Der Linkspartei geht es derzeit bemerkenswert gut. Wie lange noch? Auf dem Weg zur Kümmerer-Partei.

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 02:05:09 Di. 16.Januar 2007

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

Wilddieb Stuelpner

taz vom 12. Januar 2007

Der Linkspartei geht es derzeit bemerkenswert gut. Wie lange noch? Auf dem Weg zur Kümmerer-Partei.

Kommentar von JENS KÖNIG

Im Grunde genommen fällt niemandem so richtig auf, dass die Linkspartei noch gar nicht existiert. Es ist dem Publikum reichlich egal, wer da gerade in der politischen Arena agiert: die Linkspartei.PDS, hinter der sich nichts anderes als die alte PDS verbirgt? Die WASG? Die Bundestagsfraktion "Die Linke" oder die imaginäre Linkspartei, jener Zusammenschluss aus PDS und WASG, der erst im Juni 2007 politisch und rechtlich vollzogen wird? Egal. So gesehen, geht es der Linkspartei bemerkenswert gut: Sie besetzt die sozialen Leerstellen aller anderen Parteien und erzeugt auf diese Weise politischen Druck. Neuerdings nimmt ja sogar Guido Westerwelle das Wort "soziale Gerechtigkeit" in den Mund, ohne sich gleich übergeben zu müssen.

Doch genau in dieser komfortablen Lage besteht auch das Problem der Linkspartei. Auf Dauer werden sich ihre Wähler nicht damit begnügen, dass sie den anderen Parteien Beine macht. Gerade die sozial Benachteiligten erwarten von der Linkspartei, dass sie ihre ganz konkreten Probleme lösen hilft. Dass sie ihre kargen Löhne erhöht. Dass sie ihre prekären Beschäftigungen sicherer macht. Dass sie ihnen eine Perspektive jenseits von Hartz IV bietet. Eine Chance haben die Linken auf Dauer nur als Kümmerer-Partei.

Von einem solchen Image ist die Linkspartei jedoch meilenweit entfernt. Ihre politischen Konzepte sind zu unausgegoren, ihr Politikstil ist zu behäbig, ihre Sprache zu technokratisch. Dahinter steckt auch ein ungeklärter Richtungsstreit zwischen PDS und WASG: Soll die Linkspartei eine neoliberale Sammlungsbewegung sein, populistisch, staatsfixiert - oder eine sozialistische Richtungspartei, für die Protest nicht im Widerspruch zu Regierungsverantwortung steht, die auf einen regulierten Markt und das freie Selbstbestimmungsrecht der Menschen setzt? Unterschwellig legt sich diese ungeklärte Frage über alle Debatten, das hat die Klausur der Linksfraktion in Bremen wieder einmal gezeigt. Offen ausbrechen wird der Streit jedoch erst, wenn die Fusion aus PDS und WASG vollzogen ist. Der Linkspartei wird es dann wohl nie wieder so gut gehen wie heute.

  • Chefduzen Spendenbutton