Trauriges Ende - Immer mehr Armenbegräbnisse

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 17:05:13 Mi. 14.September 2005

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

Wilddieb Stuelpner

ZDF, Sendung "Frontal21": Trauriges Ende

Immer mehr Armenbegräbnisse

Nichts erinnert mehr an den Menschen, kein Stein, kein Kreuz, keine Inschrift. Kein Angehöriger, der am Grab gedenkt oder Blumen als Gruß niederlegt. Immer mehr Menschen in Deutschland werden anonym, in Urnengemeinschaftsgräbern beerdigt - sei es, dass sie sich selbst dafür zu Lebzeiten entschieden haben oder einfach niemand da war, der für die Kosten des Begräbnisses aufkommen wollte.

von Rita Stingl, 13.09.2005

Namenlose Beerdigungen, irgendwo auf einer Friedhofswiese, liegen im Trend. Es ist die preisgünstigste Variante und auch die mit dem geringsten Aufwand: Das Grab muss nicht über Jahre gepflegt werden. Deutschland spart, selbst beim Tod.

Kein Geld für die Beerdigung
"Der Wegfall vom Sterbegeld, das war der Anfang, damit ging's los", erinnert sich Peter Dorn von der Verwaltungskommission Evangelische Friedhöfe Berlin. Früher haben die Leute immer noch versucht, irgendwie Geld zusammenzukratzen, um eine halbwegs vernünftige Beisetzung durchzuführen. Aber jetzt haben auch die, die früher ein bisschen hatten, kein Geld mehr.

Die Beerdigung eines Angehörigen bedeutet heute für viele eine zu große finanzielle Belastung, die sie nicht tragen können - oder manchmal auch nicht tragen wollen: "Es ist den Deutschen teilweise keine Ehre mehr, eine Bestattung der Angehörigen zu bezahlen", bedauert Bestatter Karsten Fromberg. In der heutigen Spaßgesellschaft würden die Leute eben das Geld lieber für andere Dinge ausgeben, meint er.

Friedhöfen fehlen Einnahmen
Doch es gibt auch Menschen, die für sich als letzte Ruhestätte ausdrücklich ein anonymes Grab wünschen. Sie wollen nach dem Tod niemandem zur Last fallen, so die häufigste Begründung.

Die Friedhofsverwaltungen beklagen die sich verändernde Bestattungskultur. Wichtige Einnahmen, aus Grabstellengebühren zum Beispiel, gehen ihnen verloren. "Diese anonymen Beisetzungen machen uns wirtschaftlich kaputt", meint Dorn. "Wir können keinen Wegebau mehr durchführen, keinen richtigen Baumschutz oder Sicherung vornehmen, Totholz herausschneiden. Man sieht, wie die Friedhöfe verkommen, weil eben das Geld fehlt."

-------------------------------------------------------------------------

Wie heißt es doch so schon: "Die Würde des Menschen ist unantastbar!" Dieser Bericht zeigt das unsere Altvorderen sich ihres Alters und Daseins schämen und alleingelassen, von dieser Leistungsgesellschaft den letzten Tritt bekommen. Altersarmut und der letzte Tritt ist unsere Zukunft. Abgesehen davon, wem nutzt eine aufwendige, zur Schau gestellte Beerdigung, nur damit die Bürger gaffen und ihr Maul zerreißen können.

lu.gal

Ich habe im Juni meinen Vater durch Die Billigbestatter beerdigen lassen.
Uneingeschränkt zu empfehlen, auch die Überführung aus Hannover klappte reibungslos.
Einziger Nachteil gegenüber anderen Instituten: Die Rechnung muß im voraus beglichen werden.

}:-]
Auferstanden aus Ruinen...jetzt mit noch mehr FrogPower!

Spätlese

Sendung sah ich auch - anfügen möchte ich, dass dieser Friedhofsverwalter auch sagte, dass die Kosten für eine "klassische Standardbeerdigung" heute im Regelfall zwischen 5000 - 10000 Euro liegen (weswegen häufig schon Ratenabzahlungsverträge gemacht werden müssen, die nicht bedient werden).

Wer hat diese Summen heutezutage noch übrig??? Und die in der Folgezeit entstehenden Kosten für den Friedhof wollen ja auch aufgebracht sein. (Der heute Arbeitslose ist ggf. auch nicht sicher - leistet eine amtliche Stelle Kostenübernahme für die Bestattung, so muss diese zurückgezahlt werden, wenn man irgendwann mal wieder in "Lohn und Brot" kommt. Schulden sind vorprogrammiert.)

In den 90ern, also zu DM-Zeiten verschied unsere Mutter und hatte vorher eine Einäscherung bzw. Urnenbeisetzung im Familienurnenplatz des Friedhofes verfügt (Famlienurnenkammer existierte also schon - unser Vater ruhte da schon einige Jahre). Mitarbeiter des Beerdigungsinstitutes nutzen ja irgendwie die Trauerstimmung auch "pietätvoll" aus - zuerst Gesamtpreis-Angebot 6200 DM (also rd. 3100 Euro), meine tränenden Geschwister hatten schon "JA so machen wir´s gesagt", ich nahm mir dann die vorliegende Preisliste des Bestatters, reduzierte einige Komponenten, wo man dann insgesamt auf rund 5400 DM kam und fragte, ob er sich eine Bestattung zum Gesamtfestkostenpreis von 5000 DM vorstellen kann. Fleissig gerechnet hat Herr "Pieta Seit 1910", viermal, fünfmal auf seinem Taschenrechner und bekam ca. 5100 raus = also ca. 2500 Euro im "angemessenen Rahmen" wie verfügt.

Und heute: 5000 Euro für eine "angemessene Feuerbestattung" oder 10000 Euro für eine "einfache Erdbestattung"??? Das hat kaum noch einer übrig.

Es ist schlimm, wenn man auch hier kritisch jeden auszugebenden Euro sparen bzw. noch kritischer hinterfragen muss - kein Wunder, dass es deshalb z. B. in Düsseldorf oder Berlin sogenannte "Sarg- und Beerdigungsdiscounter" gibt, die mittlerweile eine einfache Einäscherung mit anschliessender Beisetzung auf dem Streufeld z. B. für rd. 550,-- bzw. 700,-- Euro vornehmen.
(Auch wohl deswegen herrscht mittlerweile bei den Bestattungsunternehmen eine Art kriegsähnlicher Zustand um "Aufträge".)

Auch interessant:
Verstirbt z. B. ein mehr oder weniger betagter Senior, in manchen Fällen z. B. auch nach jahrelanger Unterernährung, Austrocknung, Fehlmedikamentation, Unterkühlung und daraus folgenden Krankheiten, Infektionen auf Grund unbehandelter Wunden, geistiger Deaktivierung und fehlender körperlicher Betätigung, Misshandlung und unterlassener Hilfeleistung im Pflege- bzw. Altenwohnheim
dann ...
- gibt es zwar im Regelfall keinen, der das weiter untersucht
aber ...
- es empfiehlt die freundliche Heimleitung, der freundliche Notarzt, ja sogar der freundliche Geistliche den Angehörigen oft "ein Bestattungsinstitut, was alles seriös und ordentlich zum guten Preis" regelt.

(Bei Verstorbenen, die in ihrer Privatwohnung verschieden sind, diese unter Hinzuziehung von Polizei und/oder Feuerwehr aufgebrochen werden müssen wurde auch schon gefragt: "... ein Bestattungsinstitut haben sie sicher schon beauftragt ...?")

Soviel wohltätige Hilfsbereitschaft, man kann sich kaum erwehren. ;-)
Alle von mir getätigten Aussagen/Antworten/Kommentare entsprechen lediglich meiner persönlichen Meinung und stellen keinerlei Rechtsberatung dar.

Wilddieb Stuelpner

Mittlerweile gibt es bezüglich des unenrinnbaren Ablebens eines jeden noch andere Trauerspiele:

- Totentransporttourismus zum Einäschern in tschechische und polnische Krematorien und zurück zur Trauerveranstaltung
- Wettfahrten zwischen Bestattungsunternehmer, wer als erster den Auftrag erhält
- Todesdrohungen gegen die liebe Konkurrenz der schwarzen Zunft
- Irreführung der Konkurrenz, indem man sie zu fiktiven Auftraggebern schickt und systematisch ruiniert.

Und der ehemalige DDR-Seniorenverband Volkssolidarität entdeckt die Marktwirtschaft. Funktionäre der Volkssolidarität tingeln durch die Wohngebiete und verhökern an ihre Mitglieder Sterbe- und Unfallversicherungen von der Hamburg-Mannheimer. Herr Kaiser läßt grüßen!!!

MDR, Sendung "Umschau": Umschau-Recherche - Volkssolidarität vertreibt dubiose Versicherungen

Viele ältere Menschen wollen die Kosten ihrer Beerdigung nicht ihren Kindern bzw. Erben aufbürden. Seit mehr als einem Jahr ist die Furcht davor noch größer, denn durch die Gesundheitsreform fiel das gesetzliche Sterbegeld – gezahlt durch die Krankenkasse – dem Rotstift zum Opfer. Die Wohlfahrtsverbände nehmen sich dieser Ängste an. Die Volkssolidarität beispielsweise bietet ihren Mitgliedern Gruppenversicherungen an, allerdings mit fragwürdigen Methoden.

Ein fragwürdiges Angebot

Inge Pescht ist 77 Jahre und langjähriges Mitglied des ostdeutschen Seniorenverbandes. Vor einigen Monaten bekam sie Besuch von der Volkssolidarität. Die freundliche Frau will Pescht eine Sterbegeldversicherung verkaufen. Diese werde später die Beerdigungskosten decken. Außerdem solle die 77-Jährige eine Unfallversicherung abschließen. Bei Abschluss beider Versicherungen gebe es über die Volkssolidarität eine günstige Gruppenversicherung, so der Vertreterin.

Vertrag wegen Bedrängnis unterschrieben

Pescht erklärte, dass sie die Versicherungen nicht brauche. Sie habe für ihre Beerdigung genug Geld auf dem Konto. Und eine Unfallversicherung habe sie auch schon. Doch die Vertreterin bedrängt sie, und so schließt die alte Frau die entsprechenden Verträge ab. Fünf Jahre lang soll sie nun Monat für Monat 90,15 Euro zahlen. Die erste Rate ist sofort fällig. Sie sei froh gewesen als der Besuch weg war, erklärt Pescht den Vertragsabschluss.

Volkssolidarität - Türöffner für dubiose Versicherungsmakler

Wenig später prüft ihre Tochter den Fall. Sie stellt fest, dass auch andere Rentner im Ort bedrängt wurden. In den Akten findet die Tochter ein Schreiben. Das bekam Inge Pescht von der Versicherungsvertreterin. Ein Schreiben der Bundesgeschäftsstelle der Volkssolidarität in Berlin. In ihm wird der Rentnerin die Versicherung schmackhaft gemacht. Dort heißt es: "Damit auch Sie die Gelegenheit erhalten, diese Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen, teilen wir unserem Partner die hierfür erforderlichen Daten (üblicherweise Name, Anschrift, Geburtsjahr) mit. Ein Mitarbeiter der Hamburg Mannheimer wird sie in den nächsten Tagen aufsuchen. Sollten sie aber mit der Mitteilung an die Hamburg-Mannheimer nicht einverstanden sein oder einen Besuch nicht wünschen, so benachrichtigen sie uns bitte."

Es stellte sich also heraus, dass die Vertreterin gar nicht von der Volkssolidarität sondern von einem Versicherungsunternehmen kam. Die Tochter betont, dass besonders der letzte Satz nur ein schlechter Witz sein kann, denn schließlich bekam die Mutter den Brief von der Versicherungsvertreterin ausgehändigt.

Daten- und Verbraucherschutz verletzt

Die UMSCHAU-Recherche ergibt, dass die Volkssolidarität an jedem abgeschlossenen Vertrag mitverdient. Zudem zeichnen sich die angebotenen Verträge durch äußerst schlechte Konditionen aus. Die Sterbegeldversicherung funktioniert wie eine Kapital-Lebensversicherung, von der Verbraucherschützer generell abraten. So muss Pescht innerhalb von fünf Jahren 5.400 Euro einzahlen und bekommt nur 5.000 Euro heraus.

Für sie würde sich die Versicherung nur lohnen, wenn sie zwischen dem dritten und fünften Jahr der Laufzeit stirbt - es gibt weitaus günstigere Versicherungen. Auch die Weitergabe der persönlichen Daten von Pescht an die Hamburg-Mannheimer verstößt gegen geltendes Datenschutzrecht. Inge Pescht hat inzwischen die Versicherung gekündigt. Doch sie ist jetzt vorsichtig, wenn jemand von der Volkssolidarität klingelt.

zuletzt aktualisiert: 09. August 2005 | 17:42

Spätlese

Wundern darf man sich bei den Bestattungsunternehmen nicht. Jahrelang wurde damit Werbung gemacht, dass dieses Gewerk ein sog. "Handwerk mit goldenem Boden" sei. Und nun, angesichts der Bestatterfluten, prügeln sich tatsächlich schon die Mitarbeiter von Bestattungsunternehmen um jede Leiche ...

Wie heisst es so schön ...
"Von der Wiege bis zur Bahre, das Kind wird Mensch und früh zur Ware."
... könnte man modifiziert sagen.

Zahlen soll man unentwegt bis zum Ableben:
- Im Kindes-/Jugendlichenalter zahlen die Eltern, um dem Nachwuchs hoffentlich ein angenehmes und "gesellschaftskonformes" mit möglichst wenig Verzicht Dasein zu ermöglichen. (Was heute immer seltener gelingt.)

- Als Berufstätiger zahlt man Steuern, Versicherungen bzw. Vorsorge ohne Ende und wird ständig mit neuen Zwangsabgaben und Preissteigerungen bedacht

- Als Erwerbsloser wird man dermassen reduziert bzw. sanktioniert, dass man nach Möglichkeit erst gar nicht das Rentenalter erreicht und weiter kostet

- Als hilfebedürftiger Senior mit Sozial- bzw. Minimalrente wird man in einem Mehrbettzimmer im Pflegeheim abgelagert und systematisch an Körper und Seele über Jahre hinweg ruiniert (siehe ***) - die Rente ersatzlos teilweise ohne Taschengeld (bei Vormundschaft z. B.) einbehalten

- Als Leiche verursacht man auch noch Kosten, entweder seinen Angehörigen oder einer anderen Stelle  - aber als Leiche muss ich mich darüber nicht mehr schämen bzw. aufregen.

--- --- ---

= (siehe ***):
Etliche Menschen, die heute mit 70 oder 90 Jahren im Senioren-Pflegeheim inhaftiert bzw. kaserniert sind, haben im besten Alter für alle Eventualitäten versucht Vorsorge für das Alter zu betreiben. Privat gewollt und staatlich abgefordert. Oder haben für´s Alter gespart u. a..

Wie ich jetzt wieder in einem heimlich gedrehtem Film über Altenpflegeheime in verschiedenen Standorten Deutschlands sah - ein Skandal ohnegleichen, dass man diese pflegebedürftigen Rentner wie abgehalfterte Gäule behandelt:

Je nach Pflegestufe und Pflegebedürftigkeit:
- Entmündigung bzw. Bestellung eines Vormundes (z. B. wenn sich Angehörige nicht kümmern, nicht kümmern können oder es diese nicht gibt).
- Wertgegenstände, Versicherung, evtl. Vermögen bzw. Rentenauszahlung geht an den Vormund oder bestellten Vermögensverwalter, was u. U. das Pflegeheim direkt sein kann.

Hier ein Beispiel - ein netter Tagesablauf wurde gefilmt:
- Drei steinalte Frauen liegen zusammengepfercht in einem kleinen Zimmer und werden regelmäßig am Morgen zwischen 4 und 5 Uhr geweckt. (Aus Personalknappheit angeblich.)
- Mit einem nassen Waschlappen werden Gesicht und Hände abgerubbelt, mit einer Bürste durch die Haare gefahren
- Dann zum Neuwindeln bzw. Waschen wegen Unkontinenz ausgezogen - da lagen die alten Frauen, bis auf´s Skelett abgemagert (Austrocknung und Unterversorgung eben), dann mit Kot beschmiert ohne Decke zeitweise nackt eine Stunde bis das nächste "Reinigungskommando" kam.
- Dieses kam dann mit dem Kommentar "wieder alles durch- und vollgeschissen" ins Zimmer und hob bzw. drehte die Seniorinnen zum Zwecke der Reinigung dermaßen grob, dass es bei verschiedenen Damen blaue Flecken gab. (Bei einem Fall sogar einen Rippenbruch, den man erst gar nicht bemerkte - offene infizierte bzw. verdreckte Wunden waren auch oft vorhanden.)
- Frühstück - wohl so um 8 Uhr: Für eine Frau 2 kleine Scheiben Schwarzbrot 1x Wurst 1x Käse + 1 x Tee, für die beiden anderen "Nährbrei". Kommentar einer Pflegerin dazu "... ich mach´ die "Schulzen" mit flüssig, geht schneller...". Eine Frau fragte nach mehr Tee oder etwas Mineralwasser - Antwort: "Das hätten wir auch gern, gleich heute Mittag, da gibt´s wieder was."
Dann Zwangsmedikamentation mit einheitlichen Komponenten für alle:
abführhemmendes Mittel (denn sie waren ja gerade frisch gewindelt worden), Antidepressiva, Kreislaufbeschleuniger. (Wohl, damit die Seniorinnen im Falle von Besuch oder bei einer ärztlichen Musterung einen halbwegs akzeptablen Eindruck hinterlassen. Kontrollen in Pflegeheimen kommen ja zum Glück nur nach längerer Ankündigung)
Dazwischen: Rausschieben im Rolli auf den Gang ans Fenster - dass ist dann die Freizeitgestaltung.
- Mittagessen - 1 Kelle Gemüse, wohl Spinat mit Kartoffelbrei gequierlt - sah aus, wie schon mal gegessen, keine Fleischeinlage. 1 Flasche Mineralwasser dazu. (Anmerkung des Kommentators: Die angelieferten Essensportionen müssen oft noch reduziert werden, da sich hiervon das Personal mitverpflegt. Da braucht man sich dann auch nicht wundern, dass die Frikadelle bzw. das Brühwürstchen fehlt.)
Eine Frau hatte arge Probleme mit dem Essen - das Breichen wurde ihr ohne Erbarmen eingeflösst, bis es zu den Mundwinkeln heraustropfte.
Dazwischen: Rausschieben im Rolli in ein "Gesellschafts- und Spielzimmer" mit TV. Die geistig noch mobilen Senioren erfreuten sich an Halma und Fernsehen. Die nicht mehr Wahrnehmungsfähigen stellte man ans Fenster - dass ist dann die Freizeitgestaltung.
Abendessen: siehe Frühstück
Nachtmedikamantation: Beruhigungs- bzw. Schlafmittel und teilweise Abführmittel (damit sich diese armen alten Frauen bloss nur 1 x in der Nacht oder am Morgen die Windeln vollmachen) verbunden mit der Anordung um 20 Uhr: "... so jetzt wird aber fein geschlafen ..."

Und wieder geht ein schöner Tag im Pflegeheim zu Ende.

Ein ehemaliger Heimleiter, den man vor der Kamera unkenntlich gemacht hatte meinte: "... Es ist wirklich so: Mit Standardminirente bzw. Pflegeversicherung bekommt man nur Minimalpflege, die ärztliche Versorgung wird vernachlässigt - wer mehr hat, für den wird auch mehr getan, so ab 1600 oder 2000 monatlich Euro geht es ihnen in Abhängigkeit der Pflegestufe da etwas besser. ...)

Ich frage mich:
Wo bleibt das ganze Geld??? Ironisch und bitterböse muss ich mal fragen: Verdient das Personal so maßlos, ist die gereichte Verpflegung so hochwertig, reichlich und teuer, kosten Windeln und Reinigungsartikel so viel.
Es werden wohl andere sein, die sich auf Kosten und zu Lasten der alten und wehrlosen Menschen die Taschen vollpropfen.

Gegen eines dieser wundervollen "Ruhigstellungs- und Totpflegeheime" wurde unter Vorlage des Filmmaterials und Hinzuziehung von Experten bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet. Ergebnis gab´s noch nicht dazu.

Auch das ist DEUTSCHLAND HEUTE! Grausam, kaum einer der das anklagt.
Möge evtl. ein jeder der seine Angehörigen im Heim besucht kritisch und misstrauisch in jede Ecke schauen - denn (fast) jeder wird ja mal alt, gebrechlich und u. U. hilfebedürftig.

(Eigentlich sollte man sich wünschen, bei Eintritt in das Rentenalter auf Rezept die preisgünstige Lösung zu erhalten - die Zyankalikapsel oder so was.)
Alle von mir getätigten Aussagen/Antworten/Kommentare entsprechen lediglich meiner persönlichen Meinung und stellen keinerlei Rechtsberatung dar.

Wilddieb Stuelpner

MDR, Sendung "exakt": Butterfahrt und Leichenschmaus vom 27.09.2005

Manuskript des Beitrages von Barbara Dobke

Seit das Sterbegeld anfang des Jahres gestrichen wurde, haben "Discountangebote" der Bestatter zum Teil groteske Formen angenommen.

O-Ton: Hartmut Woite, Bestatter "Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie noch mal sehr herzlich. Wir fahren nach Tschechien, kurz hinter der tschechischen Grenze zu dem kleinen Krematorium in Vysocany, dass wir überwiegend benutzen. Wir werden heute eine Trauerfeier dort haben, die Familie, die betroffen ist, fährt mit uns mit."

Der Tagesausflug von Bestatter Hartmut Woite beginnt um sieben Uhr früh. Im Bus neben 30 Bestattungstouristen Familie Sydow, die die Mutter in Tschechien einäschern und beisetzen lässt. Man fährt Kolonne. Vorn der Leichenwagen mit den sterblichen Überresten von Mutter Sydow, dahinter ein Transporter – noch mal vier Leichname. Johanna Leistner, 67, ist auf Schnuppertour mitgekommen – so wie die meisten hier. Ihr Mann ist schwer krank.

O-Ton: Johanna Leistner, Rentnerin "Drei unserer Freunde sind gestorben in den letzten anderthalb Jahren, deshalb fahre ich heute mit. Langsam kriegt man es mit der Angst zu tun, und die haben alle Horrorbeträge gezahlt. 5.000 Euro für eine Urnenbestattung ohne Stelle, 10.000 für ne Erdbestattung mit Stein, das ist mir zu teuer. Das sehe ich einfach nicht ein."

Bei Discount-Bestatter Hartmut Woite gibt's das ganze ab knapp 900 Euro – anonymes Grab in Tschechien inklusive. Die Schnupperfahrt nach Tschechien ist für potentielle Kunden gratis, genau wie Mittagessen und Getränke.

O-Ton: Hartmut Woite "Ich wünsche Ihnen somit eine gute Fahrt. Auf der Autobahn – erst auf der Autobahn – werden wir anfangen mit dem Kaffeeausschank. Denn hier innerhalb der Stadt ist das mit den Schwankungen ein bisschen problematisch. Wir wollen nicht, dass sich irgendwer verbrüht oder verletzt."

Das Geschäft boomt, seit Anfang letzten Jahres das Sterbegeld abgeschafft wurde – jetzt müssen die Angehörigen komplett selbst zahlen. Und das wird teuer: Nach einer Studie des Bunds der Steuerzahler fallen für eine Beisetzung in Deutschland durchschnittlich 3.000 bis 12.000 Euro an. Da lohnt sich die Suche nach Alternativen.

O-Ton: Interessent "Wenn ich einkaufen gehe, mache ich ja auch einen Preisvergleich. Gucke mir die Angebote an und selbst wenn ich Millionär wäre, wo das Geld überhaupt keine Rolle spielt, würde ich immer einen Preisvergleich machen."

O-Ton: Hartmut Woite und Interessenten Hartmut Woite: "Erschrocken, wie wir damit umgehen?"

Johanna Leistner: "Ne, eigentlich nicht."

Hartmut Woite: "Nicht schockiert?"

Interessent: "Ne."

Nach fast vier Stunden Busfahrt – Ankunft am Krematorium in Tschechien. Die ersten vier Leichname werden ausgeladen. In Särgen Marke "Öko" – Von Bestatter Woite preisgünstig in der Ukraine eingekauft.

O-Ton: Hartmut Woite und Interessenten Hartmut Woite: "Wenn sie in die Kühlkammer gehen wollen - müssen sie nicht, sie können."

"28 geboren, 05?"

Johanna Leistner: "Das ist so – gefällt mir. Würdevoll sagen wir mal."

Reporterin: "Aber einfach?"

Johanna Leistner: "Ja macht doch nichts. Es muss doch nicht ein ganz prächtiger Sarg sein, für was denn?"

Die Sydows haben für die Beisetzung ihre Mutter etwas mehr Geld ausgegeben. Der Sarg in Mahagoni-Optik, Blumen und Trauerfeier kosten extra.

Hartmut Woite: "Musik, Frau Woitkova, Musik!"

Die Musik kommt aus dem Computer, die Trauerrede hält der Bruder von Bestatter Woite, ein ehemaliger Polizist. Profi-Grabredner stehen nicht mehr zur Verfügung, seit der Discount-Bestatter aus der Innung ausgeschlossen wurde. Die Berufskollegen fanden Woite pietätlos.

O-Ton: Hartmut Woite "Wenn wir jetzt den Sarg reinschieben würden, würde es eine Rückschlagflamme geben und der, der hier arbeitet, könnte sich verletzten. Ungefähr in fünf Minuten sind wir soweit, dass wir den Sarg in die Kammer geben können."

Die Einäscherung ihrer Mutter wollen sich die Sydows nicht mehr ansehen – umso mehr Interesse haben die Bestattungstouristen.

O-Ton: Bestattungstouristin "Darf man mal gucken? Darf man wohl mal gucken?"

Hartmut Woite nutzt die Gelegenheit, sein neuestes Produkt vorzustellen.

"Das wäre aber viel Asche."

Die Souvenirurne – ein paar Gramm Asche des lieben Angehörigen zum Mitnachhausenehmen. Das Ganze für 40 Euro extra.

O-Ton: Hartmut Woite "Eine Familie möchte die kleine Urne zurück haben. Da nehmen wir jetzt etwas Asche raus."

Reporterin: "Was halten sie davon?"

Johanna Leistner: "Ne ich halte davon nichts. Ich möchte meinen Mann nicht auseinander nehmen."

Andere erkundigen sich vorsichtig, ob es nicht möglich ist, gleich die ganze Urne mit nach Hause zu nehmen – in Tschechien erlaubt, aber in Deutschland streng verboten.

O-Ton: Interessent "Also ich könnte theoretisch sagen, also wissen sie Herr Woite, die Urne möchte ich bei mir im Wohnzimmer aufbewahren. Das sage ich natürlich nicht jetzt so. Logisch. Wir beide würden dies, das würde gehen."

Pünktlich um eins. Gratis-Mittagessen – der Bestatters hat eingeladen. Johanna Leistner ist zufrieden. Der Ausflug hat ihr bislang gefallen.

O-Ton: Johanna Leistner "Ich habe jetzt ein paar Bilder gemacht, was ja makaber war, aber ich will die einfach meinem Mann zeigen, der hat so was auch noch nicht gesehen. Aber er ist dafür und dann machen wir einen Vorvertrag."

Weiter geht's zum Friedhof. Etwas abseits gelegen. Hartmut Woite hat sich hier ganze Grabfelder reserviert – für seine deutschen Kunden. Die Beisetzungsfeier für Mutter Sydow nimmt der Bestatter selbst in die Hand.

O-Ton: Hartmut Woite "Ruhe in Frieden."

Das war's.

O-Ton: Johanna Leistner "Ich weiß nicht was hinterher kommt, ob wir uns verstehen da oben in der Sprache. Aber so ist doch egal wo man liegt."

Nur die Grabfelder an der Friedhofsmauer, die gefallen der Katholikin nicht. Denn da habe man früher traditionell nur Selbstmörder beigesetzt.

"Und nur der Seitenstreifen ist...?"

O-Ton: Hartmut Woite "Wir nehmen nur den Seitenstreifen damit wir auch wissen, wie im heutigen Fall, wo liegt in etwa mein Mann."

15 Uhr. Der Ausflug nähert sich dem Ende. Zurück in den Bus – zurück nach Deutschland.

"Ich hoffe es war so, wie sie es sich vorgestellt haben."

Es ist merklich ruhiger geworden. Doch auch die Sydows sind zufrieden – die Bestattungstouristen haben sie nicht weiter gestört.

O-Ton: Angelika Sydow "Keiner hat uns angesprochen und belästigt in diesem Sinne und auch Fragen gestellt. Im Gegenteil: Sie sind hinterher noch zu uns gekommen und haben uns noch nette Worte gesagt. Das hat uns überhaupt nicht gestört."

Und auch Johanna Leistner hat der Ausflug zugesagt.

O-Ton: Johanna Leistner "Doch mir gefällt das. So traurig wie es ist, sagen zu müssen, aber mir gefällt das."

Nur: Das mit der Grabstelle an der tschechischen Friedhofsmauer, wo sonst oft nur die Selbstmörder liegen, dass will sie sich noch mal durch den Kopf gehen lassen.

zuletzt aktualisiert: 27. September 2005 | 23:25

------------------------------------------------------------------------------

So sieht das Ergebnis der Gesundheitsreform in einer Facette aus, wenn das Sterbegeld für Otto Normalbürger gestrichen wird, für Abgeordnete aber erhalten bleibt. Der Wert und das Leben des Menschen verkümmert zu einem Haufen Asche, nur aus Gründen staatlich verordneter Sparwut um jeden Preis. Ansonsten ist der Mensch zu Lebzeiten wie im Tod eine Handelsware in dieser Gesellschaft. Profit ist das Maß aller Dinge.

------------------------------------------------------------------------------

MDR, Sendung "exakt": Teure Tote - Kampf auf dem Bestattungsmarkt

MDR, Sendung "exakt": Bestatterkrieg

MDR, Sendung "exakt": Die letzten Dinge - Wenn Menschen allein sterben

MDR, Sendung "brisant": Mordauftrag - Bestatter wollte Konkurrentin ins Grab bringen

MDR, Sendung "Windrose": Tschechien - Geschäft mit dem Tod

MDR, Sendung "Nah dran": Tote auf Reisen - Bestattungskultur in Deutschland

  • Chefduzen Spendenbutton