Hamburger Arbeit (HAB)

Begonnen von beickmann, 02:41:27 So. 11.Mai 2008

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beickmann

"Saukkel"-Special: Hamburger Arbeit Beschäftigungsgesellschaft mbH

18. April, 2007 @ 00:57 · Abgelegt unter Saukkel des Monats

Seit dem 01. März 2007 zuweist, erhebt und abrechnet die hamburger arbeit (HAB) sämtliche "Ein-Euro-Jobs" in der Freien und Hansestadt Hamburg. Die HAB verdankt sich ursprünglich dem sozialdemokratischen Filz, wuchert inzwischen jedoch auch unter dem gutsherrlichen schwarzen Senat der Hansestadt prächtig.

Redaktion

Das Verfahren ist idealtypisch folgendes: Die ArGe schließt mit dem "erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen" eine Eingliederungsvereinbarung ab und schickt diese/n, insofern sie/er an einer Maßnahme gem. § 16.3 SGB II teilnehmen soll/muss, zur HAB. Die übernimmt die "Zuweisung", die nur noch von der ArGe bewilligt werden muss (und werden wird). Dies entlastet die MitarbeiterInnen der ArGen, die die frei werdenden Ressourcen nun nolens volens dem Sanktionierungs-Geschäft zuführen werden.

Die HAB ist ein von der Freien und Hansestadt Hamburg kontrolliertes öffentliches Unternehmen. Im aktuellsten verfügbaren Geschäftsbericht [1] aus dem Jahre 2005 weist sie einen Umsatz von 23.449.205 Euro und einen Gewinn von 799.205 Euro aus. Die HAB betreibt das "AquaSport Hotel" am Dulsberg, Insolvenz- und Schuldnerberatungen in Bergedorf und Wandsbek, eine öffentliche Unterbringung für Asylbegehrende, ein Second Hand Kaufhaus und bietet als Beschäftigungsträger selbst z. Zt. rund 1.600 Beschäftigungsgelegenheiten gem. § 16.3 SGB II an.

Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen hat die HAB nun für die Beschäftigungsträgerschaft die komm.pass.arbeit GmbH gegründet. Eine hundertprozentige Tochtergesellschaft, über die sie sich ab dem 01. März nun selbst die begehrten "Ein-Euro-Jobber" zuweist. Von den rd. 50 weiteren Beschäftigungsträgern in Hamburg (und der ihnen verbunden GAL-Fraktion) wird dieser Umstand und ihre verwaltungsmässige Unterstellung unter die HAB mit Argwohn betrachtet. Wehren können sie sich nicht, weil sie selbst ihre Existenz verfilzter Klientelpolitik verdanken.

Erklärtes politisches Ziel ist, die Beschäftigungsträger kontinuierlich mit "Ein-Euro-Jobbern" zu beschicken, damit die traditionell eher sozialdemokratischen und grünen SozialpädagogInnen, die vormals die Arbeitsgelegenheiten gem. § 19 BSHG "betreut" haben, nicht brotlos werden. Soviel Einvernehmen und Weitsicht besteht innerhalb der politischen Klasse der Bürgerschaft durchaus, politische Pfründen nicht bei jedem "demokratischen" Wechsel der Führerschaft vollständig neu zu verteilen.

Es ist bezeichnend, wenn der Geschäftsbericht 2005 der HAB Einnahmen aus Trägerpauschalen in Höhe von 14.836.102 Euro und Personalkosten in Höhe von 14.140.000 Euro aufweist - die "Kopfpauschalen" werden also konkret dafür benötigt, die Beschäftigungsträger und deren Personal "am Leben" zu erhalten. Besagte Trägerpauschalen belaufen sich auf Beträge zw. 442 und 610 Euro pro Monat und Teilnehmer. Darüber hinaus werden Mittel aus versch. anderen Töpfen, wie dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und dem für "stadtpolitischen Nutzen" eingeworben.

Ökonomisch sinnvoll und konsequent wäre es, die restlichen Beschäftigungsträger ab zu wickeln und nun auch die Trägerschaft zentral bei der HAB zu bündeln. Dies würde Synergieeffekte schaffen und erhebliche Ersparnisse von Personalkosten zeitigen. Die freigesetzten sozialdemokratischen und grünen SozialpädagogInnen würden sich bald in das Heer der Hartz Vierer einreihen und vermutlich die bis dato wichtigste Erfahrung ihres Lebens machen. Allein - wie ausgeführt: dies ist politisch nicht gewollt.

Kleine Geschichte der HAB
Die HAB ist ein genuin sozialdemokratisches Kind. Sie wurde 1983 unter der absoluten Mehrheit der SPD in Hamburg gegründet.
Seit 1985 wird die HAB von Detlef Scheele, spezialdemokratischer Parteigänger, geführt. Groß geworden ist die Gesellschaft unter der Koalition aus SPD und GAL. Im Koalitionsvertrag von 1997 war die Fusion der Beschäftigungsgesellschaften hamburger arbeit und Hamburg West vorgesehen, die Ende 1998 durchgeführt gewesen ist. Nach dem Verlust der Regierungsverantwortung in Hamburg (2001) gefällt sich die GAL erneut darin, den "roten Filz" in Hamburg [3] und das Monopol HAB zu geißeln [4]. Das ist zwar einerseits richtig, andererseits aber auch reichlich heuchlerisch eingedenk der Tatsache, dass die GAL tatkräftig mit geholfen hat, die HAB zu dem zu machen, was sie heute ist.

Der Paradigmenwechsel im deutschen Arbeits- und Sozialrecht - also das Inkrafttreten der Hartz IV-Reformen am 01. Jan. 2005 - fand in der Freien und Hansestadt Hamburg seinen drastischen Ausdruck darin, dass die ArGen der Wirtschaftsbehörde unterstellt worden sind. Schon im Vorfeld der Umstellung von Arbeitsgelegenheiten gem. § 19 BSHG auf Maßnahmen gem. § 16.3 SGB II stand die HAB in der Person ihres Geschäftsführers Scheele der BA mit Rat und Tat zur Seite. Bei dieser Gelegenheit verpasste es Scheele selbstverständlich nicht, sich und die HAB für die Durchführung des Ein-Euro-Arbeitszwangs zu empfehlen [5].
Damit war und ist die HAB seit Anfang 2005 der Platzhirsch im Ein-Euro-Big-Business in Hamburg. Aus der Drucksache der Hamburger Bürgerschaft 18/4474 geht hervor, dass der HAB für den Zeitraum ab 01. Juli 2006 Kooperationsstellen in einem Umfang von 1.000 bewilligt worden sind. Im vorherigen Bewilligungszeitraum waren ebenfalls 1.000 Maßnahmen bewilligt, jedoch 1.144 besetzt worden. Die Integrationsquote ist mit 17,8 % ausgewiesen [6]. Kein anderer Beschäftigungsträger weist eine vierstellige Bewilligungszahl auf. Die ausgegliederte komm.pass.arbeit GmbH betreibt zur Zeit nach eigenen Angaben 1.600 Maßnahmen gem. § 16.3 SGB II [7].

Das gesamte Spektrum der Arbeitsausbeutung
Die HAB wirbt offensiv und suggestiv unter dem Slogan "Arbeit sofort" darum, langzeitarbeitslose "Kunden" zu akquirieren. Im Flyer für unter 25-Jährige heißt es:

    Die hamburger arbeit hat 1-Euro-Jobs für Sie - Sie können sofort anfangen! [8]

Unter den "vielfältigen Tätigkeiten", die "zur Verfügung" stehen, sind die folgenden Bereiche aufgeführt:

- Holz und Möbelaufbereitung
- Hauswirtschaft
- Küche
- Textil
- Büro
- Verkauf
- Malen und Renovieren
- Metall
- Grün- und Stadtpflege
- Gebäudereinigung

Den über 25-Jährigen wird folgenden "Angebot" gemacht:

    Die hamburger arbeit hat Aktiv-Jobs für Sie - Anrechnungsfreier Hinzuverdienst bis mtl. 200 Euro. Sie können sofort anfangen! [9]

Auch hier stehen wieder "interessante Tätigkeiten im gesamten Stadtgebiet zur Verfügung":

- Büro
- Verwaltung
- Archiv
- Zentrale
- Telefonzentrale
- PC-Arbeitsplatz
- Tischlerei
- Metall
- Montage
- Baunebengewerke
- Lager
- Haushandwerker
- Betriebshelfer
- Gründpflege
- Textil
- Reinigung
- Wäscherei
- Legerei
- Küche
- Service
- Verkauf
- Kindergärten
- Altenheime
- Behinderteneinrichtungen

Die oben aufgeführten Tätigkeiten, die mit Stichtag vom 01.01.2005 per definitionem sämtlich "gemeinnützig", "zusätzlich" und "aufwandsentschädigt" sein müssen, waren einmal - wir erinnern uns noch - Erwerbsberufe, die regulär und existenzsichernd entlohnt worden sind, bevor die rot-grüne Bundesregierung beschlossen hatte, Deutschland tendenziell zu einem Niedriglohnland zu machen.

Selbstverständlich betreibt die HAB auch die öffentliche Unterbringung für 151 Asylbegehrende am Wördemanns Weg 7 in Stellingen seit Anfang 2005 mit sechs "Ein-Euro-Jobbern", nachdem sie sie von 2002 bis Jahresende 2004 mit sechs Stellen gem. § 19 BSHG betrieben hatte [10]. Außerdem betreibt die HAB eine Großküche, über die sie Hamburger Schulen mit warmen und kalten Speisen beliefert [11].

Und bist Du nicht willig...
So eloquent die HAB, rsp. die komm.pass.arbeit, sich auch bemühen mag, mit ihrem Programm "Arbeit sofort" ALG II-Empfängern zu suggerieren, sie würden Beschäftigung und Qualifizierung "sofort" erhalten [12], so unzweifelhaft ist, dass es sich damit lediglich um "Arbeitszwang sofort" handelt.

Keinen Zweifel an diesem Umstand lässt das Konzept der "aufsuchenden Beratung". Im sozialpädagogischen Gewande wird derjenige, der sich dem modernen Arbeitsdienst zu entziehen versucht, "dort abgeholt, wo er ist". Bar jeder Rechtsgrundlage dringen Mitarbeiter der "aufsuchenden Beratung" in die Privatsphäre und das soziale Umfeld ihrer "Kunden" ein, um sie zu akquirieren und ggf. Sanktions-Tatbestände zu schaffen. Dies geschieht freilich in engem "Kontakt zu allen sozialen Hilfsträgern, die bei Bedarf unverzüglich eingeschaltet werden" [13].

MISTRAL - "Aktivierung" pronto!
Unterstützen soll die HAB bei ihrer neuen Aufgabe der Zuweisung, Erhebung und Abrechnung des Ein-Euro-Arbeitszwangs die von der Hamburger MORE Holding GmbH entwickelte Software MISTRAL. Ihr Geschäftsführer, Stefan Holdt, preist sein Programm, das er gerne auch weiteren ArGen verkaufen möchte, in einer Presseerklärung wie folgt an:

    In einem web-basierten System werden alle 1 € Jobs öffentlich zugänglich gemacht, das unterstützt die Aktivierungsanstrengungen der ARGE. [14]

MISTRAL wird von der HAB und MORE in einem Flyer gemeinsam damit beworben, dass es die "Aktivierungsstrategie" optimal unterstützt.

    Die Terminfunktion dokumentiert Fehlverhalten automatisch. Sanktionierungen erfolgt auf rechtssicherer Dokumentation. [15]

Fehlverhalten würde online dokumentiert und so die gesicherte Grundlage für "Fördern und Fordern" - gemeint ist wohl: "Fordern und Sanktionieren" - geschaffen. Wie zu erwarten, haben die Herren Holdt und Scheele da ein wenig zu groß gesprochen: Das 700.000 Euro teure Computerprogramm funktioniert (wie bislang noch jede BA/ArGe-Software) nur fehlerhaft und mit der versprochenen "sofortigen Vermittlungsaktivität" wird's erstmal nichts. Vielmehr müssen die "erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen" wochenlang auf einen Termin bei der HAB warten [16].

Arbeitsausbeutung und Arbeitszwang als breiter gesellschaftlicher Konsens
Wie oben ausgeführt konnte die HAB nur werden, was sie ist, weil darüber und über die Durchsetzung des Hartz IV-Unrechts in Hamburg ein grundlegender Konsens unter den in der Bürgerschaft vertretenen Parteien CDU, SPD und GAL besteht und bestand. Die Langzeitarbeitslosen werden zu den Geiseln eines Systems von Beschäftigungs- und "Bildungs"-Trägern gemacht, welches sich ausgezeichnet dazu eignet politische Klientelen zu bedienen und politische Pfründen zu verteilen.

Ein Blick in den Aufsichtsrat der HAB macht dies deutlich. Da finden wir als Aufsichtsratsvorsitzenden den zwar parteilosen, aber doch Staatsrat der Behörde für Wirtschaft und Arbeit, Gunther Bonz (ein Jurist übrigens).

Den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitz übernimmt Sylvia Wowretzko (SPD). Außerdem im Aufsichtsrat vertreten ist Dr. Günther Klemm, der Chefvolkswirt der Handelskammer Hamburg. Er hatte uns schon 2002 die wenig originellen, neoklassischen "Lösungswege zum Arbeitsmarktproblem" aufgezeigt:

    Herrscht Arbeitslosigkeit, so lässt sich zusätzliche Beschäftigung nur dadurch schaffen, das die gesamtwirtschaftlichen Lohnerhöhungen hinter der Steigerung der Arbeitsproduktivität zurückbleiben. Notwendig ist darüber hinaus eine stärkere Lohndifferenzierung nach Qualifikationen, Branchen und Regionen. (...) Notwendig sind eine beschäftigungsfördernde Überarbeitung des Kündigungsschutzes, des Rechts der befristeten und geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse und der Zeitarbeit sowie eine Korrektur des Betriebsverfassungsgesetzes, die insbesondere die Absenkung der Schwellenwerte für die Größe des Betriebsrates sowie für Freistellungen der Betriebsratsmitglieder rückgängig macht. [17]

Da kann auch der Mann von Handwerkskammer nicht ferne sein. Er heißt Peter Becker und ist sogar deren Präsident. Auch ihn finden wir im Aufsichtsrat der HAB.

Zugehörig ist die HAB außerdem u.a. den folgenden Verbänden und Vereinen. Den Innungen: Bau, Elektro, Gebäudereiniger, Maler und Lackierer, Raumausstatter und Tischler. Der Arbeiterwohlfahrt, Landesverband Hamburg e.V., die wiederum mit dem Berufsfortbildungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes (bfw) jeweils 50 % der Anteile an der Arbeit und Lernen Hamburg GmbH (alh) hält, die mit einem ganzen Heer von langzeitarbeitslosen Handwerkern Bauprojekte in der ganzen Stadt durchführt [18]. U.a. die Renovierung der St. Michaelis-Kirche, womit sich die Protestanten der Nordelbischen Kirche sich den Arbeitszwang unter'm Kreuze ein Herzensanliegen sein lassen.

[1] vgl.: http://www.hamburger-arbeit.de/we_hab... S. 46
[2] vgl.: http://www.buergerschaft-hh.de/Parldok/tcl/PDDocView... S. 1
[3] vgl.: http://www.abendblatt.de/daten/2003/12/23/244546.html?prx=1
[4] vgl.: http://www.gal-fraktion.de/cms/default/dok/125/125152.vergabe... (invalid)
[5] vgl.:
http://www.hamburger-arbeit.de/we_hab/downloads/scheele_dialog.pdf
[6] vgl.: http://www.buergerschaft-hh.de/Parldok/tcl/PDDocView... S. 7ff.
[7] vgl.: http://komm-pass-arbeit.de/
[8] vgl.: http://www.hamburger-arbeit.de/we...
[9] vgl.: http://www.hamburger-arbeit.de/we...
[10] vgl.: http://www.buergerschaft-hh.de/Parldok/tcl/PDDocView...
[11] vgl.: http://www.hamburger-arbeit.de/kueche.php
[12] vgl.: http://komm-pass-arbeit.de/arbeit_sofort.html
[13] vgl.: http://www.hamburger-arbeit.de/aufsuchende_beratung.php
[14] vgl.: http://openpr.de/news/97529/1-EURO-Prozess-und...
[15] vgl.: http://www.more-projects.de/flyer...
[16] vgl.: http://www.welt.de/hamburg/article804649/Computerfehler...
[17] vgl.: http://www.bvea.de/Archiv/bvea_archiv_2002-3/3_02hartz_klemm.htm
[18] vgl.: http://www.alh-hh.de/seiten/bauobjekte.htm

copyright 2007-04-17 | redaktion@forced-labour.de

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Kehrtwende Koalition will Arbeitsvermittlung neu organisieren
Ein-Euro-Jobs: Reform der Reform
Jetzt fürchten die Mitarbeiter der Hamburger Arbeit, die bisher bei der Vergabe der Jobs halfen, um ihre eigenen Arbeitsplätze.

Von Rebecca Kresse

Kehrtwende in der Arbeitsmarktpolitik: Nach nur einem Jahr soll die Hamburger Arbeit (HAB) ihre Funktion als Verwaltungshelfer der Arge (Arbeitsgemeinschaft zur Umsetzung von Hartz IV) nun wieder verlieren. Im Koalitionsvertrag von CDU und GAL heißt es dazu: "Die Doppelfunktion der HAB und ihrer Unternehmen als Verwaltungshelfer der Arge und als Beschäftigungsträger wird beendet." Die Mitarbeiter der HAB, die bisher arbeitslose Menschen in Ein-Euro-Jobs vermittelt haben, bangen jetzt selbst um ihre Jobs. Auch, was aus dem eigens entwickelten Computersystem Mistral (Kosten: fünf Millionen Euro) wird, ist noch unklar.

Hintergrund: Im April 2007 hat der damalige Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) die Aktiv-Jobvermittlung bei der Hamburger Arbeit (HAB) eingeweiht. Im Auftrag der Arge, der Behörde für Wirtschaft und Arbeit (BWA) und der Agentur für Arbeit sollte die HAB die in Hamburg vergebenen Ein-Euro-Jobs in einer Datenbank dokumentieren, der Arge für jeden Arbeitslosen einen Vorschlag für die passgenaue Vergabe von Ein-Euro-Jobs unterbreiten sowie die Maßnahmen mit den Trägern abrechnen. Die HAB wurde quasi zwischen die Arge und den Ein-Euro-Job zwischengeschaltet. Um einen Ein-Euro-Job zu bekommen, muss der Arbeitslose also zuerst zur Arge, dann zur HAB und dann erst zum Job.

Das Problem: Die HAB ist selbst einer der größten Beschäftigungsträger für Ein-Euro-Jobs in der Stadt. Gleichzeitig macht sie Vorschläge, bei welchem Beschäftigungsträger welcher Arbeitslose einen Ein-Euro-Job antreten soll.

SPD und GAL protestierten damals massiv gegen diese Doppelfunktion. Ein Träger dürfte nicht gleichzeitig für die Zuweisung der Ein-Euro-Jobs zuständig sein. In zahlreichen Ausschusssitzungen wurden Experten zu diesem Thema gehört. Die Kritik der damaligen Opposition prallte an der Union ab, die Neuverteilung der Aufgaben wurde als innovativer Schritt und als Fortschritt für die Arbeitslosen gefeiert. Bis jetzt. Denn nun begründet die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Natalie Hochheim, die Kehrtwende mit den Worten, man wolle es jetzt "ordnungspolitisch richtig machen". Konkret heißt das, das bisherige Konstrukt ist ordnungspolitisch zumindest bedenklich. Das gibt auch die CDU-Fraktion zu. Hinter vorgehaltener Hand wird die Doppelfunktion als Notlösung und Kunstgriff bezeichnet.

Der Geschäftsführer der HAB, Gert Kekstadt, war nach eigenen Worten "überrascht", als er während der Koalitionsverhandlungen von der Entscheidung der Parteien in Kenntnis gesetzt wurde. "Wir warten jetzt auf ein Gespräch mit der Behörde, um zu klären, wie der Beschluss in der Praxis umgesetzt werden soll", so Kekstadt. Unter den Mitarbeitern der HAB hat die Nachricht für Aufregung gesorgt. "Sie fürchten um ihre Jobs", so Kekstadt. In mehreren Gesprächen habe er die Kollegen beruhigen können. "Abrupt passiert hier gar nichts", betonte Kekstadt. Weder für die HAB-Mitarbeiter noch für die Arbeitslosen werde sich kurzfristig etwas ändern.

erschienen am 10. Mai 2008

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