Ausgrenzungserfahrungen: wohin damit?

Begonnen von Jaybird, 13:30:31 Sa. 11.Mai 2013

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Jaybird

Hallo liebes Forum,

Ich wende mich hier mal vorrangig an diejenigen unter Euch die in irgendeiner Art und Weise wieder ins gesellschaftliche Trockene gekommen sind, sich dort aber fremd fühlen. Was meine ich damit:

Solange man unter Menschen ist die selber betroffen sind, von Arbeitslosigkeit, Leiharbeit, Niedriglöhnen, Altersarmut usw. kommt die Entfremdung vielleicht nicht so zum Tragen. Was aber, wenn man sein Leben voran bringt und dadurch in andere Kreise vorstößt. Ich meine jetzt nicht den dicken Wohlstand. Beispiele aus meinem eigenen Leben wären:

Als Kind einer armen Problemfamilie auf eine Schule oder Uni wo die Kultur der abgesicherten Mittelschicht dominiert.
Qualifizierung für Bereiche wo man auf einmal einer der ganz gut gestellten Kollegen ist
Als Arbeitsloser wieder in feste Arbeit kommen

Das alles sind eher positive Entwicklungen: seine Schule abschließen, weiterkommen, sich wieder aufrappeln, Glück haben. Aber man findet sich oftmals auch in Zusammenhängen wieder wo die Erfahrungen die man gemacht hat nicht geteilt werden, nicht interessieren oder sogar abgewertet werden. Ich merke das sehr häufig und habe auch Dejavus. Wie zu Schulzeiten kann ich oft nicht mitreden - nur dass die Erfahrungen heute als Erinnerungen ausgetauscht werden, wo sie früher aktuelles Jugendleben waren. Ich sehe auch ganz klar wie das gleiche Einkommen bei den anderen auf viel höherem (Ausgangs-)Niveau ganz andere Standards finanziert während ich es für den Aufbau noch nicht vorhandener Grundlagen ausgebe. Ist das nun Jammern auf hohem Niveau? Viele von Euch sagen wahrscheinlich: ja. Ich meine aber weniger das materielle, sondern die Erfahrung, mit bestimmten Dingen allein zu sein.

Sind Eure Erfahrungen als Ausgegrenzte, Euer Erleben von Armut, Eure Einsichten in die Wahrheit hinter der selbsternannten Leistungsgesellschaft integriert? Oder lauft ihr auch mit der Spaltung rum, mehr zu wissen als die abgesicherten, die Euer Arbeitsumfeld dominieren und meinen sie wären das wahre Leben und hätten Ahnung von dem was draußen abgeht?

Eivisskat

Es gibt halt verschiedene Bewußtseins-Ebenen, scheint mir, und das ist gut so.

Wir sind keineswegs alle gleich, selbst wenn wir das gleiche verdienen oder eben nicht verdienen und die gleiche Ausbildung & Hintergrund haben.

Einige sind sensibler als Andere, sehen und spüren mehr. Es scheint, daß die Natur das so eingerichtet hat zum Wohle und Fortkommen der Menschen.

Wundere dich bei dir nicht darüber, sondern freu´dich dran... :)

Strombolli

Eine gute Fragestellung! - Unsere Gesellschaft ist gespalten. Wir sollten uns nicht darüber aufregen, was die indischen Kasten angeht, wenn bei uns Ähnliches abgeht. Wobei natürlich der Vergleich auch wieder hinkt.

Im letzten Monat durfte ich mich für eine Tätigkeit in Bayern bewerben. Haerausgestellt hatte sich dann, dass ich dies gar nicht machen kann und will.
Die Schulungen habe ich trotzdem mitgemacht und werde mittelfristig auf andere Art im Unternehmen arbeiten. Ich hatte soviele Gemeinsamkeiten mit dem großen Chef. Gleiche Hobbies, Abituraufgaben, wirtschaftliche Sichtweisen, Bewertung unseres Rechtssystems, Einstellung zum Gottesbegriff  ... er in der BRD, ich in der DDR. Trotzdem funkte er "über Satellit" und ich nur "per UKW". Solange es um ganz normale Tagesfragen ging waren wir uns einig und auch intellektuell (fast) ebenbürtig und konnten uns über Literatur, Geisteswissenschaften und bspw. griechische Mythologie gut und konstruktiv unterhalten.

Aber sobald es an Geschäftliches ging: Formulierungen, Gesprächsführung, Dominanz, Gestik & Auftreten usw., hat er mir meine Defizite schonungslos und manchmal eben ein bischen abwertend vorgehalten. - Nun, ich werde daran arbeiten, aber ein eingeborener Wessi werde ich ebensowenig, wie er ein gelernter Ossi. Man sollte sich also ergänzen. Das Vorschreiben des Einen, der Andere möge unkritisch diesem folgen, sollten wir vergessen.

Also ich kann bspw. (um nochmal auf den Parallelthread Bezug zu nehmen) herzlich über den Gag lachen: "Warum bekommen Babys nach der Geburt einen Klaps auf den Po?" - "Bei den Schlauen fällt der Pipimann ab."  (Übrigens geht der Witz auch umgekehrt)
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

"Hört auf, Profite über Menschen zu stellen!" Occupy
Permanent angelogen & VERARSCHT IN DEUTSCHLAND! - Ich habe mit Dir fertig

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