Die eben nicht „bürgerfreundliche Verwaltung“ am Beispiel des Jobcenter Hagen

Begonnen von counselor, 19:38:21 So. 11.Dezember 2022

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

counselor

ZitatDie eben nicht ,,bürgerfreundliche Verwaltung" am Beispiel des Jobcenter Hagen
----------------------------------------------------------------------------------
Arbeitsminister Heil möchte den Zugang zu sozialen Leistungen in Bezug auf Sozialversicherung vereinfachen. Es soll den Menschen mehr "Respekt, eine bürgerfreundliche Verwaltung und Vereinfachung durch das Angebot digitaler Dienste" und mit weniger Bürokratie begegnet werden.
Das sind die großen Ziele der Bundesregierung, aber auch die des Arbeitsministers.

Dem entgegen steht das Verhalten des Jobcenter Hagen. Dieses klärte mit einer ersten Mail auf, dass ab 01.10.2022 keine Kommunikation per Mail möglich sei und in einer späteren dann, dass eine per Mail eingegangene Nachricht ,,nicht mehr bearbeitet werde". Stattdessen solle die Kommunikation ausschließlich über die Plattform ,,Jobcenter digital" kommuniziert werden. Siehe Screenshots von Mail Eingangsbestätigungen des JC Hagen, hier zum Anschauen: https://t1p.de/s9pwd

Die Ablehnung der Bearbeitung einer eingegangenen Mail dürfte schlichtweg Rechtsbeugung darstellen. Also die vorsätzlich falsche Anwendung des Rechts durch Amtsträger zum Nachteil der SGB II – Antragstellenden. § 9 SGB X iVm § 37 SGB II ist im SGB II ein formloses Verfahren, formlos heißt schriftlich, mündlich, per Email oder per Fax. Das BSG hat mit Urteil vom 12.7.2019 - B 14 AS 51/18 R die Beantragung von Sozialleistungen per Mail als zulässiges Verfahren anerkannt. Das Gesetz bestimmt das Sozialleistungsträger verpflichtet sind , darauf hinzuwirken, dass ,,jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält" (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB II) und sie verpflichtet sind ,,ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren [...] auszuführen" (§17 Abs. 1 Nr. 4 SGB II). Zudem verstößt das Hagener Verfahren gegen das ,,Recht auf eine gute Verwaltung" im Sinne von Art 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

So verständlich es ist, dass das Jobcenter Hagen möglichst alles über ihr Onlineportal ,,Jobcenter Digital" abwickeln will, die Weigerung Mails entgegenzunehmen dürfte das Gegenteil davon sein, dass Sozialleistungsträger alles zu tun haben, dass Zugangshürden abgebaut werden und dafür Sorge zu tragen haben, dass Antragstellende die Leistungen möglichst ,,zügig" (§ 9 S. 2 SGB X, § 17 Abs.1 Nr. 1 SGB I) erhalten.
Es erscheint, als müsse hier die BA und das BMAS mal eine Fachaufsicht durchführen. Bürokratieabbau und bürgerfreundliche Verwaltung geht anders.

Quelle: https://harald-thome.de/newsletter/archiv/thome-newsletter-49-2022-vom-11-12-2022.html
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

counselor

ZitatFormlosigkeit im Verwaltungsverfahren am Beispiel des Jobcenters Hagen
------------------------------------------------------------------------
In meinem Newsletter 49/2022 vom 11.12.2022 unter Nr. 6 habe ich die Verwaltungspraxis des Jobcenters Hagen, keinen Mailkontakt mehr führen zu wollen, offengelegt und dem Jobcenter Rechtsbeugung vorgeworfen und entsprechende Mails veröffentlicht, Download hier: https://t1p.de/itdy6 und die Mitteilung vom JC Hagen  gibt es https://t1p.de/s9pwd

Dieser Vorgang hat schon für einige Aufregung und medialen Widerhall gesorgt. Das Jobcenter Hagen wolle dafür in Zukunft eine Bürgergeldberatung mit entsprechenden Terminen anbieten, so das JC Hagen gegenüber DerWesten vom 23.12.2022 (https://t1p.de/vjg21).

Substanziell hat sich das Jobcenter Hagen zu dem Vorwurf bisher nicht geäußert. Es möchte gerne allen Schriftverkehr über Jobcenterdigital abwickeln. Einige Leistungsbeziehende bekommen es aber gerade einmal hin, eine Mail zu schreiben und kennen sich darüber hinaus nicht mit der Technik aus. Das Gesetz ist hier eindeutig. Es bestimmt die Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens, solange nicht in dem jeweiligen Gesetz anderes vorgeschrieben ist (§ 9 SGB X). Da im SGB II nicht die Verwendung von Jobcenter Digital vorgeschrieben ist, ist die Hagener Verwaltungspraxis Rechtsbeugung.

Hier ist die Fachaufsicht gefragt (BA-Zentrale, das BMAS), aber auch die örtliche Wohlfahrtspflege. Auch wenn von dieser gute Kontakte zum Jobcenter bestehen, sollte hier deutlich Kritik geäußert werden. Ansonsten könnte aus Protest gegen die rechtswidrige Verwaltungspraxis dazu aufgerufen werden, alle Mails dann eben an den Hagener Oberbürgermeister Herrn Schulz mit der freundlichen Bitte zur Weiterleitung zu schicken. Die Stadt Hagen, somit auch ihr OB ist Teil des Jobcenters Hagen als sog. gemeinsame Einrichtung und Entgegennahme- und Weiterleitungspflichtig.

Quelle: https://harald-thome.de/newsletter/archiv/thome-newsletter-04-2023-vom-29-01-2023.html
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

  • Chefduzen Spendenbutton