Mietrabatt für Empfänger von Hartz IV

Begonnen von Kater, 14:54:11 Mi. 08.Februar 2006

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Kater

ZitatMietrabatt für Empfänger von Hartz IV
Ziel: Umzüge verhindern

Lichtenberg ist der erste Bezirk, der gegebenenfalls langjährigen Mietern und Hartz-IV-Empfängern Mietrabatte gewähren will. Sozialstadtrat Wilfried Nünthel (CDU) bestätigte der Berliner Zeitung, dass die Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg - die größte in Berlin - schriftlich dem Jobcenter und dem Bezirksamt angeboten habe, die Miete in Einzelfällen und nach Prüfung zeitlich befristet bis zu drei Jahren zu senken. "Um unnötige Umzüge zu vermeiden", so Nünthel. Das sei "ein gutes Angebot".

Die Lichtenberger HOWOGE hat nach Angaben des Sozialstadtrates ebenfalls angekündigt, bei kritischen Fällen ihren "Verhandlungsspielraum" zu nutzen, wenn im Sommer die zulässigen Miethöhen der Arbeitslosengeld-II-Bezieher unter die Lupe genommen werden. "Die Gesellschaft muss ihrer sozialen Verpflichtung nachkommen", sagte Nünthel dazu. Dabei gehe es darum, möglichst Toleranz zu zeigen. Dies könne allerdings nicht für Neuvermietungen gelten.

Der Justiziar der Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg, Achim Marko, wollte die Schreiben offiziell nicht bestätigen. Marko sagte aber, dass sein Unternehmen versuche, die Auswirkungen der Vorschriften für Hartz-IV-Mieter zu mildern. Bei anderen Wohnungsbaugesellschaften wartet man dagegen noch ab. Bei der GSW hieß es, dass es in kritischen Fällen Lösungen geben müsse. Als Alternative würde sich aber auch anbieten, bei zu hohen Mieten Ersatzwohnungen anzubieten. Die DEGEWO versprach ebenfalls, den Betroffenen zu helfen. Um Schulden und Räumungen zu vermeiden, könnte es Ratenzahlungen geben.

Die Lichtenberger Linkspartei will auf der Bezirksverordnetenversammlung in der nächsten Woche durchsetzen, dass die Absprachen für alle bezirklichen Wohnungsbaugesellschaften gelten. (mm.)

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/524380.html

Kommentar der Berliner Zeitung:

ZitatFreundliche Vermieter
TOBIAS MILLER begrüßt, dass Vermieter Hartz-IV-Empfängern entgegenkommen wollen

Miet-Rabatt für Langzeitarbeitslose. Es ist eine noble Geste der Wohnungsbaugesellschaften gegenüber ihren Mietern, die zu den Hartz-IV-Empfängern gehören. Wenn solche Mieter in einer Wohnung leben, die nach dem Gesetz zu teuer ist, müssten sie eigentlich ausziehen und sich eine billigere Bleibe suchen. Denn für die Unterkunft kommt der Staat auf und der bestimmt, was angemessen ist. Nun wollen einige Vermieter zumindest zeitweise auf die gesamte Miete verzichten, um dem Betroffenen einen Umzug zu ersparen. Ist doch nett.

So ganz selbstlos ist die Aktion aber für die Wohnungsbaugesellschaften allerdings nicht. Auf dem Mietermarkt Berlin mit den vielen tausenden leer stehenden Wohnungen dürfte es nicht einfach sein, Nachmieter zu finden. Denn man kann sicher davon ausgehen, dass Langzeitarbeitslose, die nun dem Hartz-IV-Gesetz unterliegen, schon bislang keine Luxuswohnungen hatten. Die dürften schwer zu vermieten sein, auch wenn die Preise schon günstig sind. Das Motto der Vermieter: Dann lieber ein bisschen weniger, aber sichere, weil vom Staat finanzierte Miete einnehmen als gar keine. Dieser Eigennutz mindert aber die sozial vernünftige Geste nicht. Schließlich profitieren beide Seiten, Vermieter wie Mieter, davon.

Richtig schön wird die Offerte aber erst, wenn die Wohnungsbaugesellschaften klare, nachvollziehbare Regeln für die Mietrabatte aufstellen. Die Gewähr darf nicht beliebig sein. So müsste zum Beispiel klar sein, wie lange der Rabatt gewährt wird. Ansonsten müsste der Mieter permanent mit der Kündigung rechnen, da sich ja die Nachfrage speziell nach seiner Wohnung ändern kann. Es müsste auch nachvollziehbar sein, wer den Rabatt erhält. Die Gewährung des Rabattes kann natürlich nur individuell sein. Aber es wäre schon seltsam, wenn bei zwei Mietern in der gleichen Lebenslage der eine den Rabatt erhält der andere nicht, weil er vielleicht als unbequemer Nachbar gilt.

Die Alternative, den Mietern Ersatzwohnungen anzubieten, ist gefährlich. Denn so können wieder soziale Problem-Wohnquartiere entstehen.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/524370.html?2006-02-08

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