3 Entscheidungen für Leiharbeiter

Begonnen von Jürgen, 16:36:22 So. 23.November 2008

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Jürgen

1. sittenwidriger Lohn

Zitat aus dem nichtrechtskräftigen Urteil des SG Berlin vom 27.02.2006 (S 77 AL 742 / 05):

"..Der Klägerin war bei einer nach Tarifvertrag vollschichtigen Beschäftigung mit einer 35-Stunden-Woche bei einem Stundenlohn von 5,93 Euro ein monatlicher Bruttoverdienst von 899,38 Euro angeboten worden. Dieser Monatslohn erreicht nicht das von der Kammer streng bemessene Existenzminimum von 1010 Euro. Es handelt sich deshalb um ein sittenwidriges Lohnangebot.
Der Arbeitgeber kann sich insofern auch nicht auf den Tarifvertrag vom 29. Mai 2003 – Entgelttarifvertrag Zeitarbeit (IGZ und DGB-Gewerkschaften) berufen.
...
Nach § 3 des Tarifvertrages wurde ein Abschlag in Höhe von 13,5 Prozent auf die Entgelte der Eingangs-, Haupt- und Zusatzstufe für Arbeitnehmer, die in Betriebe in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen überlassen werden, vereinbart. Bei uneingeschränkter Wirksamkeit dieser Vorschrift würde sich eine Reduzierung des Stundenlohnes der Eingangsstufe der geringsten Entgeltgruppe auf die der Klägerin angebotenen 5,93 Euro ergeben.
Nach Auffassung der Kammer ist § 3 des Tarifvertrages vom 29. Mai 2003 derart auszulegen, dass die Absenkung nur insoweit erfolgen darf, als für Arbeitnehmer aus Berlin bei vollschichtiger Beschäftigung ein Monatsbruttolohn von 1010 Euro und für Arbeitnehmer aus den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen ein Bruttomonatslohn von 950 Euro gesichert wird..."

http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/sg/s_77_al_742.05.html

Hierbei handelt es sich jedoch um ein nichtrechtskräftiges Urteil, gegen das eine Revision vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg  (Az.: L 16 AL 132/06) läuft. Ob es dazu bereits eine Revisions-Urteil des LSG Berlin-Brandenburg gibt, müsste ein evtl. eingeschalteter RA überprüfen oder ihr müsst selbst im LSG nachfragen.

2. Fahrtkostenerstattung

Zitat aus dem rechtskräftigen Urteil des LAG Köln vom 15.11.2002 (4 Sa 692/02)

"..Zu den vertraglichen Verpflichtungen eines Leiharbeitnehmers gehört es, an den Orten zu
arbeiten, an denen ihm der Verleiher Arbeiten zuweist. Deshalb stellt das Reisen für den
Leiharbeitnehmer einen Teil seiner übernommenen Arbeitspflicht dar
(vgl. insoweit BAG
03.09.1997 AP Nr. 1 zu § 611 BGB Dienstreise - zum Fall eines Außenprüfers
-)..."
http://www.lexrex.de/rechtsprechung/innovativ/ctg1086615672582/1861.html

Link zum BAG-Urteil vom 03.9.1997:
http://www.jurawelt.com/gerichtsurteile/sonstige/arbeitsrecht/bag/1690

3. Reisezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeiten

Zitat aus dem rechtskräftigen Urteil des LAG Köln vom 24.10.2006 (13 Sa 881/06):

"..Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Fahrtzeit des Klägers als
Arbeitszeit anzusehen ist, in der dieser für die Beklagte eine "Dienstleistung" (Arbeit)
erbracht hat. Für die Frage, ob eine Dienstleistung vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob
die betreffende Tätigkeit "Arbeitszeit" im Sinne von § 2 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz ist.
Arbeit iSv § 612 BGB ist vielmehr jede Tätigkeit, die der Befriedigung eines fremden
Bedürfnisses dient
(BAG, 11.10.2000 - 5 AZR 122/99 - AP Nr. 20 zu § 611 BGB Arbeitszeit).
Demnach ist die Zeit, die ein Arbeitnehmer über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus im
Interesse des Arbeitgebers aufwendet, Arbeitszeit
(BAG, 03.09.1997 a.a.O.;
MüArbR-Blomeyer, a.a.O. Rn. 108, 109 m.w.N.). Auch die Fahrtzeit eines Leiharbeitnehmers,
der zur Erfüllung seiner geschuldeten Haupttätigkeit außerhalb der Betriebsstätte seines
Arbeitgebers zu den jeweiligen Einsatzorten fährt, ist demzufolge Arbeitszeit.
Dabei kann
es, da allein auf die Fremdnützigkeit der Tätigkeit abzustellen ist, nicht darauf
ankommen, ob der Kläger diese Fahrtzeit mit seinem Pkw zurücklegt, diesen selbst steuert
oder andere Verkehrsmittel benutzt. Dies betrifft grundsätzlich nur die Zeit für die
Anfahrt von der Betriebsstätte zum Einsatzort, da die Zeit für die Fahrt vom Wohnort zur
Betriebsstätte nach allgemeiner Auffassung dem privaten Lebensbereich zuzuordnen ist (vgl.
etwa MünchArbR-Blomeyer, 2.Aufl. § 48 Rn. 108). Die Fahrtzeit von der Wohnung zur
Betriebsstätte gilt jedoch dann als Arbeitszeit, wenn diese auf Anweisung des Arbeitgebers
nur deshalb erfolgt, um andere Mitarbeiter zum Einsatzort mitzunehmen..."
http://www.ra-kotz.de/leiharbeiter_fahrtkosten.htm

Gruß

Jürgen1

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