chefduzen.de - Forum der Ausgebeuteten

Handel & Dienstleistung => On the Road => Transport & Verkehr => Brummi => Thema gestartet von: Kuddel am 20:05:11 Mo. 04.Januar 2016

Titel: Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 20:05:11 Mo. 04.Januar 2016
Deutschland ist in einer Ausnahmesituation, 80% der LKW Fahrer sind angestellt, nur 20% sind selbstfahrende Unternehmer. In fast allen europäischen Staaten ist das Verhältnis umgekehrt. In Griechenland sind nahezu 100% der Fahrer selbstständig.

Deutsche Fahrer sehen osteuropäische Kollegen oftmals als Konkurrenz, die sie für den Verfall der Arbeitsbedingungen verantwortlich machen. Dabei stehen die Fahrer in Ost und West gleichermaßen unter dem Druck der Wirtschaft, immer billiger zu transportieren. In Rußland wurde der Grenze des Erträglichen überschritten und es brach eine Protestwelle los, über die in Deutschland nur wenig berichtet wurde. Der Protest ging von selbstfahrenden Unternehmern aus, die ihre Einnahmen durch die Kosten einer neuen Maut schwinden sahen. Sie sahen sich zudem dadurch provoziert, daß das Mautsystem von einem engen Vertrauten Putins betrieben wird. Die Proteste begannen im vergangenen November und es beteiligten sich mindestens 3000 LKW im gesamten Land. Von Regierungsseite reduzierte man die Mautgebühren und verstärkte die Repression gegen protestierende Trucker. Fahrer wurden gestoppt und gezwungen eine Erklärung zu unterschreiben, sie würden sich an keinen Protesten beteiligen. Es wurde mit dem Einsatz von Wasserwerfern gedroht. Als für den 1.-3.Dez. zentrale Proteste in Moskau angekündigt waren, verhinderte die Polizei, daß viele LKW die Hauptstadt erreichen konnten, mit dem Argument, es gehe um einen Antiterroreinsatz. Am 3.12. kam es zu Gesprächen zwischen Regierungsvertretern und Sprechern der protestierenden Fahrer. Die Protestbewegung ist abgeebbt, aber einige harrten auch über die Weihnachtstage aus mit Transparenten an ihren Fahrzeugen. Obwohl die Mautgegner mit Strafen belegt werden, gibt es noch immer Proteste.

Ein paar Links zu Presseberichten:
https://www.jungewelt.de/2015/12-07/027.php (https://www.jungewelt.de/2015/12-07/027.php)
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4884929/Russland_Der-Aufstand-der-russischen-Trucker (http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4884929/Russland_Der-Aufstand-der-russischen-Trucker)
http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Russlands-Trucker-vor-dem-Ruin;art4306,3590348 (http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Russlands-Trucker-vor-dem-Ruin;art4306,3590348)
http://www.heise.de/tp/artikel/46/46814/1.html (http://www.heise.de/tp/artikel/46/46814/1.html)
http://www.russland.ru/nawalnys-kampf-gegen-platon/ (http://www.russland.ru/nawalnys-kampf-gegen-platon/)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 14:35:11 Di. 01.März 2016
Das LabourNet hatte die Auseinandersetzung bereits zusammengefaßt.
http://www.labournet.de/internationales/russland/arbeitskaempfe-russland/truckerprotest-in-russland/ (http://www.labournet.de/internationales/russland/arbeitskaempfe-russland/truckerprotest-in-russland/)

Die westeuropäischen Fahrer sehen ihre osteuropäischen Kollegen oftmals als Konkurrenten. Die kämpfenden russischen Fahrer sind jedoch ein Hinweis darauf, daß sie nicht freiwillig als Niedriglöhner arbeiten und es sich nicht länger gefallen lassen wollen. Es ist an der Zeit den Schulterschluß zwischen Fahrern aus Ost-und Westeuropa zu suchen und sich nicht länger gegeneinander auspielen zu lassen.

Mich erreichte gearade eine e-Mail mit der Bitte um Solidarität:

ZitatRussische LKW Fahrer_innen brauchen dringend eine solidarische Unterstützung

In Russland, trotz der harten Repressionen gegenüber allen unabhängigen Gewerkschaftsaktivisten und -aktivistinnen, hat sich Mitte November eine Gruppe von LKW Fahrern selbstorganisiert um ihre Arbeits- und Sozialrechte zu schützen. Ihr Ziel ist es, einen eigenen russlandweiten Verband zu gründen, der nach den Prinzipien nicht hierarchischer Beziehungen zwischen den Mitgliedern arbeitet. Den aktuellen, seit drei Monaten andauernden Streik führen sie gegen ein neues verfassungswidriges Gesetz, das Transportarbeitern das Verdienen des Lebensunterhalts nahezu unmöglich macht.
Seit dem 3. Dezember haben die LKW Fahrer am Rand von Moskau ein Protestlager organisiert, das als Zentrum des Streiks von allen Transportarbeiter_innen dient. Derzeit nehmen an dem Streik ca. 10 Tausend Fahrer_innen teil, und ab 20.02 wurden zusätzlich mehr als zehn Protestcamps in unterschiedlichen Regionen gegründet. Sie wollen streiken bis eine vollkommene Abschaffung des gesetzwidrigen Systems â Platon  erreicht ist. Platon ist eine neue Form der Gebühren für LKWs, die direkt mit dem korrumpierten Putinmachtsystem verbunden ist.

Die Ausbreitung und die Ernsthaftigkeit dieses Arbeiterprotests ist für Russland seit den 90er Jahren beispiellos. Streikende werden von vielen anderen unterdrückten Gruppen in Russland unterstützt. So sind im Kontext des Protests neue Netzwerke entstanden, worin die streikenden LKW Fahrer auch zusätzliche Forderungen formuliert haben, wie Forderungen nach der Reformierung der Wohnungspolitik, Rückkehr der Vergünstigungen für Rentner_innen sowie die Aufhebung der zusätzlichen Transportsteuer. Darüber hinaus verbinden sich viele Lohnarbeiter_innen und prekarisierte Selbstunternehmer_innen mit diesem neu gegründeten Verband und/oder gründen ihre eigene unabhängige Verbände, Gewerkschaften oder Unionen.

Trotz der breiten Unterstützung von Seite der Bevölkerung, hat das Camp eine katastrophale Not in Bezug auf die Ressourcen, vor allem brauchen die Streikenden finanzielle Unterstützung für die propagandistische Arbeit und für die Ernährung der Familien der Streikenden, die gerade keinen Lebensunterhalt beziehen. Deswegen wollen wir uns an internationale antikapitalistische und/oder gewerkschaftsorientierte Gruppen und Organisationen wenden und um Solidarität in jeglicher Form bitten (durch Weitergabe von Informationen, finanziell etc.).

Nach Möglichkeit wendet Euch an: solidarity_trucker@yahoo.com

Solidarische Grüße
Russische Trucker

10.000 kämpfende Trucker sind unglaublich viele. Ein solcher Kampf ohne Streikgeld ist hart.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 14:08:28 Mi. 02.März 2016
Noch ein paar Links zum Thema:

https://utka.noblogs.org/post/2016/02/04/wildcatstreik-der-lasterfahrer/ (https://utka.noblogs.org/post/2016/02/04/wildcatstreik-der-lasterfahrer/)

https://utka.noblogs.org/post/2016/02/04/flustern-von-der-revolution/ (https://utka.noblogs.org/post/2016/02/04/flustern-von-der-revolution/)

und viele Fotos vom Protestcamp in Chimki und Tjoplyj Stan dem russischen Blog
http://anatrrra.livejournal.com/tag/%D0%B4%D0%B0%D0%BB%D1%8C%D0%BD%D0%BE%D0%B1%D0%BE%D0%B9%D1%89%D0%B8%D0%BA%D0%B8 (http://anatrrra.livejournal.com/tag/%D0%B4%D0%B0%D0%BB%D1%8C%D0%BD%D0%BE%D0%B1%D0%BE%D0%B9%D1%89%D0%B8%D0%BA%D0%B8)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 18:23:16 So. 06.März 2016
​Ich hatte gerade ein Skype Gespäch mit Streikenden in dem Protestcamp in Chimki (nahe Moskau) über eine Stunde lang.

Ich habe es auch aufgezeichnet, es war aber technisch in eher schlechter Qualität. Gern würde ich einen Zusammenschnitt davon machen. Mal sehen.

Kurz mal zusammengefaßt. Es war bewegend, ein Fahrer, der seit seinem 21. Lebensjahr fährt und eine Unterstützerin, die eine Zeit in Deutschland gelebt hat und übersetzte. Daneben saßen ein paar Kollegen, die einen gelegentlichen Kommentar abgelassen haben. Die neue Maut Platon geht nicht an den Staat, sondern an ein Konsortium der Privatwirtschaft. Es bricht den kleinen Unternehmern das Gnick und führt zu einer weiteren Monopolisierung, bei der nur einige Großspeditionen übrigbleiben. Es sind beim Streik und Protest auch angestellte Fahrer dabei, aber nur von kleinen Spediteuren.

Die Mobilisierung verlief kaum über das Internet, sondern man fuhr Parkplätze an, um direkt von Kollege zu Kollege zu reden und die zum Mitmachen zu bewegen. Das funktionierte recht gut. Doch fehlt ihnen das Geld, mehr herumzufahren. Repression ist heftig, Polizei, Zivilpolizei, Gemeimdienstleute, Provokateure, Drohungen gegen die gesamte Familie.

Sie sagten, es gibt keine Tradition von Arbeitskämpfen unter russischen LKW Fahrern. Sie betreten Neuland und müßten alles lernen. Die Medien sind sehr negativ, mal wird der Kampf totgeschwiegen, mal wird gehetzt.  Die Gewerkschaft vertritt nicht die Interessen der Fahrer, deshalb kämpfen sie für die Anerkennung einer eigenen Organisation, die die Interessen der Fahrer vertritt. Ca. 75% der Bevölkerung ist auf der Seite der Streikenden und es ist sehr rührend, welch Unterstützung sie von den einfachen Menschen kriegen. Und die sind oftmals selbst sehr arm. Die Fahrer sagten, es gäbe kein zurück. Sooo können sie nicht weitermachen und eine Alternative sehen sie auch nicht. Und würden sie jetzt aufgeben, würden sie, wenn sie wieder verstreut sind, von den Behörden fertiggemacht werden.

Sie würden sich über jede Form der Solidarität freuen, über e-mails, über Fotos und Videoclips, die solidarische Kollegen in Deutschland zeigen und in Russland veröffentlicht werden können. Und natürlich hätten sie nichts gegen finanzielle Hilfe. Nach 3 Monaten Streik ohne Streikgeld, werden bereits die Lebensmittel der Streikenden knapp.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 18:38:40 Sa. 12.März 2016
Die technische Qualität war grottig, deshalb habe ich Untertitel eingebaut.

! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=OWA6yOV_wpA#)

Es ist beeindruckend, wie mutig die Streikenden sind angesichts der Repression und ökonomischen Not.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: cyberactivist am 21:44:45 Do. 24.März 2016
Flyer:
Solidarität mit Truckerprotesten in Russland (http://chefduzen.de/RussianTrucker.pdf)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 12:10:51 Fr. 25.März 2016
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fabload.de%2Fimg%2Fsolirussia6yo0t.jpg&hash=a078e48c4006116924d52bbcc14802910b723e69) (http://abload.de/image.php?img=solirussia6yo0t.jpg)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 14:58:26 Fr. 25.März 2016
Und schon kam Antwort aus Rußland:

ZitatHallo,
danke dir und euch für die Solidaritätserklärung und auch für die Verteilung der Flyer!
Wir werden es kollektiv lesen heute abend.
Herzlichst
solidarity_trucker@yahoo.com
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: antonov am 18:29:05 Fr. 25.März 2016
die Fahrerinnen fehlen
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 18:29:47 Fr. 25.März 2016
Mist!
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Rudolf Rocker am 18:44:01 Fr. 25.März 2016
Die FahrerInnen oder Fahrer_innen oder Fahrer*innen?
Gibt es in Russland überhaupt Fahrerinnen?
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 12:04:18 Mo. 28.März 2016
Gibt es. Jetzt auch auf diesem Plakat:


(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fabload.de%2Fimg%2Flkw_streiksolidru7p.jpg&hash=8c90db72fbd8ec01408424c9462e4fd706a0f655) (http://abload.de/image.php?img=lkw_streiksolidru7p.jpg)


Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: cyberactivist am 21:59:17 Mo. 04.April 2016
Soliplakat als PDF:
http://www.chefduzen.de/russtrucker/LKW_Streiksoli.pdf (http://www.chefduzen.de/russtrucker/LKW_Streiksoli.pdf)

Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Nikita am 21:47:50 Do. 07.April 2016
! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=4Wbs-TEgT3o#)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Nikita am 21:50:54 Do. 07.April 2016
ZitatVerkehrsministerium: Lkw-Maut Platon bringt nur die Hälfte der Einnahmen

Das umstrittene Lkw-Maut-System ,,Platon" wird laut dem russischen Transportministerium nur die Hälfte der geplanten Einnahmen für den Staatshaushalt einbringen. Auf etwa 20 Milliarden Rubel beliefen sich die voraussichtlichen Einnahmen 2016 laut Verkehrsminister Maxim Solkolow. 39,5 Milliarden Rubel waren eingeplant. Aufgrund von Protesten der Trucker war von einer Mauterhöhung von 1,53 auf 3,06 pro Kilometer zum 1. März abgesehen worden. Der alte Tarif gilt nun erst einmal weiter für Lkw mit einem Gewicht ab 12 Tonnen.

Die Maut war am 15. November eingeführt worden, um für Beschädigungen an föderalen Straßen durch die schweren Transporte aufzukommen.

http://www.ostexperte.de/ (http://www.ostexperte.de/)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 10:37:07 Do. 21.April 2016
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fabload.de%2Fimg%2Fautohof31uxa.jpg&hash=81808153055cb79f573a9aa95dae8ca1a6b21dfe) (http://abload.de/image.php?img=autohof31uxa.jpg)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fabload.de%2Fimg%2Fbridgezvk3e.jpg&hash=99b22faeca1c51e7a0d6c32368cff70af6f784a2) (http://abload.de/image.php?img=bridgezvk3e.jpg)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fabload.de%2Fimg%2Fflyer2y0rau.jpg&hash=5499df9da1303e5ebfc8441440057d508b7a1c42) (http://abload.de/image.php?img=flyer2y0rau.jpg)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fabload.de%2Fimg%2Fbannerg4du9.jpg&hash=fbfd394c4a24fde6660f2319fd681cfd05f6b5d6) (http://abload.de/image.php?img=bannerg4du9.jpg)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Rudolf Rocker am 11:36:30 Do. 21.April 2016
Gab es schon Kontakte mit russischen Fernfahrern, die in Deutschland unterwegs sind?
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 11:55:34 Do. 21.April 2016
Erlebnisse beim Verteilen:

Ein deutscher Fahrer, der strahlend auf uns zukam und fragte, "Endlich sowas wie in Frankreich?". Er knipste dann noch ein Bild von uns.
Fahrer aus den baltischen Ländern, aus Rumänien und Bulgarien winkten erst ab. Als sie hörten, das Flugi sei auch auf Russisch, griffen sie doch zu.
Mehr als die Hälfte der Fahrer war aus anderen Ländern. Ein dreisprachiges Flugblatt funktionierte astrein.

Demnächst wollen wir uns den Hafen Kiel vornehmen. Da sind für gewöhnlich ne Menge russischer Fahrer bei...
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: BGS am 15:05:38 Do. 21.April 2016
Zitat von: Kuddel am 11:55:34 Do. 21.April 2016
...

das Flugi sei auch auf Russisch, griffen sie doch zu.
Mehr als die Hälfte der Fahrer war aus anderen Ländern. Ein dreisprachiges Flugblatt funktionierte astrein.

Demnächst wollen wir uns den Hafen Kiel vornehmen. Da sind für gewöhnlich ne Menge russischer Fahrer bei...

Der Ostuferhafen Kiel hat mehrere Fähren ins Baltikum wöchentlich, betrieben von  DFDS Seaways Baltic GmbH. Dort sind die meisten Fahrer des Russischen kundig.

Es gibt dort derzeit drei RO/PAX (Rollende Ladung + Passagiere) Fähren )ins Baltikum, drei andere fahren zwischen Schweden und den baltischen Ländern. Ein anderes Schff fährt einmal in der Woche nach Russland und zurueck.

Eventuell wäre es sinnvoll eine Aktion z. B. beim Hafenamt anzumelden oder bei der Seehafen Kiel GmbH. Viel Glueck und Erfolg.

MfG

BGS
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 22:15:23 Mi. 22.Juni 2016
(https://abload.de/img/teilr1o52.jpg) (http://abload.de/image.php?img=teilr1o52.jpg)

Resignation und spontane Kämpfe von Berufskraftfahrern

http://www.labournet.de/?p=99969 (http://www.labournet.de/?p=99969)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 15:30:21 Mo. 27.Juni 2016
http://youtu.be/92kPigFZHN0 (http://youtu.be/92kPigFZHN0)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 15:56:53 Do. 16.März 2017
Die Aktivisten aus Rußland wollen sich mit Kollegen in Deutschland austauschen und von ihren Erfahrungen berichten

(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fmedia.npr.org%2Fassets%2Fimg%2F2015%2F12%2F22%2Fap_223870754797-11584593e18230fdad3350285af4fae7ce9ad1f5-s900-c85.jpg&hash=1505ac23c148840c40ae5615e006de39c6d76679)

Truckeraktivisten aus Rußland auf Deutschlandtour

Die Transportbranche stellt das Rückgrat der Wirtschaft auch in Russland dar. Ein Stocken in diesem Bereich hätte in Zeiten der Just-in-time-Produktion Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft.

Mit der Liberalisierung der Branche befinden sich die Transportpreise, ebenso wie die Arbeitsbedingungen, im freien Fall. Die deutsche Wirtschaft profitiert davon, dass die Fahrer_innen des internationalen Gewerbes gegeneinander ausgespielt werden und osteuropäische Fahrer_innen zu Hungerlöhnen in Westeuropa arbeiten. Es gibt wenig Solidarität und wenig Organisierung unter den Fahrer_innen.

Umso erstaunlicher ist es, dass es auch ohne Organisationsstrukturen zu spontanen Arbeitskämpfen kam. 2016 kam es zu einem landesweiten wilden Streik der Fahrer_innen in Belgien. Und bereits Ende November 2015 legten die Fahrer_innen in Russland spontan ihre Arbeit nieder gegen die Einführung einer Straßenmaut. Den russischen Behörden gelang es auch mit massiver Repression nicht, den Kampfeswillen tausender Kolleg_innen zu brechen. Der Arbeitskampf war die bedeutendste oppositionelle Bewegung, der sich die russische Regierung 2015/16 ausgesetzt sah. Am Ende des fünfmonatigen Arbeitskampfes gründeten sie als gewerkschaftsähnliche Organisation den "Verband der Transportarbeiter Rußlands" OPR. Mit dieser Organisation begannen LKW Fahrer_innen auch andere soziale und Arbeitskämpfe zu unterstützen, wie protestierende Bäuer_innen oder streikende Bergarbeiter_innen. Die Aktivitäten wurden mit einer staatlichen Repressionswelle beantwortet.

Sie planen nach ihrer Rückkehr aus Deutschland, in einen erneuten landesweiten Arbeitskampf zu treten.

Vier Gründungsmitglieder der kämpferischen Fahrerorganisation suchen nun den Kontakt zu Kolleg_innen, Gewerkschafter_innen und politischen Aktivist_innen in Deutschland. Sie werden begleitet von zwei Unterstützerinnen, der in Deutschland lebenden Kulturwissenschaftlerin Olga Reznikova und der in Moskau lebenden deutschen Journalistin Ute Weinmann, die auch dolmetschen werden.


Veranstaltungen

Samstag 18.3. 9°°
Offener Austausch beim gemeinsamen Frühstück mit KollegInnen Autohof Lohfeldener Rüssel (bei Kassel)
(Kraftfahrerkreis/verdi)

Samstag 18.3. 20°°
Vortrag: Arbeitskampf und Repression (vor Beginn des Solikonzerts zum Tag des politischen Gefangenen) Alte Meierei Kiel, Hornheimer Weg 2
(Rote Hilfe Kiel/Rosa Luxemburg Stiftung Kiel)

Sonntag 19.3. 16°°
Infoveranstaltung und Diskussion, MPZ, Sternstraße 4, Hamburg
(Jour Fixe Gewerkschaftslinke)

Montag 20.3. 20°°
Infoveranstaltung und Diskussion, Jugendhaus ,,Buchte" , Buchtstraße 14/15, Bremen
(AG Internationale Gewerkschafter_innen und Rosa Luxemburg Stiftung Bremen)

Mittwoch, 22.03.2017 19:00
Infoveranstaltung und Diskussion, Bildungswerk der Heinrich Böll Stiftung, Sebastianstr. 21, Berlin
(Böll Stiftung)

https://calendar.boell.de/de/event/streik-und-selbstorganisation-russischer-lkw-fahrerinnen (https://calendar.boell.de/de/event/streik-und-selbstorganisation-russischer-lkw-fahrerinnen)




(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fabload.de%2Fimg%2Fautohof31uxa.jpg&hash=81808153055cb79f573a9aa95dae8ca1a6b21dfe)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Sunlight am 17:33:07 Do. 16.März 2017
Einfach toll! Wogegen wir hier bei uns es nicht fertigbringen alle
Fahrer zu erreichen. Ich schaue sehnsüchtig Richtung Russland.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 17:03:28 Mo. 20.März 2017
Der Admin mit russischen und deutschen Truckeraktivisten

(https://abload.de/img/lolekkxuje.jpg)

(https://abload.de/img/ruesselyms94.jpg)
150 Trucker in ganz Rußland verfolgten über Live Internestream den Austauch mit deutschen Kollegen am Rasthof Lohfeldener Rüssel mit.


Die Infoveranstaltung in der Alten Meierei in Kiel:
(https://abload.de/img/meierei7is95.jpg)


Die russischen Kollegen haben alle in Haft gesessen wg. ihrer Aktivitäten in der Sache. Sie sagen, es gibt kein zurück mehr. Sie wollen sich jetzt mit dem System anlegen und am 27.3. in einen landesweiten unbefristeten Streik treten.

Heute Abend, eine Veranstaltung mit ihnen in der Buchtstr.14/15 in Bremen.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 18:20:42 Mo. 20.März 2017
Hier etwas für Menschen mit Russischkenntnissen

http://opr.com.ru/info/news/obmen-mneniyami-s-evropeyskimi-voditelyami-otkryl-dlya-nas-vozmozhnosti-dalneyshego-vzaimodeystviya/ (http://opr.com.ru/info/news/obmen-mneniyami-s-evropeyskimi-voditelyami-otkryl-dlya-nas-vozmozhnosti-dalneyshego-vzaimodeystviya/)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Sunlight am 23:18:32 Mo. 20.März 2017
 ;D Klasse, dass war dann am Rüssel ein Erfolg!  Danke für Bilder! (https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.animaatjes.de%2Fsmileys%2Fsmileys-und-emoticons%2Fapplaus%2Fsmileys-applaus-351990.gif&hash=f1167f77ec0812407d941a171bce7a1ec1dbbb3f)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Nikita am 01:10:14 Di. 21.März 2017
Puuh! Dieser fiese Russe ganz rechts.

:D
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 19:53:56 Mi. 22.März 2017
Ein von deutschen Kollegen zusammengeschittenes Video von dem Austausch am Autohof

https://youtu.be/PVG4Xfja0xE

Eher etwas für Fachleute...
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: BGS am 22:21:52 Mi. 22.März 2017
Besten Dank fuers Einstellen.

MfG

BGS
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 14:12:05 Sa. 25.März 2017
https://gewerkschaftslinke.hamburg/2017/03/24/montag-27-3-beginnt-der-grosse-streik-der-russischen-trucker/
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 17:10:57 Mi. 29.März 2017
ZitatPRESSEMITTEILUNG
München, 29. März 2017

Aufstand der russischen Trucker

Wegen der seit Kurzem geltenden Maut für Lkw legen sich russische Fernfahrer mit der Staatsmacht an und drohen das Land lahmzulegen. Die Folge: erste Festnahmen von protestierenden Fernfahrern. Der deutsche Branchenverband Camion Pro fordert die sofortige Freilassung der Aktivisten und die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien.


In ,,Convoy", dem wohl bekanntesten Fernfahrer-Film aller Zeiten, bilden amerikanische Trucker unter der Führung von ,,Rubber Duck" (Kris Kristofferson) im Kampf gegen korrupte Gesetzeshüter einen Konvoi aus Lkw. Dabei kämpfen sie für ihre Rechte und für die Freiheit auf dem Highway. Sie legen sich mit der Polizei und der Obrigkeit an, die den Aufstand mit aller Härte und teilweise rechtswidrigen Methoden niederschlägt. So weit die Handlung des bekannten Roadmovies aus dem Jahre 1978.

Was gerade in Russland passiert, klingt wie das Drehbuch zu ,,Convoy", ist aber keine Hollywood-Fiktion, sondern die Wirklichkeit. Der echte ,,Rubber Duck" heißt Andrej Bazhutin, fährt keinen ,,Mack", sondern einen Volvo FH12, und nicht der Mittlere Westen Amerikas, sondern die Weiten Russlands sind sein Arbeitsplatz. ,,Ansonsten übertreffen die Ereignisse, die wir in diesen Tagen in Russland beobachten können, die Hollywood-Vorlage bei Weitem", beschreibt Andreas Mossyrsch, Vorstand des Branchenverbandes Camion Pro, die Entwicklung des aktuellen Fernfahrerprotests in Russland.

Die Proteste begannen vor rund eineinhalb Jahren, als der russische Staat eine Lkw-Maut einführte. Nach Einschätzung vieler Fahrer bedroht diese Abgabe die Existenz der russischen Kleinunternehmen. Die Maut beträgt umgerechnet rund fünf Cent pro Kilometer. ,,Das ist für den desolaten russischen Straßenzustand weit überteuert", sagt Andrej Bazhutin, Chef der Vereinigung russischer Transportunternehmer. ,,Für uns ist klar: Wir bezahlen nicht für die Benutzung der Straßen, die vorhanden sind, sondern für Straßen, die der Staat noch bauen will. Zudem sind die Betreiber des Mautsystems private Investoren. Ob aus den Einnahmen der Maut wirklich Straßen gebaut werden, ist für uns völlig unklar. Das System ist absolut intransparent und korrupt", gibt der engagierte Fernfahrer zu bedenken.

Dass die Transportunternehmen die Kosten für die Maut nicht einfach an die Kunden weitergaben, hat aus Bazhutins Sicht nachvollziehbare Gründe: Russland befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise. Hinzu kommt, dass durch die Wirtschaftssanktionen der EU viele Transporte nach Westeuropa wegfallen. ,,Die Wettbewerbssituation ist für uns katastrophal. Es gibt mehr Fahrer als Aufträge, und unsere Kunden sind zumeist große Unternehmen oder Speditionen. Die Kunden weigern sich einfach, höhere Preise zu akzeptieren - nach dem Moto ,Friss oder stirb!'", beschreibt Sergej Vladmiriov, stellvertretender Vorsitzender des Fernfahrerverbands, die Ausgangslage für hunderttausende russische Lkw-Fahrer.

Gewerkschaften wie in westlichen Staaten gibt es kaum, und die rund 70 Prozent der Fahrer in Russland sind selbstfahrende Unternehmer und nicht organisiert. Es ist nun das erste Mal, dass sich Menschen in der Transportbranche zusammenschließen. "Unser Verein zählt rund 10.000 Mitglieder, die sich innerhalb eines Jahres zusammengefunden haben. Begonnen haben unsere Proteste mit Konvoi-Protestfahrten", berichtet Andrej Bazhutin.

Diese Demonstrationen der nicht-staatlichen Macht wurden Putins Administration offenbar schnell unheimlich. Innerhalb weniger Tage wurden Konvoi-Fahrten in Russland kurzerhand verboten. Die Fahrer ließen sich aber davon nicht beeindrucken und verstärkten ihre Proteste mit weiteren Konvois und Straßenblockaden. Die russische Polizei nahm daraufhin reihenweise Trucker in Haft. Aber die Regierung machte auch Zugeständnisse. So stellte sie in Aussicht, die Maut nicht auf kleine Lkw und Pkw auszuweiten. Andrej Bazhutin: ,,Damit sollte vor allem den streitbaren Lkw-Fahrern die Unterstützung der Bevölkerung entzogen werden."

Die russischen Trucker hatten schon seit Herbst 2016 Kontakte zu deutschen Organisationen wie ver.di und Camion Pro gesucht. Am 23. März 2017 fand ein Treffen zwischen Andrej Bazhutin, der Gewerkschaft ver.di und Camion Pro in der ver.di-Bundeszentrale in Berlin statt.

Die Vereinigung russischer Transportunternehmer, Andrej Bazhutin vorsteht, hatte für den 26. März 2017, im Zuge der landesweiten Proteste gegen Korruption, zu weiteren Protest-Konvoifahrten und Blockaden in Russland aufgerufen.

Wie ernst die russische Staatsmacht die Proteste nimmt, zeigt, mit welcher Härte und Willkür die Polizei offensichtlich gegen die Organisatoren des Fernfahrerstreiks vorgeht: Camion Pro erfuhr am 27.März, dass Andrej Bazhutin nach der Rückkehr in seine Heimat beim Verlassen seines Hauses von der Polizei festgenommen wurde. Ihm wird ,,Fahren ohne Führerschein" vorgeworfen. Unterstützer aus seinem Umfeld versichern, dass Bazhutin im Besitz eines gültigen Führerscheins ist und ihm dieser nie entzogen wurde. Seine schwangere Frau wollen die Behörden nun zwangsweise ,,aus gesundheitlichen Gründen" in einer Klinik unterbringen und gleichzeitig die Kinder des regimekritischen Lkw-Fahrer in staatliche Obhut nehmen. Mit diesen Maßnahmen wollen die Behörden Bazhutin und seine Mitstreiter offenbar einschüchtern und massiv unter Druck setzen. An den Festnahmen Bazhutin und andere ,,Schlüsselfiguren" soll auch das ,,Russisches Zentrum für Extremismusbekämpfung" beteiligt gewesen sein.

Camion Pro hat den russischen Truckern schon beim Treffen am 23. März die volle Unterstützung zugesagt. Camion-Pro-Vorstand Andreas Mossyrsch: ,,Wir fordern die russischen Behörden auf, rechtsstaatliche Prinzipien einzuhalten und die festgenommenen Fernfahrer-Aktivisten unverzüglich freizulassen!"
http://www.camionpro.de/camionpro-de/index.php/news/cp-online/78-aufstand-der-russischen-trucker (http://www.camionpro.de/camionpro-de/index.php/news/cp-online/78-aufstand-der-russischen-trucker)

"An den Festnahmen ... soll auch das ,,Russisches Zentrum für Extremismusbekämpfung" beteiligt gewesen sein.

Aha, der Kampf um soziale Bedingungen und Arbeiterrechte ist also Extremismus und ein Fall für Antiterrorstrategen.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 17:21:00 Mi. 29.März 2017
https://www.rferl.org/a/russia-truckers/28394126.html (https://www.rferl.org/a/russia-truckers/28394126.html)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 19:14:44 So. 09.April 2017
Da es schwer ist, aktuelles über den Arbeitskampf in Rußland zu erfahren, habe ich mich ein wenig ans Recherchieren gemacht und bin auf einen neuen ausführlichen Hintergrundbericht auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung gestoßen:
http://www.bpb.de/internationales/europa/russland/245821/aus-not-vereinteine-analyse-von-arbeitsprotesten-der-lkw-fahrer-in-russland (http://www.bpb.de/internationales/europa/russland/245821/aus-not-vereinteine-analyse-von-arbeitsprotesten-der-lkw-fahrer-in-russland)


Zu den aktuellen Ereignissen habe ich mich auf die Seite der Truckerorganisation OPR begeben und mein Glück mit Google Translate versucht. Herausgekommen ist folgendes:

Trucker Streik im Jahr 2017
Russland, am 7. April.

Russland
Lkw-Fahrer werden Streik fortsetzen


(https://i0.wp.com/bison-info.pro/wp-content/uploads/2017/04/content_01.jpg?resize=696%2C464&ssl=1)

Trucker in Burjatien verlängern Streik um einen Monat

In Ulan-Ude verlängerten Lkw-Fahrer den Protest bis zum 5. Mai. Die Veranstalter haben bereits die kommunalen Behörden benachrichtet.

Ein paar stimmungsvolle Bilder, auch wenn der Text nicht verstanden wird:

! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=xUfzL2dAVDA#)

Roskomnadzor, die Behörde zur Kontrolle der Kommunikations- und Informationstechnologie, bestätigte die Sperrung von Sprachnachrichten im Handynetz mit der Begründung "Verletzungen des Datenschutzrechts".

In Dagestan, einem Hauptschauplatz des Streiks mit etwa 40.000 beteligten Trucks, wird mit Spezialeinheiten gegen die Streikenden vorgegangen.
Das Video zeigt bürgerkriegs- oder antiterrorkampfmäßig ausgestatteten Uniformierte, die automatische Waffen auf Protestierende richten.

! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=mNvEGJPw2fA#)

Das staatliche Fernsehen versucht die Auseinandersetzung totzuschweigen.


Am 5.4. gab es eine Pressekonferenz der Organisation der Lkw-Fahrer
gerichtet an Bauern, Menschenrechtsorganisationen und die Medien in In- und Ausland.
Die Konferenz berührt die heißen Eisen: die Ursachen dieses Massenprotestes, den Sinn und das Wesen der der Erpressung, die die Menschen in Armut wirft mit dem Druck der regionalen Strukturen und Angriffen der Behörden und Sicherheitskräfte.
Jeden Tag werden im ganzen Land Menschen in gewahrsam genommen, die nur offen ihre Unzufriedenheit mit der inländischen Wirtschaftspolitik ausdrücken.

Als auf der Pressekonferenz gefragt wurde, warum der Vorsitzende der Truckervereinigung vor dem Streik nach Deutschland gereist sei, etwa um dort Geld zu bekommen, brach das Publikum in Gelächter aus.

Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Fritz Linow am 21:24:11 So. 09.April 2017
Zitat von: Kuddel am 19:14:44 So. 09.April 2017
Da es schwer ist, aktuelles über den Arbeitskampf in Rußland zu erfahren, habe ich mich ein wenig ans Recherchieren gemacht und bin auf einen neuen ausführlichen Hintergrundbericht auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung gestoßen:
http://www.bpb.de/internationales/europa/russland/245821/aus-not-vereinteine-analyse-von-arbeitsprotesten-der-lkw-fahrer-in-russland (http://www.bpb.de/internationales/europa/russland/245821/aus-not-vereinteine-analyse-von-arbeitsprotesten-der-lkw-fahrer-in-russland)

Sehr interessanter Hintergrundbericht. Angesichts einiger brisanter Details und vor allem, wie lange das da schon gärt, ist es echt verwunderlich, dass hier darüber so gut wie gar nicht berichtet wird.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 21:13:21 Mo. 10.April 2017
In der Novaya Gazeta habe ich ein Interview mit Andrej (der auch in Deutschland war) gefunden, das ich aus dem Englischen etwas stümperhaft übersetzt habe:


ZitatAndrej Bazhutin:
"Mehr als eine Million LKW sind landesweit stehengeblieben"



Nina Petlyanova
Novaya Gazeta, 7. April 2017


Der landesweite Streik der russischen Trucker geht weiter. Die Hauptwaffe des Regimes gegen die Streikenden war eine harte Polzeitaktik. Andrej Bazhutin, Vorsitzender des Verbandes der russischen Trucker (OPR) und der ordnungsgemäß gewählte Vorsitzende der Fernfahrer gegen das Platon-Straßenmautsystem, ist harten Maßregelungen ausgesetzt. Am 27. März erhielt er eine 14 tägige Haftstrafe. Er verbrachte fünf von ihnen in einem Gefängnis, bevor er freigelassen wurde, während die Behörden seine vier Kindern fast ihrem Zuhaus entrissen und bei seiner schwangere Frau beinah eine Fehlgeburt auslösten. Aber nichts davon hat Bazhutin und seine Kollegen bewegt, ihren Kampf aufzugeben.

Ist eine 14 tägige Haftstrafe ein fairer Umgang unter Ihren Umständen? Wofür werden Sie bestraft?

Das Ziel ist klar. Dies geschah nicht auf Geheiß der Verkehrspolizei, der Polizei oder der anderer Sicherheitsdienste. Es war ein bewusstes Vorgehen seitens des Regimes, um mich zu isolieren. Die Richterin hat übetrieben, als sie mich zu 14 Tagen Haft verurteilte. Es war eine herzlose und ungewöhnliche Bestrafung. Ich habe es nichts so schreckliches getan, was es rechtfertigen könnte, mich für 14 Tage wegzusperren.

Was haben Sie gemacht? Haben Sie irgendwelche Gesetze verletzt?

Alle drei Fälle, die es bis vor Gericht machten, gingen um den Entzug meines Führerscheins. Zwei der Fälle wurden von Richterin Marina Afanasieva gehört, die angeordnet hat, mich zu verhaften. Aber in zwei der drei Fälle war ich nicht einmal hinter dem Lenkrad. Es wurde auf Video aufgenommen: Es ist beweisbar. Trotzdem wurde meine Fahrerlaubnis entzogen.

Wann haben Sie herausgefunden, dass Sie mit einer entzogenen Fahrlizenz gefahren sind?

Am 27. März, als ich inhaftiert war. Ich wusste, dass es die Vorwürfe gab. Wir haben einen Widerspruch gestellt, und ich war sicher, dass er erfolgreich sein würde. Aber was passiert ist, ist passiert. Die Verkehrspolizisten sagten mir, ich hätte wissen müssen, dass ich mit einer entzogenen Lizenz fuhr. Zwei Tage bevor ich inhaftiert war, fuhr ich nach Moskau und zurück in meinem eigenen PKW, und niemand hielt mich an. Bin ich so wahnsinnig, dass ich tausend Kilometer in eine andere Stadt fahren mit dem Wissen, dass meine Lizenz widerrufen ungültig war? Als ich inhaftiert war, holte ich meinen Sohn vom Training ab. Er trug seine nasse Uniform. Wir waren buchstäblich hundert Meter vom Haus entfernt. Die Polizei vom 25. Bezirk, wo ich schließlich festgenommen wurde, war im Hof meines Hauses. Ich fragte den Verkehrspolizisten sich entweder selbst hinter das Lenkrad zu setzen oder mich meinen Sohn nach Haus fahren zu lassen, aber er weigerte sich kategorisch. Außerdem schickte er eine Nachricht an die Kinderschutzbehörde, nachdem sie beschlossen hatte, die Kinder in ihre Obhut zu bringen.

Was haben Sie gemacht gemacht, als Sie das herausgefunden haben?

Als ich noch ein Handy hatte, rief ich meinen ältesten Sohn an und er lief nach Hause. Aber die Kinderschutzbehörde erklärte, dass er kein Erziehungsberechtigter war und nicht bei den Kindern bleiben konnte. In diesem Augenblick war ich zum 25. Polizeibezirk gebracht worden. Die Leute von Kinderschutzdienstes und mein Sohn traten in unsere Wohnung, und sie kontrollierten alles, einschließlich des Kühlschranks. Dann rief Artyom seine Mutter, meine Frau, und erzählte ihr alles. Sie verließ das Krankenhaus, wo sie ins Krankenhaus eingeliefert worden war, um eine Fehlgeburt zu vermeiden. [Natalya Bazhutina ist sieben Monate schwanger - Novaya Gazeta.] Sie kam nach Hause und sagte den Beamten, dass ihr ältester Sohn und seine Großmutter für die Kinder in ihrer Abwesenheit verantwortlich waren. Aber sie sagten ihr, sie brauchten eine Vollmacht. Natalya eilte zu einem Notariat, wo ihr gesagt wurde, dass die Vollmacht in Anwesenheit der Kinderschutzleute ausgefertigt werden könne. Aber sie hatten es einer schwangeren Frau nicht gesagt. Auf der anderen Seite warnten sie sie, dass, wenn mein ältester Sohn oder seine Großmutter mit den Kindern draußen spazieren gingen, die Kinder sofort entzogen werden würden, da sie keinen gesetzlichen Beweis für die Vormundschaft hatten.

Wussten Sie, was zu Hause geschah, als Sie vor Gericht und im Gefängnis waren?


Nicht für die ersten zwei Tage. Ich war isoliert. Dann gab mir jemand eine SIM-Karte und ich rief nach Hause. Zu dieser Zeit standen unsere Jungs aus dem OPR im Hof standhaft und ließen keine Fremden an die Wohnung kommen, denn im Hof gab eine ständige Überwachung. Ein Auto mit einigen fremden jungen Leuten war dort rund um die Uhr. Sie verschwanden erst, nachdem ich vier Tage lang verhaftet worden war.


(https://therussianreader.files.wordpress.com/2017/04/content_1.jpg?w=700)
Andre Bazhutin (Mitte) und Genossen.

Das wurde alles getan, um Sie einzuschüchtern?

Du kannst mich nicht mit solchen Methoden einschüchtern. Obwohl neuerding kaum jemand nicht an meine Tür klopfte: die Polizei, die Steuerinspektoren, die Staatsanwälte, der FSB (Geheimdienst). Bisher haben nur Aliens noch nicht bei mir angeklopft.

Russische Beamte verstehen nicht, dass sie uns nicht mit solchen Handlungen einschüchtern können: ich meine Trucker im Allgemeinen. Das sind Jungs, die es gewohnt sind, alles selbst zu machen. Sie haben eine Million Nächte allein in den Wäldern verbracht, auf Parkplätzen, an der Seite der Straße. Sie reparieren ihre eigenen Lastwagen, brutzeln ihr Essen und verteidigen sich. Sie sind es gewohnt, sich zu behaupten. Du kannst sie nicht aus der Spur bringen. Das Zeug funktioniert nicht bei ihnen.

Hören die auf Sie?

Sie tun es, aber nicht so, wie sie sollten. Wir haben gehört, dass einige der Mächtigen nervöse Ausfälle haben aufgrund von uns und aufgrund dieser Situation. Aber das wollen wir nicht. Wir sind keine professionellen Demonstranten. Wir wollen uns an den Verhandlungstisch setzen und unsere Probleme lösen. Was in der Branche passiert ist, ist abnormal. Immer mehr Trucker sind am Streik beteiligt. Manche mögen ihre Fahrzeuge nicht parken, aber sie fahren leer: sie transportzieren keine Ladung. Sie parken nicht an den Straßenrändern, sie sind nicht direkt an unseren Protest-Rallyes beteiligt, aber sie unterstützen uns.

Ihre Verhaftung und die Geschichte mit ihren Kindern haben ihre Pläne nicht verändert?


Auf keinen Fall. Natürlich machte ich mir Sorgen um die Kinder, als ich nicht sicher war, ob die Behörden sie zu Hause lassen würde oder nicht. Ich machte mir Sorgen um meine Frau und ihren Zustand. Aber ich wurde sofort mit Textnachrichten aus dem ganzen Land bombardiert. Die Leute waren bereit zu helfen. Sie waren bereit, meine Familie zu Verstecken. Ich werde in Zukunft vorsichtig sein. Aber wir werden nicht aufhören mit dem, was wir tun, bis wir etwas erreichen.

Wie ist die Stimmung der Trucker im Moment? Wie lange wollen sie streiken? Wie weit sind sie bereit, mit ihrem Protest zu gehen?

Wir werden den Streik nicht beenden, bis die Behörden eine Entscheidung treffen. Während zu Beginn des Protestes viele Kollegen sagten, wir würden nicht mehr als eine Woche aushalten, ist man jetzt einstimmig dafür, dass wir bis zum Ende aushalten. Das Hauptziel sind Verhandlungen mit dem Verkehrsminister Sokolov und dem Premierminister Medwedew, die, wie ich glaube, keine Ahnung von unseren Problemen haben. Wir wollen, dass sie wenigstens versuchen, sich ein Bild zu machen. Darüber hinaus sollten sich alle Mitglieder der Trucker-Community an den Verhandlungstisch setzen, auch diejenigen, die unseren Standpunkt nicht teilen, denn das Problem ist groß, das ist ein echter Wirtschaftszweig, und alle Meinungen müssen einbezogen werden. Bis solch ein Treffen stattfindet, wird der Streik fortgesetzt. Wir bleiben auf dem Weg, bis es eine echte Lösung gibt.

Am 5. April wurde Rustam Mallamagomedov, der Führer der Dagestanischen Trucker, in Moskau festgenommen. Haben Sie herausgefunden, was passiert ist? Wie werden Sie reagieren?

Das ist pure Gesetzlosigkeit. Für lange Zeit konnten wir nicht verstehen, wer die Leute, die Rustam festnahmen, waren. Waren sie aus der Moskauer Kriminalpolizei oder vom FSB (Geheimdienst)? Wir wissen immer noch nicht, was ihre Anklage gegen Rustam ist. Aber wir haben sofort die Anwälte und Menschenrechtsaktivisten geschickt. Es funktionierte, und Rustam ist jetzt frei. Wir gehen zusammen nach Makhachkala. Am 7. April treffen sich Trucker aus Dagestan, Kabardino-Balkariya und Tschetschenien dort mit Reportern. Auf dem Rückweg nach Moskau werden wir in Ossetien, Kransodar und Rostov-am-Don ähnliche Treffen abhalten, denn es gibt ein Informationsdefizit in den Medien über den Streik.

Warum ist Dagestan der Brennpunkt der Auseinandersetzung?

In Dagestan sind 90% der Fahrer selbstfahrende Unternehmer. Die Republik ist klein, und so ist der Streik in jedermanns Gesicht. Es sind Streikende im ganzen Land verbreitet, aber Russland ist so riesig, dass es nicht so spürbar ist, obwohl eine riesige Anzahl von Menschen im Streik sind. Wir werden die Zahlen bis zum 10. April zusammenfassen. Wir wollen die Anzahl der Regionen zählen, in denen es Protestlager gibt, und die Zahl der Menschen in diesen Lagern, sowie wo die Lager sind und wo sie waren, bis die Polizei sie auflöste.


Wir werden versuchen, ein Gesamtbild für jede Stadt in Russland zu geben. Es ist kompliziert. In Petersburg allein gibt es mehr als 200 Parkplätze, und wir müssen die Runden zu allen machen. Es gibt auch Menschen, die sich nicht offen im Protest engagieren, aber ihn unterstützen und ihre Lastwagen geparkt haben. Wir müssen sie auch berücksichtigen. Derzeit haben nicht einmal die Verkehrsp und die Bereitschaftspolizei diese Statistiken. Aber ich kann sicher sagen, dass zumindest die Hälfte aller Trucker nicht arbeiten. In Bezug auf Zahlen, das ist mehr als eine Million Lastwagen.

(https://therussianreader.files.wordpress.com/2017/04/content_2.jpg?w=700)




https://therussianreader.com/2017/04/08/andrei-bazhutin-more-than-a-million-trucks-have-stopped-running-nationwide/



Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: BGS am 22:06:49 Mo. 10.April 2017
Herzlichen Dank fuers Einstellen.

Diese Solidarität und Haltung ist vorbildlich

MfG

BGS
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 10:20:23 Sa. 15.April 2017
ZitatLkw-Fahrer führen ihren unbefristeten Streik weiter, trotz Drohungen und Druck seitens der Behörden und dem Schweigen der Medien. An der Aktion nehmen Fahrer in St. Petersburg, Dagestan, Tjumen, Tschita, Ulan-Ude, der Region Altai und anderer russischer Regionen teil. Nach Angaben der Vereinigung der Transportunternehmer Russlands beteiligen sich am Streik über eine Million Fahrer.

Die Nesawissimaja Gaseta berichtet, dass die föderalen und regionalen TV-Sender Instruktionen bekamen, Angaben über das Ausmaß des Protests zu verzerren. Die Berichterstattung über die Proteste der Lkw-Fahrer ist in den regionalen Medien verboten, sagte das Mitglied des Volkskhurals von Burjatien Bair Tsyrenov der ,,NG". Die Streikbeteiligung in dieser Region ist deutlich sichtbar -- allein am Rande von Ulan-Ude standen etwa 100 LKW entlang der Strecke. Als Taktik gegenüber den Streikenden wird Druck auf die Anführer des Protestes ausgeübt in Kombination mit einem Berichterstattungsverbot in den lokalen Medien.

In Dagestan bezichtigten regierungsloyale Medien die Lkw-Fahrer, sie wüssten selbst, "dass sie ein Instrument zerstörerischer Kräfte sind, die die Situation in der Republik destabilisieren wollen". Es gibt auch Vorwürfe, wonach die Demonstranten angeblich verlogene Internet-Videos verbreiten. Doch in Wirklichkeit wachsen die Proteste im Süden von Russland an. Die Aktivisten dementierten eine gezielt gestreute Desinformation, dass sie den Streik nach Verhandlungen mit Behörden abgebrochen hätten. Fahrer aus Tambow erklärten ihre Bereitschaft sich nach Dagestan aufzumachen, um dort die Streikenden zu unterstützen.

Eine ähnliche Situation lässt sich in anderen Regionen beobachten.

Dabei entschieden sich die Lkw-Fahrer gegen radikale Protestformen: sie sehen von Straßenblockaden ab und versuchen ihre Aktionen legal durchzuführen. Zum Beispiel fand am Sonntag in Nowgorod eine genehmigte Strassenkundgebung der Lkw-Fahrer statt, an der sich auch etwa fünfzig Personen aus St. Petersburg beteiligten. Unter ihnen war auch der Vorsitzende der Gewerkschaft ,,Weg des Lebens" Alexander Rastorguyev, der an den Protesten der Lkw-Fahrer seit 2015 teilnimmt. Seine Reise nach Nowgorod verwandelte sich in ein großes Abenteuer. Zunächst wurde er an der Stadtgrenze von der Verkehrspolizei angehalten, und nach der Ende der Kundgebung gab es Informationen in den sozialen Medien, wonach die Polizisten die Autos der zurückkehrenden Petersburger Teilnehmer verfolgten. Rastorguyev wurde im Bezirk Tosno gestoppt und konnte nur durch die Überquerung eines Sumpfgebietes entkommen.

Inzwischen beginnen die Auswirkungen des Streiks die Wirtschaft. Verbraucher beschweren sich über eine Reduzierung des Warensortiments in den Lebensmittelgeschäften und Preiserhöhungen. In 34 Regionen gab es Appelle von Bürgern an den Verbraucherschutzverband. Probleme betreffen in erster Linie Fleischwaren, Obst und Gemüse, diverse Nahrungs-, Genussmittel- und Hygieneprodukte.

Die Verbraucherschutzgesellschaft ,,Öffentliche Kontrolle" appellierte an Ministerpräsident Dmitry Medvedev mit der Bitte, ,,eine drohende Versorgungskrise bei Lebensmitteln und Waren zur Deckung von Grundbedürfnissen" zu verhindern. Der Text des Schreibens wurde auf der Website der Organisation veröffentlicht. Die Experten der Verbraucherschutzgesellschaft registrierten im Laufe eines Monats 116 Beschwerden in 34 Regionen, aus denen Bürger über die Reduzierung des Warensortiments in den Lebensmittelgeschäften und Preiserhöhungen berichteten. Die Verbraucherschutzgesellschaft hält Unregelmäßigkeiten bei der Versorgung mit Schweinefleisch, Rindfleisch, Gemüse, Mehl, Zucker, Eier, Getreide, Früchte, Hygiene- und Reinigungsprodukte für möglich. Beunruhigung ruft die Situation in den Republiken Dagestan, Komi und Burjatien hervor, und außerdem im Irkutsker, Murmansker, Archangelsker, Leningrader, Swerdlowsker Gebiet, rund um Tjumen, Novosibirsk, Samara und in den Regionen Perm, Krasnojarsk, Chabarowsk und in St. Petersburg hervor.

Die Zeitung ,,Kommersant" berichtete über erste Auswirkungen des Streiks in Dagestan: kleine Bäckereien haben aufgehört, Brot zu backen, weil die Mehlvorräte erschöpften sind. Nach Prognosen der Leiter der Proteste, werden sich die Verbraucher bald mit einem Defizit von leicht verderblichen Waren und Preissteigerungen konfrontiert sehen.

Gekürzte Fassung eines Textes auf der Webseite der der KRAS, Sektion der Internationalen Arbeiter-Assoziation in Russland
http://www.aitrus.info/node/4920 (http://www.aitrus.info/node/4920)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 10:50:13 Sa. 15.April 2017
Bürgerkriegsähnliche Verhältnisse bei einem Streik.
! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=9L3Fckic_oQ#)

! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=avWkwrwa4bI#)

! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=9rYGihFi7NE#)

! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=z7Rbxfk-vBA#)

Nachrichtensperre in Rußland und ebenso im Freien Westen®.

Der Westen berichtet nur, wenn der Freiheitskampf von Neoliberalen, Rechtsradikalen oder Oligarchen angeführt wird.
Kämpfende Arbeiter gibt es einfach nicht. Punkt.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Don Derfel am 12:30:15 Sa. 15.April 2017
Offenbar ist Andrej wieder verhaftet worden.
Ich habe bisher nur Bilder auf Facebook (ja ich weiß, ist Bäbä)

https://www.facebook.com/100010930210255/videos/403955896645414/ (https://www.facebook.com/100010930210255/videos/403955896645414/)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 20:31:05 Sa. 15.April 2017
Ja, es hapert am Informationsfluß.
Ich habe mich auf der OPR Seite wieder mit Google Translate versucht. Ein paar Versatzstücke, die in der Googleübersetzung Sinn ergaben:

Heute war eine Großkundgebung mit PKW Korso in St. Peterburg angekündigt.

Die Inhaftierung von Teilnehmern der Kundgebung:

(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fopr.com.ru.images.1c-bitrix-cdn.ru%2Fupload%2Fiblock%2F0c0%2F0c0aebf2e3ff347820008e732657c15e.jpg%3F1492251951117419&hash=ec4774cfba83d7840e9b06d0935bdb0632ad61d9)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fopr.com.ru.images.1c-bitrix-cdn.ru%2Fupload%2Fiblock%2F790%2F790572a299b7905484ddda25c08b65da.jpg%3F1492259107202074&hash=6bdc6d6eb9cf86b80c4d12f0ed95c3578d2ebc73)

Verhaftet wurden acht Personen, darunter der Vorsitzende des OPR Andrej Bazhutin und der Koordinator des St. Petersburger Zweiges Sergej Vladimirov.

Die Gefangenen wurden zur Polizeidienststelle der Stadt Puschkin gebracht. Adresse: Pushkin str. Hothouse, D.33 Referenz: +7 (812) 470-02-02
An das Gebäude der Polizeiwache von Puschkin wird niemand herangelassen, weder Menschenrechtler, noch Journalisten, noch die Menschen, die dazu aussagen wollen.

Ein Video davon:
! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=RcRgMDo0iEI#)


Nun haben bekannte Intellektuelle begonnen sich solidarisch zu erklären und veröffentlichen Stellungnahmen zum Konflikt.

Die Haupttaktik der Streikenden ist den Regionen Konvois zu organisieren, Wohnwagen, usw., die haben Auswirkungen auf die lokalen Behörden, und damit erzeugen sie Druck auf Medwedew.

Die Lebensmittelknappheit weitet sich weiter aus.

Die Versuche der Strafverfolgungsbehörden die Kraft der Lkw-Fahrer zu brechen, blieb ohne Erfolg. Die Streikenden haben eine klassische Netzwerk-Organisation, in der es keine Führer gibt, aber Austauschbarkeit, sowie verschiedene Kommunikationswege und gemeinsame Forderungen an die Behörden. Die Bewegung durch die Verhaftung von Andrej Bazhutin Rustam Mallomagomedova zu schwächen, war fehlgeschlagen.

Es gelang auch nicht mit Spezialeinheiten mit Hubschrauber und Panzern die Streikenden einzuschüchtern. Noch weiter zu gehen, trauen die Herrschenden sich nicht, denn einen 3. Kaukasuskrieg können sie jetzt nicht brauchen.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Fritz Linow am 21:52:11 Sa. 15.April 2017
Im Zusammenhang damit vielleicht auch:

Zitat13.04.17
Russia blocks app used to organize protests

MOSCOW (AP) — Russia has banned the use on its territory of a smartphone app widely used like a walkie-talkie to organize demonstrations and other gatherings.
The app, called Zello, reportedly has been popular among long-distance truckers in Russia who are conducting strikes to protest a road tariff system.
Zello, based in the United States, said Russia halted the use of the app late Wednesday. The agency that oversees electronic communications in Russia, Roskomnadzor, had announced earlier in the week that the service would be ended because Zello did not comply with an Internet law.
That law demands that Internet services store copies in Russia of all messages sent via them for six months and make them available to authorities on demand.
A statement on Zello's company blog called the requirement "absurd."
http://bigstory.ap.org/aad441b617374dc7b9e29b7e0d994fec (http://bigstory.ap.org/aad441b617374dc7b9e29b7e0d994fec)

und vom 14.04.17 (auch nur Englisch):

ZitatThe (Hushed Up) Story of Russia's Trucker Revolt

Long distance truckers are protesting, but state media and officials are strangely silent

The commencement of protest action by long-distance truckers carried out across different regions of Russia in late March has become conspicuous by its absence from the Russia's media space. Up to this point, the lack of media coverage of the truckers' strike has been symptomatic of the capabilities the authorities now have to control the information space. "Hushing up" the protests is evidently more important to those in control than taking steps aimed at resolving the conflict or appeasing the protesters. (...)
https://toinformistoinfluence.com/2017/04/15/the-hushed-up-story-of-russias-trucker-revolt/ (https://toinformistoinfluence.com/2017/04/15/the-hushed-up-story-of-russias-trucker-revolt/)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Rudolf Rocker am 09:59:08 So. 16.April 2017
ZitatRussian truckers 'march on Moscow' in biggest outbreak of industrial unrest in years
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/russia/12024221/Russian-truckers-march-on-Moscow-in-biggest-outbreak-of-industrial-unrest-in-years.html (http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/russia/12024221/Russian-truckers-march-on-Moscow-in-biggest-outbreak-of-industrial-unrest-in-years.html)

ZitatRussian Truckers Resume Protest As Road-Tax Rate Set To Rise
http://www.rferl.org/a/russia-truckers-resume-protest-road-tax/28393821.html (http://www.rferl.org/a/russia-truckers-resume-protest-road-tax/28393821.html)

ZitatIn St Petersburg, long-distance truck drivers are holding out for victory
https://www.opendemocracy.net/od-russia/natalia-shkurenok/in-st-petersburg-long-distance-truck-drivers-are-holding-out-for-victory (https://www.opendemocracy.net/od-russia/natalia-shkurenok/in-st-petersburg-long-distance-truck-drivers-are-holding-out-for-victory)

ZitatDagestan's long-distance truckers are fighting for their rights
https://www.opendemocracy.net/od-russia/aida-mirmaksumova/dagestan-s-truckers-are-out-to-fight-russia-s-predatory-state (https://www.opendemocracy.net/od-russia/aida-mirmaksumova/dagestan-s-truckers-are-out-to-fight-russia-s-predatory-state)

ZitatRussian truckers' strike enters third week amid police crackdown
https://www.wsws.org/en/articles/2017/04/10/russ-a10.html (https://www.wsws.org/en/articles/2017/04/10/russ-a10.html)

ZitatRussia: Truckers Begin New Round Of Anti-Tax Protests
https://www.stratfor.com/situation-report/russia-truckers-begin-new-round-anti-tax-protests (https://www.stratfor.com/situation-report/russia-truckers-begin-new-round-anti-tax-protests)

ZitatDagestan: Rallying truckers encircled by National Guard of Russian Federation
https://en.crimerussia.com/gromkie-dela/dagestan-rallying-truckers-encircled-by-national-guard-of-russian-federation/ (https://en.crimerussia.com/gromkie-dela/dagestan-rallying-truckers-encircled-by-national-guard-of-russian-federation/)

ZitatRussian Truckers Resume Protests Against Controversial Toll System
http://www.rferl.org/a/russian-truckers-resume-protests-toll-system/28110513.html (http://www.rferl.org/a/russian-truckers-resume-protests-toll-system/28110513.html)

Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 10:30:58 So. 16.April 2017
Nur mal am Rande: Der Feind meines Feindes, ist noch längst nicht mein Freund.
Wenn die ekligen Westmedien Putin zum Bösewicht der Welt stilisieren, wird er nicht zu einem "Guten".
Rappekistenrebell, neigtest du nicht dazu, Putin zu verteidigen?

Schau dir mal das folgende Vdeo an:
! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=w7qJ2UdbjZI#)

Ab min 3:37 sieht man, wie Panzer aufgefahren werden, um die Streikenden einzuschüchtern.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 17:26:59 So. 16.April 2017
Eine Einschätzung der Streikenden:
ZitatFernfahrerstreik. Zwischenbilanz nach 20 Streiktagen

1. Die Streikkoordinatoren gingen davon aus, dass der Streik nach einem Monat spürbare Auswirkungen zeigt. Die Prognosen sind früher eingetroffen.

2. Offen zugängliche Zahlen über finanzielle Verluste von Tankstellenbetreibern liegen nicht vor, dafür gibt es Berichte aus den Regionen über Lieferstockungen u.a. von Lebensmitteln. Solche Informationen stammen aus Städten, deren Versorgung komplett von Zulieferungen abhängig ist.

3. Die Verbraucherschutzvereinigung teilte mit, dass ihr über 100 Meldungen aus drei Dutzend Regionen Russlands vorliegen mit Beschwerden über Lücken im Warenangebot von Lebensmittelgeschäften. Die Vereinigung erstellte eine interaktive Karte mit Angaben zur Lebensmittelknappheit, d.h. sie weist auf Verstöße gegen die Rechte von Verbrauchern hin, die durch die Doktrin zur Lebensmittelsicherheit in der Russischen Föderation geschützt sind. Sie hat sich mit einem offiziellen Schreiben an Premierminister Medwedjew gewandt, das Informationen über erste Engpässe in der Lebensmittelversorgung enthält und auf die Notwendigkeit hinweist, eiligst Maßnahmen zur Vermeidung einer Unterversorgung zu ergreifen.

4. Eine Reihe engagierter Personen, die zwar keine "Parteiführer" darstellen, sich aber für die Rechte und Freiheiten russischer Bürger einsetzen, haben sich offen für die Unterstützung der Fernfahrer ausgesprochen.

5. Kulturschaffende und Personen des öffentlichen Lebens setzen sich für die Fernfahrer ein. Aleksej Lebedinskij, bekannt als "Professor Lebedinskij", Musiker, hat eine Videobotschaft veröffentlicht. Der Politiker Leonid Gozman folgte.
Die Regierung organisierte vor laufenden Kameras der zentralen TV-Sender ein Treffen mit Vertretern von Fake-Organisationen, die niemanden vertreten außer sich selbst.

6. Die Regierung weigert sich demonstrativ die Fernfahrer zu beachten, die auf ein Treffen mit Premierminister Medwedjew und Transportminister Sokolow bestehen, um über die gegebenen Umstände zu sprechen, die es den Fahrern unmöglich machen ihrer Arbeit nachzugehen und Geld für sich und ihre Familien zu verdienen. Als ob nichts wäre.

7. Versuche des Sicherheitsapparats auf ihre Weise gegen die Fernfahrer vorzugehen haben an der Situation nichts geändert. Die Streikenden sind in einem klassischen Netzwerk organisiert, ohne Anführer bei gleichzeitiger Austauschbarkeit einzelner Koordinatoren, sie stehen dauernd im Kontakt und sie verbinden einheitliche Forderungen an den Staat. Kümmerliche Versuche Andrej Bazhutin oder Rustam Mallomagomedow außer Gefecht zu setzen scheiterten. Sie sind weder Nawalnyj noch Maltsew, sondern lediglich Sprecher der Streikenden. Nicht mehr. Einschüchterungsversuche gegenüber der Fernfahrer in Dagestan mit bewaffneten Einheiten der Nationalgarde, Panzern, Hubschraubern und Panzerwagen führten zu nichts. Die Staatsmacht fürchtet sich vor einem Blutvergießen in Dagestan. Ein dritter Kaukasuskrieg käme ihr zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht gelegen.

8. Die Staatsführung nimmt eine abwartende Haltung ein nach dem Prinzip "alles löst sich irgendwie von selbst in Luft auf". Im Fernsehen ist keine Rede von den Fernfahrern, sei's drum. Als ob es keine Probleme gäbe.

9. Die Taktik der Streikenden besteht derzeit darin, dass die Regionen versuchen diverse Aktionen durchzuführen wie Autokolonnen u.ä., Einfluss auf die lokalen Staatsvertreter zu nehmen, damit diese wiederum Druck auf Medwedjew ausüben, mit dem Ziel eines Treffens mit den Fernfahrern. Allerdings meinen Beobachter, dass nur eine Aktion in Moskau von den Medien wahrgenommen wird und den gewünschten Effekt erzielt.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 12:40:45 Mo. 17.April 2017
Ruslan Akajew, politischer Berater des Informations- und Presseministers der südrussischen Republik Dagestan, äußerte sich auf Facebook dazu folgendermaßen:
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.homepage.eu%2Fuserdaten%2F0100213%2F200%2Fbilder%2Fhp-neu%2Fc8uh_dlxkaacssn.jpg&hash=4f47b9be4f28c503438c304b6824a3ca9aadde07)
"Warum lasst ihr unschuldige Personen leiden? Ihr seid keine Männer! Ihr seid Tiere! Könnt ihr nicht auf eine andere Art und Weise demonstrieren? Ich bin kein Befürworter von Platon, aber euer Verhalten ist wesentlich schlimmer! Nationalgarde! Schlachtet diese verrückten Lkw-Fahrer ab! Verwandelt sie in Staub! Konfisziert ihre Fahrzeuge! Zerschlagt ihnen ihre dreisten Gesichter! Beschützt die Menschen! Bitte!"
(Übersetzung aus dem Russischen)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 20:34:43 Di. 18.April 2017
ZitatRussland: Trucker Protest weitet sich auf Moskau aus

Trucker aus der Stadt Moskau und Umland haben sich den Platon-Trucker-Protesten gegen neue Straßensteuern angeschlossen, berichtete die BBC am 18. April. Diese Demonstrationen, die Straßenblockaden und andere Aktionen beinhalten, finden nun in unterschiedlichem Ausmaß in 80 Regionen statt quer durchs Land statt. In Moskau haben die Trucker die Pläne, den Autobahnverkehr entlang der Ringstraßen der Stadt zu stören. Bereits 29 Lkws versuchten, die Ringstraße zu blockieren und wurden von Polizei- und Militärfahrzeugen eingeksselt. Im Jahr 2015 führte die Regierung die staatliche Kfz-Steuer ,,Platon" ein, ein Kürzel für das elektronische Mautsystem. Daran entzündeten sich die Trucker Proteste im Jahr 2015 und Anfang 2016, verzögerten die vollständige Umsetzung der Mauteinführung und neue Proteste brachen im März dieses Jahres aus, vor einem geplanten 25 Prozent Ehöhung der Steuer. Der Kreml hat den Medien eine Sperre der Berichterstattung über die Streiks auferlegt. Die Trucker behaupten, dass 600.000 von ihnen ihren Job verlieren werden, wenn die Straßensteuer umgesetzt wird. Der Kreml hat die begründete Befürchtung, dass ein Protest über eine Frage schnell zu Kritik an anderen Themen führen kann.
Von mir aus dem Englischen übersetzt.
https://www.stratfor.com/situation-report/russia-trucker-protests-spread-moscow (https://www.stratfor.com/situation-report/russia-trucker-protests-spread-moscow)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 12:27:30 Mi. 19.April 2017
Ich hab mich nochmal ans Übersetzen gemacht:

ZitatTruckerstreik bringt die Menschen gegen den Kreml auf

Die Fernfahrer Rußlands haben am 27. März eine Arbeitsniederlegung begonnen. Ihr Ziel ist es, die russische Regierung zu zwingen, die Straßensteuer (Platon) zurückzunehmen, die ihre Meinung nach ihre Existenzgrundlage bedroht. Die Kfz-Steuer von 1,53 Rubel pro Kilometer (wurde am 15. April angehoben auf 1.93 Rubel) wurde im November 2015 auf LKW im Fernverkehr als Quelle neuer Staatseinnahmen erhoben. Theoretisch werden die zusätzlichen Einnahmen für die Verbesserung der Bundesstraßen ausgegeben, aber die Trucker glauben, dass sie in den Taschen des Kremls verschwinden werden. Zum Zeitpunkt der Einführung im Jahr 2015 störten Konvois der Trucker den russischen Straßenverkehr. Sie forderten den Rücktritt von Premierminister Medwedew und protestierten dagegen, dass die neue Steuer von den Putinnahen Rotenberg-Oligarchen eingetrieben werden sollte (mit einer 20% Provision).

Die Ablehnung der Fernfahrer gegen die Platon-Steuer ist hochgekocht, als die Polizei ihren Streik am Rande von Moskau angegriffen hat. Eine geplante Verdoppelung des Platonsteuer am 15. April verstärkte den Truckerprotest. (Moskau hatte auf die Prognose von 23 Milliarden Rubel neuer Einnahmen für sein angespanntes Budget gebaut). Medwedews Zug, am 24. März die Trucker mit einer moderateren 25% -Erhöhung zu besänftigen, scheiterte an dem Streik. Soweit die Streikenden betroffen sind, haben die 1,53 Rubel Steuer bereits ihre operativen Margen auf Null oder auf den Negativbereich reduziert.

Wie von dem erfahrenen Kreml-Beobachter Paul Goble bemerkt wurde, hat der Kreml einen medialen Berichterstattungsbann verhängt, was zu einer landesweiten Sache geworden ist, die 80 Republiken betrifft. Der Truckerstreik bedroht Russlands wacklige Konjunkturerholung und wird voraussichtlich die Verbraucherpreise steigern.

Im November 2015 haben die westlichen Medien den ersten landesweiten Arbeitskampf in einer Schlüsselbranche der russischen Wirtschaft weitgehend ignoriert. Die Putin-Administration ist perplex. Anders als die eintägigen landesweiten politischen Demonstrationen vom 26. März, ist der Trucker-Streik (der einen Tag später begann) eine langsame Blutung für den Kreml, die er nicht stoppen kann. Dem Truckerstreik fehlt eine zentrale Organisation oder ein Führer, der verhaftet werden könnte (wie Aleksei Navalny im politischen Streik). Es ist kein politisches Handeln, und es scheint von einer sympathisierenden lokalen Bevölkerung unterstützt zu werden. Die Streikenden stellen so peinliche Fragen, wie die Straßensteuern erhoben und ausgegeben werden. Es gibt keine Demonstrationen, nur Trucker in ihren großen Fahrzeugen, die sich auf den Straßen sammeln oder auf Parkplätzen, gesittet mit Barbecue und unter Vermeidung von betrunkenem Verhalten. Die Polizei und die Spezialeinheit OMON stehen dem hilflos gegenüber. Es gibt keine Führer zu verhaften und kein unordentliches Verhalten zu bestrafen.

Die Streikenden behaupten, dass sie keinen wirtschaftlichen Druck haben, ihren Streik zu beenden. Mit dem neuen Steuersatz vom 15. April rechnen sie vor, dass sie Geld verlieren, indem sie weiterarbeiteten. In der Folge haben sie nichts zu verlieren, wenn sie ihren Streik fortsetzen.

Obwohl die russischen Mainstreammedien den Platon-Streik weitgehend ignorieren, führen die wenigen verbleibenden freien Nachrichtenportale detailliert Bericht über den Streik. Die Novaya Gazeta veröffentlicht derzeit Berichte über die Streikenden aus Wolgograd, Saratow, St. Petersburg, Murmansk, Kurgan, Jekaterinburg und Moskau.

Die Platonstreikenden haben ein Ziel - die Beseitigung der Steuer. Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass das Stoppen der Arbeit ihre einzige Waffe ist. In einer normalen Gesellschaft könnten sie eine Gewerkschaft bilden, um ihre Interessen zu vertreten, aber das Putin-Regime hat mit den Beschränkungen des sozialen Verhaltens die Gesellschaft zerstört.

Der Platon-Streik ist eine bedeutende Schlacht des Willens zwischen dem Kreml und der Arbeiterklasse Russlands. Der Fernfahrer-Streik bietet ein Modell, wie man das "Monster" des politischen Putin-Systems bekämpft, das sonst den gewöhnlichen Russen lehrt, dass es nutzlos ist zu kämpfen. Wenn der Kreml einknickt und die Steuer zurückzieht, kann das russische Volk sehen, dass Widerstand funktionieren kann.

Putin hat politischen Widerstand durch Repression, möglicherweise Mord, Auschlüssen und der Kontrolle von Wahlkommissionen, niedergeschlagen. Putins Umfragewerte sind weiterhin hoch, aber die Leute haben zunehmend das korrupte System, das er geschaffen hat, satt. Der Abstand von einen Tag von landesweiten politischen Demonstrationen gegen Korruption und dem landesweiten Streik von Fernfahrern könnte ein Vorbote einer Verschmelzung von schwachen liberalen Kräften mit starken Volkskräften bedeuten,  als Bedrohung für das Putin-Regime. Mit seinen militärischen Verpflichtungen hat Putin in die Taschen der einfachen Arbeiter und Rentner gegriffen, um seine Auslandseinsätze zu bezahlen, und die Anti-Platon-Bewegung ist ein Ergebnis.
aus: https://www.forbes.com/sites/paulroderickgregory/2017/04/18/truckers-strike-pits-the-people-against-the-kremlin/2/#6b18c91b3873 (https://www.forbes.com/sites/paulroderickgregory/2017/04/18/truckers-strike-pits-the-people-against-the-kremlin/2/#6b18c91b3873)


Eine Einschätzung des US Amerikanischen Wirtschaftsmagazins Forbes.
Es erkennt die politische Brisanz dieses Streiks und bemerkt, daß der Westen dem Streik vor einem Jahr zu wenig Beachtung geschenkt hat. Man träumt davon, daß so Putin gestürzt werden könne, so wie damals die Regierung Polens durch den Streik der Solidarnosc.
Und es wird durch die Blume darauf hingewiesen, daß der Stellvertreterkrieg in Syrien so doch Erfolg zeigt und zur innenpolitischen Schwächung Putins führt.

Deutsche Linke scheinen wenig Interesse an solchen Arbeitskämpfen zu haben. Die Veranstaltungen mit den Initiatoren des Streiks, die an linken Treffpunkten stattfanden, waren sehr schlecht besucht. In der Jungen Welt, im Neuen Deutschland oder anderen linken Publikationen ist kaum etwas zu diesem Streik zu finden.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 09:03:36 Do. 20.April 2017
ZitatRusslands Trucker gegen »Platon«
Nicht nur das neue Mautsystem bringt vor allem Kleinunternehmer in Schwierigkeiten


(https://www.neues-deutschland.de/img/o/153217)
Russische Trucker hatten sich auf einem Parkplatz im Moskauer Vorort Chimki schon im Dezember 2015 gegen die Maut in Stellung gebracht.


Der Kilometerpreis des russischen Mautsystems »Platon« für Schwerlaster stieg am 15. April planmäßig. An jenem Tag wollten Lkw-Fahrer ihren Protest dagegen mit einer Autokolonne von einem Streikposten am Stadtrand von St. Petersburg in die Innenstadt tragen. Doch die Polizei hinderte sie daran und nahm mehrere Personen fest.

Eigentlich sollte ein Gerichtsverfahren folgen, aber weder gibt es bislang einen Termin, noch eine klare Anschuldigung. Nicht einmal ein Gesetzesverstoß liegt vor. An derlei Schikanen haben sich die landesweit gut vernetzten Fahrer längst gewöhnt. Innerhalb der vergangenen drei Wochen wurden aus fadenscheinigen Gründen in über 250 Fällen Bußgelder oder mehrtätige Haftstrafen verhängt

Seit dem 27. März 2017 befinden sich russische Lkw-Fahrer in einem unbefristeten Streik gegen das Mautsystem »Platon«. Sie wollen erreichen, dass sich die Regierung mit ihnen an den Verhandlungstisch setzt, um gemeinsam über eine Lösung zahlreicher Probleme in der Logistikbranche zu sprechen.

Das Ende 2015 eingeführte »Platon«-System ist nur die Spitze des Eisbergs. Bereits vor der Einführung der Mautgebühr sank die Rentabilität bei Kleinspediteuren infolge der Wirtschaftskrise und der Sanktionen gegen Russland und auch der sogenannten Gegensanktionen. Gleichzeitig steigen diverse Abgaben wie die unlängst angehobene Benzinsteuer. Großspeditionen profitieren von den Problemen der ressourcenschwachen Konkurrenz. Sie konnten ihren Marktanteil im vergangenen Jahr von 30 auf etwa 40 Prozent ausbauen.

Nach Einschätzung der Vereinigung russischer Transportunternehmer OPR, die maßgeblich hinter dem Streik steht, liegt die Beteiligungsquote derzeit bei 40 Prozent. An der Spitze liegt Dagestan, wo sich bis auf eine kleine Minderheit alle Fahrer dem Arbeitskampf angeschlossen haben; es folgen Tschetschenien und die kleineren Kaukasusrepubliken.

Zum einen stehen sie ökonomisch schlechter da, zum anderen fördern die lokalen gesellschaftlichen Strukturen ein geschlossenes Vorgehen. Wer die Region mit einem beladenen Lkw verlassen will, erhält Polizeischutz. Zwar haben sich die Streikenden im Voraus auf friedliche Protestformen geeinigt, aber wer aus ihren Reihen ausbricht, muss sich deutliche Worte der Kollegen gefallen lassen.

Nicht überall ist der Protest sichtbar. Um keinen Konflikt mit der Polizei zu riskieren, bleiben die Trucks oft auf ihren Stellplätzen. In Dagestan kamen zur Einschüchterung der Fahrer sogar Einheiten der Nationalgarde zum Einsatz. Michail Kurbatow, einer der Koordinatoren der OPR, strahlt dennoch Optimismus aus. »Immer mehr Regionen schließen sich dem Streik an«, sagte er dem »nd«. Auch weit hinter dem Ural, insbesondere in Burjatien, liegt der Güterverkehr auf der Straße zu großen Teilen lahm. Aus 34 anderen Regionen vermeldete die Verbraucherschutzvereinigung bereits Engpässe bei der Lebensmittelversorgung.

In den Metropolen Moskau und St. Petersburg sind die Vorratsspeicher jedoch gut gefüllt, zudem verfügen große Supermarktketten über einen eigenen Fuhrpark. Nur wenige Printmedien berichten über den Streikverlauf. Das überregionale staatliche Fernsehen blendet den Protest komplett aus, während sich lokale Sender stellenweise über das faktische Nachrichtenverbot hinweg setzen.

Der Föderationsrat kündigte inzwischen eine Effektivitätsprüfung von »Platon« an, und in manchen Regionen signalisieren die Behörden Gesprächsbereitschaft mit dem Versprechen, die politische Führung in Moskau von den Ergebnissen in Kenntnis zu setzen. Doch dort dürften ausreichend Informationen vorliegen.

Bislang setzt der Kreml offenbar schlicht auf eine Hinhaltetaktik in der Erwartung, der Protest löse sich irgendwann von selbst auf. Anstatt sich dem direkten Gespräch zu stellen, entsandte Moskau Dienstag den Fernsehjournalisten und Kaukasuskenner Maksim Schewtschenko als Unterhändler nach Dagestan. Der Kampfmoral der streikenden Fahrer tut dies keinen Abbruch: sie wollen einzig und allein mit den Entscheidungsträgern aus der Regierung sprechen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1048515.russlands-trucker-gegen-platon.html (https://www.neues-deutschland.de/artikel/1048515.russlands-trucker-gegen-platon.html)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 14:44:32 Sa. 22.April 2017
(https://cdn.rt.com/deutsch/images/2017.04/article/58fa1be3c36188287f8b4638.jpg)

In den USA sieht man in der Bewegung die Chance, Putin zu stürzen. So verstehe ich die Begeisterung der Washington Post:
https://www.washingtonpost.com/world/europe/the-latest-protest-moscow-is-trying-to-ignore-thousands-of-angry-truckers/2017/04/21/13f87080-1a2d-11e7-8598-9a99da559f9e_story.html?utm_term=.6ed3ae37d9be (https://www.washingtonpost.com/world/europe/the-latest-protest-moscow-is-trying-to-ignore-thousands-of-angry-truckers/2017/04/21/13f87080-1a2d-11e7-8598-9a99da559f9e_story.html?utm_term=.6ed3ae37d9be)  

(https://abload.de/img/fuckplaton0tuzi.jpg) (http://abload.de/image.php?img=fuckplaton0tuzi.jpg)

Und überrascht hat mich, daß ausgerechnet RT Deutsch nun berichtet:
https://deutsch.rt.com/russland/49536-russland-neue-trucker-proteste-gegen-maut-korruption/ (https://deutsch.rt.com/russland/49536-russland-neue-trucker-proteste-gegen-maut-korruption/)

Und der ist nicht so übel.

ZitatAuch wenn die Fernfahrer ihr Ziel, die Abschaffung der Fernstraßen-Maut nicht erreichen sollten, so lenkt ihre Aktion die öffentliche Aufmerksamkeit auch auf andere wichtige Fragen, wie beispielsweise den Arbeitsschutz. Die streikenden Trucker fordern zudem Regelungen, die ausreichend Schlaf und Erholung garantieren. Die Verhältnisse auf russischen Parkplätzen – vor allem in der Provinz – sind oft rau. Es fehlen bewachte Parkplätze, auf denen die Fernfahrer in Ruhe schlafen können, ohne Angst um ihr Fahrzeug und Leben haben zu müssen.

Arbeitsschutzgesetze werden auch in vielen anderen Branchen, insbesondere im Dienstleistungs- und Bausektor, unterlaufen. Die Arbeitszeiten sind oft viel länger als acht Stunden. Für das Mittagessen fehlen oft Küchen. Die Aktionen der Fernfahrer erhöhen den Druck auf den Gesetzgeber, die Arbeitsbedingungen im Dienstleistungs- und Bausektor zu verbessern.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Fritz Linow am 00:31:11 So. 23.April 2017
Die Washington Post erwähnt zumindest, dass zwischen ,,Platon" und Putin Vetternwirtschaft besteht. Oder stimmt das auch nicht? Faktencheck!

Kuddel:
Zitat,,In den USA sieht man in der Bewegung die Chance, Putin zu stürzen."

Erkenne aus dem Artikel jetzt nicht so, dass in den USA endlich wieder Hoffnung besteht, den verdammten Iwan zu stürzen, bloß weil eine Zeitung über den Truckerstreik in Rußland berichtet. Schaden will die USA allemal, aber gleich stürzen? (Washington Post gehört übrigens dem Arschgesicht von Amazon, Jeff Bezos.)

Der Bericht auf RT Toitschland wirkt eher verharmlosend, so nach dem Motto: Ja es gibt Probleme, aber das kriegen wir schon in Griff, sind schließlich nur Dagestanmuselmanen, die ihre Unternehmen nicht ordnungsgemäß registriert haben.
In diesem Sinne:

,,Ende März traf sich Dmitri Medwedew mit gemäßigten Fernfahrern. Anschließend machte der Premier ein Zugeständnis."
Russland Heute, Deutsches Syndikat

Die frohe Botschaft aus Russland lautet eigentlich,  dass die Logistik die Achillesverse des Kapitalismus ist. Das ist keine neue Erkenntnis, muss aber vielleicht wieder neu gelernt werden.

Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 11:35:53 So. 23.April 2017
Meine Interpretation ist durchaus etwas gewagt.

Es fiel mir auf, daß sich ein führendes US Wirtschaftsmagazin, wie Forbes, dem Thema widmite und schrieb:
ZitatPeople Against The Kremlin
(...)The platon strike is a significant battle of wills between the Kremlin and Russia's working class (...) how to fight the "monster" of the Putin political system(...)a nationwide strike of long-haul truckers could forebode a fusion of weak liberal forces with strong popular forces that could emerge as a threat to the Putin regime.
https://www.forbes.com/sites/paulroderickgregory/2017/04/18/truckers-strike-pits-the-people-against-the-kremlin/2/#3f2c79703873 (https://www.forbes.com/sites/paulroderickgregory/2017/04/18/truckers-strike-pits-the-people-against-the-kremlin/2/#3f2c79703873)

Dann legte mit der Washingten Post eine politisch meinungsbildende Zeitung nach:
ZitatAnd although the anti-corruption protest was a one-day event, the truckers are still out there.

Russian authorities are treating this as a political challenge.
(...)"We don't need a corrupt system."
https://www.washingtonpost.com/world/europe/the-latest-protest-moscow-is-trying-to-ignore-thousands-of-angry-truckers/2017/04/21/13f87080-1a2d-11e7-8598-9a99da559f9e_story.html?utm_term=.1e8f2727898e (https://www.washingtonpost.com/world/europe/the-latest-protest-moscow-is-trying-to-ignore-thousands-of-angry-truckers/2017/04/21/13f87080-1a2d-11e7-8598-9a99da559f9e_story.html?utm_term=.1e8f2727898e)

Der Artikel hält einem "Faktencheck" stand.

Ich finde den Bericht durchaus erwähnenswert, denn US Medien interessieren sich normalerweise nicht für Arbeitskämpfe im Ausland.
Die amerikanische Herrschende Klasse erkennt aber die Brisanz und das Potential solcher Arbeitskämpfe. Sie weiß auch, daß mit einem Streik der Chilenischen Kleinspediteure 1973 der Putsch gegen das Linksbündnis Unidad Popular eingeleitet worden ist. Und sie hat nicht vergessen, daß mit dem Arbeitskampf auf der Leninwerft 1980 in Danzig eine Streikbewegung entstand, die zum Sturz der Regierung unter der Kommunistischen Partei führte und damit den Zusammenbruch des Ostblocks einleitete.

Zitat von: Fritz Linow am 00:31:11 So. 23.April 2017
Die frohe Botschaft aus Russland lautet eigentlich,  dass die Logistik die Achillesverse des Kapitalismus ist. Das ist keine neue Erkenntnis, muss aber vielleicht wieder neu gelernt werden.

Das ist der Grund, warum ich mich seit Jahren schwerpunktmäßgi mit diesem Thema beschäftige. An dieser Stelle ist das System angreifbar und verwundbar. Ich halte die Entwicklungen in der Branche für entscheidend, egal ob es nun Trucker oder Amazonbeschäftigte sind. Etwa 1200 Truckern ist es vor 3 Jahren gelungen, die kanadische Regierung in die Knie zu zwingen. Es wurden nicht nur ökonomische Ziele durchgesetzt, sondern auch eine Generalamnestie für alle Streikenden und ihre Sabottageaktionen sowie die Rücknahme der Antistreikgesetze. In Frankreich sieht die Regierung in den Truckern eine Macht, gegen die man schwer ankommen kann. Bei den Kämpfen gegen die Arbeitsreform machte die Regierung den Routiers sofort Zugeständnisse und nahm sie von der Arbeitsmarktreform aus, um sich nicht mit ihnen herumschlagen zu müssen.

In Deutschland interessiert sich die Linke nicht dafür, wo der Kapitalismus angreifbar sein könnte. Man steckt alle Energie in einen Eintagesevent und hält eine Großdemo für wichtiger als permanenten Klassenkampf.

Die Linke will nichts tu tun haben mit den fahrenden Schmuddelkindern des Proletariats. Und wenn man sich die Branche näher ansieht, ist es auch nicht gerade hoffnungsvoll, was sich da tut, bzw. nicht tut. Die kleinen Selbstorganisationen sind zerstritten untereinander. Nachdem die Gewerkschaften ihre Autortät in diesem entscheidenem Wirtschaftszweig fast vollständig verspielt haben, haben sie nun ihren Fehler erkannt. Sie bemühen sich massiv, gemeinsam mit der SPD um die Fahrer, um jeden Versuch der Selbstorganisation, pumpen Kohle hinein, schicken wichtige Funktionäre und Poltiker, lassen einen Trucker im Bundestag sprechen und Sigmar Gabriel trifft sich mit einem Sprecher einer Mini-Fahrerorganisation. Sie haben erkannt wie wichtig es ist, daß ihnen die Entwicklungen in der Branche nicht außer (ihrer) Kontrolle geraten dürfen.

Die Fahrerszene war vor 3 Jahren weitaus weiter eintwickelt. Unter DGB/Verdi/SPD Einfluß ist man wieder zurück in Vereinzelung, einer wirkungslosen Symbolpolitik, Zerstrittenheit, Rassismus und Konkurrenz gegen osteuropäische Kollegen, gefallen.

All das ist auch ein Ergebnis davon, daß seit jahrzehnten Linke sich nie mit Berufskraftfahrern zusammensetzen und in ihre Diskussion einmischen wollten. Die Situation hierzulande ist finster.

Die Selbstorganisation von (meist migrantischen) Arbeitern der Logistikbranche in Norditalien, ist hingegen sehr inspirierend:
http://de.labournet.tv/groesser-als-das-gesetz (http://de.labournet.tv/groesser-als-das-gesetz)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Rudolf Rocker am 13:22:14 So. 23.April 2017
Vieleicht haben es die Linken in Deutschland aber auch aufgegeben sich um die Trucker zu kümmern, weil sie gemerkt haben, das sie unorganisierbar sind?
Um das einordnen zu können, fehlt mir allerdings die historische Kenntnis.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 14:12:27 So. 23.April 2017
Es wird in den nächsten Jahren sicherlich keinen vernünftigen Truckerstreik in Deutschland geben.
Das ist kein Grund sie DGB/SPD oder möglicherweise den Nazis zu überlassen.

Der Versuch Paketfahrer zu organisieren, vierlief vor einigen Jahren noch schlechter, als der, die LKW Fahrer zu mobilisieren.
Aber Norditalien beweist, daß es nicht unmöglich ist.

Es ist ein nicht spezielles Problem dieser Branche.
Die Erfahrungen der letzten Zeit ließen Erwerbslose, Leiharbeiter oder Callcenterbeschäftigte als unorganisierbar erscheinen.

Wir haben eine Situation, in der diejenigen mit einem halbwegs erträglichen Job, versuchen irgendwie den Zustand zu halten, der Rest ist von der eigenen Situation so geschafft und oftmals psychisch schwer angeschlagen, daß ein gemeinsames Handeln kaum vorstellbar ist.
Wir müssen das Unmögliche versuchen.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Fritz Linow am 15:27:49 So. 23.April 2017
Aus der Zeit, als SPD und Gewerkschaften noch die Abschaffung der Lohnarbeit zum Ziel hatten, stammt das hier:

,,Um das Getriebe des Staates lahmzulegen, bedürfen wir in erster Linie der Organisation der Transportarbeiter, und diese, insbesondere die Eisenbahner, fehlen uns in der Organisation."
Carl Legien, 1906

Lange her. Da SPD und Gewerkschaften seitdem aber selber tragende Säulen der Lohnarbeit geworden sind, sind die Transportarbeiter nicht mehr so wichtig. Andererseits steht nirgendwo geschrieben, dass man sich nur auf den DGB verlassen soll.

Wenn man bedenkt, wie abhängig alles von korrekten Warenströmen ist und in welchem Widerspruch dazu die Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse der Beschäftigten stehen, dann ist das ein vedammt dünnes Eis, auf dem das ganze funktioniert.

Im Rahmen der G20-Proteste soll ja auch der Hafen (symbolisch) besetzt werden. Eigentlich eine ganz nette Idee, um zu zeigen, wo der Frosch die Locken hat, nämlich nicht in der linken Kuschelzone. Wenn daraus noch Verbindungen zu den im Hafen Beschäftigten entstehen, können vielleicht auch hier  irgendwann mal wesentlich effektivere Arbeitskämpfe geführt werden als jetzt unter der DGB-Herrschaft.

Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Rudolf Rocker am 16:30:49 So. 23.April 2017
ZitatWenn man bedenkt, wie abhängig alles von korrekten Warenströmen ist und in welchem Widerspruch dazu die Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse der Beschäftigten stehen, dann ist das ein vedammt dünnes Eis, auf dem das ganze funktioniert.
Das sieht man sehr gut an den empfindlichen Reaktionen, wenn es da mal irgendwo im Getriebe hakt. Da wird zum Beispiel mal eben die Marine eingesetzt um die Handelswege gegen eine Handvoll "Piraten" zu sichern. (Das die "Piraten" ihren vorherigen Job als Fischer aufgeben mussten, weil europäische und japanische Großfangschiffe ihnen und ihren Familien die Lebensgrundlage entzogen haben, wird in diesem Zusammenhang gerne außer acht gelassen!)

Nicht mit millitärischen Mitteln (noch nicht), aber dennoch mit massiven Hetzkampagnen geht man gegen streikende Lokfüher und Piloten vor.

Wenn man sich die Doku Kein Gott, kein Herr! - Eine kleine Geschichte der Anarchie (http://www.chefduzen.de/index.php?topic=25357.msg328086#msg328086) anschaut, bemerkt man immer wieder historische Parallelen.
Von den autoritären Kommunisten über die bürgerlichen Demokraten bis zu dem Faschisten waren sich scheinbar alle einig, das eine unabhängige Selbstorganisation der Arbeiter mit allen Mitteln verhindert werden muss!
Die radikale Verfolgung von Anarchisten und die massive Diskreditierung anarchistischer Ideen haben ihre Spuren hinterlassen.


Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 17:41:58 So. 23.April 2017
Zitat von: Fritz Linow am 15:27:49 So. 23.April 2017
Im Rahmen der G20-Proteste soll ja auch der Hafen (symbolisch) besetzt werden. Eigentlich eine ganz nette Idee, um zu zeigen, wo der Frosch die Locken hat, nämlich nicht in der linken Kuschelzone. Wenn daraus noch Verbindungen zu den im Hafen Beschäftigten entstehen, können vielleicht auch hier  irgendwann mal wesentlich effektivere Arbeitskämpfe geführt werden als jetzt unter der DGB-Herrschaft.

Ein wahrlich gute Idee.

Es gibt einige Hafenarbeiter in Hamburg, die jenseits offizieller Gewerkschaftlicher Strukturen sich austauschen und auch den Kontakt zu Jour Fixe HH halten.

In den USA gab es überaus erfolgreiche Aktionen, in denen Hafenarbeiter gemeinsam mit der Occupy Bewegung die großen Häfen stillegten.

(https://www.ecodefenseradio.org/wp-content/uploads/2016/12/49bdcdf632589b7bda519e9e1007c7f6.jpg)(https://brandtstandard.files.wordpress.com/2011/12/occupy-the-ports.jpg)

(https://i0.wp.com/sfbayview.com/wp-content/uploads/2011/12/Occupy-Oakland-General-Strike-view-from-Adeline-St.-Bridge-to-Port-of-Oakland-110211.jpg)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fresources.supplychaindigital.com%2Fstyles%2Fslider_detail%2Fs3fs%2Ftopic%2Fimage%2Farticle_im2762_Occupy_Los_Angeles_Port.jpg%3Fitok%3DFINFttNe&hash=d64ba5eaa5c540608a425d6907c0c89de8c12d46)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fimages.csmonitor.com%2Fcsmarchives%2F2011%2F12%2Foccupyports.jpg%3Falias%3Dstandard_600x400&hash=b6786424cd3f9303ac4673e1feeac1e803a8c8f5)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.msnbc.com%2Fsites%2Fmsnbc%2Ffiles%2Fnull-null06E6AA71-7EC2-96FB-6523-21D22609E64A.jpg&hash=4757a537353b5cdd09867535a18915a8b5243ddd)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fimages.csmonitor.com%2Fcsmarchives%2F2011%2F12%2F1213occupyports.jpg%3Falias%3Dstandard_900x600&hash=6f79a38514ad56f4f50e884ef368abe2e30f0298)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fimages2.dailykos.com%2Fi%2Fuser%2F123%2FOakland_bigger_march.jpg&hash=881af82d233b29e778538d56904fea4efed5704f)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fassets.nydailynews.com%2Fpolopoly_fs%2F1.990663.1323766151%21%2Fimg%2FhttpImage%2Fimage.jpg_gen%2Fderivatives%2Farticle_750%2Fmasked-occupiers.jpg&hash=a33393030da4f91d066c5c6a5b142a69cf94f8b0)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fenvirobeat.com%2Fpics2011%2FOccupyOaklandGeneralStrike_5115.jpg&hash=44947c7274895bb144b15a1fed9981ca77b891c2)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.occupy.com%2Fsites%2Fdefault%2Ffiles%2Ffield%2Fimage%2Fslider_27.jpg&hash=7ef38ff6bdefe2cec2243fc98254ac6a87397b71)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.internationalist.org%2Foaklandgeneralstrikebanner111102.jpg&hash=fdbf270a686136b248db50d998b0655437061a08)

Als die Presse unter dem Titel Dreadlocks vs. Arbeiterhelme
Occupy gegen Arbeiterinteressen ausspielen wollte, erntete sie eine gepefferte Antwort eines Zusammenschlusses der Hafentrucker verschiedener Häfen. Sie erklärten sehr genau, warum Occupy und sie als Arbeiter für die gleiche Sache kämpften.

Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Fritz Linow am 22:32:37 Di. 25.April 2017
Kuddel:
ZitatMeine Interpretation ist durchaus etwas gewagt.

Scheint korrekt zu sein. Stratfor berichtet auch:

Zitat21.04.17
Russia: Trucker Protests Intensify Despite Government Crackdowns

(...) In addition, according to rumors, some Russian regional authorities are considering hiring Chinese truckers to replace the striking Russian ones.(...)
There are concerns that the trucker protests could unite with the All-Russia protests like those staged a few weeks ago against corruption and the stagnant economy.(...)
https://www.stratfor.com/article/russia-trucker-protests-intensify-despite-government-crackdowns (https://www.stratfor.com/article/russia-trucker-protests-intensify-despite-government-crackdowns)



Strategic Forecasting, Inc (abgekürzt Stratfor) ist ein US-amerikanischer Informationsdienst, der Analysen, Berichte und Zukunftsprojektionen zur Geopolitik, zu Sicherheitsfragen und Konflikten anbietet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stratfor (https://de.wikipedia.org/wiki/Stratfor)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 13:24:36 Mi. 26.April 2017
ZitatTrucker rüsten zum 1. Mai
Streikführer Andrej Baschutin kündigt verschärften Protest gegen neue russische Maut an
»Nein zur räuberischen Abgabe« bleibt die Losung der Petersburger Fernfahrer.

(https://www.neues-deutschland.de/img/o/153551)

Die OPR hatte zu einem landesweiten Truckerstreik gegen das Mautsystem »Platon« aufgerufen. Sind sie ihrem Ziel in den seither vergangenen vier Wochen näher gekommen?

Es gibt zunehmend Reaktionen auf unseren Streik. In vielen Regionen erklären sich lokale Staatsvertreter zu Gesprächen bereit - sie haben jedoch keinerlei Entscheidungsbefugnisse. Die Regierung hat sich durch ihre demonstrative Zurückhaltung selbst in die Ecke manövriert und simuliert nun diverse Aktivitäten über einflusslose Mittelsmänner. Die wollen uns beispielsweise zu einem runden Tisch mit Industriellen und Unternehmern zum Thema Lenk- und Ruhezeiten einladen. Dabei bleibt deren Interesse völlig unklar.
Da das Neue deutschland den artikel hiner eine Paywall versteckt, hier der Link zu einem PDF des Artikels: https://www.pressreader.com/germany/neues-deutschland/20170426/281711204537546 (https://www.pressreader.com/germany/neues-deutschland/20170426/281711204537546)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: BGS am 15:47:34 Mi. 26.April 2017
Besten Dank fuers Einstellen der PDF. Aus dem Artikel

Zitat
...gezielt gestreute Desinformation, die die Streikmoral untergraben sollen... .

... Inzwischen schlossen sich sogar neue Regionen unserem Streik an. ...

... Wagen von Streikbrechern wurden in Brand gesett. ...

... LKW mit Fracht auf den Strassen sind jetzt alle voellig ueberladen. ...

... uns ist klar, dass nur ein gemeinsames Vorgehen zzum Ziel fuehrt. ...

... Wir werden den Protest forcieren... .

... Uns ist wichtig, dass die Leute auf die Strasse gehen... .

... Mit den Demonstrationen zum 1. Mai werden wir auf unsere Forderungen aufmerksam machen und planen weitere Aktionen.


Quelle> https://www.pressreader.com/germany/neues-deutschland/20170426/281711204537546 (https://www.pressreader.com/germany/neues-deutschland/20170426/281711204537546)

Vorbildlich.

MfG

BGS
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 19:28:39 Mi. 26.April 2017
http://youtu.be/hBTZfKEUgoo (http://youtu.be/hBTZfKEUgoo)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Fritz Linow am 19:47:14 So. 30.April 2017
ZitatDagestan: Hohe Maut-Gebühren für Lastwagenfahrer – Kleinunternehmer im Streik

Für diese Männer aus dem dagestanischen Dorf Gubden geht es heute um viel: Sie alle verdienen ihr Geld als Fernfahrer, als Mechaniker, manche sind Anteilseigner eines Schwerlasters. Seit fast einem Monat streiken sie schon, in den Familien wird das Geld knapp. "Einige von euch wollen wieder fahren. Sie haben genug von diesem Streik. Wir müssen also jetzt entscheiden: Streiken wir weiter oder fahren wir wieder?", wird gefragt. Schnell beginnen hitzige Debatten. Alle sind sich einig: Die Lkw-Maut von gut 30 Euro pro Tausend Kilometer halbiert ihren ohnehin kargen Monatsverdienste fast und gehört abgeschafft – aber die Politiker hier und in Moskau wollen nicht mit ihnen verhandeln. Die Maut werde für den Straßenbau gebraucht. "Die betrügen doch", sagt Achmet, "wir glauben denen nichts. Auf alles erheben sie Steuern, auf den Verkehr, die Häuser, alles. Bald wohl auch auf die Atemluft."
(...)
http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/Dagestan-Maut-Streik-100.html (http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/Dagestan-Maut-Streik-100.html)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 18:21:23 Mo. 22.Mai 2017
Es hatte die Arbeitsgruppe des Präsidiums der Russischen Föderation für die Entwicklung der Zivilgesellschaft und Menschenrechte (HRC) ein Treffen der Streikenden mit Vertretern der Exekutive organisiert. Das Treffen wurde für den 22.5. angesetzt. Als es kurzfristig abgesagt wurde, erklärten die Streikenden ihren Protest zu intensivieren.

(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fopr.com.ru.images.1c-bitrix-cdn.ru%2Fupload%2Fiblock%2F744%2F74413c04fa7e3d162642b31c692721f7.jpg%3F149531224321772&hash=87fbe44a7a212f42b8fa0011f72e9e4236d44a9f)

In wenigen Tagen sind es 2 Monate seit dem die LKW Fahrer in Rußland in den Streik getreten sind.
Es ist unglaublich, wie ausgeprägt das Desinteresse der westlichen Medien an dem landesweiten Arbeitskampf ist.
Da der Streik ohne Streikgeld geführt wird, hat die Not einige Fahrer zum Abbruch der Arbeitsniederlegung gezwungen.
Doch die russische Regierung scheint nicht davon überzeugt zu sein, den Arbeitskampf einfach aushungern zu können.
Gestern, am 21.5. versuchte sie mit massiven Repressionsmaßnahmen gegen die Streikenden vorzugehen.

In Khimki im Norden Moskaus liegt ein bedeutendes Streikcamp, das bereits in den Arbeitskampf im letzten Jahr eine zentrale Rolle spielte. Die Polizei verhaftet am Sonntag dort mehr als 10 Lkw streikende Fahrer.


Unter den Inhaftierten sind Mitglieder der Fahrerorganisation OPR: Andrej Bazhutin, Sergei Vladimirov, Daim Imerhanov, Yuri Bukanov, Valery Saprykin, Maxim Arzhanykh, Aleksey Borisov, Sergey Ponezha, Sergei Rudametkin, Igor Sharapov, Igor Finkovsky (Blogger).

Alle Gefangenen wurden auf das 1. Revier in Khimki gebracht. Ihnen wurde vorgeworfen, polizeilichen Anordungen mißachtet und eine ungehmigte Demonstration organisiert zu haben.




(https://abload.de/img/35c3f266b2b9808eb971fqutg.jpeg) (http://abload.de/image.php?img=35c3f266b2b9808eb971fqutg.jpeg)

Schweres Gerät zum Abtransport der Fahrzeuge:

(https://abload.de/img/0076a9dcde212a7e37ea12uvq.jpeg) (http://abload.de/image.php?img=0076a9dcde212a7e37ea12uvq.jpeg)

Heute findet ein Anhörung beim Gericht in Khimki statt. Die Situation ist weitgehend ungeklärt, die Behörden verweigerten bisher eine Auskunft.


Da bei der Protestaktion heute in Moskau auch Fahrer aus Dagistan verhaftet worden sind, berichtete das Fernsehen in Dagistan.

! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=bDyqdkXzlLM#)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 13:35:35 Fr. 02.Juni 2017
ZitatElsewhere, Russia's truckers continue to strike against Platon, the government-backed electronic toll system. In Khimki, outside of Moscow, 12 truck drivers were detained on Sunday and fined 104,000 roubles (£1,4500). And on Friday, National Guard troops armed with automatic rifles detained 23 truck drivers 50km outside of Moscow, dragging several of them from their trucks. During the detention, police officers removed truckers' placards and hung them on their vehicles, thus fabricating an unsanctioned demonstration for the camera. Two of the detainees were women (one of them - pregnant), and they were kept in the local police station for more than 24 hours without being charged. After an intervention by rights defenders, the women were released with an obligation to appear before a judge at a later date.
https://www.opendemocracy.net/od-russia/ovd-info/second-prison-sentence-for-anti-corruption-protester-in-russia (https://www.opendemocracy.net/od-russia/ovd-info/second-prison-sentence-for-anti-corruption-protester-in-russia)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 12:14:12 Do. 08.Juni 2017
Ein Streik ohne Streikgeld ist nicht leicht zu führen.
Ein Großteil der Streikenden hat es nicht auf Dauer durchgehalten und ist an die Arbeit zurückgekehrt.
Doch der Streik geht auch im 3. Monat weiter.

Daß dies der Wirtschaft und der russischen Regierung nicht egal ist, sieht man an den rabiaten Methoden, mit denen man gegen die Streikenden vorgeht. Man fährt mit schweren Baufahrzeugen bei den Streikcamps auf und zieht um sie tiefe Gräben, um ein Fortfahren der LKW (Beteiligung an Konvois und Protestkundgebungen) zu verhindern. Alternativ werden auch die Ausfahrten mit schweren Betonklötzen blockiert.

Es wurde nun auch der LKW eines Streikaktivisten abgefackelt.
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fopr.com.ru%2Fupload%2Fiblock%2F1d8%2F1d8b445a8e90c2a81a90348a7a12bdc1.jpg&hash=14f8c890e94a86c08a5a4ad518435218558e4da2)


Und wie geht man mit der Situation in Deutschland um?

Viele Fahrer wollen von Kollegen aus dem östlichen Ausland nichts hören. Die französichen Fahrer bewundert man für ihre Streiklust und Militanz. Doch aus dem Osten kommen nur böse Konkurrenten, die unsere Arbeitsbedingungen kaputtmachen und uns die Arbeit wegnehmen.

Die Organisatoren des Streiks in Rußland haben sich einige Tage vor Streikbeginn mit hohen Verdifunktionären in Berlin getroffen.
Von ihnen kam nach einem mehr als zweimonatigen Streik und der mehrfachen Inhaftierung der Streikführung nicht einmal ein popeliger Solidaritätsbrief, ein  Unterstützungsappell an die deutschen Fahrer oder nur eine Berichterstattung in den eigenen Publikationen. Nichts.

Die deutsche bürgerliche Presse berichtet nur über Proteste in Rußland, wenn sie aus neoliberaler oder rechtsradikaler Ecke organisert worden sind. Da ist selbst ein Miniprotest eine Meldung wird.

Und die linke Presse in Deutschland? Eine Journalistin schrieb gerade aus Moskau:
Zitatich halte das nd regelmäßg auf dem Laufenden, aber bislang wollten sie keine weiteren Artikel von mir. Auch der Jungle nicht. Die junge welt wird sich mit mir sicherlich nicht in Verbindung setzen.

Nein, Internationalismus und Klassenkampf, das interessiert die linke Presse in Deutschland nicht mehr.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Rudolf Rocker am 13:07:01 Do. 08.Juni 2017
ZitatDie junge welt wird sich mit mir sicherlich nicht in Verbindung setzen.
Nee, die sind Pro- Putin!
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 17:55:39 Fr. 16.Juni 2017
ZitatEin Trucker für den Kreml

Streikführer Andrej Baschutin kandidiert bei Russlands Präsidentschaftswahl 2018


(https://www.neues-deutschland.de/img/o/156517)
Andrei Baschutin während der Streiks in Moskau
Foto: AP/Alexander Zemlianichenko

Mit dabei sein will beim Wettlauf um den Kreml im kommenden Jahr Andrej Baschutin, Vorsitzender der Vereinigung russischer Transportunternehmer OPR. Vor wenigen Tagen trafen sich deren Vertreter aus unterschiedlichen Regionen zu Beratungen, als deren Ergebnis sie Baschutin als Kandidaten für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen aufstellten. Am Mittwoch trat er erstmals in seiner neuen Eigenschaft an die Öffentlichkeit.

»Wir sehen in ihm ein ernstzunehmendes Potenzial«, begründet Maria Pasuchina, Koordinatorin der OPR, stellvertretend für deren Mitglieder die Entscheidung. In den vergangenen anderthalb Jahren hat die Organisation in über der Hälfte der russischen Regionen als Interessenvertretung im Logistikbereich ausreichend Erfahrungen gesammelt. Jetzt ist es an der Zeit, die politische Bühne zu betreten. Ein Programm liegt noch nicht vor, soll aber gemeinsam erarbeitet werden.

Baschutin konstatierte vor Journalisten, Russland habe wirtschaftlichen Aufholbedarf und kritisierte den Zusammenbruch des Sozialstaats und des Gesundheitswesens. In seinem ersten kurzen Statement nannte er wenige Kernpunkte. »Ich will mich vor allem für mittlere und Kleinunternehmen einsetzen, für die Stimulierung der Produktion und Entwicklung der Infrastruktur«, sagt Baschutin. Überhöhte Abgaben sollen reduziert werden, so auch Rücklagen für Häusersanierungen, die gar nicht vollständig zum Tragen kommen. Priorität müssten eine Reihe von Grundrechten besitzen, wie das Recht auf Wohnraum, Freiheiten zur Ausübung unternehmerischer Tätigkeiten und eine soziale Grundversorgung. Polizei und Gerichtsbarkeit sollen die Rechte der Bürger verteidigen. »Derzeit beobachten wir die Umkehrung davon, nämlich die Verfolgung jener, die sich für die Einhaltung ihrer Rechte einsetzen«, klagte er.

Das haben viele der über 10 000 Mitglieder der OPR schon häufig am eigenen Leib erfahren. Seit dem 27. März befinden sich die Trucker im Streik gegen eine Mautgebühr für LKW und für eine Reformierung der gesetzlichen Grundlagen der Logistikbranche. Nach über einem Monat signalisierte die Regierung endlich Gesprächsbereitschaft, nur um die Streikenden schließlich kaltschnäuzig abzuweisen. Am Stadtrand von Moskau haben sie mehrere Protestlager errichtet, die nun als mobiler Wahlstab fungieren sollen. Für die praktische Umsetzung werden die Trucker kämpfen müssen, denn schon jetzt sehen sie sich täglich behördlicher und polizeilicher Schikanen bis zu Festnahmen ausgesetzt.

Nach den am 12. Juni erneut aufgeflammten Antikorruptionsprotesten, bescheinigte mancher Beobachter den Bürgerprotesten, die sich von der Politik distanzieren, ein vorläufiges Ende. In Russland hat der Wahlkampf begonnen. Der Oppositionelle Alexej Navalny, der schon vor geraumer Zeit Anspruch auf das Präsidentenamt angemeldet hatte, rief zu den jüngsten Aktionen auf. Aber er orientiert sich im Unterschied zur OPR nicht an den Belangen der zahlreichen sozialen Bewegungen.

Die OPR will sich für diese Gruppe einsetzen. Auf die streikenden Trucker kommen schon jetzt viele zu, die sich staatlicher Willkür ausgesetzt sehen - ob Landwirte, Wissenschaftler oder Menschen, die sich gegen überhöhte Zinsen wehren. Baschutin geht nun zum Angriff über. »Mutig, frech und vorwärts«, lautet seine Devise.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1054174.ein-trucker-fuer-den-kreml.html (https://www.neues-deutschland.de/artikel/1054174.ein-trucker-fuer-den-kreml.html)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 14:58:42 So. 18.Juni 2017
Vielleicht sind es nur Randerscheinungen, aber ich finde sie spannend.
Bei diesem Streikmarathon lernen die aktiven Fahrer diverse Dinge, mit denen sie nie zuvor zu tun hatten.
Der Aufbau und Betrieb einer dauernd aktualisierten Wegseite. Der Umgang mit sozialen Medien unter staatlicher Repression. Sie fanden stets Möglichkeiten die Sperren der Kommunikationswege zu umgehen.

Und seit einiger Zeit gibt es eine videokünstlerische Aufbereitung ihrer Streikerfahrungen.
Hier zwei Beispiele. Auch ohne Russisch zu verstehen, bekommt man eine Ahnung, worum es geht.
sicherlich recht pathetisch, aber ich mag mir sowas gern ansehen...

! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=dM9HPDV1XVY#)
! No longer available (http://www.youtube.com/watch?v=s5bq2khqIUI#)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 08:32:22 Mo. 18.Dezember 2017
ZitatTrucker in Russland
Steine auf dem Weg

Streik der Trucker in Russland und Probleme für ihren Präsidentschaftskandidaten


(https://abload.de/img/168401v7uw8.jpg) (http://abload.de/image.php?img=168401v7uw8.jpg)

Für den 15. Dezember hatte die Vereinigung russischer Transportunternehmer (OPR) einen landesweiten Warnstreik angekündigt, am Freitag zogen die Streikposten auf. Anders als im vergangenen März, als die bislang größte Aktion der OPR angelaufen war, gilt dieses Mal ein zeitliches Limit von zehn Tagen. Danach stehen die Neujahrsfeiertage an.

Dass dennoch jetzt gestreikt wird, hat gleich mehrere Gründe. Zum einen kündigte die Regierung unlängst verschärfende Maßnahmen bei Nichtzahlung von Mautgebühren für Lkw ab zwölf Tonnen an. Zum anderen begann Mitte Dezember die aktive Vorlaufphase der Präsidentschaftswahlen, die für den 18. März 2018 anstehen.

Russische Trucker haben in den vergangenen zwei Jahren mehrfach unter Beweis gestellt, dass mit ihnen gerechnet werden muss. Nach Einführung eines Mautsystems mit dem poetischen Namen »Platon« im Herbst 2015 sorgten sie mit lang anhaltenden Protesten erstmals für Schlagzeilen. Eines der Resultate war die Gründung der OPR, um koordiniert vorgehen zu können. Es gelang ihnen zu erreichen, dass die ursprüngliche pro Kilometer angesetzte Summe gekürzt und später in einem geringeren Umfang als geplant angesetzt wurde. Derzeit liegt sie bei drei Cent.

Das mag wenig erscheinen, doch angesichts der zahlreichen Abgaben und Steuern plus Wartungskosten für meist schon etwas ältere Lkw steigt die finanzielle Belastung für Kleinunternehmer und Selbstständige. Langfristig bedeutet dies eine Verdrängung vom Markt und führt zur Monopolisierung des Logistikbereichs durch wettbewerbsfähige Großspeditionen. Dazu zählt beispielsweise das Unternehmen »Delowyje linii« der Vorsitzenden des Föderationsrates, Walentina Matwijenko.

Im Oktober brachte die Regierung ein Gesetzesprojekt ein, das den Strafrahmen für Platon von 70 auf knapp 300 Euro drastisch erhöht. Außerdem soll die Verjährungsfrist von drei auf sechs Monate hochgesetzt werden. Längst nicht alle Fahrer zahlen bislang den vollen Beitrag. Wer die Strecken kennt, schaltet den Zähler, wofern vorhanden, erst wenige Kilometer vor den Messständen ein. Doch vor scharfen Kontrollen ist niemand gefeit. Ob sich die Maut hingegen ökonomisch rechnet, wo die Regierung nicht einmal genaue Zahlen vorlegen kann, wie viele Lkw als kommerzielle Dienstleister auf den Straßen unterwegs sind, ist fraglich. »Wir wollen unsere Position hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit dieses Verfahrens öffentlich machen«, sagte Maria Pasuchina, Koordinatorin der OPR aus Murmansk, dem nd. »Und es soll uns dieses Mal niemand nachsagen, dass wir nicht schon vor den anstehenden Neuerungen laut protestiert haben.«

Als Teil der Kampagne plante die OPR, ihren Vorsitzenden, Andrej Baschutin, als Präsidentschaftskandidaten aufzustellen. Zumal es der OPR um eine gesamte Reform der Logistikbranche geht. Doch die Behörden legen den Truckern zahlreiche Steine in den Weg. Am 1. Dezember stufte das Justizministerium die OPR als »ausländischen Agenten« ein. Formale Voraussetzung dafür war eine Geldüberweisung aus Deutschland. Laut Gesetz kann der Organisation nun die Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen verweigert werden, weshalb ein Aufruf an wohlwollende Nichtmitglieder ging, Baschutin auf einer extra einberufenen Versammlung als Kandidaten einer Bürgerkoalition zu benennen.

Noch vor Neujahr sollte das Treffen über die Bühne gehen, doch der Hauptprotagonist und ein Koordinator der OPR aus St. Petersburg, Sergej Wladimirow, wurden am 11. Dezember außerhalb der Stadt festgenommen und zu je 15 Tagen Verwaltungsarrest verurteilt. Der Vorwurf gegen sie lautete Fahren ohne Führerschein. Ein weiterer Versuch ist für Januar geplant.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1073666.trucker-in-russland-steine-auf-dem-weg.html (https://www.neues-deutschland.de/artikel/1073666.trucker-in-russland-steine-auf-dem-weg.html)
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: admin am 13:34:34 Mi. 20.Dezember 2017
Anmerkung zu den Medien in Deutschland:

Wenn der russische Nationalist und Rassist Alexej Nawalny zu Demonstrationen aufruft, gibt es in unseren Medien zahlreiche Berichte, egal wie gering die Beteiligung an den Protesten sein mag.

Bei einem bedeutenden Arbeitskampf in Rußland findet sich der einzige Bericht darüber im Neuen Deutschland.
Für die bürgerliche Presse sind kämpfende Arbeiter kein Thema, für die Junge Welt ist rußlandkritische Berichterstattung Tabu.
Titel: Re:Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 10:06:58 Fr. 19.Januar 2018
ZitatTrucker darf nicht antreten
Behörden behindern Andrej Baschutins Kandidatur


    Von Ute Weinmann 17.01.2018

Bereits im Juni bekundete die Vereinigung russischer Transportunternehmer OPR die Absicht, ihren Vorsitzenden, Andrej Baschutin, als Präsidentschaftskandidaten aufzustellen. Zwar war das Scheitern der an sich legitimen Kampagnenidee absehbar, doch das konkrete Szenario konnte und wollte sich damals noch niemand ausmalen. Diverse Behörden unternahmen noch vor Beginn der Antragsfrist zahlreiche Schritte, um es erst gar nicht zur Einreichung der notwendigen Unterlagen bei der Wahlkommission kommen zu lassen.

Anfang Dezember erfolgte der Eintrag der OPR in das Register sogenannter »ausländischer Agenten«. Allein auf dieser Grundlage wäre eine Ablehnung unumgänglich geworden, aber das Gesetz ermöglicht auch die Benennung eines Kandidaten durch eine Initiativgruppe, bei deren Versammlung nicht weniger als 500 Personen per Unterschrift ihre Zustimmung geben müssen. Um dies zu verhindern, verurteilte ein Gericht Andrej Baschutin und einen seiner Stellvertreter, Sergej Wladimirow, zunächst zu 15 Tagen Administrativhaft. Just in diesem Zeitraum fiel ein zehntägiger Warnstreik der OPR gegen das Mautsystem »Platon« und gegen den anstehenden Anstieg der Benzinpreise.

Anstatt Baschutin freizulassen, überstellte ihn die Polizei noch in der Haft wieder an ein Gericht. Er konnte zwar später aus dem Gebäude entkommen, eine Strafe gegen ihn wurde trotzdem verhängt. In diesem Fall wegen angeblicher Verstöße gegen das Demonstrationsrecht. Im gesamten Jahr 2017 erhielt er Bußgeldbescheide über 1500 Euro, verbrachte 24 Tage in Haft und verlor seine Fahrlizenz für zweieinhalb Jahre. Die OPR spricht von zielgerichteten Maßnahmen. Da in Moskau oder St. Petersburg mit Schwierigkeiten zu rechnen war, sollte die Versammlung der Initiativgruppe in Dagestan stattfinden. Noch im Frühjahr hatten die Tucker dort ihre stärkste Basis. Doch die Sicherheitsdienste hatten auch hier Vorarbeit geleistet: Nur 50 Personen erschienen.

Lichtblicke gibt es trotzdem. Während des jüngsten Streiks haben sich drei Polizeiwachen geweigert, die Streikposten in St. Petersburg aufzulösen. Ende Januar findet in Uljanowsk die nächste Mitgliederversammlung der OPR statt. Danach will sie ein Programm für ihr weiteres Vorgehen vorlegen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1076427.trucker-darf-nicht-antreten.html?sstr=ute%7Cweinmann (https://www.neues-deutschland.de/artikel/1076427.trucker-darf-nicht-antreten.html?sstr=ute%7Cweinmann)
Titel: Re: Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 13:21:10 So. 27.Januar 2019
Manchmal helfen schon Übersetzungsprogramme, um nicht von Informationen abgeschnitten zu sein, an denen unsere Medien kein Interesse zeigen:


https://www.novayagazeta.ru/articles/2019/01/26/79331-peregruz

Schnell mit

https://www.deepl.com/translator

übersetzt (*Ich habe mich nochmal länger an das Material gesetzt, Übersetzungen verschiedener Programme miteinander verglichen und daraus einen Text gebaut, der halbwegs Sinn ergibt und lesbar ist. Das hat natürlich weiterhin nichts mit einer professionellen Übersetzung zu tun.*)

Unten das Interview mit Andrei Bazhutin, er versteckt sich....


Auf dem Getreidemarkt gilt: Nur wer das Gesetz bricht, kann überleben.

In den Getreidesilos ist die Arbeit zum Erliegen gekommen - die Fahrer weigern sich, zu unrentablen Preisen zu transportieren und versuchen ihre Kollegen davon zu überzeugen, ihrem Beispiel zu folgen. Fahrer aus den Regionen Rostow, Krasnodar und Stawropol nahmen an einem Sit-In teil. Am Rande: Auch in Wolgograd, Woronesch, Saratow und Tambow,  bekundeten Getreidetransporteure ihre Absicht, ihre Kollegen zu unterstützen. Warum Getreidefahrer gegen "Überladung" sind, wurde von der Zeitung "Novaya" analysiert.

https://www.youtube.com/watch?v=OSD3ynMV3Q8
Das Video wurde von den Spediteuren geschickt. Hochgeladen von: Gleb
Limansky/ "Nowaja Gaseta".

Der Treffpunkt ist ein Automobilmarkt.


Der Protest begann spontan und gleichzeitig in mehreren Regionen, sagte Andrej Gruzdenko, einer der Organisatoren des Streiks und Mitglied der Union der landwirtschaftlichen Transporteure der "Novaya". Die Fahrer versammelten sich in Rostow, im Gebiet Stawropol - im Dorf Krasnogvardeyskoye, in Kuban - in Krasnodar, Armavir und Kropotkin. Der wichtigste Treffpunkt ist der Automobilmarkt.

"Am 20. Januar fand eine Versammlung aller solidarischen Getreidetransporeure statt", -sagte Gruzdenko. "Die Menschen versammelten sich friedlich in Gruppen und begannen zu diskutieren, wie wir unser Leben leben können."

"Wie man mit einer Situation umgeht, in der ein gesetzestreues Transportunternehmen nicht auf dem Markt existieren kann? Der Einzige, der überleben kann, ist Derjenige, der Überladung akzeptiert und das
Gesetz bricht.

Der Verband der landwirtschaftlichen Transportunternehmen ist eine Organisation, die noch nicht existiert. Sie ist noch nicht da", sagt Gruzdenko und fügt hinzu, dass die spontane Bewegung mehrere Organisatoren in mehreren Regionen hat. - Es geht um menschlich Naheliegendes und die Leute erkennen, dass man kein Krieger auf dem Feld ist.

Es gibt weder einen offiziellen Anführer des Protestes, noch gibt es einen Kommunikationskanal - Mitglieder der Bewegung koordinieren ihre Aktionen über verschiedene Kanäle.

Stanitsa Uspenskaya, Region Krasnodar

Die neu entstandene Bewegung widersetzt sich dem unlauteren Wettbewerb und den niedrigen Tarifen auf dem Transportmarkt. Ersteres bedeutet "Überladung" und damit die Reduzierung der Logistikkosten. Die Fahrer müssen dann Lasten transportieren, die um ein vielfaches schwerer sind als die Norm. Diese
Praxis hat eine Komponente der Korruption - die Spediteure geben zu, dass es möglich ist, überladene LKWs zu fahren, da das Personal der Gewichtskontrollpunkte die Augen vor Verstößen verschließt. Und sie tun es nicht umsonst.

"Wir haben eine Forderung an die Behörden: "Lassen Sie Gewichtskontrollpunkte in Ordnung bringen!", sagt Gruzdenko.  "Unsere Kontrollposten sind korrupt und es ist für sie profitabler, wenn ein Fahrzug mit 70 Tonnen ankommt, als mit 20 Tonnen nach der Norm - sie bekommen mehr Kopeken durch jede Überladung".

"Es sind sowohl Getreideexporteure als auch Getreidesilobesitzer, die daran interessiert sind, Transportkosten zu sparen, sie unterstützen den Verstoß gegen die Vorschriften stillschweigend. Wir müssen sicherstellen, dass die Terminals keine Umladung akzeptieren, sondern die gesetzlichen
Bestimmungen erfüllen, die auch für sie gelten", sagte er. "Es liegt nicht nur in der Verantwortung des Spediteurs, sondern auch derjenigen, die die Ware versenden und empfangen."

Getreidetransporteure sind nicht mehr bereit, das Spiel der Überladung mitzuspielen, das ist die Grundlage des Protestes. Die Überladung auf der Straße ist ein Risikofaktor, den die Spediteure verstehen. "Aber was ist mit Gesprächen über überlastete Straßen?", bemerkte Grusdenko. "Und wie steht es mit Sicherheit"?

"Ein 80-Tonnen-Fahrzeug auf der Straße ist so etwas wie ein Selbstmordattentäter. Ich will nicht, dass meine Familie von einem unvorsichtigen Transporteur überrollt wird."

"Wir werden keine Millionäre sein, wir müssen die Familie ernähren."


Aber das Hauptargument der Trucker ist, dass Überladung den Markt "gebrochen" hat - nur Trucker, die zustimmen, das Gesetz zu brechen und Überladung zu akzeptieren, können überleben. Der Ausweg besteht darin, sich zu einigen und einen einheitlichen Tarif für den Markt auszuarbeiten.

"Es ist unrealistisch, von den Frachtkosten zu leben, die die Kunden heute an
die Transportunternehmen zahlen", erklärt Gruzdenko. "Auf 20 km Transport liegt der Gewinn bei dreitausend Rubel. Wie soll man damit überleben?  Der einzige Ausweg ist, ohne Überladung zu fahren
und den Preis für den Kraftstoff festzusetzen. Der Treibstoffpreis stieg, die Preise stiegen."

Aktivisten fordern eine 35%ige Tariferhöhung, sagte Gruzdenko.

Laut Gruzdenko besteht das Hauptziel der Fahrer darin, die Menschen zu vereinen. "Wir haben uns entschieden, eine Fahrt mit dieser Message zu unternehmen und die Informationen zu den Spediteuren zu bringen", sagte er. Schließlich verließen die Fahrzeuge die Laderampen und die Arbeit stoppte. "Es ist ein guter Grund. Wir werden keine Millionäre, wir müssen die Familie ernähren."

"Natürlich kann ein Auftraggeber sagen, dass wir uns einmischen, aber wir begehen keine Gewalt, wir ändern nur die Meinung unserer Kollegen.",  fügt er hinzu.  "Wir wollen den Transport nicht stoppen, wir wollen verstanden werden. Letztendlich haben wir dem Auftraggeber unser Trittbrett angeboten."

Laut Gruzdenko gelang es den Aktivisten, einen Teil der Ladung im Hafen von Asow und Terminals in Taman und Noworossijsk zu stoppen, während mehr als tausend Fahrzeuge an den Protesten teilnehmen. "Alle rufen mich an, versuchen miteinander zusammenzukommen", sagt er. "Es haben sich Spediteure aus
Wolgograd, Woronesch und Saratow angeschlossen."

*" Die Stadt Morozovsk, Region Rostow
"Wir versuchen nur, die Leute zu überzeugen."

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Andrej Baschutin ist der Vorsitzende der Fahrerorganisation OPR.

(https://abload.de/img/lolekkxuje.jpg)
Hier (2. v. rechts) bei seinem Deutschlandbesuch am Rasthof "Rüssel"
Er sah sich genötigt unterzutauchen und sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen.

https://www.novayagazeta.ru/articles/2018/01/10/75102-andrey-bazhutin-im-dazhe-gortsev-udalos-zapugat

Interview
Andrei Bazhutin: "Es gelang ihnen sogar,
die Hochländer einzuschüchtern"


Dem Vorsitzenden des russischen Trasportarbeiter-Verbandes wurde in drei Fällen angeklagt
- er flüchtete und gab der Novaya Gazeta ein Interview


Gleichzeitig wurden bei verschiedenen Anlässen drei Verfahren gegen
Bashutin eingeleitet: die April-Kundgebung in St. Petersburg, der
Juni-Streik in Chimki und der Konvoi im Dezember. Der Vorsitzende
der OPR wurde von den Geheimdiensten gejagt. Am 11. Dezember
haben sie mich für 15 Tage eingesperrt. Während dieser Zeit wurde die
Nominierungssitzung von Bashutin in Dagestan unterbrochen. Am
26. Dezember ließen sie ihn nicht aus der Zelle. Sie brachten ihn erneut
zur Polizei. Am 27. Dezember gelang es Andrej, aus dem Gerichtssaal
zu fliehen, er war gezwungen, sich zu verstecken. Am 11. Januar
entscheidet das Gericht erneut über sein Schicksal. Der Korrespondent
der "Novaya" konnte mit dem Führer der Trucker sprechen, der noch
auf der Flucht ist.


Warum bist du am 11. Dezember ohne Führerschein Auto gefahren?


Mir wurden meine Rechte genommen und gefälschte Anschuldigungen
untergeschoben für Proteste gegen die WHSD  (die "Western High-Speed Diameter"
ist eine innerstädtische Mautautobahn in St. Petersburg). Aber ich habe
mich hinter das Steuer gesetzt, weil es absolut notwendig ist - das ist
erlaubt. Im Dorf Krasny Bor, nahe von St. Petersburg, fuhren ein Freund und
ich mit dem Auto meiner Frau von der Werkstatt zur Werkstatt, um es zu
reparieren. Die Frau und zwei Kinder, einschließlich des Babys, sind
krank geworden, und es gab keine Lösung ohne Auto für die große Familie.

Aber ich wurde verfolgt. Am Morgen des 11. Dezember versuchten die
Gerichtsvollzieher die Entscheidung des Moskauer Bezirksgerichts durchzusetzen,
die mir eine Geldstrafe von 30 Tausend Rubel auferlegten. Ich habe sie nicht
bezahlt, weil ich im Juni illegal in Khimki festgenommen wurde. Ich
versuche, gegen diese Geldstrafe Berufung einzulegen. Nach meiner
Verhaftung (auf der Straße, während der Fahrt ohne Führerschein -
Anmerkung der Redaktion) kamen die Gerichtsvollzieher zu meiner
Zelle und überreichten mir eine Ladung an das Gericht für den
28. Dezember.  Am Vorabend der Sitzung sagte mein Verteidiger Dinar
Idrisov zum Richter: Ist meine Anwesenheit erforderlich? Der Richter
sagte nein. Und am 28. Dezember um 7:00 Uhr kamen die Gerichtsvollzieher
zu mir nach Hause.

Wie wurdest du als nächstes behindert?

Als ich am 26. Dezember für 15 Tage untwerwegs war, brachten sie mir
einen neuen Grund mit: Sie waren im April in St. Petersburg bei der Kundgebung
dabei. Obwohl wir im Frühling erklärt haben, dass wir ohne Slogans, ohne
Poster, nur mit OPR-Symbolen abreisen würden. Aber wir wurden festgenommen.
Sie haben versucht, eine illegale Organisation der "Prozession zu unterstellen
- das funktionierte nicht. Jetzt sahen sie die Kundgebung als Konvoi. Es war nur
ein Vorwand mich in Haft zu lassen und mich zu mindestens zehn weiteren Tagen
zu verurteilen.

Die Inhaftierung von Andrei Bazhutin während des Konvois im April
war das Ergebnis einer Provokation.


(https://static.novayagazeta.ru/storage/content/pictures/12158/content_001_bajoot.jpg)
Die Inhaftierung von Andrej Baschutin während der April-Kundgebung war
das Ergebnis einer Provokation. Foto: Elena Lukyanova / "Neu in St.
Petersburg


Am 26. Dezember, um 21:45 Uhr, besuchte Idrisov mich. Er
und ich tauschten Taschen und Oberbekleidung aus, aber der Trick
funktionierte nicht - sie warteten auf uns.

Mir wurde von der Polizei ein Kleiderwechsel als Gesetzesverstoß
vorgeworfen. Darf ich mich nicht umziehen?

Inzwischen hat die Polizei selbst illegal gehandelt: Sie hat mich nicht
einmal auf die Straße gelassen, hat mich nicht eine Notiz in das
Magazin setzen lassen, das sich im Innenhof des speziellen Empfangszentrums
befindet.

Ich wurde zur 76. Polizeidienststelle gebracht. Sie
haben auf das Personal der Einheit "A" und des FSB gewartet. Sie
erlaubten mir nicht, dass ich einen Anwalt anrufe, sie wollten nicht, dass
ich ihn sehe. Wir haben ein Protokoll erstellt. Die Polizei sagte: Es gibt
Videoaufnahmen - Sie haben im Juni eine Prozession in St. Petersburg
abgehalten. Ich sagte: "Lasst uns die Tatsachen nicht ändern. Die
Kundgebung gab es, ich war da, aber ich habe sie nicht organisiert. Jeder
entschied selbst, ob er persönlich und freiwillig an dem Konvoi teilnehmen
wollte oder nicht. Den Konvoi als eine Prozession zu sehen, kann ich nicht
bestätigen.

Ich habe die Nacht des 27. Dezember in einer Polizeizelle verbracht. Ich
wurde heute Nachmittag vor Gericht gebracht. Ich bekam weder
Vorladungen, noch wurde etwas erklärt. Sie ließen mich auf dem
Weg aus der Abteilung meine Entlassungspaiere unterschreiben. Ich habe sie
korrigiert: "nicht freigelassen, sondern unter Bewachung zum Gericht
begleitet."

(https://static.novayagazeta.ru/storage/content/pictures/12112/content_2.jpg)
Foto aus dem persönlichen Archiv von Andrei Bazhutin

Wie hast du es geschafft, aus dem Gericht zu fliehen?

"Ganz einfach, obwohl ich unter verstärktem Polizeischutz stand"
In einem Verkehrspolizeiwagen und in Begleitung von zwei Verkehrspolizeiwagen
ging es zum Gericht. Dann gingen wir in den dritten Stock. Idrisov fuhr
vor. Er erinnerte die Polizei daran, dass sie die Menschenrechte verletzen.
Dann durfte ich mit einem Verteidiger um die Ecke im Flur gehen - um dort
zu reden, und dort gab es die Tür und die Treppe.

Und ich dachte: Wenn hier illegal Justiz betrieben wird, warum sollte ich
sitzen und warten, bis ich 10 oder 15 Tage lang ohne Grund wieder
weggeschlossen bin? Ich bin einfach gegangen. Ich bin nicht nach Hause
gekommen. Ich verstecke mich bis heute.

Ich habe kein Telefon. Ich weiß, dass sie nach mir suchen.

Wie lange wirst du dich jetzt noch verstecken müssen?


Zumindest bis zum 11. Januar - bis zur Gerichtsverhandlung über die
Geldstrafe für Khimki. Mal sehen, was dort entschieden wird. Wenn die Sitzung
vertagt wird, ist klar: Ich soll noch einige Zeit isoliert bleiben.

(https://static.novayagazeta.ru/storage/content/pictures/12113/content_4__1_.jpg)

Wurdest du um jeden Preis behindert, weil du plantest, als Präsident zu
kandidieren?


Nur wegen der Pläne! Wir hatten nicht wirklich auf eine Wahl gehofft. Wir
wollten es nur ausprobieren. Mache öffentliche Aussagen über dich
selbst. Wecke das Interesse der Öffentlichkeit und der Medien.
Erinnere an die bestehenden Probleme.

Der Widerstand der Behörden gegen dich wird mit dem Gegenschlag der
Behörden gegen Alexej Navalny verglichen.


Vielleicht bekommt Alexej mehr Druck von den Behörden. Er ist schon
seit langem in der Politik. Und die OPR-Mitglieder verstehen sich nicht
als Politiker.

Wir sind nur Bürger. Aber wenn wir uns nicht um die Politik kümmern,
kümmert sie sich um uns. Das passiert gerade.

-Aber sowohl unter Arrest als auch auf der Flucht haben Sie versucht,
Unterschriften zu sammeln?


Aber während der Verhaftung und auf der Flucht hast du versucht,
Unterschriften zu sammeln?


Nun sagen viele: "Bazhutin sammelte nicht, er konnte das nicht." Die
Tatsache, dass bei der Versammlung über meine Nominierung nicht in
Dagestan nicht die notwenige Stimmenzahl für mich zusammengekommen
ist, bedeutet nicht, dass die Leute mit allem zufrieden sind und nichts
ändern wollen. Ich weiß ganz genau, dass die Sicherheitsdienste in Dagestan
ganze Arbeit geleistet haben. Viele Bewohner von Bergdörfern, mit denen
wir uns vorher verabredet haben, kamen nicht. Am 2. Januar, dem Tag des
Treffens, konnten Kollegen der OPR viele Dagestanische Trucker nicht erreichen:
Die Telefone waren abgeschaltet.

Warum fand das Treffen zu deiner Nominierung
in Machatschkala statt?


Das Treffen wurde nach Machatschkala verlegt, weil es definitiv nicht möglich war,
es in Moskau oder St. Petersburg abzuhalten. In Dagestan ist es schwieriger,
Menschen einzuschüchtern. Uns wurde aber gezeigt, dass sie auch die "Highlander"
unter Druck setzen können. Unter den schwierigsten Bedingungen, ohne Geld, in
kürzester Zeit, denke ich jedoch, dass wir viel tun konnten. Neun Leute kamen, um
Putin in Tjumen zu unterstützen, und 50 Leute kamen, um mich in Dagestan zu
unterstützen. Ich sehe keine Niederlage. Wir werden weiter kämpfen.

Was ist der nächste Schritt?

Niemand hat unseren Kampf im Rahmen von Industrieaktivitäten zum Abbruch zwingen
können. 80% der beförderten LKW-Transporter gehören zur OPR. In verschiedenen
Regionen wird es Kommunalwahlen und Nachwahlen zu Bundesbehörden geben. Wir
nutzen alle Möglichkeiten, um sicherzustellen, dass unsere Mitarbeiter maximal in die
Machtstrukturen eindringen und unsere Forderungen formulieren. Wir werden nicht
dasitzen und schweigen.

Das Hauptproblem für Trucker - das System "Platon"?

,,Platon" schafft eine Bewegungseinschränkung für alle Verkehrsteilnehmer.
Nach den Präsidentschaftswahlen wird auch eine Maut für Autos hinzugefügt.
Steigende Preise für lebensnotwendige Güter und Lebensmittel hängen
von den Transportkosten ab. Und sie steigen und steigen. Und wir sind
nicht schuld - wir gehen genauso wie alle in den Laden.

Aber das ist noch nicht alles. Es gibt bereits eine Gesetzesinitiative, die privaten
Unternehmen den Besitz von Lastwagen verbietet. Und das ist das Problem.

Durch die Monopolisierung der Branche kann sie durch Kartellabsprachen
reguliert werden. Und wenn man bedenkt, dass 80% der Ladung auf der
Straße transportiert wird, ist es offensichtlich, wie negativ es sich auf uns
alle auswirken wird.

Wir sehen, was in der Wirtschaft passiert: Das Produktionsvolumen sinkt,
die Nachfrage der Verbraucher sinkt. Waren aus China und Europa werden
immer weniger importiert. Der Markt bricht zusammen. Jeder im Land
spürt es.

(https://static.novayagazeta.ru/storage/content/pictures/12115/content_3.jpg)
Foto aus dem persönlichen Archiv von Andrei Bazhutin

Wie wirkt sich das auf die Trucker aus?

Im Jahr 2015 wurden in Russland etwa eineinhalb bis zwei Millionen
Lastkraftwagen zugelassen (genaue Zahlen gibt es nicht). Zu dieser
Zeit gab es eine eindeutige Korrelation: 30% - große Speditionen,
70% - Fahrzeuge  der mittleren und kleinen Unternehmen. Und jetzt
sind es 50/50. Tatsächlich haben 20 % des Privatsektors (Kleinunternehmen)
den Markt verlassen. Und das ist nicht das Ende Fahnenstange.

Die Möglichkeiten der kleinen Unternehmen sind begrenzt, es hilft nichts.
Lastkraftwagen sind teuer, fast alle werden von privaten Spediteuren auf
Kredit und Leasing angeschafft, aber es gibt nicht genug Geld für Reparaturen,
der Zustand des Transports ist bedauernswert. Wenn Spedtieure die Branche
verlassen, ist das Maximum, was sie für ihre Wagen kriegen können, der
Schrottpreis.  Und die Darlehen und Leasingverträge bleiben bestehen. Es
wird ein weiterer sozialer Schlag sein, der nächste Schritt zum Wachstum
der Unzufriedenheit im Land - die Fahrer(Kleinspediteure) können aufhören,
Fahrer zu sein, aber sie werden weiterhin an den Protestbewegungen
teilnehmen.

Du hast  einen Führerschein für 2,5 Jahre, dein ältester Sohn Artem
für 1 Jahr. Wie und wo lebt Ihre große Familie? Schließlich haben Sie noch
drei minderjährige Kinder und einen sechs Monate alten Säugling?


Wir leben von einem monatlichen Zuschuss für ein jüngeres Kind, das eine
Frau erhält, aber es ist erbärmlich. Ich kann momentan keinen Job finden.
Es gibt ein wenig Hilfe von den Jungs der OPR.  Es ist nicht viel Geld, aber
wir kommen irgendwie zurecht.
Titel: Re: Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 15:29:26 So. 27.Januar 2019
Videos
Die Texte sind durchweg in Russisch, doch die Bilder geben interessante Eindrucke wieder von den Aktionen.

1. knapp 50 min über die streikenden Getreidefahrer (20.-25.1.2019)
https://www.youtube.com/watch?v=VC0WsKmv8BU

2. Kundgebung mit OPR (Fahrervereinigung) Sprecher in gelber Weste vor wenigen Tagen
https://www.youtube.com/watch?v=0H6mhxqusWU&t=30s
Titel: Re: Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 16:58:26 Mo. 28.Januar 2019
Habe mich nochmal an den obenstehenden Text gesetzt.
Er ist lesbarer geworden.

Im übrigen sollten Putinfans den 2. Artikel, das Interview mit Andrej Baschutin, durchlesen. Da sieht man, wie in Rußland mit kämpferischen Arbeitern umgegangen wird.
Titel: Aw: Truckerprotest in Rußland
Beitrag von: Kuddel am 19:41:17 Di. 30.Mai 2023
Russia Today (hahaha)

ZitatTonnenweise zahlen: Erst die Maut, dann der Krieg

(https://posle.media/wp-content/uploads/2023/04/b-11-2048x1179.webp)

Der dritte Artikel in der Reihe "Ungleichheit": Russische Spediteure und Fernfahrer vor und nach dem Ausbruch des Krieges

Das neue Mautsystem


"Platon" heißt das automatisierte System zur Erhebung von Mautgebühren auf Bundesstraßen. Es wurde am 15. November 2015 in Russland eingeführt. Die Regierung begründete diese Maßnahme mit den Schäden, die durch den Schwerlastverkehr auf öffentlichen Straßen verursacht werden. Der Name "Platon", der wörtlich "Maut pro Tonne" bedeutet, spiegelt nicht den wahren Zweck des Systems wider. Praktisch zahlen alle das Gleiche: Es gibt nur die untere 12-Tonnen-Grenze, während der endgültige Betrag davon abhängt, wie viele Kilometer der Lkw auf Bundesstraßen zurücklegt. Die eingenommenen Gelder sollen an den Bundesstraßenfonds überwiesen werden und die Kosten für die Instandhaltung und den Bau von Bundesstraßen decken.

Es wurde beschlossen, dass private Unternehmen das Projekt durchführen sollten. Die Rosavtodor (Föderale Agentur für Straßentransport) schloss eine Vereinbarung mit dem privaten Unternehmen RT-Invest Transport Systems, das sich mit der "Modernisierung" des Transportwesens befasst. Ein Dollar-Milliardär, der älteste Sohn von Arkadi Rotenberg, Igor, besitzt 23,5 Prozent dieses Unternehmens. Weitere 19 % gehören Andrei Shepelov: Seine Unternehmen sind Monopolisten bei der Sammlung, Sortierung und Entsorgung von Abfällen in Tatarstan und ganz Moskau. Der Staatskonzern Rostec hält 25,5 % an RT-Invest, während der größte Anteil von 39,9 % Sergei Skvortsov gehört, der noch vor wenigen Jahren als Stellvertreter und Berater des Rostec-Direktors tätig war. Bekanntlich werden in den Rostec-Werken russische Panzer, Artillerie, Mehrfachraketenstartsysteme (MRLS), Motoren, Munition, Feuerwaffen und elektronische Kriegsführungssysteme hergestellt. Daher ist ein System zur Verwaltung und Automatisierung der Mauterhebung für den Straßenbau direkt mit dem größten militärisch-industriellen Unternehmen des Landes verbunden.

Ursprünglich war geplant, dass die Lkw-Fahrer nach Einführung des Systems 3,73 Rubel pro Kilometer der Bundesstraße zahlen sollten. Bei Nichtbezahlung sollten Geldstrafen verhängt werden. Damals wie heute betrug das Bußgeld für einen Fahrer und/oder Fahrzeughalter 5.000 Rubel für den ersten Verstoß und 10.000 Rubel für einen wiederholten Verstoß (gemäß Artikel 30 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten der Russischen Föderation).

Angesichts der Unzufriedenheit der Fahrer führte die Regierung jedoch einen Rabattkoeffizienten ein, und bis März 2016 wurde der Tarif auf 1,53 Rubel pro Kilometer gesenkt. Auch dieser Preis erwies sich für unabhängige Lkw-Fahrer als unerschwinglich. Inmitten der Coronavirus-Krise forderte der Verband der internationalen Spediteure die Behörden auf, die Platon-Maut auszusetzen; das Verkehrsministerium hielt die Maut jedoch für eine geringe Belastung" sowohl für die Lkw-Fahrer als auch für die Branche als Ganzes.

Proteste von Lkw-Fahrern

Nach der Einführung von Platon kam es in ganz Russland zu Protesten von Lkw-Fahrern, die bereits am 11. November 2015 begannen. Die Lkw-Fahrer forderten, das System ganz abzuschaffen, da es ihrer Ansicht nach nichts anderes als den "Untergang der KMU" bedeuten würde.

Die Proteste erfolgten weitgehend spontan, wobei in den verschiedenen Regionen unterschiedliche Widerstandstaktiken angewandt wurden. Auf der Bundesautobahn M4 "Don" beispielsweise blockierten Autofahrer die rechte Fahrspur der Straße vollständig. Beamte der Verkehrspolizei versuchten, die Teilnehmer dieses nicht genehmigten Protests zu vertreiben, aber es waren zu viele Fahrzeuge. Auf der Autobahn M51 Nowosibirsk-Omsk in der Nähe des Flughafens Tolmachevo standen etwa 300 Lastwagen am Straßenrand. In Tscheljabinsk liefen etwa 100 Lkw-Fahrer eine ganze Stunde lang auf einem Fußgängerüberweg hin und her und blockierten den Weg für Autos. In Perm fuhren die Lkw-Fahrer absichtlich im Schneckentempo und verursachten einen massiven Stau. Diese Aufzählung ist keineswegs erschöpfend, gibt aber einen guten Eindruck von der Art des Protests.

Einige Fernfahrer aus Dagestan (früher eine der aktivsten Protestregionen) beschlossen, nach Moskau zu marschieren und einen dauerhaften Streik zu beginnen. Diese Information wurde am 27. November bekannt, und am 3. Dezember trafen etwa 20 Fahrzeuge auf einem Lkw-Parkplatz in der Stadt Chimki in der Nähe von Moskau ein. St. Petersburger Trucker versuchten einen ähnlichen Streik auf der Autobahn M-10 bei Zelenogorsk, konnten dort aber nicht Fuß fassen. Als sie von dem Lager der Verteidiger des Khimki-Waldes erfuhren, fuhren einige Fahrer nach Moskau. Dort entstand eines der berüchtigtsten stationären Protestlager, das mehrere Monate andauerte.

Der nächste Meilenstein im Protest der Lkw-Fahrer gegen das Platon-System ereignete sich Ende März 2017, kurz bevor die Platon-Tarife noch weiter erhöht wurden. Die Lkw-Fahrer schlugen ihr Lager direkt auf der Moskovskoye-Autobahn in St. Petersburg auf. Auch in Dagestan, Karatschai-Tscherkessien und Nordossetien kam es zu Trucker-Streiks. Hunderte von Lastwagen kampierten in der Nähe von Jekaterinburg, Wolgograd, Krasnojarsk, Petrosawodsk, Ussuriisk, Ulan-Ude sowie in den Regionen Saratow und Murmansk. Insgesamt nahmen mehr als 50 Regionen an den Protesten teil.

Die Trucker konnten die Abschaffung von Platon nicht durchsetzen, doch die Regierung musste einige Kompromisse eingehen. Die Tarife wurden um die Hälfte gesenkt - von 3,73 Rubel auf 1,53 Rubel pro Kilometer.

Heute ist Platon bereits seit acht Jahren in Russland am Laufen. Der Tarif wurde mehrfach indexiert und erhöht. Am 1. Februar 2023 wurde der Tarif erneut um 30 Kopeken angepasst. Damit ist der Tarif pro Kilometer auf einer Bundesstraße von 2,54 auf 2,84 Rubel gestiegen.

"Wir haben uns nicht gewehrt, wir haben uns angepasst"

Hier sind zwei Ansichten von Lkw-Fahrern, Andrei und Alexey. 

Andrei Bazhutin, einer der Anführer der Truckerproteste von 2015 und 2017, sagt: "Das Ziel der russischen Transportbranche oder vielmehr ihrer Manager - also des Verkehrsministeriums und anderer staatlicher Stellen - war es, die Ideen aus Europa zu kopieren und auszuprobieren. Alles, was dort eingeführt wurde, musste auch bei uns eingeführt werden. Das 'Platon'-System ist dasselbe wie das Toll-Collect-System. Aber der europäische Markt unterscheidet sich völlig von unserem, auch wenn sie sich nahe sind und sich überschneiden... Europa ist klein; es hat zahlreiche Länder, von denen jedes versucht, seinen Markt, seine Transportunternehmen und seine Straßen zu schützen; deshalb haben sie mit der Einführung der Maut begonnen. In Russland machte dieses System jedoch keinen Sinn." 

Andrei zufolge gab es in Russland von Anfang an nur sehr wenige grenzüberschreitende Betreiber, so dass die gesamte Last auf dem lokalen Markt lag. Der lokale Markt erhielt jedoch keine Unterstützung, sondern wurde dezimiert. Das Aufkommen des Platon-Systems verschärfte die bestehende prekäre Situation, in der der Selbstkostenpreis des Transports schon lange keinen Gewinn und keine Gewinnspanne mehr enthielt, sondern nur noch die Gemeinkosten.

Alexey, ein Trucker, sagt: "Zuerst arbeitete ich als angestellter Fernfahrer oder auf lokaler Ebene, dann hatte ich die Nase voll und beschloss, mich selbständig zu machen". "Die Leute aus der Branche haben lange Zeit versucht, mir das auszureden. Sie sagten, die guten Zeiten seien vorbei. Aber ich hörte nicht auf sie, also kaufte ich einen alten Kamaz-Anhänger und begann mit dem Trucking. Die ersten zwei oder drei Jahre meiner Selbstständigkeit waren meine besten. Damals hatte ich das Gefühl, dass ich Recht hatte und dass die Leute nur Unsinn redeten. Aber dann, ja, jedes Jahr ging es bergab. Ersatzteile und Kraftstoff wurden immer teurer, während die Preise für den Transport nicht stiegen. Unterm Strich bleibt immer weniger Geld für dich übrig."

Alexey sagt, er sei nicht persönlich von Platon betroffen. Wie viele andere unabhängige Lkw-Fahrer hat er einen Weg gefunden, die Steuer zu umgehen, und sich nicht einmal im System registrieren lassen: "Ich schätze, dass jeder, der auf dem Markt geblieben ist, einen Weg gefunden hat, diese Steuer zu umgehen. Es gibt viele Möglichkeiten: Es gibt GPS-Blocker, die es unmöglich machen, das Fahrzeug aufzuladen, wenn man unter der Rampe durchfährt, und es gibt hochgeklappte Nummernschilder, die verhindern, dass die Kameras die Nummernschilder lesen. Es gibt alle möglichen Möglichkeiten."

Nichtsdestotrotz war Alexey ein aktiver Protestler. Seine Angst galt nicht der Belastung, die diese Neuerung für die Autofahrer mit sich bringen würde, sondern dem Ausmaß der Ungerechtigkeit: "Wollen wir uns das noch einmal antun lassen? Aber letztendlich haben wir nichts gewonnen. Andererseits konnten wir das System mit so wenigen Teilnehmern auch nicht wirklich besiegen.

Die Trucker sind sich einig, dass nur große Unternehmen es sich leisten können, diese Steuer schmerzlos zu zahlen, die in einem ganz anderen Rahmen arbeiten, zum Beispiel, wenn sie diese Steuer auf die Transportkosten umlegen.

"Urteilen Sie selbst", sagt Alexey, "ich pendle normalerweise zwischen Rjasan und Moskau und der Region. Je nachdem, wohin ich fahre, zahle ich zwischen 1000 und 1500 pro Strecke - mit den 20.000 Rubel, die ich für die ganze Fahrt verdiene. Manche mögen sagen: Das ist doch nichts! Ja, ich kann nicht sagen, dass es mich und mein Geschäft sofort ruinieren würde. Es würde die Dinge nur schwieriger für mich machen. Ich brauche Ersatzteile und Benzin, ich muss 35 Tausend Euro Gewerbe- und Transportsteuer zahlen..." Platon wäre einfach eine weitere Belastung, die mein ohnehin schon kompliziertes Geschäft noch schwieriger machen würde." Er fasst es zusammen: "Ich habe nicht gezahlt, ich zahle nicht, und ich werde nicht zahlen! Außerdem glaube ich nicht, dass dieses Geld für etwas Gutes oder Nützliches verwendet wird. Bei diesem Ausmaß an Korruption? Ich habe auch nicht bemerkt, dass sich die Straßen im Laufe der Jahre verbessert haben!"

Im Jahr 2015 führte die aktive Phase der Proteste zu einem Treffen einer kleinen Initiativgruppe von Truckern mit dem damaligen Verkehrsminister Maxim Sokolov (heute ist Vitaly Saveliev im Amt). Sokolov erklärte damals, dass eine Abschaffung von Platon nicht in Frage käme, versprach aber im Gegenzug, dass Daten über die Verwendung der über das System eingenommenen Gelder vorgelegt würden. Doch in all den acht Jahren, die seitdem vergangen sind, wurde kein einziger Bericht veröffentlicht.

Andrei Bazhutin sagt, dass das Transportgeschäft schon vor der Einführung des Platon-Systems von großen Unternehmen dominiert wurde und nun die kleineren Unternehmen durch die gestiegenen Betriebskosten verdrängt werden: "Platon hat sie einfach begraben. Zur Zeit der Proteste bin ich viel durch das Land gereist und habe mit Truckern und Menschen gesprochen, die sich aktiv für die Bürger einsetzen... Was will ich damit sagen? Praktisch keiner dieser Leute ist mehr auf dem Markt!

Bazhutin selbst ist seit 1991 im Speditionsgeschäft tätig. Zunächst vermietete er Fahrzeuge, dann eröffnete er 2004 offiziell sein eigenes Unternehmen. Zu den besten Zeiten umfasste sein Fuhrpark sieben Fahrzeuge. "Die Wahrheit ist, dass ich jedes Jahr feststellte, dass der Umsatz zu steigen schien, aber die Gewinne immer kleiner wurden. Natürlich war ich gegen die Einführung des Platon-Systems."

Sein aktives Engagement in der Protestbewegung veranlasste ihn 2016, seine beiden verbliebenen Fahrzeuge zum Verkauf anzubieten.

Ein weiteres wesentliches Merkmal des russischen Güterkraftverkehrsmarktes ist, dass er früher von großen staatlichen Projekten lebte: die Olympischen Spiele in Sotschi, die mautpflichtige Westautobahn, Brücken, Straßen und Bohrinseln. "Wir haben dort alle Sachen mitgenommen und gute Gewinne gemacht. Die Sanktionen haben auch den Markt für nationale Projekte zerstört, sie sind weg, außerdem ist jetzt alles auf den Krieg ausgerichtet. Und ja, einige Leute beteiligen sich jetzt aktiv, sie bringen Baumaterialien in den Donbas. Ich verstehe, dass die Leute sich selbst versorgen müssen, aber das kann ich nicht unterstützen!"

Herr Bazhutin sagt auch, dass alle Trucker darin übereinstimmen, dass das Frachtaufkommen drastisch zurückgegangen ist: "Ich will damit nicht sagen, dass es überhaupt keine Fracht gibt, sondern nur, dass es sehr wenig davon gibt. Und die Frachtraten sind nicht nur gestiegen, sie sind gesunken".

Nehmen wir das folgende Beispiel, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie wenig Arbeit es jetzt gibt.

"Ich befördere Baumaterialien und hole meistens Fracht in den Eisen- und Betonwerken in Rjasan ab, von denen es nur wenige gibt". - sagt Alexey. "In guten Zeiten, während der Hochsaison, verbrachte ich viel Zeit in der Warteschlange. Für jede Ladefläche gab es früher eine Menge Fahrzeuge. Jetzt, im Frühling und Sommer, der Hochsaison, gibt es nur noch halb so viele Lastwagen. Im Winter oder Herbst ist es nur noch ein Drittel von früher. Jetzt kommt man in die Fabrik und es ist niemand da! In solchen Momenten ist man einfach nur froh, dass man überhaupt einen Job gefunden hat - andere hatten offenbar nicht so viel Glück, wenn nur zwei oder drei Lkw neben einem stehen."

Früher gab es viele Importe. Werkzeugmaschinen, Ausrüstungen, landwirtschaftliche Maschinen - all das stellt Russland nicht selbst her. Folglich waren es die kleinen und mittleren Unternehmen, die am stärksten betroffen waren. Es gibt nicht mehr den selbständigen Lkw-Fahrer, sondern einen Monopolisten in Form eines Großunternehmens. Nein, ich will nicht sagen, dass es keine kleinen Unternehmen mehr gibt. Es sind nur sehr wenige, und sie überleben kaum. Aber die Menschen brauchen immer noch ein Auskommen, die Menschen brauchen immer noch Arbeit! Sehen Sie, viele von ihnen haben ihr ganzes Leben lang gearbeitet. Sie haben die Arbeit immer gut gemacht. Und sie wissen nicht, wie sie etwas anderes machen sollen!"

"Ich wache auf und mein erster Gedanke ist: Es ist Krieg.

"Die größte Enttäuschung ist vielleicht, dass einige der Leute, die mit uns gegen das Platon-System und die allgemeine Ungerechtigkeit gekämpft haben, freiwillig an die Front gegangen sind und auf der Seite Russlands kämpfen. Andere unterstützen lediglich diesen Krieg und sagen mir, dass sie in Rostow am Don besser wissen, was dort vor sich geht, als ich in Kanada", sagt Andrei. "Ein entfernter Verwandter von mir hat sich freiwillig für diesen Krieg gemeldet. Und so paradox es für die Pseudo-Patrioten auch klingen mag, er war von dem, was er sah, desillusioniert. Ich habe auch immer Leute mit anderen Ansichten als Freunde akzeptiert. Nun, es ist töricht, sich abzuschotten und nur mit Leuten zusammen zu sein, die genauso denken wie man selbst. Sonst fängt man früher oder später an, sich wie Putin zu verhalten. Leider habe ich das Gefühl, dass die meisten Menschen (in Russland?) diesen Krieg unterstützen, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was sie damit gutheißen!"

"Eine Woche nach Beginn des Krieges habe ich ein Schild an die Tafel geheftet: Ich schrieb 'Nein zum Krieg' und malte zwei Friedenszeichen. So bin ich eine ganze Weile herumgefahren, etwa zwei Monate lang. Dann wurde ich auf der Straße angehalten und musste 30 Tausend Rubel Strafe zahlen, weil ich die russische Armee verunglimpft hatte", resümiert Alexey. "Das Mutterland ist zum einen der Ort, an dem man geboren wurde. Andererseits ist es der Ort, an dem man sich zugehörig fühlt. Aber ich habe nicht mehr das Gefühl, dass ich hierher gehöre. Und ein Mutterland habe ich auch nicht mehr. Ich würde dieses Land gerne verlassen, aber meine familiäre Situation macht das unmöglich. Ich kann die Dinge nicht ändern, ich kann nur meinen Standpunkt und meine Meinung äußern. Ich wache immer noch jeden Morgen auf, und mein erster Gedanke ist: Es herrscht Krieg. Ein furchtbarer, sinnloser Krieg, der nur aus Kriegsverbrechen besteht. Platon scheint irrelevant zu sein."

Im März 2022 wurde jedoch ein Appell an die Behörden gerichtet, ein zweijähriges Moratorium für Tarifanpassungen zu erlassen. Ein zur gleichen Zeit in der Duma eingebrachter Gesetzesentwurf zur Aussetzung von Platon und zur Abschaffung der Autobahngebühren wurde im Mai debattiert und fand keine Unterstützung. Alles in allem kann man nicht sagen, dass der Krieg, den Russland sieben Jahre nach Einführung von Platon in der Ukraine entfesselt hat, das Transportgewerbe vernichtet hat. Die Unternehmen müssen nach wie vor alle Arten von Gütern transportieren, auch wenn sich die Lage für Lkw-Fahrer, deren Arbeit nichts mit den Erfordernissen der "militärischen Sonderoperation" zu tun hat, noch weiter verschlechtert hat. Die Fahrer großer Lastwagen kämpfen ums Überleben, während Geschäftsleute wie Igor Rotenberg und andere, die das russische Regime abzocken, in einer weiteren Forbes-Liste glänzen, während der staatliche Rostec-Konzern mit seiner wachsenden Produktion von Raketen und Panzern prahlt.  Viele bleiben stark und führen das Geschäft weiter, in das sie ihr Leben investiert haben. Die eigentliche Frage ist, ob dieses Geschäft heute noch Essen auf den Tisch bringen kann.
https://posle.media/language/en/paying-by-the-tonne-first-tolls-then-the-war/

(Übersetzung mit Hilfe von deepl)