Kündigung von leistungsschwachen Mitarbeitern wird leichter

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 14:35:14 So. 20.April 2008

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ManOfConstantSorrow

Das Bundesarbeitsgericht erleichtert die Kündigung von leistungsschwachen Mitarbeitern: Liegt ein Arbeitsergebnis langfristig mehr als ein Drittel unter dem der Vergleichsgruppe, können Arbeitgeber verhaltensbedingte Kündigungen aufgrund von Schlechtleistung aussprechen. Was Unternehmen und Arbeitnehmer in Kündigungsprozessen beachten müssen.

BERLIN/DÜSSELDORF. Anfang des Jahres sprach das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein für Arbeitgeber aufsehenerregendes Urteil. Was viele Unternehmer für gar nicht mehr möglich gehalten hätten: Die obersten Arbeitsrichter schlossen sich einer verhaltensbedingten Kündigung gegenüber einem leistungsschwachen Mitarbeiter an. Die Trennung sei dann gerechtfertigt, wenn ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum eine qualitativ erheblich unterdurchschnittliche Leistung erbringe (Az.: 2 AZR 536/06).

Das Urteil ist deshalb so interessant, da es vor deutschen Arbeitsgerichten kaum gelingt, arbeitsunlustige Mitarbeiter vor die Tür zu setzen. Bei der Klärung der Frage, wann ein schlappes Ergebnis eine arbeitsrechtlich relevante ,,Schlechtleistung" darstellt, haben die Gerichte in den vergangenen Jahrzehnten so hohe juristische Hürden aufgebaut, dass Unternehmer im Kündigungsfall lieber auf andere, ,,einfachere" Trennungsgründe ausweichen – oder resignierend auf ein freiwilliges Ausscheiden der entsprechenden Mitarbeiter warten.

In dem entschiedenen Fall hatte die Mitarbeiterin eines Versandkaufhauses beim Verschicken von Päckchen dreimal so viele Fehler gemacht wie der Durchschnitt aller Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber argumentierte, er erleide bei den Kunden einen erheblichen Imageverlust. Außerdem entstünden ihm erhebliche Kosten. Nach zwei Abmahnungen kündigte er fristgerecht wegen schlechter Leistung. Obwohl die Vorinstanzen der Arbeitnehmerin recht gegeben hatten, hielt das BAG dagegen. Inhaltlich argumentierte das Gericht ähnlich wie bei einer Entscheidung aus dem Jahr 2003.

Um eine Schlechtleistung gerichtsfest vorzutragen, so die BAG-Richter damals, müsse der Arbeitgeber zunächst lediglich dartun, dass die Leistung des Mitarbeiters ,,deutlich hinter der vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleibe"; deutlich sei eine Unterschreitung dann, wenn das Arbeitsergebnis langfristig mehr als ein Drittel unter dem der Vergleichsgruppe liege. Sodann sei es Sache des Mitarbeiters darzulegen, dass die Angaben seines Chefs entweder nicht stimmten oder dass er seine persönliche Leistungsfähigkeit trotz der unterdurchschnittlichen Ergebnisse dennoch ausgeschöpft habe; Erklärungen hierfür können altersbedingte Defizite, Krankheit oder negative ,,betriebliche Umstände" sein. Trüge der Gekündigte derartige Umstände nicht vor, gelte die Darstellung des Arbeitgebers als zugestanden (Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 667/02, 2 AZR 386/03).

In den letzten drei Jahren haben ein halbes Dutzend Landesarbeitsgerichte die Vorgaben angewandt und weiterentwickelt. Ergebnis: Kündigungen wegen Schlechtleistung sind nicht einfach – bei Vermeidung von Fettnäpfchen jedoch möglich.

Welche Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers zu stellen sind, belegt ein Fall aus Baden-Württemberg. Eine Einzelhandelskette hatte bei ihren Kassiererinnen Testkäufe durchführen lassen. Eine Mitarbeiterin leistete sich zwei Patzer: Einmal kontrollierte sie nicht die Identität der Unterschrift auf dem Beleg und der EC-Karte, ein anderes Mal übersah sie eine Packung Anti-Faltencreme, die der Undercover-Kunde in seinem Wagen vorbeischmuggelte.

Im Kündigungsschutzprozess bezifferte das Unternehmen die Zahl der Testkäufe auf ,,circa 15"; die zum Leistungsvergleich herangezogenen anderen Kassiererinnen gab die Firma nicht einzeln an, sondern verwies auf die Zeugenaussage eines Mitarbeiters. Dies war dem Gericht zu dürftig: Da erfahrungsgemäß etwa 20 Prozent aller Testkäufe zu Beanstandungen führten, hätten sowohl die gesamten zum Vergleich herangezogenen Überprüfungsmaßnahmen genau aufgeführt werden müssen; zudem hätte exakt aufgeführt werden müssen, mit welchen Kolleginnen die Mitarbeiterin genau verglichen worden sei (LAG Baden-Württemberg, 13 Sa 84/05).

Fehler bei der Benennung der richtigen Vergleichsgruppe führten auch in einem Fall vor dem LAG Hamm zur Ablehnung einer Kündigung. Ein Großhandelsunternehmen aus dem Ruhrgebiet hatte einem 53-jährigen Packer gekündigt, weil er zwischen 30 und 50 Prozent weniger Pakete zusammenstellte als seine Kollegen. Vor Gericht stellte sich heraus, dass ein Großteil der zitierten Kollegen zehn bis fünfzehn Jahre jünger war als der Entlassene. ,,Kein ausreichender Maßstab", urteilten die Richter. Da ältere Arbeitnehmer bei körperlicher Arbeit durchschnittlich leistungsschwächer seien als jüngere, entfalte eine Vergleichsgruppe mit ,,sehr großen" Altersunterschieden bei manuellen Tätigkeiten keine Beweiskraft (LAG Hamm, 19 (11) Sa 1167/01).

Nicht nur die Vergleichsgruppe muss stimmen. Bei verhaltensbedingten Kündigungen wegen Schlechtleistung muss zudem eine Abmahnung erfolgen. Nach diesem ,,Warnschuss" muss der Mitarbeiter Gelegenheit haben, sich mehr anzustrengen. Dies übersah die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Südwest in Rheinland-Pfalz. Die Behörde hatte einen Angestellten zwar ordnungsgemäß abgemahnt, ihn nach Rückkehr von der unmittelbar an die Abmahnung anschließenden mehrmonatigen Erkrankung sofort gekündigt. Dies, so die Richter, war nicht verhältnismäßig (LAG Rheinland-Pfalz, 9 Sa 786/05).

Ändert sich der Inhalt der Arbeit, so muss das Unternehmen älteren Mitarbeitern bei Umstellungsproblemen Hilfestellungen geben, bevor zur Keule des Rauswurfs gegriffen werden darf. Muss ein 61 Jahre alter Kraftfahrer neue, kompliziertere Touren übernehmen als bisher, darf das Fuhrunternehmen nicht direkt kündigen, wenn der langjährige Mitarbeiter deutlich länger für die Strecken braucht als seine jüngeren Kollegen. Außer einer Abmahnung soll der Arbeitgeber zusammen mit dem Betreffenden eruieren, woran es genau hapert, und ihm konkrete Besserungsvorschläge unterbreiten (LAG Nürnberg, 6 Sa 37/07).

Erfolg hatte das Land NRW bei der Kündigung einer Putzfrau, die vor Gericht bestätigte, das Leeren überquellender Aschenbecher sei nicht ihre Aufgabe. Für das Gericht war klar: Die Vorwürfe des Arbeitgebers waren zugestanden (LAG Köln, 14 ( 8 ) 4/06).

Erfolgreich war auch eine englische Consulting-Firma bei der Kündigung eines Mitarbeiters, der in knapp zwei Jahren trotz eines stattlichen Gehalts keinen einzigen Auftrag in Deutschland an Land ziehen konnte. ,,Völlige Erfolglosigkeit", so die Richter, rechtfertige ohne weitere Darlegungen eine personenbedingte Kündigung (BAG , 2 AZR 386/03).

http://www.handelsblatt.com/News/Recht-Steuern/Meldungen/_pv/_p/204878/_t/ft/_b/1408298/default.aspx/kuendigung-von-leistungsschwachen-mitarbeitern-wird-leichter.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

anti-hartz4

ZitatDas Bundesarbeitsgericht erleichtert die Kündigung von leistungsschwachen Mitarbeitern:

Erinnert mich irgendwie an Insassen der Konzentrationslager. Wer nicht mehr konnte,wurde aus dem Leben entfernt! Mehr ist Arbeitslosigkeit und Hartz4 auch nicht.

Ja und erst der Bundestag: Warum löst der sich nicht auf. Fette Diäten abfassen und nichts leisten. Ich meine natürlich nicht die LINKE,denn die spenden ihre Diätenerhöhung an soziale Einrichtungen.
Widerstand dem Kapitalgesindel

unkraut

Für Staatsdiener gilt das Leistungsprinzip nicht .

Für Staatsdiener gilt : dabei sein ist Alles !

MfG
Noch Fragen Hauser ? Ja Kienzle , wer ist eigentlich Unkraut ?

Wir wagen es nicht weil es schwierig ist sondern es ist schwierig weil wir es nicht wagen .

Mein Buchtip als Gastautor :  Fleißig , billig , schutzlos - Leiharbeiter in Deutschland  > ISBN-10: 3771643945

Ratrace

Ein mieses Urteil für den, der seinen Job behalten will. Aber ehrlich gesagt: Als Prekärer, der zwangsvermittelt wird in irgend eine Sklavenklitsche, wäre es mir so etwas von peng, wenn mich Cheffe wegen unterdurchschnittlicher Leistung feuern würde. Das soll mir das Amt mal nachweisen, daß ich besser kann.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

hanni

Ich hoffe nur, dass jetzt nicht ein Gebeisse unter Kollegen anfängt.
So richtig mit petzen, wer langsamer ist. X(

Um nur ja den eigenen Job (zu welchen miesen Bedingungen auch immer)
zu behalten  :rolleyes:

Schön wäre es, wenn die Kollegen sich gegenseitig helfen würden,
um Schwächere zu unterstützen.

Aber da träum ich wohl bloss davon.... :(

Ratrace

ZitatIch hoffe nur, dass jetzt nicht ein Gebeisse unter Kollegen anfängt.
Natürlich, das gibt es doch schon längst. Die meisten Betriebe Deutschlands fußen auf dem fundamentalen Wert der Denunziation. Und dieses Urteil hat da noch Öl ins Feuer gegossen.

Wer diesen Affenzirkus noch mitmacht, der hat es nicht anders verdient.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

hanni

Ich kann nur von mir persönlich sprechen, dass es in den Firmen, in denen ich arbeiten "durfte"   :D, kein Gepetze und keine Vergleiche gab.

Wir haben uns immer gegenseitig ausgeholfen, Firmenleitung hat davon gar
nichts mitbekommen ;)

Aber das ist vermutlich sehr selten, darüber bin ich mir im Klaren

Codeman

Kann ich von meiner ehem. Firma auch sagen.Leider hat da nur ein Teil zusammengehalten gegen die Geschäftsführung.Immer ist einer mitgegangen wenn der andere zur Geschäftsführung in so genannte "Einzelgespräche" musste.
Leider waren das auch nur ein paar Leute,aber dafür war das umso wichtiger.Jeder hat sich immer gefreut und es den anderen erzählt,wenn er wieder die Geschäftsführung eins ausgewischt hat.Sei es das ein Brief von der Gewerkschaft ankam oder ein Geltendmachungsschreiben oder oder oder.

Wie gesagt waren nur wenige,die haben aber trotzdem gut zusammengehalten.Haben noch heute Kontakt miteinander.

MfG
Codeman
Ich bin der Rostfleck am Schwert des Sozialismus - Zitat frei nach Schraubenwelle

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