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Titel: Hartz IV für Seehofer «größter Flop»
Beitrag von: hepedidu am 10:05:37 Do. 27.Oktober 2005
Quelle : http://www.netzeitung.de/spezial/mittelstand/364682.html
Titel: Hartz IV für Seehofer «größter Flop»
Beitrag von: Klassenkampf am 14:16:48 Do. 27.Oktober 2005
Die Aussage der Überschrift und die wahre Quintessenz des Beitrages zeigen antagonistische Tendenzen auf. So könnte man versucht sein, Seehofer als verständigen Kopf, in dunklen trüben Tagen kompetenzloser Koalitionsverhandlung, zu bewerten - Inhalt seines "Schaffens" allerdings zeigt es auf: Auch Seehofer ist schon längst Mitreisender der ersten Klasse des neoliberalen Zugs.

Spricht von Arbeitgeberentlastung bei den Lohnnebenkosten, speziell bei den Gesundheitskosten, läßt sich aber nebenbei als sozialer Kompetenzpolitiker der Union feiern.
Der Begriff "Lohnnebenkosten" leitet in die Irre, da es sich nicht um Kosten neben dem Lohn handelt. Lohnnebenkosten existieren in diesem Sinne nicht. Gemeint sind damit die Sozialabgaben von den Bruttolohnkosten. Wahrlich keine Nebensache, sondern wichtiger Bestandteil des Lohnes. Spricht man also davon, die Lohnnebenkosten zu senken, ist in Wahrheit eine Lohnsenkung gemeint, womit ein weiterer Mythos enthebelt ist, daß die Senkung der Lohnnebenkosten den Unternehmen mehr Spielraum für höhere Lohnauszahlungen geben würde.

Seehofer plädiert also offen für Lohnsenkungen, und zu allen Überdruß versucht er mit dieser Forderung, das Kapital von seinen sozialen Aufgaben zu entbinden - Erhöhungen der Krankenkassenbeiträge als Vereinbarung dreier Parteien, zwischen Krankenkasse, Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird zu einer Zweiervereinbarung unter Ausschluß des Kapitals.
Das festfrieren des Arbeitgeberanteils bedeutet also, daß alle möglichen Unkosten in Zukunft vom Versicherten zu tragen sind.

Vor einigen Jahren wartete ein Kanzler damit auf, daß sich kein Deutscher hinter der Gnade der späten Geburt verstecken dürfe. Inhalt dieses Ausspruchs war die deutsche Geschichte und ihre verbrecherischen Auswüchse gegen Minderheiten und Ethnien.
Was des einen Gnade ist des anderen Unschuld: In einer Ära der Rationalisierung, Automatisierung und Effizienzwahns ins berufliche Leben einzusteigen, damit also eigentlich ,,zu spät geboren worden zu sein", ist kein Tatbestand.
Warum aber fordert Seehofer eine Zwei-Klassen-Behandlung beim Umgang mit Arbeitslosen? Die Unschuld dreijährigen Einzahlens und die Gnade dreißigjährigen Einzahlens gegeneinander auszuspielen, zeugt vom Charakter sozialdarwinistischer Politik.
Was bedeutet Seehofersche Besserbehandlung? – Etwa kein Arbeitslosengeld II für unter 25-jährige? Zumutbarkeit jeglicher Arbeit, selbst wenn diese kaum bezahlt wird? Es ist ein schwammiges Bild, daß Seehofer da zeichnet, Deutungen in jegliche Richtung offen.

Die Kritik Seehofers am angeblichen wichtigsten Reformwerk dieser Republik, richtet sich nicht gegen Ungerechtigkeiten, eingeschränktes Recht und fadenscheinige Berechnungen der Leistungssätze, sondern einzig und alleine an den Unkosten, die vor allem in Form aufgeblähter Verwaltung entstanden sind. Denn bei einem liegt Seehofer richtig: ALG II ist kein Arbeitsmarktprogramm sondern im besten Falle Arbeitslosenverwaltung, genauer betrachtet sogar Arbeitsplatzvernichter.

Es paßt so besagten Herrn, daß er sich als sozialer Zeitgenosse darstellt und betrachtet man genauer, so erkennt man durchaus soziale Ambitionen, die bei einem Unionspolitiker seltenes Gut sind. Ein verkappter Sozialdemokrat ist er keiner, zumindest nicht im Ausdruck des ursprünglichen Sinnes. Sozialdemokrat als solcher, der bei der SPD zugange ist, könnte er sein, denn dieses Wort ist nurmehr Hülle ohne Inhalt.
Es muß als erkannt werden: Seehofer ist ein Wolf im Schafspelz, wohlerzogen zwar, doch Wolf. Seine vermeintlich soziale Ader, hilft ihm dennoch nicht, die wahren Umstände zu erkennen. In Blindheit eben jener, verfällt auch er der Thesen fadenscheiniger Berater und macht sich zum Hampelmann diversester Lobbyisten - er leidet wie soviele an einer chronischen Reformitis.
Titel: Hartz IV für Seehofer «größter Flop»
Beitrag von: Wilddieb Stuelpner am 15:16:16 Do. 27.Oktober 2005
ZitatOriginal von Klassenkampf
... Der Begriff "Lohnnebenkosten" leitet in die Irre, da es sich nicht um Kosten neben dem Lohn handelt. Lohnnebenkosten existieren in diesem Sinne nicht. Gemeint sind damit die Sozialabgaben von den Bruttolohnkosten. Wahrlich keine Nebensache, sondern wichtiger Bestandteil des Lohnes. Spricht man also davon, die Lohnnebenkosten zu senken, ist in Wahrheit eine Lohnsenkung gemeint, womit ein weiterer Mythos enthebelt ist, daß die Senkung der Lohnnebenkosten den Unternehmen mehr Spielraum für höhere Lohnauszahlungen geben würde.

Die Senkung der "Lohnnebenkosten" würde den Nettolohn bzw. den Auszahlungsbetrag erhöhen, so die Aussage der Fürsprecher des neoliberalen Unternehmerkurses.

In Wahrheit senkt es auf Dauer die Soziallasten der Unternehmen und verlagert diese auf die Arbeitnehmer bzw. wegen der geringer abgeführten Beiträge müssen die Versicherten für sich selbst und Mitversicherten höhere Zuzahlungen und Beiträge ableisten, die nicht dem Verursachungsprinzip folgen. Hinzu kommt nach die Bestrebung der Privatisierung der Sozialsysteme, die die Mißstände durch die Profitgier von Unternehmen, die im Gesundheits-, Pflege- und Sozialwesen tätig sind, noch verschärft werden.

Da die Beitragslasten immer personenbezogen auf den Versicherten sind, wird das Solidaritätsprinzip beseitigt bzw. nur auf einen kleinen Bevölkerungskreis beschränkt. Der große Teil der Bevölkerung, insbesondere die schleimscheißenden Politiker, Beamte, Unternehmer, Freiberufler und Selbständige und bestimmte Berufsstände, die eigenen Versorgungswerken angehören, entziehen sich immer mehr dem Solidaritätsprinzip.

Das wäre nicht der Fall, wenn alle Bevölkerungsteile einer einheitlichen gesetzlichen oder eine steuerfinanzierte Sozialversicherung, die nicht Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung spaltet, angehören und private Sozialversicherungen und Versorgungswerke aufgelöst würden.

Dann würden auch Politiker, Beamte, Freiberufler, Selbstständige die von ihnen gestaltete Sozialpolitik am eigenen Leibe zu spüren bekommen, so wie es Otto Normalverbraucher seit Tag und Jahr fremdgeleitet von der Kapitalistenhorde immer ertragen muß.

Mit der Einführung der Gesundheitskarte, mit einheitlichen, standardisierten Verfahren der Erfassung, Aufbereitung und Auswertung der Daten, übergreifend im Gesundheits-, Kranken-, Pflege- und Rentenwesen, erledigt sich das Anpassen und Umrechnen zwischen verschiedenen Abrechnungssystemen.

Es wäre schnell erkennbar, welche Lobbyisten als kostentreibende Verursacher die Beiträge der Versicherten in die Höhe schnellen lassen, wo unnötige, teure Behandlungen, unwirksame Medikamente und Therapien, wo effizentere Rehamaßnahmen etc. auftreten. Dann könnte man nach dem Verursachungsprinzip die Kostentreiber auf von ihnen verursachten Kosten sitzen lassen und ganz gezielt der Insolvenz bzw. der Strafverfolgung zuführen.

Deshalb auch der Boykott der Gesundheitskarte von der Pharmaindustrie, dem Apothekerverband, der überflüssigen Mafiaschutzörganisation der Ärzteschaft - Kassenärztliche Bundesvereinigung. Dann wären verschleierte, manipulierte und getürkte Arztbehandlungsabrechnungen mit einmal nicht mehr möglich, da ja die Krankenkassen die Art der Diagnose, die Therapie, eingesetzten Medikamente usw. schneller und real nach Aufwandsgesichtpunkten beurteilen können, ob sie der Wiedererlangung der Gesundheit oder der Zunahme des Geldbeutels des behandelnden Arztes und Apothekers förderlich sind. Die Profitmacht der heiligen Dreieinigkeit von Pharmaindustrie, Apothekerverband und Ärzteschaft wäre damit gebrochen.

Am besten allerdings, wenn man auch in diesem Bereich Volkseigentum hätte.