der Gewerkschaftsinitiative mehr als 6.500 aktive Soldaten bei, die Leserschaft der Zeitung »The Bond« dürfte zu dieser Zeit knapp die Grenze von 100.000 erreicht haben. Jedoch brachte der im Vordergrund stehende immanent politische Charakter der Initiative es mit sich, daß eine ernsthafte gewerkschaftliche Initiative nie erreicht worden ist. Für die existierenden Gewerkschaften war die Initiative viel zu politisch, den politischen Kräften fehlten die Ressourcen, um eine ernsthafte Organisie- rungskampagne zu realisieren. Auch waren viele Anhänger der Friedens-bewegung - unter ihnen sogar die Minderheit, die sich überhaupt für den Widerstand in der Armee interessierte - von dem Gedanken einer »Soldaten-gewerkschaft« abgestoßen. »Eine Soldatengewerkschaft würde die Armee nur verbessern, wir wollen sie abschaffen«. So hatten viele Pazifisten Schwierig-keiten, die ASU oder ähnliche Gruppen zu unterstützen.

Nach Beendigung der Kampfhandlungen in Vietnam interessierten sich etablierte Gewerkschaften, insbesondere die AFGE (»American Federation of Government Employees«) tatsächlich für die Frage der Organisierung von aktiven Militärangehörigen. Die AFGE-Initiative stieß auf rege Unterstützung der Soldaten, dies jedoch veranlaßte den Senat, ein Gesetz einzubringen, das die Mitgliedschaft in einer Soldatengewerkschaft, die Beitrittsaufforderung und die Verhandlung mit einer solchen unter bundesgesetzliche Strafe stellte. Das Gesetz wurde im US-Kongreß am 8. November 1978 angenommen und setzte diesem Kapitel der US-Militärgeschichte - vorläufig - ein Ende. (siehe auch: Cortright, David und Watts, Max: »Left Face - Soldier Unions and Resistance Movements in Modern Armies«, Greenwood Press, New York, Westport, 1991).

Kater

kurzes Video über die Unterstützung von US-Deserteuren in Japan durch die Anti-Kriegs-Gruppe BEHEIREN (1965-1975)


http://www.youtube.com/watch?v=tsri4zQsOWE

Kater

die Broschüre von Max Watts: Die »Untergrund«-Bahn für US-Deserteure während des Vietnamkrieges auf Spanisch:

http://usuarios.lycos.es/amoryrabia/desercion.htm

Kater

Ergänzung von Clancy Sigal (auf englisch) über die damalige "Station" der Untergrundbahn für US-Deserteure in London...

aus London Review of Books

ZitatDiary -  Clancy Sigal

ZitatCivilians who 'entice' or 'procure' or in any substantial way assist US military deserters are liable to severe punishment, including prison terms and fines.

Title 18, Section 1381, Uniform Code of Military Justice (1951)

Number 56 Queen Anne Street, just off Oxford Circus, is today a set of Grade II listed, high-end business offices for rent. But in the late 1960s, during the Vietnam War, this elegant Georgian building housed, among other tenants, the Royal Asiatic Society, as well as my own London 'station' on the underground railway for escaping GI deserters. We were breaking the law, under the US Uniform Code of Military Justice and Nato's Visiting Forces Act; theoretically, in a time of war, we could be shot.

I had first met Harry Pincus, the charismatic founder of our station, when we were both volunteer 'barefoot doctors' at R.D. Laing's Kingsley Hall, a halfway house for psychotics in the East End. One night, when Harry was ambushed by a crazed resident (we never called them 'patients'), I smacked his assailant upside the head with the broken chair leg I always carried with me on duty rota. Two years later, Harry returned the favour when, one foggy evening, he found me wandering, homeless, in Swiss Cottage, and took me home with him to Queen Anne Street, where he had a spare room at the back.

At first, badly needing refuge, I swallowed Harry's fiction that the youngsters of military age and their occasional girlfriends, lying around, making love or sleeping in the spacious front rooms, were just hippies, nothing to get upset about. He was a gifted spin artist. I settled, or rather burrowed, into the flat's wonderfully large back room, and went into total denial. That is, until one afternoon, on the corner of Queen Anne and Welbeck Streets, I was approached by a grubby, unshaven little man – yes, in a dirty mac – with an Oswald Mosley moustache, who, in a stage-Yorkshire accent, introduced himself as 'Sergeant Brent' of Special Branch. Politely, he showed me his warrant card, and hinted that I was involved in something that could lead to my deportation as an undesirable person. 'So, squire, it's all up to you.' Then the non sequitur: 'Desertion, aye nasty business that. You'd be talking to Mister Hitler if our boys had behaved like that in the war.'

I ran back to the house, sweating with anxiety. What, I demanded of Harry, have you got me into? Fifteen years younger than me and half a head taller, with the bulge-eyed good looks of the actor Jeff Goldblum, Harry wrapped a fatherly arm around my shoulders. 'Relax,' he soothed, 'we're the best thing that's ever happened to you.' And so it was.

Now that Sgt Brent had rumbled us, Harry felt free to take me on a full tour of the flat, a labyrinth of high-ceilinged, almost ballroom-sized rooms off a spacious main hallway. Bodies, asleep or stoned, lay sprawled on couches or on the living-room carpet, while a multicoloured Wurlitzer bubble jukebox in the corner wailed the Lovin' Spoonful's 'Did You Ever Have to Make Up Your Mind?' A strong scent of weed mixed with odours from the Cordon Bleu cooking school down Marylebone Lane.

From the moment he'd rescued me on that misty night in Swiss Cottage, Harry had planned for me, as a presumably responsible adult, to take over his duties at Number 56. Simply put, my new job was to smuggle American deserters in and out of the United Kingdom, help arrange false papers, find safe houses in the UK, 'babysit' our less stable 'packages' (AWOLs in transit), personally accompany those too shaky to travel alone, and liaise with my opposite numbers in Paris, Copenhagen and Stockholm, as well as in North America, Australia and Japan, where the anti-war youth movement was particularly strong.

We were most wary of Nato's Visiting Forces Act, which mandated police forces to 'detain and arrest' absentees. Although Harold Wilson's government winked at the law, the British police, who generally disliked the Labour Party, enjoyed the easy sport of plucking a deserter – recognisable by his buzzcut – off the street and turning him over to the US military police. In the blink of an eye he would find himself in a North Carolina military prison.

If, as Harry was fond of quoting Mao, 'the guerrilla moves among the people as a fish swims in the sea,' our sea of helpers extended from the windswept Hebrides (God help the boy we sent there) to Devon, Cardiff to Norfolk. I still have my 'emergency list' of on-call helpers: Quakers, pacifist vicars, street people, students, the vegetarians and sandal-wearers detested by George Orwell, even retired military officers. I favoured getting AWOLs out to the provinces, where they seemed more comfortable than in metropolitan London. Deserters saw themselves as, and were, the 'niggers' of the antiwar movement, which by and large favoured nice, articulate, clean-living middle-class draft dodgers over working-class anti-heroes. At the time, few of the boys would have viewed their outcast experience, as I came to see it, as a rite of passage.

My problem was that almost as soon as I began working with the AWOLs, I lost patience with them and their girlfriends, who kept referring to me, in my hearing, as 'the crazy old guy in the back room'. I must have seemed slightly mad to them as I dashed about the flat at all hours hoovering, picking up rubbish, scrubbing dishes, plunging the toilets and performing the many other Sisyphean tasks needed to keep teenage things – and my disordered mind – in order. They just laughed and called me a 'sanitation Nazi' when I hectored them.

'Who's writing your speeches, Dick Nixon?' jeered Charlene, a tall, leggy, mussed-blonde deserter groupie and self-described Missouri trailer trash. Charlene, fed up with 'American fascist bullshit', had landed on us one day along with a tubercular deserter from Stockholm's snowdrifts, Stanislau ('Stash'), the son of Polish immigrants who ran a bakery in Detroit. Over time and shared emergencies – AWOLs always had emergencies – Charlene and 19-year-old Stash became my guides, and mentors, in the deserter trade.

Stash, a large and imposing man-boy, was a cheerfully self-confessed law-breaker and Munchausian liar. 'I love you like a brother, old man, but please don't leave your wallet lying around where's I can see it.' A juvenile jail veteran, he was used to being on the run, sleeping rough, rolling drunks, stealing cars and living by his wits. Pirates of the underclass, we were drawn to each other like long-lost brothers: like me, he was given to panics, depression and impulsive acts of escape. He was also extremely smart. Whether or not he'd been in Vietnam was iffy; he'd spin one colourful tale in the morning and a different one in the afternoon. 'Stash is the worst advertisement for a man I've ever met,' Charlene said. 'But down there, in the street, where it counts, he's a rocket scientist.'

'Down there, in the street' is where it was all happening. Some days, when business was slow in Queen Anne Street, I'd troll nearby Hyde Park and Bayswater Road for kids who looked lost and had short haircuts. Even though the Street Offences Act had just been amended, it was still risking arrest to approach a young American boy asking: 'What unit you from? Need a bed?'

Harry and I wrangled constantly over my neurotic concern for 'security': i.e. maintaining a decent level of tidiness at the house, if for no other reason than to keep the cops away. I balked at inviting in reputed Weathermen, gone underground after violent 'actions' in the States; but Harry, who firmly believed in 'letting it all hang loose', was an adamant civil libertarian, so I grudgingly accepted these runaway felons, though only on condition that we turn away British army deserters from Northern Ireland, whose presence was sure to close us down.

By this time, we had evolved a classically English accommodation with the various secret services who kept tabs on us: at one time or another these included MI5, Special Branch, the CIA, the FBI, US navy and army counterintelligence as well as US Seventh Army counterintelligence, not to mention the local Marylebone police who came pounding up the stairs in response to neighbours' complaints about the noise, or when the marijuana clouds wafting out of the front windows became too noxious.

Deserters are by nature paranoids who tend to suspect one another of being in the CIA. This curious mixture of brotherhood and mistrust was a permanent part of the atmosphere at the house, which inevitably also attracted its fair share of fantasists, liars, charlatans and, on rare occasions, real live government spies, easily spotted by their 'tell', usually a provocateur-style rant designed to pull us into conspiratorial violence. Now and then a teenage fabulist came through, insisting he'd been a side-gunner on a helicopter gunship but now suffered pangs of guilt at massacring Vietnamese peasants from the air. Most of these kids turned out to be runaways from Middle America who had flipped on too many Sgt Rock and Fantastic Four comic books. My favourite was a 16-year-old from Tennessee who called himself 'Kid Blue'. When I last heard from him he was phoning (he said) from the US Embassy in Grosvenor Square, where the CIA had kidnapped and were torturing him. 'Help! They're murdering me! Help me . . . help – arrrggghh!' I never heard from Kid Blue again.

Harry was by this point pretty much out of it, his big eyes spooked by acid, exaltation, anger, joy, sadness alternating with spasms of common sense. He declared that he was on a 'journey' – indeed the same one I was on when he rescued me – and would not be denied what he believed I had seen, the third eye of God. Stubborn, gentle, raging, compassionate: he was trying, like all of us, to unknot his contradictions. At a recent Labour Party Conference in Brighton, he'd grown so frustrated with the delegates' lack of sympathy for the deserters' cause that he'd broken up the ballroom furniture in a rage and had been flung out on his ear.

'DESERTER ASYLUM NOW NOW NOW!' screamed the lurid leaflets produced by Harry's group, the Union of American Exiles in Britain. I winced at the inelegance, but there was a more pressing matter: we were rapidly running out of money. I hatched a brilliant plan. At a free Rolling Stones concert in Hyde Park in July 1969, we'd infiltrate and panhandle the anticipated mob of hippies, street freaks and war-averse American students on vacation. With all those kindred spirits gathered on the grass (in both senses), we were on to a sure thing.

I dreamed of plucking a fortune in donations. To help us rattle the cans a number of young American 'Rhodies' – the Oxbridge-based Rhodes and Fulbright scholars – came to cover the park entrances from Marble Arch to the Albert Hall. One of them was Frank Aller, an extraordinarily nice boy who was the roommate and best friend of Bill Clinton, then scraggle-bearded, fattish and vaguely on our side. Frank, in his neatly pressed Brooks Brothers suit, looked (and was) so incorruptibly straight that on demos we often put him instead of volatile Harry in front of the TV cameras. Frank dragged Clinton along that day. Bill flirted with the girls – this is not hindsight – and was always somewhere else when it came to hawking leaflets on street corners.

On that lovely sunny Sunday, about twenty of us gathered to sweep through the 250,000 fans in the park. Every hippie, freak and doper in the United Kingdom, Europe and the Americas seemed to be there. We collected endless saintly smiles, hugs and V-peace signs, while up on the jerrybuilt stage Mick and Keith set loose clouds of yellow butterflies. By dusk, we had gathered six petition signatures, $30 in US currency and £12 sterling and some coins.

The Hyde Park fiasco broke Harry's spirit; it didn't do much for mine, either. A miasma of 'Movement fatigue' fell on us, not much helped by the revelations of the My Lai massacre and Nixon's 'secret' Cambodia bombing. Charlene eventually evaporated to Sweden with yet another consumptive boy (he'd fled after his parents betrayed him to the local sheriff in Oklahoma), and Stash disappeared altogether. Even the amiable David, a Californian draft dodger and pacifist who lounged about the flat in an Easy Rider fringed jacket and cowboy boots, came back some nights with bleeding knuckles from pub fights he swore he hadn't started. A commune has a natural life, and ours was coming to an end. But at least we had had one last hurrah when President Nixon came to town.

In suits and ties, hoping to look like Young Republicans Abroad, we gathered on the north side of Brook Street outside Claridge's, where Nixon was staying. Our scheme was to lure him onto the hotel balcony in front of the TV cameras with our chants of 'Nix-on, Nix-on!', then suddenly raise high our antiwar placards. And there he was! Upstairs, hemmed in by aides and Secret Service, on the balcony, waving to nobody in particular with his death-rictus smile, all teeth and hatred. The police held us back and we politely obeyed, according to plan.

Just then Harry, in jeans and flapping Pendleton shirt, ducked past the police cordon – he'd played varsity football for Amherst College – and made straight for the gilt metal doors leading to the marble lobby, bellowing: 'NIXON MURDERER! NIXON BABY KILLER!' He was like a blind Samson, bobbies and Special Branch and Secret Service all over him, fists flying. Blood streamed down his face; his large eyes burned with the joy of battle. The cops pushed us back while they concentrated their fury on him with kicks and punches. I'd never seen Harry so light of heart.

In the midst of it all, I looked up and was transfixed by the curious, detached stares of Nixon and his henchmen. Instantly, I recognised two of his aides as my UCLA classmates: ramrod-stiff, crew-cut Bob Haldeman and jowly John Ehrlichman, Nixon's 'gatekeeper' and dirty-tricks adviser respectively. Bob, wintry-eyed and controlled, whispered urgently to a Secret Service guy. But it was Ehrlichman's gaze that held me. Hot, angry, personal. From a sidewalk angle looking up, his jutting, pugnacious jaw looked like Mussolini's. 'Hi John! Hi Bob!' I yelled at my former drinking buddies and screamed out UCLA's 'fight song': 'By the Pacific's rolling waters/Here we stand its son and daughter.'

I can't remember if we spent any time in the cells at the nearest police station on Savile Row – my second home on demo days – but we straggled back to the house to watch ourselves on the Six O'clock News. There we were, posters and all. The world had noticed. And then it was over.

A few days later I found a dead body in the porcelain claw-foot tub in the main bathroom off Harry's red-draped seraglio. The gold-plated taps were full on and the tub was overflowing. 'Omigod, Harry's done it!' I cried.

Charlene dashed in with Emma, a Rhodie who was Harry's best (non-lover) friend, slushing over hundred-year-old William Morris tiles, ankle-deep in bath water. While Emma tugged the taps shut, Charlene grabbed the corpse's hand to check for vitals, then slapped its face. 'The bastard's OD'd,' she said.

Ever so slowly, in a lazy, graceful, Neptune-like stirring, Harry raised himself up in the bath to stretch his athletic body, splashing us like a playful puppy. Peering at us with a hazy, crazy smile, he stepped out of the tub to give me his best royal hug. 'That's always been your problem, Clancy,' he said. 'You let the little things get to you.'

Charlene returned from downstairs to report that Harry had flooded one whole wall of priceless books and hangings in the Royal Asiatic Society's library directly below. A few minutes later, fully clothed and seemingly composed, Harry led our remorseful little delegation down a flight of stairs with carved mahogany banisters, past portraits of long dead maharajahs, for a penitential chat with Miss Evans, the RAS librarian.

Even now, as moisture from upstairs darkened the flock wallpaper of her beloved library, Miss Evans, once she saw our stricken faces, managed a heroic degree of forgiveness. If – she got the words out with some difficulty – we agreed to put a stop to the past-midnight parties, and got rid of the jukebox, and contributed 'however modestly' to the cost of repairs, a 'rapprochement' (her word) was possible. My heart swelled with relief and gratitude. But something about Miss Evans's manner – her sheer niceness? – rattled Harry.

'NO MORE "SHOULDS"!' he yelled, banging his fist on the inlaid teak conference table and going around it to tower over her. '"Shoulds" are breaking the heart of the world!' he thundered. And then he delivered a summary indictment of British imperial sins in Cyprus, Kenya, India and anywhere else that came to mind. For good measure, as he stomped out of the library, he flung over his shoulder a promise that under no circumstances would we, her upstairs tenants, subscribe to British collusion in the Vietnam War by muffling the jukebox. At the door, he turned back to Miss Evans, who was trembling with shock and anger, and gave her his saintliest grin. We got our eviction notice the next day.

Whenever I have Big Thoughts about our little operation at 56 Queen Anne Street, a final image brings me back to reality. The last time Harry and I saw each other, in Marylebone Lane, just after our foco broke up, I was outraged to see that he had 'borrowed', and was wearing, my best pair of cavalry twill trousers. So we stood on the narrow sidewalk, shouting at each other like fishwives, arguing the merits of bourgeois property rights versus oh I forget what. I demanded my pants back and, without hesitation, Harry slipped them off in the middle of the passing lunchtime throng and handed them over. Then, mustering his dignity, he strolled away in his jockey shorts.

Clancy Sigal lives in Los Angeles. His last novel to appear in the UK was Zone of the Interior.

http://www.lrb.co.uk/v30/n19/siga01_.html

Kater

weitere Ergänzung: GI-Arbeit in Hong Kong

ZitatBob Hall: Hong Kong GI work 1970-1972

Starting a GI Centre
Prior to my arrival Sept 70 there had been some antiwar protests and several people had been 'deported'. There was little or no GI contacting, even though HK was a major R&R place.

A demonstration was held on 16 Mar 1970 at Pan-Am offices in Hong Kong on the anniversary of the My Lai massacre. At this small demo Klaus Schleusener was arrested while trying to erect a banner. Subsequently, around September, the Government refused to renew the visas of several of the participants, including Mitch Meisner, a US citizen; Lars Ellstrom, Swedish; and Klaus, a German. As a consequence they were forced to leave the colony - in effect deported.

About the same time, Annie and Jan (American anti-war activists working with GIs in other parts of Asia) visited Hong Kong separately, and both talked with anti-war activists about setting up a group or centre for working with GIs in Hong Kong.  The original idea was to set up an escape route for GIs who wanted to desert the army.  A small handbook, 'the yellow book' was produced to provide information to GIs and those working with them, and the name 'the Hobbit' was used.

Around late September or early October 1970, shortly after I arrived in HK, there was an anti-war meeting and protest about these 'deportations' and suppression of dissent about the Vietnam war. At this meeting the possibility of undertaking GI work was further discussed and a few people showed interest in taking it on.

At a subsequent meeting it was agreed to set up a GI 'centre' in Kowloon. As the discussions went on and initial contacts were made with GIs, it became clear that supporting GIs wanting to desert was not necessarily the most useful role of those working with GIs.  

Hong Kong had by then become the preferred R&R centre for most black GIs.  Most of them were 11 months into their one year tour in 'Nam' and their main pre-occupation was to get themselves home alive.   Many of those that we met had not been drafted, but had enlisted through lack of options (economic conscripts) or had done a deal exchanging a prison sentence for a term in the army. The main focus of the centre was to give information about anti-war activities, including other parts of the GI movement and other people's movements in the US and Asia.

The centre was operational in late 1970 and worked from Kowloon for more than a year and then moved to the New Territories as supporters came and went. [The initial core people of the Kowloon centre (coded Roger Hobbit) were Bob (US), Celia (Scottish), Jane (Chinese scholar) and Bob (Australian anti-war activist and draft resister)].

The centre had regular international activist visitors and very committed local Chinese supporters (e.g. Marianne, Doris and Peter), academic supporters including Paul Walker, (author of 'Under the Whitewash', an expose of corruption, Government suppression of dissent), to a limited extent foreign students.  Local people gave a lot of practical support to the centre but they also brought their own experience of anti-colonial and anti-imperialist struggles in their own context as well as solidarity with the Vietnamese people.

During the two years of GI work there were many 'itinerant' supporters Betsie, Eileen and Dick, CCAS members, Jon & Kathy (who went back to the US and continued anti war work), plus locals Leonard & Bernard Man, and Ding.

United States Information Service (USIS) and Canadian consul 'kindly' loaned projectors which was used to show anti-war. Black Panther films and others on China in house.

Activities Undertaken

Meet GIs and rap about war, provide anti war material, document their views and experiences about the war.
Participate in Pacific Counseling Service (PCS) work.
Obtain Black and Women's movement material from US especially Black Panther books and periodicals, info about the Angela Davis trials, George Jackson and the Soledad brothers, and support material, films etc. Material obtained from Peoples Press, Pacific News Service.
Exchange with US-based GI papers & underground papers, radical/leftish papers (Liberation, Guardian, NARMIC).
Exchanges with Annie & Jan in Japan.
Exchanges with Sid Peterman and Pacific Counseling Service.
Present NARMIC slide show.
Provide Winter Soldier and VVAW material (background was the hearings in Detroit of Vietnam veterans' testimonies on war crimes Jan 31- Feb 2 1971 and subsequently made into a movie titled 'Winter Soldier'.

Work mixed up with lots of local political activity eg Japanese claim over Sankaku/Spratleys, plus general anti war rallies at US embassy and Chinese language movement.  

1971
Met GIs in Wanchai and Kowloon (bar & red light areas) – generally handed out anti war material including sometimes 'safe conduct' stickers; if a guy showed sufficient interest and didn't appear to be a spook he was invited back to flat for a rap, film show and to look through library of GI activities, papers etc. (black guys particularly on black liberation politics, stuff on Angela/Panthers).  Most GIs had not had any access to these materials or American-based GI papers.

Jane generally typed up conversations from these visits. Some contacts provided detailed account of war atrocities and acts of sabotage/fragging eg. disabling of APCs, shooting of officers during patrols, damage to communication centres (Da Nang).

A lot of material was written and printed at the centre for distribution to GIs. The centre also received support and material from the US (PCS, VVAW), Japan (Beheiren) and Philippines.

The centre was unable to offer sanctuary for AWOLS/Deserters, but at times was able to provide support to guys undertaking there own form of anti war protest and on occasion organized publicity.

In late 1971 CCAS provided a degree of support for GI work and GIs were invited to attend CCAS meetings and find out about China.

Black GIs talked about their solidarity with each other, as black people in the 'White Man's' army and how they did not want to fight this war.  There was a lot of solidarity among black GIs as a form of resistance against the racism of the army, particularly officers.  In some cases, this had then led to an understanding that the Vietnamese people were not the enemy (racism at home, imperialism abroad).  But it led to widespread resistance to fighting the war, particularly risking their lives in a fight that was not theirs.

Some black GIs talked about producing underground newsletters and had been influenced by hearing broadcasts from North Vietnam – e.g. from Hanoi Hannah and others by GIs who had deserted and gone North.  Many had heard about these broadcasts or stories about how the Vietnamese did not see black people as their enemy.

Most GIs spoke about the extent of the use of drugs in Nam and how the brass were using it to undermine solidarity and anti-war activity.  

1972
Feb 72 - PCS having problems getting staff to Asian projects because of visa issues (reported by Jon K); Bob Hall briefly visited Tokyo in late 1971 to link up with GI work; Annie & Jan in Paris; 11-13 Feb 72 Assemble Mondiale de Paris pour Paix.
In HK Kitty Hawk in town with 5000 sailors another 5000 troops in town on R & R and major leafleting undertaken.

Coral Sea carrier visits HK (had left US Nov 71 following huge protests in the "Stop Our Ship" movement. Engaged in laying mines in Haiphong harbour. Saratoga due. Leafleting in Wanchai and film night and some trips to new territories and rapping with some CCAS people; discussions of underground activities on Coral Sea eg sabotage and underground paper.

Use of US POWs statement against the mining. NB ships also leafleted in Japan and Philippines with POW Statement

General success at meeting GIs was low and even lower to get them to come to a meeting – however those that were interested were avid and often took with them literature back to Nam.  After 71, there were far fewer GIs visiting Hong Kong because of the reduction of numbers of Americans fighting in Vietnam.  Navy ships continued to visit Hong Kong.  However, talking to those on the ships was much more difficult since they did not have much experience of the reality of the war and had experienced it at one remove.

Bob Hall was deported  from HK in July, 1971 and continued undertaking GI work in western Europe and in Cambridge, England until the end of the war.
Jane Tate returned to England November 1972, where she continued her anti-war work.
Bob Snow returned to the US and worked with PCS.

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