Leipziger Gericht: Arbeitslose müssen unpassende Kurse nicht akzeptieren

Begonnen von Wampel, 20:11:35 Mi. 03.August 2016

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

Wampel

ZitatLeipziger Gericht: Arbeitslose müssen unpassende Kurse nicht akzeptieren

Dieses Urteil lässt Arbeitsagenturen und Arbeitslose in ganz Deutschland aufhorchen: Eine 61-jährige Ingenieurin hat sich gegen eine sogenannte Aktivierungsmaßnahme der Agentur für Arbeit zur Wehr gesetzt. Ihr Anwalt sieht das Urteil des Sozialgerichtes als wegweisend an.

Leipzig. Dieses Urteil lässt Arbeitsagenturen und Arbeitslose in ganz Deutschland aufhorchen: Eine 61-jährige gekündigte Buchhalterin aus Schkeuditz, die sich gegen eine für sie sinnlose Maßnahme der Agentur gewehrt hat, gewann jetzt ihren Prozess am Leipziger Sozialgericht. Es hielt die Bildungs-Module für die Diplom-Wirtschaftsingenieurin für nicht zumutbar. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

,,Es ist gerichtsbekannt, dass für Buchhalter – sogar für angelernte – eine gute Arbeitsmarktlage besteht", heißt es im Urteil. Die angeordneten Kompakt-Maßnahmen der Oschatzer Agentur für Arbeit allerdings würden ,,die Eingliederung in das Erwerbsleben" nicht befördern. Denn die Schkeuditzerin sollte an neue Tätigkeiten in den Sparten Holztechnik, Pflegehilfe, Metall, Farbe, Lager oder Garten- und Landschaftsbau herangeführt werden.

Die Ingenieurin, die seit 2005 bis zu ihrer betriebsbedingten Kündigung Ende 2014 als Buchhalterin tätig war, empfand die Option einer ,,künftigen Vogelhäuschen-Erbauerin" oder Pflegehilfskraft als ,,reine Schikane". Sie kam der Verpflichtung zur Kurs-Teilnahme nicht nach. Ihre Widersprüche wies die Behörde zurück. ,,Hätte ich mich nicht gewehrt und vor Gericht geklagt, wäre mir das Arbeitslosengeld I gesperrt worden", ist Monika K. überzeugt. Sie möchte andere Betroffene ermutigen, sich keine unpassenden Maßnahmen aufzwingen zu lassen. ,,Jetzt gibt es ein rechtskräftiges Urteil, auf das sie sich berufen können."

Anwalt: Entscheidung wegweisend

Für ihren Anwalt Sebastian E. Obermaier ist die Leipziger Entscheidung (Aktenzeichen: S 1 AL 251/15) wegweisend. ,,Damit wird der Auffassung der Bundesagentur für Arbeit, dass gegen Zuweisungen in Maßnahmen kein Rechtsschutz gegeben ist, eine klare Absage erteilt", meinte er. Das Leipziger Sozialgericht habe erstmals in Deutschland entschieden, dass Betroffene nicht erst gegen Leistungssperren, sondern primär auch gegen Sinnlos-Maßnahmen Rechtsschutz erhalten können. Vielmehr müssten die Kurse zum Profil des Betroffenen passen. Die Richter bezeichneten die Zuweisung im Fall von Monika K., die noch bis März 2017 Arbeitslosengeld I beziehen wird, als ,,rechtswidrig".
http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Leipziger-Gericht-Arbeitslose-muessen-unpassende-Kurse-nicht-akzeptieren

In dem bereits anderswo verlinkten Kommentar von Stefan Sell steht auch zu diesem Thema was:
http://aktuelle-sozialpolitik.blogspot.de/2016/08/173.html

  • Chefduzen Spendenbutton