Neues Personal dank Leiharbeit

Begonnen von unkraut, 23:32:43 Mi. 25.Juni 2008

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unkraut

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Qwelle: http://www.suedkurier.de/nachrichten/wirtschaft/profit/art121137,3266441,0

Obwohl der Leiharbeit in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch das Ausbeuter-Image anhaftet, ist unbestritten, dass die Branche erheblich am Aufschwung der vergangenen Jahre beiteiligt war. Rund die Hälfte der im vergangenen Jahr in Deutschland neu geschaffenen Arbeitsplätze entstanden in der Zeitarbeitsbranche. Insgesamt hat sich die Anzahl der Leiharbeiter im vergangenen Jahrzehnt mehr als verdoppelt auf nunmehr rund 749000. "Die Wirtschaftswelt hat sich verändert", erklärt Thomas Hetz, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Mittelständischer Personaldienstleister (AMP). "Um am Weltmarkt gut aufgestellt zu sein, muss ein Unternehmen heute schnell und flexibel auf Auftragsschwankungen reagieren können." Zeitarbeit als Kapazitätsreserve für expandierende Unternehmen ist daher ein zentrales Element in der Flexibilisierung des deutschen Arbeitsmarktes.

Die private gewerbsmäßige Arbeitsvermittlung ist in Deutschland erst seit der Zerschlagung des Vermittlungsmonopols der Bundesagentur für Arbeit 1994 zulässig. Das rasante Wachstum der Branche ist zum einen auf die günstige Konjunktur zurückzuführen, vor allem aber auf die Arbeitsmarktreformen der Regierung Schröder. So erlaubt der Wegfall der gesetzlichen Sperrfrist seit 2004, Mitarbeiter mehrfach hintereinander und zeitlich unbegrenzt anzustellen. Zeitarbeitunternehmen sowie ihren Kunden ermöglicht dies, die Regeln des gesetzlichen Kündigungsschutzes zu umgehen.

Der Boom der Branche scheint seinen Höhepunkt jedoch erreicht zu haben. Gemäß dem im März erschienenen DIHK-Dienstleistungsreport Frühjahr 2008 hat sich die Geschäftslage der Zeitarbeitsunternehmen geringfügig verschlechtert: von einem Lagesaldo von 67 Prozentpunkten im vergangenen Jahr auf 61 Punkte. Simone Kemper vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) erklärt: "In der Zeitarbeit spiegelt sich die Situation am Arbeitsmarkt direkt wieder." So seien momentan Zeitarbeiter im Metall- und Elektrobereich, in der Dienstleistungsbranche und zunehmend auch in der öffentlichen Verwaltung besonders gefragt.

Zeitarbeiter sind nicht günstiger für die Unternehmen als Festangestellte, da sie neben dem Lohn des Zeitarbeiters auch die Serviceleistung der Vermittleragentur bezahlen. Simone Kemper fügt hinzu: "Die Unternehmen sparen aber indirekte Personalkosten. Firmen, die Fachkräfte suchen, nutzen Zeitarbeit als Rekrutierungsinstrument."

Vor dem Hintergrund der Öffnung der Märkte für osteuropäische Unternehmen hält der Bundesverband für Zeitarbeit (BZA) die Einführung eines Mindestlohnes für unbedingt erforderlich. BZA, iGZ und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) drängen auf die Aufnahme der Zeitarbeitsbranche ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und damit darauf, dass der von ihnen vereinbarte Mindestlohn von 7,31 Euro im Westen und 6,36 Euro im Osten für allgemeinverbindlich erklärt wird. In den Gewerbepolitischen Forderungen des Bundesverbandes für Zeitarbeit (BZA) heißt es dazu, "nur so kann Zeitarbeit in Deutschland vor Dumpinglöhnen und Billig-Konkurrenz ausländischer Zeitarbeitunternehmen ausreichend geschützt werden."

Der AMP sträubt sich allerdings heftig gegen diese Darstellung. Thomas Hetz, Hauptgeschäftsführer von AMP erklärt: "Wir brauchen keine Änderung des Arbeitnehmerentsendegesetzes, weil wir keine Entsendeproblematik haben. Die osteuropäischen Länder entwickeln sich so rasch, dass es sich bis 2011 für sie nicht mehr lohnen wird nach Deutschland zu kommen." Dem Verband geht es nach eigenen Angaben um die Wahrung der Tarifautonomie. Ein Mindestlohn würde vielmehr die Konkurrenz innerhalb des Landes ausschalten, was verheerende Folgen für viele mittelständische Zeitarbeitsunternehmen hätte.

Im europäischen Vergleich zeigt sich der Wechsel zwischen Leiharbeit und Festanstellung als ein Problem der deutschen Zeitarbeitnehmer. Obgleich aktuelle Studien des BZA belegen, dass jeder vierte Zeitarbeitnehmer im so genannten "Klebeeffekt" vom Kundenunternehmen übernommen wird, und jeder fünfte aufgrund seiner durch Zeitarbeit erworbenen Erfahrungen eine Festanstellung in einem anderen Unternehmen findet ("Integrationseffekt"), bleibt es für Zeitarbeiter ohne Ausbildung schwierig. Denn egal wie laut Politik und Wirtschaft Zeitarbeit als Jobmotor für die Zukunft anpreisen: Die Tatsache, dass jeder achte Zeitarbeiter trotz Vollzeitbeschäftigung auf Hartz IV angewiesen ist um seinen Lebensunterhalt zu sichern, spricht für sich. AMP-Chef Thomas Hetz betont die steigende Tendenz, als Leiharbeiter beim Kundenunternehmen "kleben" zu bleiben, sagt aber auch: "Gerade für Arbeitnehmer ohne Ausbildung stehen die Chancen auf eine Festanstellung schlecht, da die Wirtschaft immer weniger Bedarf an dauerhaft beschäftigten Geringqualifizierten hat."

Die Verbände für Zeitarbeit wollen ins öffentliche Bewusstsein bringen, dass Zeitarbeit auch Chancen für gering qualifizierte Arbeitnehmer eröffnet. Schließlich sammle der Arbeitnehmer durch Leiharbeit bei verschiedenen Unternehmen indirekte Qualifikationen. Ein neuer, vom BZA entworfener Ausbildungsberuf "Kaufmann für Personal-Dienstleistung" soll dazu beitragen, Arbeitnehmer in Zukunft effizienter zu vermitteln und Zeitarbeit als Sprungbrett in den Arbeitsmarkt für Berufseinsteiger und -rückkehrer attraktiv zu machen. "Wir halten Zeitarbeit zudem für ein effizientes Instrument um Schwarzarbeit zu bekämpfen" sagt Simone Kemper. "Darum sollte Zeitarbeit unbedingt auch im Bauhauptgewerbe zugelassen werden, denn gerade in dieser Branche sind die Auftragsschwankungen und damit der Bedarf an Zeitarbeitern enorm."

Für Fremdeinsätze von Ingenieuren und anderen hochqualifizierten Technikfachkräften gelten besondere Regeln. Die Firma Brunel etwa ist ein Personaldienstleiter, das anderen Firmen Fachkräfte zur Verfügung stellt. Unter diesen finden sich ausschließlich Akademiker, Manager und Fachkräfte aus technischen Berufen. "Bis zu 90 Prozent unserer Mitarbeiter sind Ingenieure, daher verstehen wir uns als Ingenieurdienstleister", sagt Doreen Paschke, Pressereferentin von Brunel.

Die Kundenunternehmen schätzen, kurzfristig und je nach Bedarf auf erfahrene Spezialisten zurückgreifen zu können. So bestätigt ein Kunde von Brunel: "Wir sind ein expandierendes Unternehmen und spüren den Fachkräftemangel gerade im Bereich Klima- und Kältetechnik. Wir arbeiten sehr gerne mit Zeitarbeitskräften, um die Zeit zu überbrücken, bis wir geeignete Mitarbeiter finden und natürlich nutzen wir Zeitarbeit auch als Möglichkeit im Recruiting."

 
 
 
Obwohl nach Einschätzung des Hauptgeschäftsführers des Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister AMP, Thomas Hetz, ganze Branchen wie zum Beispiel die Automobilindustrie ohne Zeitarbeiter überhaupt nicht in der Lage wären Auftragsspitzen auszugleichen, möchte sich Brunel deutlich von der Zeitarbeit abgrenzen. "Im Gegensatz zu regulären Zeitarbeitsunternehmen haben unsere Mitarbeiter unbefristete Verträge" betont Nikolaus Steiner, Leiter der Brunel Niederlassung in Lindau.
Der Standort Lindau habe sich für das Unternehmen insofern bewährt, als das sich der positive Effekt, den sich Brunel von der Kundennähe erhofft hatte, eingestellt habe. So erklärt Steiner: "Unsere Kunden setzen auf Nachhaltigkeit. Wir können nicht verhindern, dass sie ausländische Ingenieure für fünf Euro einstellen. Die Forderung nach einem Mindestlohn betrifft uns aber nicht, da wir unsere Mitarbeiter über einen Haustarifvertrag mit Verdi bezahlen."

Nach Einschätzung von Nikolaus Steiner wollen Unternehmen zunehmend Leiharbeiter in die Festanstellung übernehmen. Dies kann Thomas Hetz nur bestätigen: "Heute beträgt die durchschnittliche Verweildauer eines Mitarbeiters bei einem Zeitarbeitunternehmen 4,5 Monate. Noch vor zwei Jahren lag sie bei 6,5 Monaten." Gerade für Hochschulabsolventen technischer Studiengänge bietet die Zeitarbeit Chancen. Angestellt bei einem Personalvermittler lernen sie über die Projektarbeit in kurzer Zeit verschiedene Unternehmen kennen und sammeln auf die Art viele Erfahrungen, wie es ihnen auf anderem Wege nicht möglich wäre.

Es hält sich hartnäckig der Verdacht, Zeitarbeiter seien all jene, die auf dem regulären Arbeitsmarkt keine Stelle gefunden hätten. Das können längst nicht alle bestätigen. "Ganz im Gegenteil" erklärt ein Unternehmer. "Viele Ingenieure wählen die Zeitarbeit bewusst, weil sie die Freiheit und Selbstständigkeit nicht aufgeben wollen und ihnen die projektbezogene Arbeit Spaß macht."
Noch Fragen Hauser ? Ja Kienzle , wer ist eigentlich Unkraut ?

Wir wagen es nicht weil es schwierig ist sondern es ist schwierig weil wir es nicht wagen .

Mein Buchtip als Gastautor :  Fleißig , billig , schutzlos - Leiharbeiter in Deutschland  > ISBN-10: 3771643945

Arwing

"Obwohl der Leiharbeit in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch das Ausbeuter-Image anhaftet, ist unbestritten, dass die Branche erheblich am Aufschwung der vergangenen Jahre beiteiligt war. Rund die Hälfte der im vergangenen Jahr in Deutschland neu geschaffenen Arbeitsplätze entstanden in der Zeitarbeitsbranche."

--- Ein Aufschwung, der nur der Gewinnmaximierung der Unternehmen zu Gute kam. Die Leihkeulen hatten nichts davon. ---



"Insgesamt hat sich die Anzahl der Leiharbeiter im vergangenen Jahrzehnt mehr als verdoppelt auf nunmehr rund 749000."

--- Das ist traurig genug. ---
Das aktuelle Geldsystem ist auf die Gewinnmaximierung einer kleinen Elite ausgerichtet, die von der Gemeinschaft der Bürger Europas erbracht werden soll und die politische Elite fungiert als Handlanger.

sedanon

ZitatOriginal von unkraut
Qwelle: http://www.suedkurier.de/nachrichten/wir...21137,3266441,0 "Viele Ingenieure wählen die Zeitarbeit bewusst, weil sie die Freiheit und Selbstständigkeit nicht aufgeben wollen und ihnen die projektbezogene Arbeit Spaß macht."

Ekeliger Euphemismus.
Das Traurige daran ist aber, dass eben dieser Scheiß von der Politik auch noch geglaubt wird.

Arm, entrechtet und Spaß dabei  :cheer: !!
Franz Josef Strauß :

"Everybody's Darling is Everybody's Depp"

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