1,46 Euro für ein Geschenk - Bundestag setzte sich mit Anträgen zu Hartz IV-Novelle auseinander

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 15:21:22 So. 18.November 2007

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Wilddieb Stuelpner

Neues Deutschland, vom 16. November 2007

1,46 Euro für ein Geschenk - Bundestag setzte sich mit Anträgen zu Hartz IV-Novelle auseinander

Von Uwe Kalbe

Hartz IV – der Protest breiter Bevölkerungsschichten gegen die Arbeitsmarktreformen hat die LINKE in den Bundestag gebracht. Diese ist sich ihrer Verantwortung bewusst, wie sich am Donnerstag erneut zeigte.

Die Fraktionen der Großen Koalition reagieren mittlerweile genervt auf die nimmermüde Fraktion und ihre Anträge zu den Hartz-Gesetzen, wie Katja Kipping registriert. Die Sozialexpertin der Fraktion räumte am Donnerstag vor dem spärlich besetzten Plenum ein, sich mit Armut auseinanderzusetzen, sei freilich deprimierend. Doch »sieben Millionen Menschen müssen mit Hartz IV leben, und das 24 Stunden am Tag«.

Die LINKE hatte in zwei Anträgen eine Anhebung des Regelsatzes für das Arbeitslosengeld II auf 435 Euro verlangt, eine neue Berechnungsgrundlage für die Anpassung an die Lebenshaltungskosten vorgeschlagen, die Finanzierung von besonderen Lernmitteln für Schüler sowie die Einführung einer Weihnachtsbeihilfe gefordert. Auch die Grünen verlangen eine Anhebung des Regelsatzes – auf 420 Euro –, auch sie beklagen, dass die Kopplung der jetzigen Anpassung der Regelsätze an die Entwicklung der Renten »sich als realitätsfern erwiesen« habe.

Während Markus Kurth den Antrag der Grünen unter Hinweis auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten begründete – eine Analyse des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes hat ergeben, dass die Regelsätze deshalb heute bei 364 Euro liegen müssten –, lief die Debatte von Seiten der Koalition so ab, wie Kipping sie eingangs beschrieben hatte – genervt. Die Politikerin ließ sich von unfreundlichen Bemerkungen über den Populismus der LINKEN jedoch nicht beirren. Eine Weihnachtsbeihilfe von 40 Euro ermögliche den Familien eine Feier, die sie sonst nicht finanzieren könnten, im Hartz-Regelsatz seien nur 1,47 Euro für Weihnachtsgeschenke für Kinder vorgesehen. Max Straubinger (CSU) beklagte, wieder einmal setze man sich mit wahlkampfbedingten Anträgen der LINKEN auseinander. Doch Sozialpolitik bemesse sich nicht in höchsten Geldleistungen, sondern in den Chancen, die »Menschen in Eigenverantwortung wahrnehmen können«. Mit 1,5 Millionen Deutschen in Beschäftigung mehr habe die Regierung die Chancen der Menschen »großartig verbessert«.

Heinz-Peter Haustein (FDP) kritisierte den Antrag auf Weihnachtsbeihilfe, weil die LINKE mit der Berufung auf religiöse Gefühle scheinheilig argumentiere. In der DDR sei Religion auch zu Weihnachten negiert worden. Wer einen Weihnachtsengel kaufen wollte, musste eine »Jahresendfigur mit Flügeln« verlangen. Keine gute Aussicht für die Anträge, die in die Ausschlüsse verwiesen wurden.

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ZitatMax Straubinger (CSU) beklagte, wieder einmal setze man sich mit wahlkampfbedingten Anträgen der LINKEN auseinander. Doch Sozialpolitik bemesse sich nicht in höchsten Geldleistungen, sondern in den Chancen, die »Menschen in Eigenverantwortung wahrnehmen können«. Mit 1,5 Millionen Deutschen in Beschäftigung mehr habe die Regierung die Chancen der Menschen »großartig verbessert«.
Herr Straubinger, es fragt sich nur, ob diese 1,5 Mio. Deutsche in neuer Beschäftigung jetzt großartig von opulernten, monatlichen Bundestagsdiäten oder hungerleiderischen 1-Euro-Jobs, Leih- und Zeitarbeitverhältnissen, Mini- und Midijobs, kostenlosen Firmenpraktikas, an AG gerichtete schmiergeldfunktionalen Kombilöhnen befristet leben müssen, um nach kurzer Zeit wieder in Alg II mit Sperrzeitrisiken und permanenter Gefahr der Altersverelendung zurückzufallen.

Auf eine derartige Chancenverbesserung und unmenschliches Dasein unter eigenverantwortlicher Mitwirkung bei erpresserischem AG-Verhalten kann ich gern verzichten.

Bei diesem Herrn tritt die kackbraune-eckelschwarze Gesinnung der Unternehmerpartei CSU mehr als deutlich zu Tage. Diese Gesinnung trieft ja regelrecht in gehässiger Weise aus allen Knopflöchern. Wo bleiben da eigentlich die Bespitzelungen des Verfassungsschutzes?

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