Auswirkungen des Ukrainekriegs auf die Kultur

Begonnen von dagobert, 12:43:48 Do. 29.September 2022

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dagobert

ZitatKonzertmeister vom Münchner rot-grünen Stadtrat wegen ,,Russland-Nähe" entlassen

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Die Münchner rot-grüne Stadtregierung wirft dem rumänischen Geiger schon seit Mai vor, ,,Teil der Propagandamaschinerie Putins" (Florian Roth von den Grünen) zu sein, weil er neben seiner Tätigkeit für die Münchner Philharmoniker zusätzlich auch mit dem Mariinsky-Orchester unter Leitung von Valery Gergiev aufgetreten ist. Dies sei rechtlich zwar möglich, so die Münchner SPD-Kultursprecherin Julia Schönfeld-Knor, die auch Mitglied im Philharmonischen Rat ist, aber ,,aus ethischen Gründen abzulehnen". Valery Gergiev war bereits Anfang März als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker entlassen worden.

Das Vorgehen erinnert an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte. Vor über 80 Jahren wurden nicht nur die Karrieren von jüdischen Künstlern vernichtet, sondern auch die von ihren Freunden oder Ehepartnern, sofern sie sich nicht von ihnen trennten. Nun wird einem Rumänen mit jüdischen Namen (Herschcovici) zum Vorwurf gemacht, dass er sich nicht vom russischen Dirigenten Valery Gergiev trennt.

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Gergievs ,,Vergehen" bestand sicher nicht in seinen ,,üppigen" Honoraren, die allenthalben für berühmte Dirigenten und Star-Musiker ausgegeben werden, egal welcher politischen Couleur oder welcher Nationalität. Er wurde entlassen, weil er einem Ultimatum durch den Münchner SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter nicht gefolgt war, er müsse eindeutig die russische Aggression in der Ukraine verurteilen.

In den oberen Etagen des Bildungsbürgertums, in Politik, Kulturinstitutionen und Redaktionen hat sich eine gutverdienende Schicht breitgemacht, die völlig geschichtsvergessen ist. 77 Jahre nach dem Ende des Nazi-Terrors erheben sie Gesinnungsschnüffelei zum Maßstab für Kunst, als habe es Hitlers wütende Säuberungen gegen herausragende Künstler und ihre Werke -- jüdische, russische, ukrainische -- nicht gegeben.

Wie damals werden zudem nicht nur die Orchester und Ensembles, sondern auch die Konzertprogramme gesäubert. Die Münchner Philharmoniker änderten bezeichnenderweise nach der Entlassung von Gergiev das Programm der mit ihm geplanten Konzerte im Mai. Die 7. Symphonie von Dmitri Schostakowitsch, die berühmte ,,Leningrader" Antikriegssymphonie, wurde durch die 5. Symphonie des Komponisten ersetzt.

Gegen die antirussische Hysterie in der Kultur formiert sich allerdings auch Widerstand. Bei den diesjährigen Salzburger Osterfestspielen ließ Intendant Nikolaus Bachler, der ehemalige Intendant der Bayrischen Staatsoper, demonstrativ die Leningrader Symphonie durch die Sächsische Staatskapelle Dresden unter Leitung des russischen Dirigenten Tugan Sokhiev aufführen. Den Umgang mit Gergiev und anderen russischen Künstlern bezeichnete er als ,,Hexenjagd".

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In der irrwitzigen Hysterie gegen russische Künstler, die mit der Kündigung von Lorenz Nasturica-Herschcovici in München einen neuen Höhepunkt erreicht, geht es nicht um Solidarität mit der Ukraine und schon gar nicht mit der ukrainischen Bevölkerung, die unter dem Krieg leiden muss. Längst wird deutlich, dass die russische Invasion von der NATO unter Führung der USA und ebenso Deutschlands als Vehikel benutzt wird, um einen massiven Krieg gegen Russland anzuzetteln. Die ukrainische Bevölkerung, die 1941 zu den ersten Opfern des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion gehörte, dient in diesem Krieg als Kanonenfutter.

Die eifrigen Vertreter einer ,,ethisch" sauberen Kultur – unter Ausschluss russischer, und nun auch rumänischer Künstler – beteiligen sich in Wahrheit an der ideologischen Einstimmung der Bevölkerung auf diesen umfassenden Krieg, der zum Atomschlag und zur Auslöschung der Menschheit führen kann.
https://www.wsws.org/de/articles/2022/09/25/nast-s25.html
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

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