Cleverer Chef: Motivation durch Mitbestimmung

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 23:59:37 Do. 17.März 2005

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

Wilddieb Stuelpner

WDR, Sendung "markt": Cleverer Chef: Motivation durch Mitbestimmung

Von Mathias Rauck

Ein Sanitärbetrieb in Mönchengladbach geht neue Wege in der betrieblichen Mitbestimmung. Der Inhaber hat seinen Mitarbeitern viel Verantwortung übertragen. Die sind seitdem deutlich zufriedener und motivierter. So ist der Krankenstand von durchschnittlich 13 Tagen im Jahr auf zwei Tage gesunken.


Früher herrschte im Sanitärbetrieb Schalm in Mönchengladbach der alltägliche kleine Frust. Die Mitarbeiter ärgerten sich über unbequeme Arbeitsanzüge, rutschige Werkzeuggriffe, unpraktische Firmenfahrzeuge, über hässliche Bürowände, chaotische Dienstpläne und über Entscheidungen ,,von oben", die man selbst anders und besser getroffen hätte. Bald war der Chef selbst genervt von all den Kleinigkeiten. Er musste sich schließlich um neue Aufträge kümmern. Also hat Norbert Schalm vor acht Jahren gemeinsam mit seinem Bruder Armin den Betrieb komplett umgekrempelt. Heute entscheiden die Mitarbeiter in ihrem Arbeitsbereich selbst. ,,Ich habe endlich Zeit, mich um wichtige Sachen zu kümmern und muss mich nicht mehr mit Dingen beschäftigen, die die Mitarbeiter selbst ohnehin am besten wissen", erklärt Norbert Schalm.

Beispiel Firmenfahrzeuge. Heinrich Deckers arbeitet auf einer Großbaustelle. Morgens fährt er hin, abends zurück. Alles, was er auf der Baustelle braucht, muss in sein Auto passen. Also braucht er viel Platz. Außerdem legt er großen Wert auf Ordnung und Übersichtlichkeit, um die vielen Schrauben, Muttern und Dichtungen auseinander halten zu können. Deshalb hat er sich für einen geräumigen Lieferwagen entschieden. In den Laderaum hat er sich ein System aus Schubladen und Regalen einbauen lassen. Anders sein Kollege Özdem Aci: Er fährt den ganzen Tag von Kunde zu Kunde und repariert kleinere Schäden in Wohnungen und Häusern. Für die alltäglichen Anforderungen hat er sich einen kompakten Werkzeugkoffer und offene Regale ausgesucht. Und bei den vielen Kilometern, die er Tag für Tag im Auto zurücklegt, war ihm der Motor des neuen Wagens ein Anliegen: ,,Etwas mehr PS sind mir schon wichtig, das macht einfach mehr Spaß." Deshalb hat er sich für einen schnellen VW-Bus entschieden. Heinrich Deckers und Özdem Aci konnten beim Kauf ihres Autos über etwa 10.000 Euro frei entscheiden.

Seine 30 Mitarbeiter danken Norbert Schalm die Extraportion Vertrauen mit einer Extraportion Motivation. So ist der Krankenstand von durchschnittlich 13 Tagen im Jahr auf zwei Tage gesunken. Der Jahresumsatz der Sanitärfirma hat sich mit 3,5 Millionen Euro inzwischen fast verdoppelt. ,,Es macht einfach Spaß, Verantwortung zu tragen und nicht ständig das Gefühl zu haben, dass einem jemand über die Schulter schaut", berichtet Disponent Michael Dias. Der Bürokaufmann koordiniert die Außendienstmitarbeiter des Betriebes. Bürostühle und Lampen hat er sich selbst ausgesucht.

Auch Heizungsbauer Heinrich Deckers ist hoch motiviert. Auf der Baustelle muss er die Sanitäreinrichtung für eine Industrieanlage installieren. In sechs Wochen soll dort Schweinefutter hergestellt werden. Das bedeutet Stress, lange Arbeitstage, kurze Wochenenden. Der Zeitplan ist eng. 200.000 Euro bringt der Auftrag. Angst vor der Billigkonkurrenz aus dem Osten hat sein Chef Norbert Schalm nicht: ,,Die können vielleicht 100 Meter Rohr geradeaus verlegen. Aber das ist genau das, was wir nicht machen. Viel wichtiger als ein billiger Preis ist, dass eine Industrieanlage früh fertig ist und schnell in Betrieb gehen kann." Dank seiner Mitarbeiter hat Norbert Schalm bis jetzt noch jeden vereinbarten Termin gehalten.

Andere Handwerksbetriebe bewundern den Erfolg des Mönchengladbachers. Norbert Schalm hält in ganz Deutschland Vorträge über den Erfolg seines Systems. Sein jüngster Coup: Er hat die osteuropäische Konkurrenz auf deren eigenem Terrain ausgestochen und arbeitet nun mit seiner Mannschaft auf einer Baustelle in Rumänien.

  • Chefduzen Spendenbutton