Weiteres Reallohnminus markiert Versagen der Politik

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 15:32:38 Mo. 31.Juli 2006

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Wilddieb Stuelpner

Pressemitteilungen der Fraktion DIE LINKE., vom 28. Juli 2006

Weiteres Reallohnminus markiert Versagen der Politik

Zum weiteren Sinken der Reallöhne in Deutschland erklärt der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE., Oskar Lafontaine:

Es ist grotesk! Während die Gewinne der Konzerne immer weiter steigen, haben diejenigen, die den Reichtum in diesem Land mit ihrer Arbeit erwirtschaften, jedes Jahr real weniger in der Tasche. Zum dritten Mal in Folge werden die Reallöhne in diesem Jahr sinken. Damit wird eine Tendenz verschärft, die schon seit 1995 anhält. Während die Reallöhne in Deutschland seitdem gesunken sind, stiegen sie in den USA, in Großbritannien, in Schweden um 20 bis 25 Prozent.

Dieser deutsche Sonderweg ist nicht nur eine grobe soziale Ungerechtigkeit, sondern zugleich eine himmelschreiende ökonomische Dummheit. Die damit verbundenen Kaufkraftverluste werden das Wirtschaftswachstum weiter abwürgen.

Es wird Zeit, dass Unternehmen und Politik begreifen, dass Lohndrückerei keine Lösung ist, sondern die Binnennachfrage lähmt und damit die Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen auf Dauer verhindert. Deutschland braucht einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8 Euro pro Stunde und eine Entwicklung der Tariflöhne wie in anderen Industriestaaten, die die Inflation ausgleicht und die Arbeitnehmer am Produktivitätsfortschritt beteiligt.

leibeigner

Es wird zeit das du mal begreifst wie kapitalismus funktioniert
Das verschissene 8 euro die stunde mindesteinkommen schieb dir in den arsch.
Solche forderungen der lohnarbeiterklasse im jahre 2006 sind das allerletzte an forderung überhaupt.Entweder es geht um die abschaffung der ausbeutung über lohnarbeit und damit um einen wandel der gesellschaft,oder man ist für eine sozialere ausbeutung auf 8 euro stundenlohnbasis.Du stehst mit deiner forderung ja dann für eine fortführung der ausbeutung,wohlwissend das man im kapitalismus löhne nicht festschreiben kann,da diese wie rohstoffpreise nach angebot und nachfrage geregelt werden.
Nicht die in arbeit stehenden lohnarbeiter bestimmen ihren arbeitslohn,nein das tun die millionen arbeitslosen.
Du bist doch ein mensch der politisch weiß wo er steht und der das nötige ökonomische wissen um die hintergründe hat,warum springst du auf diesen zug auf?

Lichtkämpfer

ch denke wir müssen von dem Ausgehen was heute Realität ist.
Die Bevölkerung ist noch lange nicht soweit daß Lohnarbeit abgeschafft wird.
Eine Revolution findet auch weder am Wohnzimmertisch statt noch in irgendwelchen Kulturzentren sondern in den Betrieben. Die wirksamste  friedliche Kampfform ist immer noch der Streik, danach käme der Bürgerkrieg und diesen stelle sich ja keiner als ein Zuckerschlecken vor. Unsere politische Landschaft ist dermassen heruntergekommen daß ich überhaupt froh bin wenn
die Linkspartei mal soetwas andiskutiert. Das gab es vorher nicht.
Ein Streit wer wohl die besseren Theorien hat hilft uns nicht weiter. Einem einfach gestrickten Arbeiter kann man mit Modellen ohne Lohnarbeit nicht überzeugen. Die meisten Menschen lesen auch noch Bildzeitung. Also was soll man machen? Sie zwingen? Dann tauchen die gleichen Nebenwirkungen wie in allen anderen Revolutionen auf. Den Parteien an sich vertraue ich nicht.
Als Erwerbsloser kannst du in diesem Staat nur ein Dissident sein.

Abstrampler

wenn es die LiPa irgendwann mal schaffen sollte die 8 Euro Std. durchzusetzen, werden von der Kaufkraft nicht mehr viel übrig sein.
Denkt doch mal an die erst vor kurzem wieder angekündigten Erhöhungen der Strom- und Gaspreise.
Die Intervalle der Verteuerung, so scheint es mir, werden kürzer. Es sieht so aus, als würden alle Schmarotzer noch schnell die Gunst der Stunde (Schwarz/Rot) nutzen wollen.

8 Euro, (mega lol) sind viel zu niedrig angesetzt!

Wilddieb Stuelpner

Hast Du nicht verstanden, was ein Mindestlohn ist und daß es darüberliegend noch höhere Arbeitsverdienste geben muß, die nach den obkektiv vorhandenen Arbeitsanforderungen aus der Arbeitsaufgabe ihren Wert der Arbeit abzuleiten haben?

Ich bin für die schrittweise Abschaffung der unteren Lohn- und Gehaltsgruppen, weil die Unternehmer verpflichtet werden müssen, auf eigene Kosten, und nicht auf Kosten aller Steuer- und Beitragszahler ihre Stammbelegschaften auf den neuesten Bildungsstand zu führen. Wer fachlich versiert ist, schafft mehr Erzeugnisse in einer besseren Qualität. Seine Kreativität entwickelt sich durch bessere Bildung und durch Anhebung der Arbeitsinhalte.

Es ist der größte Schwachsinn, die menschliche Arbeitskraft und Gesundheit als Ware zu betrachten, die es zu Schleuderpreisen auf den "Arbeitsmarkt" zu kaufen gibt. Deshalb sollte man das Angebot-und-Nachfrage-Gequatsche sich dorthin stecken, wo man regelmäßig seine Exkremente entsorgt.

Wo sind wir denn, daß um den Wert eines arbeitsfähigen Menschen wie auf arabischen Basaren gefeilscht wird?

Wie wir in Art. 1 des Grundgesetzes von der beschissenen Menschenwürde gefaselt?

"Artikel 1 [/url][Menschenwürde; Grundrechtsbindung der staatlichen Gewalt] GG

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht."

Die Menschenwürde fängt auch dort an, sich nicht selbst als Ware oder Handelsgut zu betrachten und diese gesellschaftlichen Normen der Kapitalisten zu akzeptieren.

uwenutz

Vor noch nicht allzu langer Zeit behauptete der ein oder andere
Neoliberale, Harv IV sei de facto schon der viel zitierte und von einigen
Gruppierungen erwünschte Mindestlohn, um dann beim ,,Tabula Rasa
Umsetzen" diesen als vehement marktfeindlich zu verdammen. Richtig
ist, um einmal das alte Gewerkschaftsdenken heraufzubeschwören,
dieser ein Eingriff in die Tarifautonomie, nur, und das ist das
Entscheidende, funktioniert diese auf Grund des Ungleichgewichts der
Kräfteverhältnisse nicht mehr, so daß eine Etablierung mehr als nur
sozial gerechtfertigt, vielmehr zwangsnotwendig wäre.
Und nicht nur um der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die
auch die BRD ratifizierte genüge zu tun, dort heißt es:
,,das Recht auf angemessene und befriedigende Entlohnung, die ihm
und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende
Existenz sichert und die, wenn nötig, durch andere soziale
Schutzmaßnahmen zu ergänzen ist.", so weit erst mal zur Theorie.
Klar dürfte sein, daß nach heutigen marktbeherrschenden
,,Freimarktlobbyistentum"  in good old Germany und der dahinter
stehenden Einheitspartei alles getan wird, nachfrageorientierte und auf
Humanität aufbauende Marktpolitik nicht nur zu unterlaufen, sondern sie
ganz zu  entsorgen und medienwirksam zu diskreditieren: ... wie haben
in den letzten Jahren / Jahrzehnten über unsere Verhältnisse gelebt, ist
da ein gern benutztes Zitat, man fragt sich nur, wer hier über welche
Verhältnisse gelebt hat?
Wenn man sich die Ausbeutertheorie näher ansieht, bleibt von den
Behauptungen der neoklassichen Theorien, die angeblich belegen, daß
Mindestlöhne keine Wirkung zeigten wenn diese unterhalb eines
Gleichgewichtslohn verblieben oder Unternehmen abgeschreckt
würden, Menschen in Lohn und Brot zu stellen, nichts übrig, wenn man
heutiges Fazit betrachtet.  Unabhängig dessen, um Lafontaine zu
zitieren, ist es weniger grotesk, daß Konzerne bei laufenden
Gewinnmargen gleichzeitig mehr und mehr Bürger in Verarmung
treiben, dies ist vielmehr systemimmanent.
Aber, und das sollte man nicht vergessen, ist diese Partei die Einzige
verbleibende Kraft, wenn auch ohne Entscheidungsbefugnis, die diese
Fragen und Forderungen noch zur Sprache bringt.
Da spricht der nachfragespezialisierte Keynes schon eine ganz andere
Sprache, wenn er konträr meint:
1.   der Mindestlohn erhöhe das Einkommen der Niedriglöhner,
                erhöht deren Lebensstandart
2.   Steigung der Nachfrage / Konsums
3.   Wirtschaftsankurbelung
4.   Stärke der Binnennachfrage bei verbesserten
                außenwirtschaftliche Gleichgewicht zum Export
5.   Erhöhung der Produktionsauslastung
6.   marktwirtschaftlich gerechte Verteilung von Vermögen
7.   verbesserte Sparquote finanziell schlechte Gestellten
8.   Verbesserte Investitionsbereitschaft kommunaler
                Infrastrukturen
9.   Erstarken von demokratischen gesellschaftlichen Strukturen
10.   und der gleichen mehr

Nur sollte man eines nicht vergessen, dies ist wirtschaftlich und politisch
nicht gewollt, das unten zitierte ist vielmehr sogar der oberste Feind
einer Kapitaldiktatur.

ManOfConstantSorrow

Was faselt Oskar vom "Versagen der Politik"?

Die Politik ist doch extrem erfolgreich im Durchsetzen der Ziele der Wirtschaft:

-Massenverarmung

schafft:

-Tagelöhnerei
-Sklaverei

Den Rest regelt:

-Polizei
-Knast
-Militär
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Lichtkämpfer

Über das Versagen der Politik im Kapitalismus zu sprechen ist Sinnlos.
Hier ist ein Sozialpolitischer Amokläufer dem man die Zwangsjacke anlegen sollte.
Als Erwerbsloser kannst du in diesem Staat nur ein Dissident sein.

Richard Gier

Und hier die Vorgeschichte zum Zwangsjackenbild:

Kurz nachdem Käpt'n Iglo sein Mittagessen im Gasthaus "Hahn im Korb"
beendet hatte und gutgelaunt zurück ins Institut gehen wollte, haben
ihm plötzlich die Pfleger aufgelauert...



Abstrampler


Richard Gier

Die Therapie hat gewirkt.

Der Käpt'n bereut seine Taten zutiefst und nimmt wieder am realen Wertschöpfungsprozeß teil...



Abstrampler

Nach Ladenschluss engagiert er sich für die umverteilung von Reich zu Arm.
Ein echter Sinneswandel?!


Pinnswin

ZitatJeder sechste Arbeitnehmer in Mecklenburg Vorpommern kann einem Zeitungsbericht zufolge trotz eines Vollzeitjobs kaum seinen Unterhalt bestreiten.
Wie die ,,Ostseezeitung" am Montag unter Berufung auf den DGB berichtete, arbeiten rund 80 000 der 400 000 Beschäftigten im Nordosten für einen Niedriglohn.
Der Verdienst der Niedriglöhner liege bei weniger als 1 300,- € brutto im Monat, hieß es. Die Gewerkschaften fordern die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 7,50€.

NDR Text S.136, Mo.22.01.´07, 17:45h
Das Ende Der Welt brach Anno Domini 1420 doch nicht herein.
Obwohl vieles darauf hin deutete, das es kaeme... A. Sapkowski

Wilddieb Stuelpner

Toll,

die Ostseezeitung, ein vom Zentralorgan der SED-Bezirksleitung Rostock, von der Treuhand verschachertes, zum Medienblatt mutiertes Propagandablatt des Axel-Springer-Verlags bzw. der Lübecker Nachrichten zeigt höchst reale Einsichten in die Welt des Kapitalismus.

Muß wohl ein Fehltritt eines schläfrigen Redakteurs sein.

TagX

ZitatOriginal von joachimkuehnel
Muß wohl ein Fehltritt eines schläfrigen Redakteurs sein.

Zumal wir im Aufschwung und BOOM regelrecht ersaufen; meint die Presse zumindest immer. Was bedeutet das nun?

LG
TagX
Grüße


Sozialismus!

Troll

Zitat"Ich halte eine Diätenerhöhung für überfällig"

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ist überzeugt, dass die Abgeordneten mehr Geld bekommen müssen. Im Gespräch mit WELT.de übt er außerdem Kritik an Lobbyisten, nimmt den Bundespräsidenten in Schutz und erklärt, wie die Politiker das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen können.

WELT.de: Bürger wie Touristen schätzen den Bundestag als große Attraktion. Doch immer mehr Bürger misstrauen Umfragen zufolge Politikern und Parlament. Beunruhigt Sie das?

Norbert Lammert: Ja. Diese zunehmende Skepsis der Bürger gegenüber den Gewählten ist besorgniserregend, da sie Ausdruck eines lange zu beobachtenden Trends ist. Daher kann ich uns allen nur empfehlen, dies nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

WELT.de: Was können Sie, was können Politik und Parlamente dagegen tun?

Lammert: Ein möglichst hohes Maß an Ernsthaftigkeit im Umgang mit den uns anvertrauten Aufgaben und Ämtern ist ein unverzichtbares Element, um diesen Vertrauensverlust zu überwinden. Wir haben in den vergangenen Jahren zu oft den Eindruck erweckt, als ließe sich die Welt so konstruieren, wie wir sie am liebsten hätten, als sei dies nur eine Frage des guten Willens. Manche Erwartungen an die Politik können wir gar nicht erfüllen. Die Politik würde also nicht nur redlicher, sondern auch klüger handeln, wenn sie solche Erwartungen gleich zu Beginn enttäuscht, statt zunächst durch voreilige Bestätigung letztlich eine viel größere Enttäuschung auszulösen.

WELT.de: Politiker sollten also nicht mehr von der "größten Reform" sprechen, sondern eingestehen, dass sie nur begrenzt etwas ändern können?

Lammert: Die heutigen Probleme der Politik seien ungleich schwieriger als die Probleme seiner aktiven Zeit, sagt Hans-Jochen Vogel. Da also selten eine perfekte Lösung möglich ist, ist der Erklärungsbedarf umso größer. Zu den banalen wie unverzichtbaren Erklärungen gehört: In einer Demokratie gibt es immer einen komplizierten Prozess bei der Bildung von Mehrheiten. Nur so aber schaffen wir überhaupt die formalen Voraussetzungen für eine Entscheidung. Die Gesundheitsreform ist das beste Beispiel. Die von der Öffentlichkeit nachvollziehbar kritisierte Mühseligkeit des Verfahrens spiegelt dabei nur die widersprüchlichen Erwartungen der gleichen Öffentlichkeit zu diesem Thema. Ärzte, Versicherte, Apotheker, pharmazeutische Industrie, gesetzliche und private Krankenkassen äußern jeweils Erwartungen, die sich teilweise wechselseitig ausschließen - sie alle aber beanspruchen, sie repräsentierten die Bürger und das Parlament solle ihnen folgen.

WELT.de: Der Bundespräsident hat in den vergangenen Monaten zwei vom Bundestag beschlossene Gesetze nicht ausgefertigt. Verabschiedet der Bundestag Gesetze, die evident nicht verfassungskonform sind?

Lammert: Ganz sicher nicht. Schon in der Vergangenheit wurden Gesetze, die von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden waren, Gegenstand von Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. Manches spricht für die Faustregel: Je relevanter ein Gesetz, desto sicherer klagt ein Betroffener tatsächlich oder vermeintlich verletzte Rechte in Karlsruhe ein. Der Bundespräsident hat insbesondere zu prüfen, ob ein Gesetz korrekt zustande kommt. Die Rechtsgelehrten streiten, ob und in welchem Umfang der Bundespräsident materiell prüfen soll und darf. Diesen Streit will ich nicht schlichten.

WELT.de: Sie sind also nicht der Ansicht, der Bundespräsident prüfe zu materiell?

Lammert: Nein. Ich schließe mich der gelegentlichen Kritik am Bundespräsidenten auch nicht an. Ich kann nicht erkennen, dass er die ihm nach der Verfassung obliegenden Aufgaben unangemessen ausdehnt. Aber man muss deswegen seine Rechtsauffassung nicht teilen. Man kann mit guten Gründen anderer Meinung sein als er.

WELT.de: Der Bundestag ändert erst das Grundgesetz, seither darf der Bund den Kommunen keine Aufgaben mehr übertragen. Anschließend sah das Verbraucherinformationsgesetz genau dies vor. Mangelt es im Bundestag an Respekt vor der Verfassung?

Lammert: Nach meinem Eindruck nicht, auch wenn ich einräume, dass die Kurzfristigkeit beider Fälle zu Ihren Schlussfolgerungen verleitet. Der ganz überwiegende Teil der Gesetzgebung wird verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Nur der ganz kleine Teil der Gesetze wird gerichtlich überprüft, nur wenige Gesetze müssen daraufhin korrigiert werden. Dieses Restrisiko gibt es immer.

WELT.de: Eine solche Überprüfung der Gesundheitsreform fänden Sie also unproblematisch?

Lammert: Es würde mich wundern, wenn ausgerechnet die Gesundheitsreform nicht Gegenstand von Verfassungsbeschwerden würde. Es ist leider eine Unsitte geworden, verständliche Interessen einzelner Organisationen gleich mit dem Anspruch der Verfassungswidrigkeit ungewünschter Regelungen anzumelden. Viele Interessenvertreter überhöhen ihre eigene Lobbyarbeit durch vorgetäuschte Verfassungsbedenken. Das ist kein Fortschritt politischer Kultur.

WELT.de: Die große Koalition amtiert ein gutes Jahr lang mit einer komfortablen Mehrheit. Hat der einzelne Abgeordnete seither an Einfluss verloren? Früher führten Fraktionschefs vor wichtigen Abstimmungen Einzelgespräche, heute sprechen sie nonchalant von 30 Gegenstimmen in den eigenen Reihen.

Lammert: Ich kenne keinen Fraktionsvorsitzenden, der "nonchalant 30 Gegenstimmen in den eigenen Reihen" hinnehmen würden. Das wäre übrigens der Anfang vom Ende seiner Amtsfähigkeit. Es ist unbestreitbar, dass die Mehrheit der Koalition sehr groß ist. Die Rolle des einzelnen Abgeordneten ist deswegen aber nicht kleiner. Durch die Mehrheitsverhältnisse sind die Disziplinierungsmöglichkeiten der Fraktionschefs kleiner geworden. Nichts erleichtert die Durchsetzung der Fraktionsdisziplin mehr als der Hinweis auf eine knappe Mehrheit.

WELT.de: Besorgt Sie der hohe Anteil von Berufspolitikern im Parlament?

Lammert: Besorgt ist eine Spur zu stark. Aber Ansehen und Leistungsvermögen der Politik haben etwas damit zu tun, dass die Bedingungen eines politischen Mandates für viele Menschen, die außerhalb der Politik erfolgreich tätig sind, immer weniger attraktiv sind.

WELT.de: Sollten die Diäten daher erhöht werden?

Lammert: Ich halte eine Diätenerhöhung für überfällig. Schon zu Beginn dieser Legislaturperiode habe ich in meinem Bericht deutlich gemacht, dass wir seit Jahren die gesetzlich geregelte Besoldungshöhe klar verfehlen.

Das Gespräch führten Margaret Heckel und Daniel Friedrich Sturm.

Artikel erschienen am 22.01.2007 Welt.de

"Wer arbeitet, soll stärker an Gewinnen beteiligt werden." (Köhler)
Gesagt, getan:
Der Gewinnboom den wir der Politik verdanken und der wie üblich an den Bürgern vorbei geht, soll nun an die Mitarbeiter per Lohnerhöhung ausgeschüttet werden.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

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