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Wat Noch => Theoriebereich => Thema gestartet von: admin am 20:07:20 Sa. 25.November 2017

Titel: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: admin am 20:07:20 Sa. 25.November 2017
Ich war vor einigen Wochen auf einem internationalen Treffen von Logistikarbeitern. Dort wurde auch erwähnt, daß es gerade in der linken Szene einen Hype gibt um die Bedeutung der Logistikbranche. Man war sich einig, daß es eine Fehleinschätzung ist, die Logistik für DIE Branche zu halten, an der sich die Zukunft entscheidet.

Es ist aber eine Tatsache, daß es in dieser Branche gewaltige Umbrüche gibt. Es handelt sich in weiten Teilen um prekäre Arbeit und es wird herumexperimentiert mit Arbeitsorganisation und mit Arbeitsverträgen. Die Beschäftigten sind zu einem großen Teil migrantisch und auch nicht so verbunden mit der deutschen Gewerkschaftskultur, wie es in der Autoproduktion oder dem Maschinenbau noch der Fall ist.

Amazon steht im Zentrum des Interesses, denn in diesem US Konzern mit der strikten antigewerkschaftlichen Unternehmenspolitik, hat sich in Deutschland die stärkste Streikbewegung innerhalb der weltweiten Konzernstrukturen entwickelt. Die Streikbewegung in Deutschland ist basisorientiert und hat eine verdikritische Haltung, nutzt aber die Strukturen der Gewerkschaft. Bei Amazon in Poznan in Polen hat sich die Basisgewerkschaft IP (Arbeiter Initiative) eine stärkere Positition erarbeitet, als die Solidarnosc. In der gesamten Branche gärt es und an zahlreichen Stellen brechen Kämpfe aus. Wird hier Verdi wieder alles unter ihre Fittiche nehmen?

Hier sollten wir nicht nur abwarten, sondern genau hinschauen, Kontakte knüpfen und uns an den Diskussionen beteiligen. Es wäre spannend und bedeutend, wenn man hier neue Strukturen entwickeln könnte mit einer Kooperation von Leuten aus verschiedenen Unternehmen und vielleicht auch Branchen. Eine gegenseitige Unterstützung von Arbeitenden und Erwerbslosen, die Zusammenarbeit von Stammbeschäftigten, Outgesourcten, Leiharbeitern und Scheinselbstständigen. Wie tauscht man sich miteinander aus? Wo tritfft man sich? Wie kommt man zu gemeinsamen Entscheidungen?

Diese Dinge sind weitgehend Neuland für uns.

Wir sollten beginnen, darüber zu diskutieren.
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 15:38:04 Di. 28.November 2017
Erwerbslosenini mobilisiert für einen Arbeitskampf.

(https://abload.de/img/elo_amazon30ocz.jpg) (http://abload.de/image.php?img=elo_amazon30ocz.jpg)

Das ist neu und vorbildlich.

https://makeamazonpay.org/2017/11/18/basta-berliner-erwerbsloseninitiative/ (https://makeamazonpay.org/2017/11/18/basta-berliner-erwerbsloseninitiative/)
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Rudolf Rocker am 16:28:08 Di. 28.November 2017
So muss das sein!
United we stand, divided we fall!
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 17:02:32 So. 10.Dezember 2017
Wie gesagt, Arbeitskämpfe im Logistiksektor stehen zur Zeit auch im Fokus der linken Szene, die sich bisher wenig für Arbeitskämpfe interessiert hat:

Zitat Die Unterbrechung der Logistik als Instrument antikapitalistischer Kämpfe
Alle Reifen stehen still

»Amateure studieren Strategie, Profis studieren Logistik« soll der US-General Robert H. Barrow einst gesagt haben. Dazu einige strategische Überlegungen ambitionierter Amateurklassenkämpfer.


Die Globalisierung der Weltwirtschaft seit den siebziger Jahren beförderte diese stumme Revolution in der Logistik durch die Aufgliederung der Produktion. Eine Entwicklung, mit der Antikapitalisten weltweit nicht Schritt halten konnten, dank ihres Abstiegs in die Amateurligen des globalen Klassenkampfs. Diese Neuerungen in der Logistik verschärften gemeinsam mit Handelsabkommen, allen voran jenen der Welthandelsorganisation, die internationale Konkurrenz und Ausbeutung. Zu Recht kritisierte die globalisierungskritische Bewegung die dadurch eröffneten Möglichkeiten, arbeits- und umweltrechtlicher Bestimmungen zu unterlaufen. Nur gelang es ihr nicht, ein Druckmittel zu entwickeln, um auf dieser Ebene selbst strategisch zu intervenieren.

(https://abload.de/img/g20blockadereuws.jpg) (http://abload.de/image.php?img=g20blockadereuws.jpg)
https://jungle.world/artikel/2017/34/alle-reifen-stehen-still (https://jungle.world/artikel/2017/34/alle-reifen-stehen-still)

ZitatBeim Versandunternehmen Amazon gab es bundesweit Streiks und Proteste
Da vorne steht 'ne Ampel

In Leipzig und anderen Städten riefen vergangene Woche die Gewerkschaft Verdi, die Basisgewerkschaft FAU und linke Organisationen zu Streiks und Blockaden gegen das Versandunternehmen Amazon auf.
Von Jan Rottenbach

(https://abload.de/img/6f1ujh.jpg) (http://abload.de/image.php?img=6f1ujh.jpg)
Eine Leipziger Fußgängerampel als Instrument im Arbeitskampf. »Warum nicht bei Rot geh'n, warum nicht bei Grün steh'n?«, fragte sich die Band Der Plan bereits 1980

250 Streikende und 150 Unterstützer zogen am Freitag vergangener Woche vor das Leizpiger FC des Versandhändlers Amazon. FC – das ist kein Fußballclub, sondern ein sogenanntes »Fulfillment Center«, wie das Unternehmen es nennt; ein Warenlager, von dem aus Kunden beliefert werden. Doch die 400 Menschen, die sich dort versammelten, hatten etwas dagegen – sie waren gekommen, um zu streiken und das FC zu blockieren. Ampelstreik nannten sie das. Denn vor dem Werkstor steht eine Fußgängerampel, mit deren Hilfe der Warenausgang verzögert werden sollte.

Basierend auf der Überlegung, dass Amazon nichts produziert außer dem Versprechen an die Kunden, Waren zu einem bestimmten Termin zu liefern, zielte der Streik auf Öffentlichkeit und die Verzögerung der Liefertermine. Er war Teil einer bundesweiten Kampagne unter dem Motto »Make Amazon Pay«. Nach Angaben der Organisatorinnen und Organisatoren soll der Ampelstreik in Leipzig zur Verlangsamung des Liefertaktes geführt haben. Der Konzern bestreitet, dass es zu Verzögerungen gekommen ist.

    Solidarität kam nicht nur von Studierenden und nicht nur aus Deutschland. Auch in Piacenza und Poznań gab es Proteste.

An anderen Amazon-Standorten gab es zur gleichen Zeit ähnliche Aktionen. In Berlin blockierten etwa 400 Menschen vorübergehend das innerstädtische Verteilerzentrum am Kurfürstendamm. An der Aktion beteiligten sich das  Bündnis »Ums Ganze«, Mitglieder des Redaktionskollektivs Capulcu, die sich als »technologiekritische Aktivisten und Hacktivisten« verstehen, und die Berliner Erwerbsloseninitiative »Basta«. Jobcenter und Amazon arbeiteten »Hand in Hand bei der Durchsetzung prekärer Arbeitsbedingungen«, begründete »Basta« die Teilnahme an der Aktionswoche auf seiner Website.

Die Logistik des Kapitals sei blockierbar, sagt Maria Reschka, eine Sprecherin der Kampagne und Mitglied von »Ums Ganze«. Amazon setze neue Standards der Prekarisierung und Logistifizierung. Beeindruckt sei sie von den Streikenden, die über einen so langen Zeitraum Gegenwehr leisteten. Seit 2013 ist es immer wieder zu Streikaktionen bei dem Unternehmen gekommen. Amazon sei ein Laboratorium des »Streiks 4.0«, sagt Reschka. Sie habe selbst bereits Arbeitskampferfahrung gesammelt – in ihrem studentischen Nebenjob in der ambulanten Lebenshilfe. Gerade hier, im Care-Sektor, zeige sich, dass die technische Erneuerung auch eine Geschlechterdimension habe. Da sie nicht nach Bedürfnissen von Menschen, sondern im Interesse des Kapitals organisiert sei, werde Technik nur in einigen profitablen Sektoren entwickelt. Ginge es um die Bedürfnisse der Menschen, wäre es »ohne weiteres möglich, technische Mittel zur Erleichterung der Pflege zu entwickeln« und nicht wie bei Amazon als »Zukunftsvision, die auf Kontrolle und Unterdrückung« basiere.

Petra Beck*, die sich als Amazon-Beschäftigte und Mitglied der Gewerkschaft Verdi am Streik in Leipzig beteiligt, spricht sarkastisch über ihren Arbeitsalltag: »Einstechen, acht Stunden alles über mich ergehen lassen, ausstechen.« Dennoch konstatiert sie, dass die Streiks der vergangenen vier Jahre für Verbesserungen der Löhne und Arbeitsbedingungen gesorgt hätten. Verdi will nun vor allem einen Tarifvertrag mit Amazon erreichen. Gespräche darüber verweigert das Unternehmen, das bundesweit mehr als 12 000 festangestellte Mitarbeiter beschäftigt, seit Jahren.

Beck arbeitet im Warenausgang. Ihr Arbeitstag wird zu einem großen Teil bestimmt durch Richtungspfeile auf einem digitalen Gerät, das sie durch das Warenlager dirigiert. Aus einem europaweiten Netzwerk wird sie über das Gerät angewählt und zu Waren in Bewegung gesetzt. Da das digitale Fließband Amazons ohne die Bewegung von Arbeiterinnen und Arbeitern wie Beck nicht fließt, werden sie motiviert, angetrieben, gefeedbackt, notfalls abgemahnt.

Aus den Lautsprecherboxen des Streikzelts ertönt die Stimme eines Streikenden: Es herrsche Panik bei der Konzernleitung. Amazon halte Informationen zurück, intern reagiere das Unternehmen mit Polarisierung. Später sagt ein Mitglied des »Streiksolibündnisses Amazon«, das sich an dem Aktionstag in Leipzig beteiligt: »Amazon verbreitet das Gerücht, dass wir etwas kaputt machen wollen. Im Gegenteil, wir wollen etwas aufbauen: eine solidarische Bewegung von allen, die vom Kapitalismus an einem guten Leben gehindert werden.«

Viele der Unterstützerinnen und Unterstützer sind Studierende, so wie Anton Kramer*. Er muss neben dem Studium arbeiten, »als wissenschaftliche Hilfskraft, 9,70 Euro pro Stunde, Vertragslaufzeit sechs Monate«, erzählt Kramer. Doch das Engagement und die Kämpfe basisorientierter Gruppen und kleinerer Gewerkschaften wie der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiterunion (FAU) in Jena machten ihm Mut. An der dortigen Universität hat die FAU auf dem Rechtsweg durchgesetzt, dass wissenschaftliche Hilfskräfte in der Universitätsbibliothek künftig nach dem Tarifvertrag bezahlt werden.
Solidarität gab es an diesem Tag nicht nur von Studierenden wie Kramer und nicht nur in Deutschland. Bundesweit streikten Beschäftigte an insgesamt sechs Amazon-Standorten. Zudem beteiligten sich erstmals auch Mitarbeiter im italienischen Piacenza. Im polnischen Poznań rief die anarchistische Basisgewerkschaft »Arbeiterinitiative« zum Dienst nach Vorschrift auf, um den Betrieb zu verlangsamen. »Niemand will ein Rädchen im Getriebe sein«, hieß esdazu auf der Website der Gewerkschaft.


* Name von der Redaktion geändert.

https://jungle.world/artikel/2017/48/da-vorne-steht-ne-ampel (https://jungle.world/artikel/2017/48/da-vorne-steht-ne-ampel)



(https://www.jungewelt.de/img/700/102475.jpg)


Es kracht in der Branche scheinbar überall:

Zitat300 Mitarbeiter streiken bei Hermes

(https://www.volksstimme.de/storyimage/MA/20170627/ARTIKEL/170628575/AR/0/AR-170628575.jpg&MaxW=505&ImageVersion=default&NCS_modified=20170628054040)

Ein Streik hat am Dienstag die Arbeit beim Logistikdienstleister Hermes in Haldensleben beeinträchtigt.
https://www.volksstimme.de/deutschland-welt/wirtschaft/haldensleben-300-mitarbeiter-streiken-bei-hermes (https://www.volksstimme.de/deutschland-welt/wirtschaft/haldensleben-300-mitarbeiter-streiken-bei-hermes)

ZitatStockende Fließbänder
Beschäftigte des Automobilzulieferers BLG in Leipzig im Streik. Produktion im dortigen BMW-Werk beeinträchtigt


(https://www.jungewelt.de/img/700/96879.jpg)
Wenn die Logistikbeschäftigten keine Teile aufs Band legen, kann es schon mal zu Engpässen in der Produktion kommen
https://www.jungewelt.de/artikel/313877.stockende-flie%C3%9Fb%C3%A4nder.html (https://www.jungewelt.de/artikel/313877.stockende-flie%C3%9Fb%C3%A4nder.html)

ZitatStreik: 100 Zalando-Mitarbeiter legen Arbeit nieder
Auch beim Modeversender Zalando kommt es immer öfter zu Warnstreiks. Am Logistikstandort in Brieselang haben rund 100 Mitarbeiter ihre Arbeit niedergelegt.
https://www.internetworld.de/e-commerce/zalando/streik-100-zalando-mitarbeiter-legen-arbeit-nieder-1389398.html (https://www.internetworld.de/e-commerce/zalando/streik-100-zalando-mitarbeiter-legen-arbeit-nieder-1389398.html)

Zitat(https://www.verkehrsrundschau.de/media/cache/thumb_847x413/sixcms/media.php/5709/Streik_EVG_Regensburg1920.jpg)
WARNSTREIK AM DB-TERMINAL IN REGENSBURG

Am Montag haben die Beschäftigten der DB Intermodal Services ihre Arbeit niedergelegt. Sie folgten einem Aufruf der EVG, die für ihre Mitglieder sieben Prozent mehr Gehalt fordert.
https://www.verkehrsrundschau.de/nachrichten/warnstreik-am-db-terminal-in-regensburg-2026753.html (https://www.verkehrsrundschau.de/nachrichten/warnstreik-am-db-terminal-in-regensburg-2026753.html)

ZitatStreik bei "Tedi" in Wickede: Lagerarbeiter fordern Tarifvertrag

Einen Tarifvertrag mit mehr Lohn sowie Zuschüsse für Mehr- und Nachtarbeit: Die Lagermitarbeiter der Dortmunder Logistik GmbH, einer Tochterfirma von "Tedi" mit Hauptsitz in Dortmund, kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen.
http://www.dortmund24.de/dortmund/streik-bei-tedi-in-wickede-lagerarbeiter-fordern-tarifvertrag/ (http://www.dortmund24.de/dortmund/streik-bei-tedi-in-wickede-lagerarbeiter-fordern-tarifvertrag/)

ZitatAmazon: Streiks in sechs Logistikzentren

In der Amazon-Logistik wird wieder gestreikt. Wie die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mitteilt, haben Mitarbeiter des Online-Händlers an sechs großen Standortendie Arbeit niedergelegt. Dabei handelt es sich um die Logistikzentren in Bad Hersfeld, Leipzig, Graben, Rheinberg, Werne und Koblenz.
http://www.textilwirtschaft.de/business/unternehmen/e-commerce-amazon-streiks-in-sechs-logistikzentren-206738?crefresh=1 (http://www.textilwirtschaft.de/business/unternehmen/e-commerce-amazon-streiks-in-sechs-logistikzentren-206738?crefresh=1)

ZitatGENERALSTREIK IN ITALIEN: STREIT GEHT IN DIE NÄCHSTE RUNDE

(https://www.verkehrsrundschau.de/media/cache/thumb_847x413/sixcms/media.php/5709/Streik_Italien_NurPhoto_dpa_pa_96399678_1920.jpg)
Während des Generalstreiks wurden die Zufahrten zu den wichtigsten Logistikknotenpunkte blockiert
https://www.verkehrsrundschau.de/nachrichten/generalstreik-in-italien-streit-geht-in-die-naechste-runde-2030244.html (https://www.verkehrsrundschau.de/nachrichten/generalstreik-in-italien-streit-geht-in-die-naechste-runde-2030244.html)

ZitatForderung nach mehr Gehalt: Logistiker legen erneut ihre Arbeit nieder

Erneut sind Logistiker auf die Straße gegangen. Am Donnerstags forderten rund 500 Beschäftigte im hessischen Fulda bessere Löhne für ihre Arbeit.


Besonders die niedrigen Löhne von Paketzustellern, Logistikern, Lagereien und Speditionen wurden von Verdi in der Vergangenheit häufiger kritisiert.

Deutschlandweite Streiks breiten sich aus
https://www.logistik-watchblog.de/unternehmen/1271-logistiker-legen-arbeit-nieder.html (https://www.logistik-watchblog.de/unternehmen/1271-logistiker-legen-arbeit-nieder.html)

ZitatStreik auf dem MainLog-Gelände

(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fstatic3.fnp.de%2Fstorage%2Fimage%2F5%2F7%2F8%2F2%2F2052875_cms2image-fixed-605x320_1q3a7x_3C0UIC.jpg&hash=064c1bf883f88f1c0fd32232e88d83c7f1cfe836)
Zahlreiche Mitarbeiter der Firma Geis Logistik sind gestern einem Verdi-Aufruf gefolgt und in den Streik getreten. Auch wenn sich der Ausstand nicht gezielt gegen ihr Unternehmen richtet, sind viele vom Management enttäuscht. Weitere Streiks zeichnen sich ab.
http://sdp.fnp.de/lokales/kreise_of_gross-gerau/Streik-auf-dem-MainLog-Gelaende;art688,2826267 (http://sdp.fnp.de/lokales/kreise_of_gross-gerau/Streik-auf-dem-MainLog-Gelaende;art688,2826267)

ZitatStreik bei Schnellecke in Braunschweig: Bald auch Wolfsburg betroffen?

Die Gewerkschaft Verdi hatte im Tarifstreit der Logistikbranche bei Schnellecke in Braunschweig zum Streik aufgerufen. Wenn auch am nächsten Verhandlungstag kein Durchbruch erzielt wird, könnte es zum Streik bei Schnellecke in Wolfsburg kommen – mit möglichen Folgen fürs VW-Stammwerk.
http://www.waz-online.de/Wolfsburg/Volkswagen/Streik-bei-Schnellecke-in-Braunschweig-Bald-auch-Wolfsburg-betroffen (http://www.waz-online.de/Wolfsburg/Volkswagen/Streik-bei-Schnellecke-in-Braunschweig-Bald-auch-Wolfsburg-betroffen)

ZitatTausende Pakete nicht ausgeliefert

Kassel. Sie haben Ihr Paket in den vergangenen Tagen auch nicht bekommen? Der Tarifstreit im hessischen Transport- und Verkehrsgewerbe sorgt für Probleme bei der Zustellung in Nordhessen
.
https://www.hna.de/kassel/pakete-probleme-bei-auslieferung-wegen-tarifstreits-9370569.html (https://www.hna.de/kassel/pakete-probleme-bei-auslieferung-wegen-tarifstreits-9370569.html)

ZitatStreik bei DHL: 15.000 Pakete bleiben im Norden liegen

Droht der weihnachtliche Ausnahmezustand in der Logistik? Im nördlichen Raum haben nun die Paketzusteller gestreikt. Das Resultat: Jede Menge Pakete sind liegen geblieben.
https://www.logistik-watchblog.de/unternehmen/1274-streik-dhl-15-000-pakete-bleiben-liegen.html (https://www.logistik-watchblog.de/unternehmen/1274-streik-dhl-15-000-pakete-bleiben-liegen.html)

ZitatDeliveroo riders storm its Amsterdam HQ to protest new self-employment rule

The delivery service community in the Netherlands is not happy with Deliveroo right now. Following a shift in the company's business model, all couriers in the country will now be required to register as self-employed in order to continue working for the popular food service, local outlet AT5 reports.

The controversial announcement has sent miffed couriers protesting the decision onto the streets of Amsterdam. Dressed in their turquoise uniforms, a large group of Deliveroo riders stormed the city center to voice their dissatisfaction with the new rules.
https://thenextweb.com/insights/2017/11/15/deliveroo-delivery-self-employed-protest/ (https://thenextweb.com/insights/2017/11/15/deliveroo-delivery-self-employed-protest/)
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 11:53:22 So. 25.Februar 2018
Neue Front für Streiks: Logistik

Kim Moody über moderne Möglichkeiten gewerkschaftlicher Organisierung

Kim Moody, Mitgründer der Labor Notes, Aktivist und Labour-Forscher, wirkt wie ein Fels in der Brandung: Trotz, wie er zu scherzen beliebt, ganzer Regalmeter voller Bücher, in denen das Ende der Arbeit durch Automatisierung und Rationalisierung vorhergesagt wurde, hielt er immer daran fest, dass keine technologische Revolution ohne menschliche Arbeitskraft auskomme. Die Zahl der Lohnabhängigen sei so hoch wie nie, lediglich die Arbeitsbedingungen verschlechterten sich. Unbeirrbar hält er aber auch daran fest, dass es die »Zusammenballung«, die »große Zahl« der Lohnabhängigen an einem Ort sei, die entscheidend für die Kampfbedingungen sei. Und diese Bedingung sieht er in seinen jüngsten Arbeiten gerade in der sog. Logistik-Revolution gegeben: Schlecht bezahlte ArbeiterInnen ballen sich in großer Zahl in riesigen Logistik-Zentren, und sie sitzen damit an den sensiblen Schaltstellen der Just in Time-Produktion.

http://www.labournet.de/?p=128375 (http://www.labournet.de/?p=128375)
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 20:19:36 Di. 06.März 2018
ZitatStreiks bei der DHL Delivery Berlin GmbH und bei Amazon in Werne

Erst vor Kurzem machte die Deutsche Post der Verdi ein Angebot für einen neuen Tarifvertrag. Doch damit scheint das Thema Streik noch nicht ganz vom Tisch zu sein. In Berlin und Potsdam hat die Arbeitnehmervertretung 600 DHL-Mitarbeiter zu Streiks aufgerufen. Und auch bei Amazon läuft es alles andere als rund.


In Berlin und Potsdam kann es aktuell zu Auslieferproblemen bei Paketen kommen. Der Grund: Warnstreiks bei der DHL Delivery Berlin GmbH in Berlin und im Raum Potsdam. Wie rbb24 berichtet, hat Verdi insgesamt 600 Mitarbeiter zu Warnstreiks aufgerufen, rund die Hälfte der Beschäftigten ist dem Ruf gefolgt und hat die Arbeit niedergelegt – und das für den ganzen Tag.

70.000 Sendungen bleiben liegen oder verspäten sich


Am Rand der Streikversammlung im Brauhaus Berlin erklärte Gewerkschaftssekretär Axel Kronbügel, im Landesfachbereich für die Postdienste, Speditionen und Logistik verantwortlich, dass man Störungen im Betrieb und bei der Auslieferung der Pakete erwarte. ,,Tausende Pakete würden am Dienstag gar nicht oder erst später ausgeliefert werden", heißt es bei rbb24. Dass sich nur die Hälfte der Angestellten dem Streik angeschlossen hat, liegt nach Kronbügels Meinung vor allem an den befristeten Arbeitsverhältnissen. Wer beim Streik nicht dabei sein konnte, dem riet Verdi ,,Dienst nach Vorschrift zu betreiben". Schon dies dürfte zu erheblichen Verzögerungen bei der Paketauslieferung beitragen, denn ,,Dienst nach Vorschrift" heißt, dass pro Auslieferung nur ein Paket - und nicht wie sonst oft üblich – mehrere getragen werden.

Bestreikt werden aktuell 15 Berliner Depots. In den DHL Delivery Depots werden normalerweise etwa 70.000 Sendungen verarbeitet und zugestellt. Nicht von dem Streik betroffen sind die Depots der Deutschen Post. Mit den Streiks will Verdi Druck auf die laufenden Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Speditions-, Logistik- und Paketdienstbranche ausüben. Gefordert werden unter anderem 6,5 Prozent mehr Lohn. Am Donnerstag geht es in die nächste Verhandlungsrunde.

Waren stürzen aus Hochregallager

Neben der DHL Delivery GmbH sieht sich auch Amazon neuen Streiks gegenüber. Bereits am Montag, so berichtet der Westfälische Anzeiger, kam es bei Amazon in Werne zum Warnstreik. Hintergrund des Warnstreiks ist der Vorwurf von Verdi, dass es Amazon ,,nach dem Umzug mit der Arbeitssicherheit nicht so genau" nimmt, ,,weil der Betrieb in der neuen Anlage noch nicht rund laufe." Am heutigen Dienstag soll laut Verdi die Bezirksregierung Arnsberg einer entsprechenden Beschwerde nachgehen.

Während Amazon Sprecherin Antje Kurz-Möller im WA damit zitiert wird, dass man nicht erkennen könne, dass ,,es einen Trend zu vermehrten Arbeitsunfällen gibt" und ,,von Chaos" keine Rede sein kann, zeichnet Verdi ein anderes Bild. So sollen mehrfach Waren aus bis zu zehn Metern Höhe in die Gänge gestürzt sein, weil Mitarbeiter mit den Hubwagen aufgrund der engen Gänge sich gegenseitig behinderten. ,,Die Gänge sind sehr eng, die Flurförderfahrzeuge stauen sich, man fährt sich die Spiegel ab. Die Fahrer stehen unter Druck, weil sie sich rechtfertigen müssen, sobald sie stillstehen", wird Verdi-Sekretär Karsten Rupprecht zitiert. ,,Neulich konnte ein Kollege die Bühne nicht mehr herunterfahren und musste 20 Minuten um Hilfe rufen."

Die aktuelle Situation hat Verdi nun dazu animiert, die Amazon-Mitarbeiter zum Streik aufzurufen. Bereits am Montag trat ein Teil der Frühschicht in den Warnstreik. Dieser soll bis Dienstag um Mitternacht von den vier folgenden Schichten fortgesetzt werden. Die Beteiligung sei mit 150 Streikenden zum Auftakt ,,so groß gewesen wie noch nie", heißt es beim WA.
https://www.logistik-watchblog.de/unternehmen/1451-streiks-dhl-delivery-berlin-gmbh-amazon-werne.html (https://www.logistik-watchblog.de/unternehmen/1451-streiks-dhl-delivery-berlin-gmbh-amazon-werne.html)
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Fritz Linow am 00:18:04 Di. 20.März 2018
Kein Kampf, aber trotzdem ein gelungenes Beispiel, wie anfällig diese ganze Just-in-Time-Kacke ist:
Zitat16.3.18
Brand bei Zulieferer:
Schichten im Audi-Stammwerk Ingolstadt ausgefallen
(...)
https://www.automobilwoche.de/article/20180316/AGENTURMELDUNGEN/303169927/brand-bei-zulieferer-schichten-im-audi-stammwerk-ingolstadt-ausgefallen (https://www.automobilwoche.de/article/20180316/AGENTURMELDUNGEN/303169927/brand-bei-zulieferer-schichten-im-audi-stammwerk-ingolstadt-ausgefallen)
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: admin am 19:01:51 So. 25.März 2018
Der Logistiksektor ist nicht nur plötzlich angesagt, sondern auch tatsächlich zentrales Segment im Wirtschaftgefüge. Hier kommt es zu den meisten Einstellungen. Es geht hauptsächlich um prekäre Arbeit. Die Gewerkschaften haben in dem Sektor wenig zu melden, der Organisierungsgrad ist gering. Der Anteil migrantischer Arbeiter*innen ist enorm.

Wenn es im Logistiksektor hakt, können weitere Teile der Wirtschaft zum Stillstand kommen. Das Gefüge ist fragil. Die Macht der Beschäftigten kann in Arbeitskämpfen enorm sein.

In Norditalien ist es der Basisgewerkschaft SI Cobas zu einer bedeutenden Kraft im Logistiksektor geworden. Die zu einem großen Teil von Migranten geführten Kämpfe sind militant und es gab Verletzte und Tote zu beklagen (Streikposten überrollt).

Hier eine Selbstdarstellung (auf italienisch) mit Eindrücken von ihren Kämpfen und Protestaktionen: ! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=xZ2SwW5zGMw#)

Ich war einige Tage mit Aktivisten von Amazon Polen und Deutschland unterwegs.
Die Veranstaltungen und Diskussionen waren überaus inspirierend.
In Poznan ist die Basisgewerkschaft IP stärker als die Solidarnosc und in Deutschland sind die Streikaktivisten so selbstbewußt, daß sie die Organisierung der Kollegen und das Führen der Streiks in den eigenen Händen haben und scih nicht von der Verdizentrale vorgeben lassen. Die kreativen Strategien gegen den Konzern im Arbeitsalltag sind beeindruckend.

Das wohl herausstechendste an den Kämpfen bei Amazon ist wohl, daß man sich nicht in einem Abwehrkampf befindet. Fast alle Arbeitskämpfe in der Republik sind Abwehrkampfe. Man versucht Entlassungen oder Verdichtungen der Arbeit abzuwehren und wenn es um Loherhöhungen geht, dann liegen sie selten über der Inflationsrate.

Bei Amazon ist man nicht in der Abwehr, sondern offensiv dabei, sich die Würde am Arbeitsplatz zurückzuerobern. Man hat mit den vergangenen Streiks Lohnerhöhungen von etwa 20% durchgesetzt. Amazon hatte auch erklärt, so etwas wie "Weihnachtsgeld" würde man in den USA nicht kennen und auch hier nicht einführen. Inzwischen zahlt Amazon auch in Deutschland Weihnachtsgeld. Die Streikaktivisten arbeiten hart an einer internationalen Vernetzung, sie wollen den Konzern grenzübergreifend angreifen. So etwas gibt es hierzulande sonst nirgendwo.

Wir können noch eine Menge spannender Entwickungen in dem Bereich erwarten.
Wir sollten es als Beispiel nehmen und aufhören zu jammern. Ein gemeinsamer Angriff auf die deprimierenden Verhältnisse ist möglich. 
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 16:31:18 Mo. 23.April 2018
https://www.youtube.com/watch?v=7vdKNe1-1BM
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 10:18:03 So. 20.Mai 2018
Die Leiharbeit scheint extrem in diese Branche zu preschen:

Gute Perspektiven in der Logistikbranche

Zeitarbeit ist aus wachsenden Industrieregionen nicht wegzudenken. Denn gerade in der Anfangszeit, wenn die genaue Entwicklung des Wirtschaftsstandortes noch nicht abzusehen ist, können Unternehmen damit ihr Personalkontingent flexibel halten.


Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) sind am Stichtag 30. Juni 2017 insgesamt 265.263 Zeitarbeitnehmer im Bereich Verkehr/Logistik tätig gewesen. Das ist etwa jeder vierte Beschäftigte in der Branche.( https://www.ig-zeitarbeit.de/index.php/presse/artikel/gute-perspektiven-der-logistikbranche (https://www.ig-zeitarbeit.de/index.php/presse/artikel/gute-perspektiven-der-logistikbranche) )

(https://www.ig-zeitarbeit.de/sites/default/files/redaktion/bilder/2018/Altmann_Charly1.jpg)
Thomas Altmann (l.), iGZ-Regionalkreisleiter Duisburg, begrüßt die Entwickung des Wirtschaftsstandortes Duisburg.

Du wollen Arbeit? Habe schöne Arbeit in Hochregallager. Oder lieber Pakete ausfahre mit Auto, brumm brumm, verstehe?

Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Fritz Linow am 14:26:28 So. 20.Mai 2018
Der lustige Mützenmann war mal als User Walsimöt im Zoom-Forum aktiv. Hier die Höhepunkte:

,,Wie sollen wir eine soziale Partnerschaft leben, wenn jeder in seiner Ecke bleibt?"

,,Als verantwortungsvoller Personaler ist man aber immer auch ein Stück weit Kümmerer, Sozial-Pädagoge, Zuhörer, ja manchmal sogar so etwas wie ein Therapeut..."

,,,,Asoziales Pack" lasse ich mir als Beschimpfung ja noch gefallen, ,,Selbstdarstellung" weise ich aber entschieden zurück..."

,,Ich habe kein Interesse daran, hier den Blitzableiter für Eure Gesellschaftskritik zu spielen bzw. als nützlicher Idiot Eure Hasstiraden auf mich zu ziehen."

,,Da beißt - für mich! - die Maus keinen Faden ab."

,,Und vielleicht schaffen Sie es ja auch, auf Fäkalsprache zu verzichten."

,,Kann es nicht sein, dass der eine oder andere für seine schlechten Erfahrungen mitverantwortlich ist?"

,,Die Zeitarbeitswelt ist bunt!"

,,Zum Dank dafür werde ich beschimpft, bedroht (nein, nicht ich selbst, aber die Branche) und in Form von Thread-Titel und Ihrer Signatur verhohnepiepelt."

,,Klopf, klopf, klopf! Hallo? Jemand da?"
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: admin am 13:02:30 Sa. 28.Juli 2018
In der Logistikbranche gibt es nicht nur Mobilisierungsversuche "von außen".
Hier etwas von innen: Der Text des Flugblattes wurde von einem Logistikarbeiter erstellt. Er hat den Ton getroffen, der die Kollegen anspricht und die Themen angesprochen, die ihnen unter den Nägeln brennen. Themen wie "Cliquenbildung" unter den Beschäftigten wäre externen Autoren nicht bekannt, gehört aber zur nervigen Normalität im Betrieb.

Hier das Flugblatt:

(https://abload.de/img/sig_vjeihz.jpg)

(https://abload.de/img/sig_hw5iy1.jpg)


Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 17:01:38 So. 11.November 2018
Der Logistikbereich auf der Überholspur:
die Arbeitskämpfe nehmen zu, aber Wichtigkeit und Stellenwert innerhalb der Wertschöpfungskette wird in Gewerkschaftskreisen unterschätzt


In Deutschland arbeiten in dem Bereich rund 2,5 Millionen Menschen in 60.000 Betrieben.

Möglichkeiten tun sich auf


Diese Cluster scheinen durch Arbeitsunterbrechungen hochgradig verwundbar zu sein. Ein Streik in einem Warenlager oder bei einem Lieferanten mit Schlüsselfunktion könnte die Produktion entlang der gesamten Versorgungskette lahmlegen und möglicherweise dem Image eines Unternehmens mit Blick auf seine Zuverlässigkeit großen Schaden zufügen.

Es gehört zur großen Ironie des modernen Kapitalismus, dass wir jetzt eine massive Konzentration von manueller, menschlicher Arbeit erleben, aus der sich die Konzernführungen eigentlich verabschieden wollten. Es könnte enormer Druck auf die Arbeitgeber ausgeübt werden, auch um Zugeständnisse zu machen oder eine neue Gewerkschaft anzuerkennen, ohne dass es dafür die Art Sekundär- oder Sympathiestreik bräuchte, die in vielen Ländern illegal sind.

https://gewerkschaftsforum-do.de/der-logistikbereich-auf-der-ueberholspur-die-arbeitskaempfe-nehmen-zu-aber-wichtigkeit-und-stellwert-innerhalb-der-wertschoepfungskette-wird-in-gewerkschaftskreisen-unterschaetzt/
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Fritz Linow am 17:52:26 So. 11.November 2018
Der letzte Satz ist ja etwas pathetisch:
ZitatDie Dienstleistungsgewerkschaft ver.di weiß, wenn die Auseinandersetzung mit Amazon verloren geht, die Gewerkschaften in Zukunft keinen Fuß mehr in die Tür der Branche bekommen werden und eine historische Chance vertan ist.
Für ver.di mag das stimmen, aber dann kann man ja mal eine richtige Gewerkschaft machen. Steht eigentlich auch kurz vorher im Text:
...auch um Zugeständnisse zu machen oder eine neue Gewerkschaft anzuerkennen...

Schön unberechenbar soll alles sein.
Titel: Re:Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Onkel Tom am 20:39:00 So. 11.November 2018
Wenn verdi das so wichtig ist, ein Fuß in die Tür von Amazon zu bekommen,
verstehe ich nicht, das anbei nicht mehr Mum und länger anhaltender Streik
investiert wird. Soo kompliziert ist es doch nun auch nicht, das sich die Katze
nur um den heißen Brei schleichen darf. Tut es Amazon finanziell richtig weh,
tun sich neue Wege zur Durchsetzung von Forderungen auf..
Titel: Re: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 14:26:05 Di. 19.März 2019
ZitatDie Urteilsverkündung in dem inszenierten Prozess gegen Aldo Milani, den Sprecher der italienischen Basisgewerkschaft  SI Cobas, soll in den nächsten Tagen erfolgen: Es geht um sage und schreibe zwei Jahre und vier Monate Haft – wegen angeblichen Erpressungsversuchs. (Siehe die ausführliche Berichterstattung zu Beginn dieses Dossiers, in der die Konstruktion dieser Anklage ein ausführlich behandeltes Thema ist, vor allem in der Erklärung von SI Cobas von Anfang 2017). Was in Wirklichkeit vor Gericht steht, ist die selbstorganisierte gewerkschaftliche Arbeit und dabei insbesondere das Streikrecht – war Aldo Milani doch immer wieder als Sprecher gerade in Streikbewegungen im Logistiksektor, wo SI Cobas stark vertreten ist, aufgetreten.
http://www.labournet.de/?p=110819
Titel: Re: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 16:13:38 Do. 23.Mai 2019
ZitatLogistik und Transportwesen.
Ein Feld der sichtbaren und unsichtbaren Auseinandersetzungen im digitalen, globalen Kapitalismus
, Teil I

Logistik gehört ursprünglich zum Militärbereich, zur »Kunst des Krieges«. In diesem Zusammenhang wird darunter »die Organisation des Nachschubs für eine Armee in Bewegung« verstanden. Nachschub von Proviant, Waffen, Munition, Kleidung, Arzneimitteln, Informationen, Post usw. für ein sich im feindlichen Gebiet bewegendes Heer. Logistik war also eine Kunst der Conquistadores, Meister der Logistik waren die alten Römer.
(...)
Aber machen wir einen Sprung in die Gegenwart. Seit den 70er Jahren kommt der Logistik eine immer größere Bedeutung in den Produktions- und Handelsprozessen zu. Sie durchdringt heute unser Alltagsleben so sehr, dass wir sie nicht mehr als eine Funktion der Produktion, sondern als ein gesellschaftliches Phänomen wahrnehmen.
(...)
Die 1970er Jahre waren eine Zeit hoher Inflation, das heißt, die Unternehmen mit großen Beständen in ihren Lagern kämpften mit einer drastischen Verminderung des Wertes ihrer Waren in der Zeitspanne zwischen Lagerung und Absatz. Es war notwendig, die Menge der Bestände zu verringern. Aber wie? Mittels der Reduzierung der Zeitspanne zwischen Lagerung und Absatz. So entstand die Theorie des »stock zero«, die später zum Konzept des just in time geführt hat.
(...)
Die erste Innovation war das Internet. Das Internet hat für alle in der Logistik bereits in Gang befindlichen Tendenzen einen enormen Schub nach vorn bedeutet: Integration, Beschleunigung, Standardisierung, Flexibilisierung, Internationalisierung der Prozesse und selbstverständlich Steigerung der Produktivität. In der Logistik wurde es üblich, rund um die Uhr zu arbeiten. Die Logistik wurde der Bereich, in dem das Arbeitstempo und der Arbeitsaufwand eine extreme Intensität erreichten, und so ist es bis heute geblieben. In dieser Zeit bekam die Logistik ihren richtigen Namen: the physical Internet. Genau in der Zeit, als das Internet die virtuelle, abstrakte Welt zu planetarischen Dimensionen erweiterte, trat die Logistik als sein Gegenstück – als permanenter materieller Faktor der wirtschaftlichen Prozesse – auf und bildete damit die Voraussetzungen einer neuen Phase der Konflikte zwischen Arbeit und Kapital. Die Gurus, die vorausgesagt hatten, dass die manuelle, materielle, physische Arbeit verschwinden werde und die gesamte menschliche Wertschöpfung durch intellektuelle Arbeit geleistet werden könne, wurden in ihren Erwartungen enttäuscht.
(...)
http://www.labournet.de/branchen/dienstleistungen/speditionen/logistik-und-transportwesen-ein-feld-der-sichtbaren-und-unsichtbaren-auseinandersetzungen-im-digitalen-globalen-kapitalismus/#teil1

ZitatTeil II

An die Logistik heften sich nicht nur in den Stabsabteilungen von Unternehmen und Regierungen Hoffnungen, sondern – mit etwas anderer politischer Intention – auch in der Linken. Die Vorstellung, mit der Lahmlegung von »Hubs« und Häfen das System an seinen empfindlichsten Teilen treffen und so aus den Angeln heben oder ihm doch zumindest per elektronischem Knopfdruck empfindlichen Schaden zufügen zu können, beflügelt nicht wenige Aktive, sei es am Schreibtisch oder bei der Blockade. Die VertreterInnen des italienischen Operaismus beschäftigen sich schon etwas länger mit dem Thema, als es populär ist. Zu erinnern ist hier etwa an die vor 40 Jahren erschienene »Geschichte des Containers« der Gruppe »Primo Maggio«. Sergio Bologna, selbst Teil der operaistischen Geschichte, hat sich in » Zerstörung der Mittelschichten. Thesen zur neuen Selbstständigkeit« (Graz 2006) erneut mit der Bedeutung dieses Sektors beschäftigt.
(...)
Logistik spielt im modernen kapitalistischen Akkumulationsmodell eine zentrale Rolle, aber sie ist genauso strategisch für die Zukunft des Kapitalismus wie der Finanzsektor oder die IT-Gruppen wie Google, Amazon, Facebook, die die menschliche Wahrnehmungsfähigkeit, die ›menschliche DNA‹ zu manipulieren versuchen.
(...)
http://www.labournet.de/branchen/dienstleistungen/speditionen/logistik-und-transportwesen-ein-feld-der-sichtbaren-und-unsichtbaren-auseinandersetzungen-im-digitalen-globalen-kapitalismus/
Titel: Re: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 09:38:19 So. 20.September 2020
ZitatHamburg
Proteste gegen Schließung des Hermes Retouren-Zentrum

Mehrere Hundert Mitarbeiter haben Anfang der Woche gegen die Schließung des letzten Retouren-Zentrums vor der Otto-Zentrale demonstriert. Auch die Gewerkschaft Verdi hat sich eingeschaltet.


Wie die Otto Group vor wenigen Wochen bekannt gab, soll in der zweiten Jahreshälfte 2021 der letzte deutsche Retourenbetrieb der Konzerntochter Hermes Fulfilment in Hamburg geschlossen werden. Die Arbeit wird stattdessen nach Polen und Tschechien verlagert, für die Otto Group war der Betrieb des Retouren-Zentrums nicht mehr wirtschaftlich.

Von den 840 betroffenen Angestellten haben Anfang der Woche rund 200 vor der Otto-Zentrale in Bramfeld gegen die Schließung demonstriert. ,,840 Kolleginnen und Kollegen verlieren ihre Existenzgrundlage. Und gleichzeitig sind die Retouren ja dennoch da, werden aber nach Polen und nach Tschechien verlagert"...
https://www.logistik-watchblog.de/unternehmen/2681-hamburg-proteste-schliessung-hermes-retouren-zentrum.html
Titel: Re: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Nikita am 16:09:51 So. 20.September 2020
Hier bekommt man einen Eindruck vom größten Hermes-Retouren-Zentrum in Hamburg, das oben erwähnt wurde.

https://www.ardmediathek.de/daserste/video/reportage-und-dokumentation/deutschland-reportage-online-shopping/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGFnZSBfIGRva3VtZW50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuLzAwYTY5OWQ5LTZmMmItNGRjYy05NmU0LTdmZWEwZjFkOGVjYw/?startTime=347
Titel: Re: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 14:50:43 Sa. 31.Oktober 2020
ZitatStreik in TNT-Verteilzentrum

Die Mitarbeiter des Paketzustellers TNT haben am Donnerstag im deutschlandweit größten Verteilzentrum in Wiesbaden gestreikt.


Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi vom Freitag haben sich rund 100 Beschäftigte beteiligt. Ziel sei es, in dem Unternehmen einen Tarifvertrag durchzusetzen.Wegen des Streiks kam es zu verzögerten Auslieferungen.
https://www.hessenschau.de/wirtschaft/streik-in-tnt-verteilzentrum-in-wiesbaden,kurz-verteilerzentrum-tnt-wi-100.html
Titel: Re: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 10:19:03 Di. 13.Juli 2021
Die Linke tut sich noch schwer mit dem Umgang mit realen Klassenkämpfen.
Insbesondere durch die cleveren und ungewöhnlichen Organisierungs- und Kampfformen bei Amazon war plötzlich der Logistiksektor bei Linken irgendwie angesagt. Das heißt noch lange nicht, daß sie sich solidarisch gezeigt haben, als Hafenarbeiter oder Trucker in Bewegung gekommen sind.

Wilde Streiks bei Gorillas? Da hat man wieder was gefunden. Die Kampfform ist radikal, die Teilnehmer sind oft jung, hip, gutaussehend und migrantisch, da fühlt sich auch die linke Szene wohl.

Ob dieses Wohlwollen mal in Bereichen auftritt, in denen die Kämpfe weniger radikal und die Arbeiter weniger hip sind?

Klasse gegen Klasse hat versucht, in einem Dossier mit einer Auswahl aus Artikeln über prekäre Arbeitsbedingungen und Widerstand dagegen, zusammenhänge darzustellen...

Zitat[Dossier] Prekarisierung, Neoliberalismus und Arbeitskampf

Anlässlich des wilden Streiks beim Lebensmittellieferanten Gorillas veröffentlichen wir ein Dossier mit einer Auswahl aus Artikeln über prekäre Arbeitsbedingungen und Widerstand dagegen. Wir hoffen, hiermit einen Beitrag zu leisten, um aus vergangenen und internationalen Erfahrungen Lehren für diesen und kommende Kämpfe ziehen zu können.

(https://www.klassegegenklasse.org/dateien/shutterstock_1499734709-890x550.jpg)
https://www.klassegegenklasse.org/dossier-prekarisierung-neoliberalismus-und-arbeitskampf/
Titel: Re: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 18:28:33 So. 07.August 2022
Es bewegt sich was.
Arbeitskämpfe werden langsam von der Linken wahrgenommen.
Es gab dann Bereiche, die man besonders wichtig fand, die angesagt waren.
Dann gab es die ersten vorsichtigen Versuche, sich selbst zu engagieren am Arbeitsplatz.

Jetzt sieht es so aus, als wollte man eine Branche ins Visier nehmen, nicht nur um das Kämpfen zu lernen oder einen Arbeitgeber zu piesacken oder bessere Arbeitsbedingungen zu erzielen, sondern um den Kapitalismus selbst anzugreifen:

ZitatKapitalismus, Krise, Ketten sprengen!

Die Logistik ist für die Macht des Kapitals entscheidend
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1165904.kapitalismuskritik-kapitalismus-krise-ketten-sprengen.html

Und konkret:

ZitatLogistische Knotenpunkte wie der Hamburger Hafen sind ein Flaschenhals der globalen Just-in-Time-Produktion. Logistik findet in aller Öffentlichkeit, im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße statt und kann deswegen auch dort unterbrochen werden. Der Akt der Blockade ist zwar (bezeichnenderweise) ein arbeitsrechtlich verbotenes Kampfmittel, aber wenn sie von arbeitsrechtlich Ungebundenen vorgenommen wird, kann ihr eine neue Bedeutung zukommen. Und ohnehin halten wir Diskussionen darüber, wer Logistik blockieren darf, gar nicht für zielführend in einer Welt, in der unsere natürliche Lebensgrundlage Tag für Tag weiter zerstört wird. Emanzipative Kämpfe sollten die Logistik gemeinsam und transnational zu einem Feld machen, auf dem kollektive Aneignungsprozesse und der Aufbau von Gegenmacht begonnen werden können.

Gefällt mir.
Ich kann mich aber nur wiederholen. Die Blockaden taugen nicht die Hälfte, wenn man nicht (bereits im Vorfeld) Kontakt zu dort Beschäftigten sucht. Auf dem Gebiet ist die linke Szene bisher nicht gut.

Titel: Aw: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 12:22:37 Mo. 10.April 2023
Ich grabe dieses Thema nochmal aus. Es ist enorm wichtig.
Hierzulande folgt die Linke (Bewegung) politischen Trends, eine für den Klassenkampf unmögliche Haltung. Man braucht Kontinuität und Durchhaltevermögen. Kämpfe in der Logistik sind nicht mehr so angesagt, das Thema Amazon ist jedoch noch nicht vergessen. Das Hauptproblem sehe ich darin, daß Arbeiter:innen und Bewegungslinke wenig zusammenkommen.

In Frankreich scheint man da schon 3 Schritte weiter zu sein. Der gemeinsame Kampf, Betriebe dichtmachen von innen und außen, das ist inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Ich bin ganz neidisch, wie in Frankreich Schüler:innen, Erwerbslose, prekär Beschäftigte, Scheinselbständige und Arbeiter:innen gemeinsam kämpfen. Und in ihren Kämpfen ignorieren sie oftmals das Gesetz und den Willen der Gewerkschaften und linken Parteien. Vorbildlich!

Der zur Zeit bedeutendste Arbeitskampf in Deutschland findet auf dem Rastplatz Gräfenhausen statt. Obwohl die Beteiligten wenige sind, minimal im Vergleich mit den Auseinandersetzungen von Verdi und der IGM. Dort haben einge Dutzend osteuropäische LKW Fahrer die Arbeit niedergelegt. Es war ein massives "Scheiß drauf!", egal was das Gesetz sagt oder die Gewerkschaften, sie bauten erst einmal auf die Macht der Solidarität. Dann gesellten sich Unterstützer hinzu. Meist aus dem gewerkschaftlichen Bereich. Ich muß schon sagen, was sich an der Front entwickelte, ist ungewöhnlich und neu für Deutschland. Die Unterstützer waren flexibler und kämpferischer als ihre Organisationen. Wirklich beeindruckend. Inzwischen gesellen sich Politiker hinzu. Auch sie wollen etwas Glanz von diesem so mutigen Arbeitskampf abbekommen. Die Arbeitsbedingungen osteuropäischer LKW Fahrer sind schon seit Jahren unmenschlich. Das ist alles bekannt. Es interessierte diese Politiker nicht. Aber jetzt lassen sie sich jetzt als Unterstützer abfeiern.

Ich habe ansonsten noch keine Unterstützung des Wilden Streiks in Gräfenhausen durch deutsche Linke wahrgenommen...
Titel: Aw: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 13:47:33 Mi. 31.Mai 2023
Wenn das Thema kein linker Trend bleiben soll, braucht der Kampf in dem Sektor Langfristigkeit, bleibende Strukturen, Analyse und Bildung. Die polnische Gewerkschaft IP versucht das recht vorbildlich:

(https://abload.de/img/fxxtki5wcaa_xdvformat0oehh.jpg) (https://abload.de/image.php?img=fxxtki5wcaa_xdvformat0oehh.jpg)
"Das Treffen ,,Initiative in Lagerhäusern – Gewerkschaftsentwicklung und Arbeitskämpfe in der Logistikbranche" zielt darauf ab, die Strategie für die Entwicklung der Arbeiterbewegung in der Logistikbranche zu diskutieren. Es ist eine Einführung in die Informationskampagne, die wir in der ersten Hälfte dieses Jahres starten wollen."
Titel: Aw: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 11:34:19 So. 13.August 2023
ZitatKämpferischer Streik bei Mondo Convenienza in der Toscana

(https://abload.de/img/campi-1.jpg-1250x9348zchu.jpeg) (https://abload.de/image.php?img=campi-1.jpg-1250x9348zchu.jpeg)

Die Gemeinde Campi Bisenzio in der Metropolitanregion von Florenz ist vor allem wegen der GKN-Fabrikbesetzung bekannt. Unweit davon steht das Lagerhaus von Mondo Convenienza. Das Unternehmen ist ein wichtige Player der Einrichtungs- und Möbel-Industrie, es übertrifft mit über einer Milliarde Euro Umsatz pro Jahr sogar den Giganten Ikea. Seit dem 30. Mai 2023 stehen Streikposten vor dem Eingang des Lagerhauses. Mehr als zwei Dutzend Fahrer:innen, Möbelträger:innen und Monteur:innen, die in der Basisgewerkschaft S.I. Cobas organisiert sind, kämpfen gegen sklavenähnliche Zustände. Die streikenden Arbeiter:innen stammen aus Tunesien, Pakistan, Rumänien und Moldawien. Sie essen, schlafen und protestieren seit mehreren Wochen vor den Toren des Lagerhauses und blockieren die Ausfahrt für die Lastwagen. Die Polizei hat die Streikposten mehrmals geräumt – Mitte Juni sogar während sieben Tagen am Stück. Dabei gab es immer wieder Verletzte. Doch die Arbeiter:innen bleiben hartnäckig und blockierten die Tore des Lagerhauses nach jeder Räumung von Neuem. ...
weiter: https://communaut.org/de/kaempferischer-streik-bei-mondo-convenienza-der-toscana
Titel: Aw: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 11:40:59 Sa. 09.September 2023
Die deutsche linke und linksradikale Szene sind weitgehend abgekoppelt von realen Klassenkämpfen. Wie groß war die Begeisterung über die "neuen Klassenkämpfe" und "Kämpfe in der Logistik"...

In Gräfenhausen findet einer der wichtigsten Arbeitskämpfen des Jahres statt. Wo bleiben da die Linksradikalen? Vereinzelt kommen von ihnen ein paar Sachspenden im Streikcamp an.

Es wird aber keine Gemeinsamkeit im Kampf aufgebaut. Klar, es gibt das Kommunikationsproblem, damit wirden wir auch bei zukünftigen Kämpfen von Migranten konfrontiert sein. Die Streikenden haben nach 7 Wochen auf einem Parkplatz langsam einen Lagerkoller. Austausch, aber auch Kultur (Konzerte) wären willkommen. Es gilt nicht nur, die Streikenden zu unterstützen, sondern auch von ihnen zu lernen.

Die Bedingungen und die Opferbereitschaft der Streikenden sind hammerhart. Auch davon gibt es unter Linken kaum eine Vorstellung.
Titel: Aw: Kämpfe in der Logistikbranche
Beitrag von: Kuddel am 16:23:19 Mo. 16.Oktober 2023
In Gräfenhausen ist das passiert, wovon man bisher nur träumen konnte. Migrantische Malocher unterschiedlicher Nationalität sind in einen Wilden Streik getreten und haben die Produktionsmittel beschlagnahmt.

(https://abload.de/img/csm_405749191_weirich7let0.jpg) (https://abload.de/image.php?img=csm_405749191_weirich7let0.jpg)

Sie haben an der Achillisferse der globalisierten Wirtschaft angesetzt: Am Transport und Logistiksektor.

Scrollt ruhig mal durch die Beiträge in diesem Strang.

Es gibt endlich mal einen Ansatz, sich mit den kapitalistischen System anzulegen und einen Holzschuh ins Räderwerk der Wirtschaft zu werfen. Staat und Wirtschaft haben Muffensausen, die Lieferketten könnten reißen. Stellt euch mal vor, die Bänder bei Daimler oder Volkswagen blieben stehen... Das könnte ein überschaubarer Haufen Streikender bewirken, wenn sie entsprechende Teile geladen haben...

Wo bleiben die Linken und Linksradikalen, die sich für die "neuen Arbeitskämpfe" und die "Kämpfe in der Logistikbranche"vor gar nicht so langer Zeit so begeistern konnten!?!

Zitat...Hungerstreik. Dabei ist nicht nur die Entwicklung der Ereignisse dramatisch, sondern auch die wenige Aufmerksamkeit, die das Thema innerhalb der radikalen Linken erhält.
https://de.indymedia.org/node/304731

Staat und Gewerkschaften sind da mehr auf Zack. Daß es unter den ausgbeuteten Migranten irgendwann knallen wird, war ihnen klar und sie haben sich vorbereitet. Faire Mobilität taucht da auf, wo es überausgebeutete Arbeitsmigranten gibt, in der Landwirtschaft genauso wie auf den Autobahnraststätten. Sie sind ausgestattet mit Infoblättern in diversen Sprachen und haben Leute, mit guten Kenntnissen osteuropäischer Sprachen. 90% der Finanzierung kommt von der Bundesregierung und 10% vom DGB. Faire Mobilität hat zwei Aufgaben: Beobachten und Weitergeben, wie die Stimmung in dem besuchten Bereich ist. Und: Sie sollen sich um die Probleme der Betroffenen kümmern und sie nach Möglichkeit lösen mit Beratung und ggf. juristischen Schritten. Alles individuell, damit es ja nicht zu kollektiven Kämpfen kommt.

Die Leute, die für Faire Mobilität arbeiten, sind oftmals sympathische, engagierte Menschen. Sie sind ernsthaft erschüttert vom Elend, mit dem sie konfrontiert sind. Sie wollen wirklich helfen, doch sie machen sich scheinbar keine Gedanken darüber, in welchen Rahmen sie es tun und warum die Bundesregierung ein gewerkschaftliches Projekt finanziert.

Gräfenhausen ist das Paradebeispiel, wie gut das funktioniert. Faire Mobilität ist nur eine der involvierten Organisationen. Es waren neben Verdi und dem DGB noch weitere im Spiel, doch letztendlich zogen sie alle am gleichen Strang und hatten das gleiche Ziel: Es ging darum, eine Ausweitung des Streiks und ein Überspringen auf andere Unternehmen oder Branchen zu verhindern. Ihnen ist es hervorragend gelungen und im Nachgang traf man sich im sozialdemokratischen Umfeld (Veranstaltung der Friedrich-Ebert Stiftung), um ihr Wirken einzuschätzen und weiteres Vorgehen in der Zukunft zu planen. Faire Mobilität hofft nun auf weitere Gelder und zusätzliche Stellen. Und heute geht's weiter, da trifft man sich mit dem Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und den Spediteursverbänden. Ehrlich, das habe ich mir nicht ausgedacht.

Das ist noch viel krasser als das, was man sich als Kritiker sozialpartnerschaftlicher Gewerkschaften ausmalt. Die setzen sich echt zusammen, um auszubaldowern, wie man kollektive Kämpfe in der Branche verhindert.

Was passiert, wenn die nächsten migrantischen Fahrer die Arbeit niederlegen? Dann rufen sie wieder bei Edwin Atema und Faire Mobilität an. Und dann geht ein ähnliches Spiel ab. Vielleicht behandelt man sie noch schlechter, als bei Gräfenhausen II.

(https://abload.de/img/m1ygaqrmformatjpgnamec1cx6.jpg) (https://abload.de/image.php?img=m1ygaqrmformatjpgnamec1cx6.jpg)

Ein Wilder Streik ist eigentlich einer, der jenseits der Gewerkschaften und oftmals auch jenseits der Gesetze geführt wird.

Aber hier kriegen tatsächlich DGB und Co. immer wieder den Fuß in die Tür.

Und warum? Weil ein solcher Arbeitskampf ohne Unterstützung nicht funktioniert und nicht durchzuhalten ist. Man braucht Übersetzer und was zu essen.

Wenn man nicht will, daß dieser sozialdemokratisch gewerkschaftliche Sumpf stets die Führung an sich reißt, muß man schon Alternativen zu bieten haben. Im Moment, so befürchte ich, würden die Streikenden bei einer alleinigen Zusammenarbeit mit linken/linksradikalen Unterstützern einfach verhungern.

Es ist müßig, die sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften zu kritisieren, wenn man unfähig ist, alternative Strukturen für einen Klassenkampf mit Hand und Fuß aufzubauen.