22.-27.07.: Kantine Festival Chemnitz: Zone - Analyse und Kritik der DDR

Begonnen von Ferragus, 13:46:48 Mo. 08.Juli 2024

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Ferragus

Wie im letzten Sommer gibt es diesen Juli in Chemnitz wieder das Kantine Festival : eine Woche lang Vorträge, Diskussionen und Workshops mit Blick auf die Zone.

das Programm findet man Hier: https://kantine-festival.org/#programm

Aus der Einladung:
 
Wer sich heute positiv auf den Kommunismus bezieht, kommt nicht daran vorbei, sich mit den Gründen des Scheiterns historischer Versuche seiner Verwirklichung auseinanderzusetzen. Wenn wir eine andere Zukunft ermöglichen wollen, können wir die Geschichte des Realsozialismus nicht einfach abtun, indem wir sagen: "Nein, nein, das war nicht der Kommunismus!", sondern müssen uns mit den Mechanismen, Wirkungsweisen & Konsequenzen auseinandersetzen, die diese Vergangenheit ermöglicht haben.

Wir beobachten eine Krise und Orientierungssuche in der Linken der Gegenwart, in der auch eine Hinwendung zu autoritären Modellen der Organisierung wieder zunimmt. Sympathien für realsozialistische Staaten nehmen deren Widersprüche und Repressionsapparate oft nicht ausreichend ernst. Das Bedürfnis, sich damit auch von einem bürgerlichen Narrativ abzugrenzen, das die DDR & andere realsozialistische Erfahrungen rundherum abwertet und die darin gemachten Erfahrungen unbesehen verwirft, erscheint nachvollziehbar, greift aber zu kurz.

Mit der Kantine »Zone« bleiben wir dabei, uns in der Festival-Woche mit einem Thema anstatt einer Person zu beschäftigen. Wir sind uns bewusst, dass der Begriff »Zone« in diesem Zusammenhang häufig abfällig verwendet wird. Dennoch haben wir uns für diesen Titel entschieden, spiegelt sich darin doch gut die Außenwahrnehmung sowohl der DDR als auch Ostdeutschlands, welche häufig als rückständig, demokratieunfähig, hilfsbedürftig – auf jeden Fall »anders« bewertet werden. In teilweise sehr scharfem Kontrast dazu muss »Zone« auch als sozialistische Utopien-Projektionsfläche herhalten – sowohl bei manchen Linken als auch bei der »Früher-war-alles-besser«-Fraktion (Stichwort »Ostalgie«). Wir wollen die diesjährige Kantine dazu nutzen, hinter die Klischees und Abwertungen zu blicken, die über die DDR häufig im Umlauf sind und einen Beitrag zu einer differenzierten Auseinandersetzung jenseits von Schwarz-Weiß-Darstellungen leisten.

Kuddel

Ich finde das Programm dieses "Kantine Festivals" sehr ansprechend. Bei mir paßt es aber nicht anzureisen. Verdammt schade.

Ich war als Wessi zu Zeiten des Mauerfalls und danach oft im Osten, meist in McPomm. Ich fand es spannend an einem Ort zu sein, an dem die Machtverhältnisse unklar sind und Geschichte geschrieben wird. Es war eine Zeit voller Chancen, die nicht genutzt worden sind. Von uns jedenfalls.

Ich habe da gute Leute kennengelernt, war aber überrascht, daß Rassismus verbreiteter war, als ich erwartet habe.

Die Westdeutsche Linke kam mit den Verhältnissen und den Menschen dort herzlich wenig klar. Man erwartete, daß die Ossis sich gemäß ihrer politischen Theorien verhalten und ansonsten meinte man, Ostlinke sollten so sein wie Westlinke.  Es folgte eine westdeutsche Arroganz, die die Ossis alle als konsumgeil oder rechtsradikal einstufte. Herablassend war nicht nur der Westdeutsche Staat, der seinen Verwaltungsbeamten im Osteinsatz eine "Buschzulage" zahlte, sondern auch eine Westeusche Linke, die alles besser wußte.

Die verkitschte "Ostalgie" hatte etwas mit einer Sehnsucht nach ruhigeren und sicheren Zeiten, aber wenig mit einer inhaltlichen Auseinandersetzung zu tun.

Die Ex-DDR wurde vom Westen als Sonderwirtschaftszone behandelt, konkurrenzfähige Unterehmen wurden abgewickelt und dichtgemacht, Infrastruktur wurde heruntergewirtschaftet und der DGB akzeptierte niedrigere Löhne in der "Zone".

Als weitgehend abgehängte Region entwickelte sich ein kollektiv wütendes Lebensgefühl. Man zeigt es im Stadion und bei Konzerten mit dem Ruf "Ost-deutsch-land! Ost-deutsch-land!"

Die Faschos sind dabei, diese Ostidentität mit rechten Symbolen und Parolen zu vermischen.

Eine Analyse von links und eine rebellische linke Ostidentität wären zu wünschen. Deshalb bin ich neugierig auf die Debatten und deren Ergebnisse beim "Kantine Festival".

Ich hoffe auf zumindest eine Zusammenfassung...


Ferragus

einige der Vorträge und anschließende Diskussionen werden auf ihrem youtube-kanal gestreamt, ich meine die Programmpunkte um 11.00 und 18.00 Uhr auf jeden fall.

Siehe hier: https://www.youtube.com/@kantinefestival8370/streams

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