Buch Wer die Zeche zahlt ...: Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg

Begonnen von Rappelkistenrebell, 17:34:43 Mo. 14.Dezember 2015

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Frances Stonor Saunders  Wer die Zeche zahlt ...: Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg

Gebundene Ausgabe: 480 Seiten
Verlag: Siedler Verlag; Auflage: DEA, (5. März 2001)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3886806952
ISBN-13: 978-3886806959

Während des Kalten Krieges standen Schriftsteller und Künstler vor einer schwierigen Herausforderung: In der Sowjetunion erwartete man von ihnen die Glorifizierung des herrschenden Sozialismus. Die westliche Welt hingegen rühmte die freie Meinungsäußerung als die nobelste Errungenschaft der liberalen Demokratie. Aber diese Freiheit hatte ihren Preis.

In "Wer die Zeche zahlt..." dokumentiert die Historikerin und Literaturwissenschaftlerin Frances Stonor Saunders ein geheimes Programm der amerikanischen Regierung, durch das einige der stimmgewaltigsten Vertreter der westlichen intellektuellen Elite - wissentlich oder unwissentlich, willentlich oder unwillentlich - zu Werkzeugen des amerikanischen Geheimdienstes wurden. Gestützt auf umfassendes Archivmaterial und Interviews mit Zeitzeugen, zeigt Saunders, wie der CIA mit Hilfe einer eigens gegründeten schlagkräftigen Organisation - dem "Kongress für kulturelle Freiheit" - bis in die sechziger Jahre hinein jede Nische des westlichen Kulturbetriebs infiltrierte: Er finanzierte und kontrollierte Radiosender, Zeitungen und Zeitschriften wie "Der Monat" oder den "Encounter", organisierte Ausstellungen, Konzerte und Kongresse, vergab Preise und Stipendien und schickte ganze Symphonie-Orchester um die Welt.

Die Liste der vom CIA Geförderten liest sich wie ein Kulturlexikon der Nachkriegszeit: George Orwell, Arthur Koestler, Mary McCarthy, Manes Sperber, Nicolas Nabokov, der Bruder des Schriftstellers, Ignazio Silone, W. H. Auden, Isaiah Berlin, Bertrand Russell und viele andere, die oftmals gerade dem linken Spektrum zuneigten. Denn darin bestand der Coup der CIA: Nicht die Rechte, sondern die nicht-kommunistische Linke sollte sich als beste Waffe im Kampf gegen den Kommunismus erweisen.


Der CIA und die Kultur, das lässt nichts Gutes erwarten. Verkörpert der amerikanische Geheimdienst doch gemeinhin die schmutzigen Seiten des Kalten Krieges wie Attentate, Umsturzversuche und Spionage. George F. Kennan ist da anderer Ansicht: "Dieses Land (die USA) hat kein Kulturministerium, und der CIA musste diese Lücke, so gut es ging, schließen. Man sollte ihn dafür loben, nicht kritisieren." Die CIA als selbstloser Mäzen. Zu schön, um wahr zu sein?

Kennans Urteil kommt nicht von ungefähr. Der amerikanische Diplomat und Historiker ist eine der Hauptpersonen in Wer die Zeche zahlt, Frances Stonor Saunders' akribisch recherchiertem Buch über die verdeckte Kulturförderung durch den US-Geheimdienst. Das Herzstück dieser geheimen Kampagne war der "Kongress für kulturelle Freiheit", der in den Jahren 1950-1967 von dem CIA-Agenten Michael Josselson geleitet wurde. In ihrer Glanzzeit verfügte die Organisation über Außenstellen in 35 Ländern. Sie veröffentlichte mehr als 20 angesehene Zeitschriften, veranstaltete Kunstausstellungen, besaß eine eigene Nachrichtenagentur, organisierte spektakuläre internationale Konferenzen und richtete Preisverleihungen und öffentliche Kulturveranstaltungen aus. Ziel war es, der sowjetischen Propaganda Paroli zu bieten und schwankende Linksintellektuelle von den Vorzügen des "American Way" zu überzeugen, ohne dass die US-Regierung dabei als Geldgeber in Erscheinung trat.

In diesen Kulturkampf flossen enorme Summen, deren Herkunft und Verwendung noch immer nicht restlos geklärt ist. Saunders, deren Buch in weiten Teilen auf privaten Dokumenten und Gesprächen mit Zeitzeugen, darunter auch Josselsons Witwe basiert, spürt diesen Geldern nach und enthüllt die tiefe Verstrickung westlicher Intellektueller in den CIA-Kulturapparat. Über Erfolg oder Misserfolg eines Künstlers entschied nicht mehr allein sein Talent, entscheidend war vielmehr die korrekte Haltung zum Kalten Krieg. Hierin liegt für Frances Saunders der eigentliche Skandal dieser CIA-Operation. --Stephan Fingerle

Über den Autor und weitere Mitwirkende

Frances Stonor Saunders, geboren 1966, studierte in Oxford englische Literatur und arbeitete danach als Dokumentarfilmerin und freie Filmproduzentin. "Wer die Zeche zahlt ..." ist ihr erstes Buch. Frances Stonor Saunders lebt in London.

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Dazu eine weitere interessante Rezension:

Buchkritik -- Frances Stonor Saunders -- Wer die Zeche zahlt...

Umschlagfoto -- Frances Stonor Saunders -- Wer die Zeche zahlt... Während des Kalten Krieges wurde nicht nur die militärische Aufrüstung betrieben, sondern auch die Kunst und mit ihr Musiker, Maler und Schriftsteller, wurde als Propagandamittel benutzt. In der Sowjetunion wurde es von Künstlern generell erwartet die Errungenschaften des Sozialismus zu glorifizieren. Wer sich der herrschenden Doktrin nicht anschloß, dem drohte schnell Ungemach und Strafe.

In der westlichen Welt, die sich selber als frei und ohne Beschränkung der Meinungsfreiheit sah, mußte die intellektuelle Elite erst für den Kampf gegen die Diktatur der Sowjetunion gewonnen werden. Viele liebäugelten mehr oder weniger offen mit den Idealen des Kommunismus. Erst die brutalen politischen Säuberungsaktionen Stalins brachten die meisten Intellektuellen zum Umdenken.

Genau an dieser Stelle setzte der CIA an. Es war die erklärte amerikanische Politik dem Kommunismus nicht nur politisch und militärisch Paroli zu bieten, sondern es wurde ebenfalls ein umfassendes Kulturprogramm aufgelegt, um die Sowjetunion auch auf diesem Gebiet zu schlagen. Frances Stonor Saunders beschreibt diese Aktivitäten in ihrem Buch Wer die Zeche zahlt... überaus genau und detailliert. Sie beschreibt die Phase des Kalten Krieges zwischen dem Ende des 2. Weltkriegs und den späten sechziger Jahren.

Der CIA schuf extra zum Zweck der Kontrolle und der Infiltration des westlichen Kulturbetriebs den "Kongress für kulturelle Freiheit". Viele namhafte Künstler der Zeit beteiligten sich am intellektuellen Kampf gegen den Kommunismus. Die meisten von ihnen hatten keine Ahnung, von wem sie ihr Geld bekamen, sondern wähnten sich im Glauben an eine freie und unmanipulierte Kunst. Einige von ihnen vertraten in der Vergangenheit selbst marxistische Gesellschaftsvorstellungen, doch der praktizierte Kommunismus und seine diktatorischen Auswüchse schreckten sie ab. Sie alle fielen dem "Kongress für kulturelle Freiheit" in die Arme, der sich nach Kräften bemühte, die nunmehr gewendeten Künstler für seine Ziele einzuspannen. Die meisten von ihnen haben es niemals herausbekommen, für wen sie eigentlich gearbeitet haben.

Frances Stonor Saunders hat ein umfangreiches, quellenstarkes Buch über die Zeit des Kalten Krieges in der Kultur geschrieben. Das Ende des 2. Weltkriegs hat die beiden Großmächte USA und UdSSR dazu gebracht, den Krieg auf einer anderen Ebene weiter zu führen. Nicht die Kraft der Waffen war ausschlaggebend, jedenfalls nicht in den Kernländern, sondern vielmehr Propaganda und Werbung für die jeweils eigene Doktrin. Es ist schon eine Ironie, wenn hinter der vielgepriesenen Meinungsfreiheit der USA in Wirklichkeit der CIA steckte, der sich nach Kräften darum bemühte, die Meinungen zu unterdrücken, die nicht in das eigene politischen Konzept passten. Der amerikanische Dienst stand seinem Gegenüber in keiner Beziehung nach. Manipulation war auf beiden Seiten an der Tagesordnung. Die Tatsache, daß die USA den Kalten Krieg gewonnnen haben, heißt nicht automatisch auch, daß sie die besseren Argumente gehabt haben.

Frances Stonor Saunders hat ein wichtiges Buch über die Rolle der Kunst im frühen 20. Jahrhundert geschrieben. Die Freiheit der Kunst und die des Künstlers kommen darin nicht besonders gut weg.

Quelle

http://www.inkultura-online.de/saunders.html


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