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Industrie & Handwerk & Agrar => Industrie und Handwerk bundesweit => Thema gestartet von: Kater am 14:39:51 Do. 11.September 2008

Titel: Mehr als 92 Prozent der Hanauer Belegschaft der Vacuumschmelze (VAC) im Streik
Beitrag von: Kater am 14:39:51 Do. 11.September 2008
VAC-Beschäftigte im Streik
Mehr als 92 Prozent der Hanauer Belegschaft votierte für unbefristeten Arbeitskampf
Von Daniel Behruzi

Die Belegschaft der Hanauer Vacuumschmelze (VAC) hat sich mit überwältigender Mehrheit für einen unbefristeten Arbeitskampf ausgesprochen. Wie die IG Metall der hessischen Industriestadt am Mittwoch vormittag bekanntgab, votierten 92,2 Prozent der abstimmenden Gewerkschaftsmitglieder dafür, die im Juni erfolgte Tarifflucht des Unternehmens mit einem Streik zu beantworten. Die Arbeitsniederlegung sollte am heutigen Donnerstag um fünf Uhr früh beginnen.

Das Ergebnis der Urabstimmung sei »überwältigend«, sagte Streikleiter Michael Pilz zu dem Votum. Die Belegschaft werde sich »nicht ihre Tarifverträge wegnehmen lassen«, betonte der Erste Bevollmächtigte der örtlichen IG Metall. Mehr als 90 Prozent der rund 1000 Gewerkschaftsmitglieder hatten sich laut IG Metall an der Abstimmung beteiligt. Insgesamt arbeiten etwa 1500 Beschäftigte in dem Hanauer Unternehmen, das den Ausstieg aus dem Flächentarif damit begründete, die entsprechenden Löhne nicht mehr zahlen zu können. Mit einem »Angebot« hatte das Management in der vergangenen Woche noch Öl ins Feuer gegossen. Demnach sollte die Belegschaft im Gegenzug für eine befristete Beschäftigungsgarantie bis 2011 auf jegliche Tariferhöhung verzichten und ohne Lohnausgleich 40 Stunden pro Woche arbeiten. Allein die Verlängerung der Arbeitszeiten würde jeden Beschäftigten mehr als 5000 Euro kosten, rechnete der IG-Metall-Vertrauenskörperleiter Thorsten Viel in einem Flugblatt vor. »Wenn wir hier nachgeben würden, wäre das der Supergau«, kommentierte die Betriebsratsvorsitzende Conny Gramm.

IG-Metall-Bezirksleiter Armin Schild nannte die Auseinandersetzung am Mittwoch einen »Symbolkonflikt«. Entsprechend groß ist die Solidarität anderer Belegschaften. Tatsächlich kann die VAC zwar als besonders spektakulärer, aber keineswegs einmaliger Fall betrachtet werden. Das belegen die Zahlen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, denen zufolge der Anteil tarifgebundener Beschäftigter in Westdeutschland zwischen 1998 und 2006 von 76 auf 65 Prozent zurückgegangen ist. Im Osten wird nur noch wenig mehr als jeder zweite Lohnabhängige von einem Tarifvertrag erfaßt.

Schild forderte die VAC-Spitze zum sofortigen Wiedereintritt in die Tarifbindung und zur »Sicherung der berechtigten tariflichen Ansprüche der Beschäftigten« auf. An dieser Bedingung für weitere Gespräche waren die Verhandlungen zuletzt am Dienstag vergangener Woche gescheitert.


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