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Industrie & Handwerk & Agrar => Globalisiert => Thema gestartet von: admin am 16:52:55 Do. 23.Dezember 2010

Titel: Weißrußland
Beitrag von: admin am 16:52:55 Do. 23.Dezember 2010
Ein Freund aus Weißrußland bat mich soeben folgende Links über die Proteste gegen die Regierung und die Wahlfälschungen zu veröffentlichen:

Amsterdam supports democratic elections in Belarus (http://www.youtube.com/watch?v=Z-mtFzRZnF4#ws)
http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=37127&Cr=Pillay&Cr1 (http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=37127&Cr=Pillay&Cr1)
http://www.bbc.co.uk/news/world-europe-12048520 (http://www.bbc.co.uk/news/world-europe-12048520)
http://zhelezko.livejournal.com/47591.html (http://zhelezko.livejournal.com/47591.html)
http://www.nytimes.com/2010/12/22/theater/22radar.html?_r=2&ref=todayspaper (http://www.nytimes.com/2010/12/22/theater/22radar.html?_r=2&ref=todayspaper)
http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2010/dec/22/belarus-lukashenko-europe-last-dictator (http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2010/dec/22/belarus-lukashenko-europe-last-dictator)
http://blogs.sacbee.com/photos/2010/12/west-decries-flaws-violence-in.html (http://blogs.sacbee.com/photos/2010/12/west-decries-flaws-violence-in.html)
http://www.norden.org/en/news-and-events/news/nordic-council-president-demands-the-release-of-detainees-in-belarus (http://www.norden.org/en/news-and-events/news/nordic-council-president-demands-the-release-of-detainees-in-belarus)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fmedia.sacbee.com%2Fstatic%2Fweblogs%2Fphotos%2Fimages%2F2010%2Fdec10%2Fbelarus_election_sm%2Fbelarus_election_15.jpg&hash=6fe695d88623f9919cfda25b783384f206ce47d8)
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fmedia.sacbee.com%2Fstatic%2Fweblogs%2Fphotos%2Fimages%2F2010%2Fdec10%2Fbelarus_election_sm%2Fbelarus_election_23.jpg&hash=34cdaa94653d7a6590665e3a5b3e3cd3aebe52b4)
Titel: Re:Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 18:14:39 Mi. 15.Juni 2011
ZitatProteste gegen steigende Preise
Lukaschenko droht mit Schlägen

Weißrusslands autokratischer Präsident Lukaschenko droht Internetaktivisten und anderen Oppositionellen persönlich mit Gewalt. "Ich werde das beobachten und dann so hart zuschlagen, dass sie keine Chance haben werden, ins Ausland zu flüchten", droht der Präsident. Die Proteste richten sich gegen die miserable wirtschaftliche Lage - Weißrussland steht vor der Staatspleite, die Lebensmittelpreise steigen.


Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hat ein hartes Vorgehen gegen jede weitere oppositionelle Regung angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Misere in seinem Land angekündigt. Er werde die Aufrufe zu neuen Protesten etwa im Internet sorgfältig verfolgen, sagte Lukaschenko nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Belta bei einem Besuch in einem Bezirk außerhalb der Hauptstadt Minsk. "Ich werde das beobachten und dann so hart zuschlagen, dass sie keine Chance haben werden, ins Ausland zu flüchten", drohte der seit 16 Jahren autokratisch regierende Lukaschenko.

Auch gegen die Berichterstattung über die Lage in der früheren Sowjetrepublik gehen die Behörden hart vor. So begann der Prozess gegen einen weißrussischen Korrespondenten einer polnischen Zeitung, dem Beleidigung des Staatschefs vorgeworfen wird. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm vier Jahre Haft. Am Wochenende wurden zudem Bereitschaftspolizisten an den Grenzübergängen zu Polen stationiert, die weißrussische Demonstranten bei einer Protestaktion gegen neue Exportbeschränkungen blockiert hatten. Während viele Bewohner der Grenzregion vom Handel mit dem Nachbarland abhängen, sprach Lukaschenko von "Profitgeiern", die es auf "billiges Benzin, Zigaretten und andere Dinge" abgesehen hätten.

Weißrussen fliehen

Moskauer Medien berichteten unterdessen, dass immer mehr Weißrussen nach Massenentlassungen aus den Staatsbetrieben in Russland nach Arbeit suchen. Täglich kämen auf dem Belorussischen Bahnhof in Moskau mehr als 6000 Weißrussen an, heißt es. In Belarus selbst kam es zu Hamsterkäufen etwa in Elektronikläden und sogar von Salz.

Zwar konnten sich die Weißrussen vor der Präsidentenwahl über eine 50-prozentige Erhöhung der Staatslöhne freuen. Dazu musste Lukaschenko aber mehr Geld drucken, wie die Zeitung "Komsomolskaja Prawda" erinnert. Die logische Folge sei der Verfall der Währung.
http://www.n-tv.de/politik/China-hilft-mit-Milliarden-Spritze-article3572461.html (http://www.n-tv.de/politik/China-hilft-mit-Milliarden-Spritze-article3572461.html)
Titel: Re:Weißrußland
Beitrag von: admin am 14:14:11 Do. 23.Juni 2011
Zitat450 Regierungsgegner in Weißrussland festgenommen

(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fstatic1.kleinezeitung.at%2Fsystem%2Fgalleries_520x335%2Fupload%2F2%2F5%2F6%2F2770606%2F4366316_BLD_Online.jpg&hash=87985445e68319b2cb60df9c945a5ae39a6849e7)

Bei Protesten in Weißrussland gegen den autoritären Staatschef Lukaschenko am Mittwoch sind etwa 450 Regierungsgegner sowie mindestens fünf Journalisten festgenommen worden. "Sie haben wahllos Menschen mitgenommen", sagte der Menschenrechtler Oleg Woltschek in der Hauptstadt Minsk nach Angaben der unabhängigen Agentur Belapan. Mehrere Demonstranten waren am Donnerstag noch in Gewahrsam.

Die meisten Regierungsgegner und die Reporter seien aber nach mehreren Stunden wieder freigelassen worden, berichteten Medien. In etwa 30 Städten hätten sich am Mittwochabend Tausende an den nicht genehmigten Kundgebungen beteiligt, meldete Belapan.

Aktivisten rufen in der Ex-Sowjetrepublik nach arabischem Vorbild über soziale Netzwerke zu Aktionen an jedem Mittwoch auf. Dabei sollen sich die Teilnehmer versammeln und nicht mit politischen Parolen, sondern mit Händeklatschen protestieren. Die Polizei schritt sofort ein und nahm allein in Minsk etwa 220 Menschen fest. Die Proteste hatten in den vergangenen Wochen zugenommen. Weißrussland steckt in seiner schwersten Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit vor 20 Jahren.

Die Behörden hatten die Bevölkerung vor einer Beteiligung an den Protesten gewarnt. Der als "letzter Diktator Europas" kritisierte Präsident Lukaschenko hatte unlängst eine "angemessene Reaktion" auf Kundgebungen von Regierungsgegnern angekündigt.

In Russland riefen Menschenrechtler die Regierung auf, die Polizeigewalt im Nachbarland zu verurteilen. Russland rettet den "Bruderstaat" immer wieder mit Milliardenkrediten vor dem finanziellen Ruin.
http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/2770606/450-regierungsgegner-weissrussland-festgenommen.story (http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/2770606/450-regierungsgegner-weissrussland-festgenommen.story)


Wir wissen hier aus den Medien quasi nichts über das normale Leben in Weißruland. Belarussische Freunde schickten mir Links zu einer Bilderserie und einen Filmclip, wie sie in Minsk in einem alten Holzhaus ein selbstverwaltetes Kulturzentrum einrichteten.

http://gallery.ru/watch?a=ZA0-gOVw (http://gallery.ru/watch?a=ZA0-gOVw)

La мора. Реконструкция (http://vimeo.com/24964732)

Titel: Re:Weißrußland
Beitrag von: counselor am 16:49:52 Fr. 24.August 2012
Deutsche Polizei half Lukaschenkos Miliz

23.08.2012 16:36 UhrVon Claudia von Salzen

Von 2008 bis 2011 wurden etwa 500 weißrussische Sicherheitskräfte in Deutschland und Minsk geschult, darunter waren auch Offiziere der gefürchteten Miliz. Die Gäste aus Weißrussland durften die deutschen Polizisten auch im Einsatz beobachten – beim Castor-Transport ...

Quelle: Tagesspiegel (http://www.tagesspiegel.de/politik/500-sicherheitskraefte-geschult-deutsche-polizei-half-lukaschenkos-miliz/7047196.html)
Titel: Re:Weißrußland
Beitrag von: jobnomade am 16:59:18 Fr. 24.August 2012
Zitat von: counselor am 16:49:52 Fr. 24.August 2012
Von 2008 bis 2011 wurden etwa 500 weißrussische Sicherheitskräfte in Deutschland und Minsk geschult,

Das will ich aber mal bezweifeln.

Die Weissrussen werden wohl eher die deutschen "Sicherheitskräfte" in "verlernten" Praktiken für unsere kommenden sozialen Unruhen "geschult" haben.

Jedenfalls lernen von "Schulungen" aller Art ja immer beide Seiten dazu, also auch die "Lehrer".
Titel: Re:Weißrußland
Beitrag von: admin am 13:21:28 Mi. 16.Januar 2013
Weißrussische Freunde organisieren ein unabhängiges Filmfestival im Land.

http://filmfest.by/2013/ (http://filmfest.by/2013/)

Bekam heute eine Mail, daß sie kräftigen Gegenwind bekommen haben:

ZitatUnsere Festival Veranstaltungen werden nun abgesagt und verboten in Grodno und Lida. Es scheint auch in Vitebesk etwas merkwürdig zu sein.

Wir stehen nun unter dem Druck des KGB, sie beginnen Leute anzurufen und unter Druck zu setzen, die uns bei der Organisation des Festivals unterstützt haben und in Büros der öffentlichen Verwaltung sitzen.

(Was mich daran erinnert, daß der Schwachkopp Paradiesvogel Weißrußland als vorbildlichen Sozialismus präsentieren wollte.)
Titel: Re:Weißrußland
Beitrag von: Rudolf Rocker am 13:33:13 Mi. 16.Januar 2013
ZitatWas mich daran erinnert, daß der Schwachkopp Paradiesvogel Weißrußland als vorbildlichen Sozialismus präsentieren wollte.

Der Typ hat aber auch geglaubt, das die Erde eine Scheibe ist unr Zitronenfalter Zitronen falten! ;D ;D
Titel: Re:Weißrußland
Beitrag von: Fritz Linow am 00:46:57 Fr. 30.September 2016
In Weißrussland gibt es 6 Sonderwirtschaftszonen, die besondere Vergünstigungen fur ausländische Investoren anbieten. Da wird zum Beispiel mit disziplinierten Arbeitskräften oder mit erweiterten Kompetenzen der Administrationen der Freien Wirtschaftszonen hinsichtlich der Registrierung der Inländer geworben.
Die Broschüre fur deutsche Investoren gibt es hier:
http://mfa.gov.by/upload.old/business_cooperation_de.pdf (http://mfa.gov.by/upload.old/business_cooperation_de.pdf)

Und sonst so zählt Weißrussland laut einem Bericht des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) von 2015 zu den 10 übelsten Ländern überhaupt. Die größten Probleme sind Diskriminierung, Zwangsarbeit und Niederschlagung von Protesten.
http://www.ituc-csi.org/IMG/pdf/survey_global_rights_index_2015_de.pdf?src=asp-cu&typ=pdf&cid=4407 (http://www.ituc-csi.org/IMG/pdf/survey_global_rights_index_2015_de.pdf?src=asp-cu&typ=pdf&cid=4407)

Während das Jahresurchschnittseinkommen ca. 7000 Euro beträgt, verdient man zum Beispiel beim Ableger von Fresenius, der Zubehör für Bluttransfusion und andere medizinische Hilfsmittel produziert, knapp 200 Euro pro Monat. Auch Henkel stellt dort das Fugenzeugs Ceresit her, das ursprünglich in Hannover-Limmer unter massiver Unterstützung von Manpower und Adecco angerührt wurde.
Fielmann, der alte Wohltäter der kostenfreien Brillen, lässt dort seinen Krempel herstellen und investiert auch sonst kräftig in das Land. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass diese Verlagerung in Diktaturen immer eine angenehme Drohkulisse für Werksschließungen hierzulande darstellt. Wenn zum Beispiel das Stammwerk von Fielmann in Rathenow um Einhaltung des Mindestlohns kämpfen muss, dann ist klar, wohin die Reise gehen könnte, wenn es nach dem Willen der Aubeuter ginge. Das lustige ist, dass sie schon längst da sind.

Eine Liste der Firmen in der Sonderwirtschaftszone Grodno nahe der polnischen Grenze:
http://www.grodnoinvest.com/eng/Residents (http://www.grodnoinvest.com/eng/Residents)
Da ist alles dabei, was man hier halt so günstig kaufen kann, bzw. muss, weil man selber auch nicht so viel Patte übrig hat, bloß unter anderem Namen.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 12:49:00 Mi. 15.Juli 2020
In Weißrußland wird es auch wieder unruhig

Im Juni:
ZitatTausende protestieren gegen Lukaschenko

Seit 1994 ist Alexander Lukaschenko in Belarus an der Macht. Doch plötzlich regt sich Widerstand gegen den Präsidenten, der massiv gegen Opposition und Journalisten vorgeht.

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/belarus-proteste-100.html

Jetzt:
ZitatHunderte Festnahmen bei Protesten in Belarus
Präsident Alexander Lukaschenko kandidiert zum sechsten Mal und hat einen Gegenkandidaten von der Wahl ausgeschlossen. Auf Proteste dagegen reagiert der Staat mit Härte.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-07/belarus-praesidentschaftswahl-demonstrationen-ausschluss-oppositionskandidaten-weissrussland
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 08:29:14 Mo. 10.August 2020
Die Welt befindet sich in Umwälzung.
Wir haben uns mit der Möglichkeit kaum auseinandergesetzt. Es wird sogar in den Ländern unruhig, die als totenstill und als unter totaler Kontrolle galten. Wir haben keinerlei Plan, keine Ideen für Solidarität und Unterstützung.

Die herrschende Klasse ist vorbereitet und versucht überall da vorzustoßen, wo sich ein neues Machtvakuum bildet.

Weißrußland ist eines der Länder, in dem man sich keine nennenswerten Proteste vorstellen konnte...

ZitatSchwere Zusammenstöße mit Sicherheitskräften

(https://abload.de/img/minsk-demonstranten-lxbjbx.jpg) (https://abload.de/image.php?img=minsk-demonstranten-lxbjbx.jpg)

Das belarussische Innenministerium bestätigte den Einsatz von Spezialtechnik und Blendgranaten gegen Demonstranten. Auf Videos waren im Gesicht blutende Schwerverletzte zu sehen. Aktivisten zufolge kam ein Mensch ums Leben.
https://www.faz.net/2.1677/nach-wahl-in-belarus-zusammenstoesse-mit-sicherheitskraeften-16897866.html
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Fritz Linow am 13:21:27 Di. 11.August 2020
Generalstreik?
https://twitter.com/jan_wiebe

Da sind einige aktuelle Filmchen.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 19:44:33 Do. 13.August 2020
Railway workers in Minsk organized their own march!

Heute: Tausende auf den Straßen, vor den Fabriken.
Auch heute: Polizeiwillkür geht weiter.

Der #Arbeiteraufstand in #Belarus ist auf den staatlichen Automobilhersteller MAZ übergesprungen. Es ist nur ein kleiner Teil der Belegschaft, aber wahrscheinlich erst der Anfang.

Nicht nur MAZ, andere Firmen sind auch bei Streik, sogar früher... in ganze Weißrussland!

Die Ereignisse überschlagen sich. Tausende Arbeiter großer Fabriken legen die Arbeit nieder. Überall im Land große und kleine Gruppen von Demonstranten. Heute keine Berichte über Polizeieinsätze. Gefangene werden sukzessive freigelassen. Kein Weg zurück!


https://twitter.com/jan_wiebe
https://twitter.com/hashtag/Belarus?src=hashtag_click

(https://pbs.twimg.com/media/EfSqClSXoAEpLyp?format=jpg&name=small)
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 17:21:48 Fr. 14.August 2020
Weitere Twitternews aus Belarus

Bei den schrecklichen Bildern aus #Belarus immer dran denken: die deutsche Polizei hat die Cops aus Belarus ausgebildet - inklusive Praktikum beim Castor, wo 100e Demonstrant*innen verletzt wurden.

Factories all over #Belarus are striking against election results which official Minsk declared today to be 80% for President Lukashenko. Ordinary people are also marching and the police are nowhere to be seen. A dramatic change from the last few days of shocking police violence.

Deutsche Medien haben überwiegend aus Lukaschenkos Äußerungen weggelassen, dass er die Demonstranten und Revolutionäte als Arbeitslose bezeichnet hat, die sich mal nen Job suchen sollen. Das hätte wohl zu sehr ans Gehabe des deutschen Agenda-Establishments erinnert.

Auch heute Protest-Märsche in diversen Städten:
Hier die Arbeiter der Minsker Traktoren-Werke, die trotz beschwichtigender Worte des PM Golowtschenko unbeirrt weiter ins Zentrum der Hauptstadt marschieren

Der #Arbeiteraufstand in #Belarus ist jetzt wirklich riesig, wie diese Bilder von Telegram aus #Minsk, #Hrodna und #Salihorsk zeigen. Er hat das ganze Land erfasst und alle großen staatlichen Betriebe erreicht. Das kann #Lukaschenko nicht lange überleben, ist meine Einschätzung.

Streikfotos:
(https://abload.de/img/rej3i.jpg) (https://abload.de/image.php?img=rej3i.jpg)
(https://abload.de/img/czjui.jpg) (https://abload.de/image.php?img=czjui.jpg)
(https://abload.de/img/uvj95.jpg) (https://abload.de/image.php?img=uvj95.jpg)
(https://abload.de/img/3fj34.jpg) (https://abload.de/image.php?img=3fj34.jpg)

Aus Protest kündigen Milizionäre massenweise ihren Dienst.

Zehntausende Demonstranten im Regierungsviertel von #Minsk.
Spezialeinheiten senken Schilde.
Keine Gegenwehr, keine #Lukaschenko-loyalen Kräfte mehr vor Ort.
Offenbar steht das Regime kurz vor dem Aus.

https://twitter.com/jan_wiebe
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Ferragus am 18:59:33 Fr. 14.August 2020
In der neuen Züricher Zeitung kann man nachlesen, wie die Leute von der Polizei während des Gewahrsam terrorisiert wurden:

https://www.nzz.ch/international/weissrussland-lukaschenkos-regime-geraet-ins-wanken-ld.1571376

Außerdem wird von einer Furcht vor russischer Einmischung gesprochen, die nach den Entwicklungen in der Ukraine durchaus plausibel erscheint.
Hoffentlich stürzen sieh diese Diktatur und wissen auch oder finden bald heraus wie sie den Staat danach einrichten wollen.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 19:40:21 Fr. 14.August 2020
In Moskau findet eine gutbesuchte Solidaritätskundgebung statt für die Menschen in Belarus.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: counselor am 22:15:31 Fr. 14.August 2020
Mich erfüllt die Einmischung sowohl der EU als auch Russlands mit Sorge.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 08:46:00 Sa. 15.August 2020
Es scheinen alle kalt erwischt worden zu sein.
Nich nur wir wurden von dem Wanken einer superstabilen Diktatur überrascht, sondern auch Rußland, die EU und die USA. Deren Krisenstäbe laufen jetzt auf Hochtouren.

Aber was sollen sie machen?
Die Proteste sind weitgehend friedlich, aber sehr machtvoll. Die Frauen, die Bullen knutschen, die Milizionäre, die den Dienst quittieren, die Arbeiter der großen Staatsbetriebe, die die Arbeit niedergelegt haben, machen Schußwaffengebrauch und ein Auffahren von Panzern nicht gerade zu einer vielversprechenden Lösung.

Die Menschen in Belarus haben sich mit vielem abgefunden, mit einem sehr niedrigen Lebensstandard und mit einem repressiven System. Sie wollen weder zurück in die Sowjetunion noch von der EU anektiert worden. Es wurden keine Scheiß-EU-Fahnen bei den Protesten geschwenkt. Man will einfach nicht verarscht werden. Lukaschenko hat den Bogen überspannt.

Swetlana Tichanowskaja ist wohl kaum die Lichtgestalt und Lösung aller Probleme. Im Moment fällt mir nichts anderes ein, als den demonstrierenden und streikenden Menschen in Belarus die volle Solidarität zu zeigen. Ich finde es immerhin tröstlich, daß Rußland und der Westen im Moment auch ratlos sind.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 09:35:10 Sa. 15.August 2020
Aktuelles via Twitter:

8 der 10 größten Industriebetriebe in #Belarus bestreiken #Lukaschenko

Unglaubliche Szenen gerade in #Minsk. Die Polizisten vor dem Parlament haben die Schilder gesenkt und werden von den Leuten umarmt. Offenbar haben sie die Seiten gewechselt.

Lida ist eine Stadt im Westen von #Belarus mit ca. 100.000 Einwohnern. Gestern hat sich dort die Polizei der Demokratiebewegung angeschlossen. An diesem Wochenende werden landesweite Demonstrationen gegen den Wahlbetrug von #Lukaschenko erwartet.

Die #EU akzeptiert den angeblichen Wahlsieg von #Lukaschenko in Belarus nicht und verhängt Sanktionen. Doch die Opposition im Lande sieht den Schritt skeptisch.

In #Belarus möchte die Opposition ihre Streiks fortsetzen. Für heute 12 Uhr ist in #Minsk eine Kundgebung mit Schweigeminute für den getöteten Alexander Taraikovsky an der Metro-Station Pushkinskaja geplant. Ab 13 Uhr soll es einen Marsch durch die gesamte Stadt geben.

Die orthodoxe Kirche stellt sich gegen Lukaschenko. Ihm bröckelt jetzt alles weg. Die Arbeiter der Staatsbetriebe sind ja schon gegen ihn im Streik und auf der Straße, genau so wie die wichtige private IT-Wirtschaft jetzt bleiben ihm wirklich nur noch Polizei und Armee.

https://twitter.com/jan_wiebe
https://twitter.com/hashtag/Belarus?src=hashtag_click
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: NachbarArsch am 14:39:04 Sa. 15.August 2020
Beim ABC Dresden gibts ne ganz interessante Zusammenfassung wie es zur Rebellion kam.

Zitat
Wie kam es zur Rebellion gegen die Diktatur in Belarus

Folgenden Text haben wir vom anarchistischen Newsportal pramen.io übersetzt.

https://abcdd.org/2020/08/11/wie-kam-es-zur-rebellion-gegen-die-diktatur-in-belarus/ (https://abcdd.org/2020/08/11/wie-kam-es-zur-rebellion-gegen-die-diktatur-in-belarus/)

Sowas fällt ja nicht einfach vom Himmel sondern es hat eine lange Vorgeschichte die sich schon in den letzten Monaten zuspitzte.

ganz witzig:
ZitatDas Fehlen des Internets spielte für das Regime nur eine negative Rolle – die Menschen gingen auf die Straße, um herauszufinden, was vor sich ging.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 15:25:41 Sa. 15.August 2020
Bei Twitter tummeln sich inzwischen alle beim Thema #Belarus. Die Neoliberalen, die US Imperialisten, die Vertreter aller Parteien, die Faschos und die Aluhüte. Alle wollen ihr Süppchen auf den Flammen des Protests kochen.

Es macht Sinn, über oberfächliche Kurzmeldungen hinauszukommen:

"Das kann Lukaschenko nicht lange überleben, ist meine Einschätzung.", meint Jan-Henrik Wiebe, Redakteur bei funk.
Ulrich Heyden (der Freitag) ist anderer Meinung: "Im Gegensatz zu Russland wurden in Belarus 26 Jahre lang ohne Unterbrechung Löhne und Renten gezahlt. Der Diktator von Minsk hat nach wie vor eine Massenbasis. Bei den Sicherheitskräften und im Lukaschenko-Lager sind bisher keine Risse sichtbar, also muss man sich wohl auf weitere Jahre mit ihm einstellen."

Da sind kritische Quellen gefragt. Ich schätze das Medium LeftEast bei Osteuropafragen sehr. Bei einem ausführlichen Versuch einer Einschätzung habe ich mich mit Übersetzungssoftware und händischen Korrekturen an eine Übersetzung gemacht. Hier erst einmal über die Rolle der Arbeiter:

ZitatAuf welcher Seite stehen die Arbeiter?

(https://www.criticatac.ro/lefteast/wp-content/uploads/2020/08/protests-belarus-3.png)
Minsker Arbeiter auf dem Lenin-Platz am 4.April 1991

Wenn Sie der Arbeiterklasse gegenüber skeptisch sind, hören Sie auf den Leiter des belarussischen Mises-Zentrums: "Die Protestaktivität wird gegen Null tendieren, bis das Proletariat sich anschließt". Wie in den "guten alten" Tagen haben die Arbeiter heute die meisten Ressourcen, um sich friedlich auf engstem Raum zu versammeln, ohne sich auf das inzwischen prekäre Internet zu verlassen und ohne die Angst, auf der Straße verhaftet zu werden. Sie sind auch die einzige Klasse, die dem Staat materiellen Schaden zufügen und ihn ideologisch herausfordern kann. Belarussische Industriearbeiter haben Erfahrung mit Zusammenarbeit und Koordination, eine Art Organisationsstruktur, wie bürokratisch sie auch sein mag, und die Gewohnheit, klare Forderungen zu formulieren. Meine Feldforschung unter belarussischen Arbeitern und Gewerkschaftsaktivisten in den Jahren 2015-2017 hat mich gelehrt, sehr vorsichtig zu sein, um das Potenzial der organisierten Arbeiterschaft in diesem Land nicht zu überschätzen, aber wenn es eine Hoffnung gibt, die Sackgasse, in die der Protest in Belarus geraten ist, auf friedliche und fortschrittliche Weise zu lösen, dann kann dies nur dank einer organisierten Gruppe von Arbeitern geschehen, die ihre Interessen verstehen, formulieren und verteidigen.

Es gibt bereits viele verstreute Berichte über Unruhen in einigen staatlichen belarussischen Industriebetrieben, darunter das Minsker Automobilwerk, der weltweit führende Muldenkipperhersteller BelAZ und das Chemiewerk Grodno Azot, die für die Wirtschaft des Landes von zentraler Bedeutung sind. Von einem Generalstreik ist dies jedoch weit entfernt, und ich wäre vorsichtig, was die Aussichten betrifft, dass er jemals stattfinden wird. Die belarussische Arbeiterklasse ist atomisiert und individuell von den Bossen auf allen Ebenen abhängig. Seit den 1990er Jahren hat es keine großen Streiks mehr gegeben, die Gewerkschaften, die nicht vom Staat kooptiert werden, sind zahlenmäßig gering (nur etwa 9000 Mitglieder) und es mangelt an Ressourcen. Die spontanen Streiks, die zuvor stattgefunden hatten, wurden schnell unterdrückt.

Ein politischer Streik ist jetzt eine großartige Idee, da der Staat nach wie vor die führende Rolle in der Wirtschaft innehat und 45 % der Arbeitnehmer des Landes beschäftigt. Wir befinden uns jedoch nicht mehr im Jahr 1991, mit seiner komplexen Schichtung von Konflikten innerhalb der herrschenden Elite und mit der relativen Autonomie der Arbeiter in den Fabriken. Das gegenwärtige belarussische Arbeitsregulierungsregime ist für die Arbeiter schlimmer als in der späten Sowjetzeit, da es die bürokratische Despotie der sowjetischen Vergangenheit mit der Marktdespotie der kapitalistischen Gegenwart kombiniert.

Ich hoffe und vermute jedoch, dass eine Form der spontanen Organisation auf Betriebsebene stattfindet, wie aus den Videos und Berichten von Hunderten von Arbeitern ersichtlich ist, die sich versammeln, um ihren Vorgesetzten ihre Forderungen vorzutragen und auf deren Umsetzung zu bestehen. Diese Forderungen sind: eine Neuauszählung der Stimmen, Garantien, dass diejenigen, die an Straßenprotesten teilgenommen haben, nicht gefeuert werden, die Freilassung der Häftlinge, die Wiederherstellung des Internetzugangs; sie laufen auch auf einen Ausdruck des Misstrauens gegenüber offiziellen Gewerkschaften hinaus.

Dies sind "politische" Forderungen, die von den Straßen gebracht werden, aber dringendere wirtschaftliche Forderungen sind bereits an den Wänden der Fabriken zu sehen. Ein Zitat aus einem Faltblatt, das irgendwo in einem Minsker Traktorenwerk aufgehängt wurde, ist anschaulich:

    Die Fabrik ist dank seiner Arbeiter noch am Leben!

    Kein Drehbank-Messer? Holen Sie es in Schdanowitschi [ein Dorf in der Nähe von Minsk, hier: ein weit entfernter und schwer zugänglicher Ort]. Ihr Chef hat Ihnen keine Arbeitskleidung gegeben? Scheiß drauf, ich werde sie auf dem Markt kaufen. Dann wird der Chef Sie bitten, nach Ende Ihrer Schicht zu bleiben, weil "Sie den Plan erfüllen müssen". Sie bekommen Ihren Gehaltsscheck und verstehen, dass Sie verarscht worden sind. Sie beschweren sich bei der Gewerkschaft, aber die Antwort kennen Sie bereits. Sie bekommen einen Arbeitsunfall und registrieren ihn als Unfall außerhalb des Arbeitsplatzes, weil "Sie verstehen...".

     Sie haben das alles verdammt satt, oder?

    Der beste Weg, die Bosse zu beeinflussen, ist in den Streik zu treten. Man muss nicht auf den Platz gehen und mit dem Helm gegen den Bürgersteig knallen. Arbeiten Sie einfach nach den Regeln [...] Verlangen Sie, dass jeder Schritt des technologischen Prozesses vorschriftsmäßig durchgeführt wird. Das ist Ihr Recht. Ebenso wie ein anständiger Lohn und faire Wahlen sind Ihre Rechte, die Ihnen genommen wurden.

    Sie wollen mitmachen, haben aber Angst, gefeuert zu werden? Denken Sie daran, dass kein dreckiger Ideologe Ihren Platz an der Maschine einnehmen wird.

Lukaschenkas Herrschaft begann mit einer blutigen Pattsituation mit streikenden U-Bahn-Arbeitern im Jahr 1995, die erbarmungslos zersplittert, geschlagen und gefeuert wurden. Seine Herrschaft verschärfte sich, nachdem es ihm gelungen war, den riesigen Gewerkschaftsbund zu spalten und zu unterwerfen, dessen Vorsitzender ihn bei den Wahlen 2001 herausgefordert hatte.

Das "belarussische Modell" beruhte darauf, das Proletariat zu zersplittern, zu disziplinieren, zu bestechen und seiner Identität zu berauben. Als Gegenleistung dafür, dass es seiner Klassensubjektivität beraubt wurde, wurden den Arbeitern der Erhalt von Arbeitsplätzen, Einschränkungen bei der Kommerzialisierung der sozialen Sphäre, niedrige Versorgungsrechnungen und ein rituelles Versprechen von 500 Dollar Lohn geboten. In Anlehnung an eine gramskische Redewendung nenne ich dies eine belarussische "passive Revolution":  ein autoritärer Weg der postsozialistischen Transformation, angespornt und vermittelt durch die Angst vor spontanen Protesten aus den sich feindlich gegenüberstehenden sozialen Klassen. Vielleicht können die Arbeiter die Richtung dieses Prozesses ändern, indem sie ihre Subjektivität zurückgewinnen. Das wird definitiv nicht über Nacht oder diese Woche geschehen, aber ich kann mir keine andere optimistische Utopie vorstellen, um die gegenwärtige Sackgasse zu überwinden.

Meine Überzeugung, dass die organisierte Arbeiterschaft und nicht eine dezentrale netzwerkartige Bewegung ohne Führer der einzige Akteur ist, der in der Lage ist, klare Forderungen zu formulieren und den Behörden Gehör zu verschaffen, kann durch ein Video des Treffens zwischen den Arbeitern des BelAZ-Werks und dem Bürgermeister von Schodino veranschaulicht werden, das am 13. August stattfand. Zur Mittagszeit versammelten sich mehrere hundert Arbeiter vor den Fabriktoren und trafen sich mit ihrem Direktor und später mit dem Bürgermeister. Das Gespräch war angespannt, aber respektvoll. Der Bürgermeister wirkte verwirrt und schüchtern. Die Arbeiter forderten die Freilassung ihrer Kollegen, Verwandten und Freunde aus der Untersuchungshaftanstalt, die Entsendung der Spezialeinheiten aus der Stadt ("Warum brauchen wir einen Lohn, wenn wir geschlagen werden?"), und ihre Stimmen wurden nachgezählt. Sie bestanden darauf, dass ihre Stadt sicher sei und dass sie die Situation unter Kontrolle hätten. Der Bürgermeister konnte natürlich keine klaren Zusagen machen, erklärte sich aber bereit, sich am Abend mit den Arbeitern vor dem Werk zu treffen, um ihre Forderungen zu besprechen. Er wurde mit den Worten "Danke!" und den Sprechchören "Der Bürgermeister mit den Menschen!" verabschiedet. Das Werk hat nicht aufgehört zu arbeiten, aber nachdem ich das Video gesehen habe, bin ich weniger skeptisch, was die Möglichkeit eines wirklich langwierigen Streiks betrifft. Bis jetzt ist dies der einzige Kanal, über den die Demonstranten die Behörden zu einer Art Dialog auf lokaler Ebene zwingen können. Wenn die Zentralregierung diese Möglichkeit beschneidet, wird das nur zu ihrem eigenen Nachteil sein.

(https://lh3.googleusercontent.com/w5T33_uTky-7O4n04iXXpzuooSCFoJ4bso2zgzIfHREq8RO2tHH414JgwzkzG6FhuIVFQV1mdhMZ6xMzi1d9-CSkSDoTxPB0TdWbTuAQXg_aSqNHypx0AZxMs9L-ag4e8jzhYTBH)
BelAZ-Arbeiter am 13. August.

Später an diesem Tag traf der Bürgermeister schließlich mit einer riesigen Menschenmenge von BelAZ-Arbeitern und anderen Stadtbewohnern zusammen. Statt explodierender Blendgranaten und dem Geräusch von Gummigeschossen fand ein langes und wenig fruchtbares Gespräch über die Fälschung von Wahlen, die Gewalt der Bereitschaftspolizei und die Notwendigkeit der Freilassung der in der örtlichen Untersuchungshaftanstalt Inhaftierten statt, von denen viele aus Minsk hergebracht wurden.

Nach einer Variation seines Lieblingsthemas "Entkleiden und Arbeiten" hörte Lukaschenka auch "die Meinung der Arbeitskollektive" und versprach, mit der Empörung der Polizei "fertig zu werden", und der Polizeichef entschuldigte sich für die Exzesse. Die Behörden begannen nachzugeben, aber die Menschen waren nicht zufrieden und die Situation entwickelt sich weiter.

Als ich diesen Artikel beende, hat sich am 14. August das Minsker Traktorenwerk erhoben. Am Tag zuvor waren die Arbeiter sehr zögerlich und ängstlich, sie konnten nicht entscheiden, wann und wie sie sich versammeln und was sie tun sollten. Aber dennoch versammelten sich Tausende von ihnen vor ihren Fabriktoren und marschierten in Richtung Stadtzentrum, zusammen mit verschiedenen anderen Demonstranten, den oben erwähnten "postmodernen Partisanen". Es war ein ruhiger Tag, die Bereitschaftspolizei stand auf der Hut, konnte die Menge aber nicht vertreiben. Der Weg war derselbe wie 1991:  vom industriellen Partizan-Viertel von Minsk zum Unabhängigkeitsplatz, der früher als Lenin-Platz bekannt war...

(https://www.criticatac.ro/lefteast/wp-content/uploads/2020/08/protests-belarus-5.png)
https://www.criticatac.ro/lefteast/partisans-or-workers-belarusian-protest/
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: counselor am 18:20:47 Sa. 15.August 2020
ZitatBELARUS - Zigtausende im Streik gegen Wahlfälschung

Am 14. August gingen in Belarus Zehntausende Arbeiter und Angestellte aus über 40 Fabriken in den Streik. Darunter aus acht Krankenhäusern, aus der Metro, aus dem Elektromechanischen Werk, dem Motorenwerk, dem Autowerk, dem Metallurgiewerk usw.

Quelle: https://www.rf-news.de/2020/kw33/zigtausende-im-streik-gegen-wahlfaelschung
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 12:04:16 So. 16.August 2020
Bochum

(https://abload.de/img/73ktj.jpg) (https://abload.de/image.php?img=73ktj.jpg)
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 16:05:12 So. 16.August 2020
https://www.youtube.com/watch?v=FD8e7ucEYbA
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: CubanNecktie am 16:47:57 So. 16.August 2020
aber lieber Lukaschenko, als braune Scheiße!

https://www.facebook.com/profile.php?id=100009256183494&__tn__=%2CdlC-R-R&eid=ARAeLSp9yioiPtTAYrGa6s4mlRkJT_BZ0ZszriWXKkEG3MK6lcTbL8nkBQ9I0Gc-f5yXVNFmUkV8ouKR&hc_ref=ARS11tcdwE1JxksoqF0LFNzg_fdCHSKZuX2qA0awRyI8KlJqqgOTEXXeLb9s0JJp85A

hab das im Fressenheft gefunden. Also wenn das mit den Flaggen so stimmt, dann wie gesagt lieber Lukaschenko?! Einen Maidan 2.0 brauchen wir und das Volk von Weißrussland nicht :(
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 16:55:30 So. 16.August 2020
1. Kann den facebooklink nicht öffnen.

2. Ich vestehe dich nicht.
Ich kann die Farbe des Gummiknüppels nicht fühlen.
Es macht für mich keinen Unterschied, ob ich von belarussischen, chinesischen, russischen, amerikanischen, deutschen oder ungarischen Cops zusammengeschlagen werde. Es schmerzt überall ähnlich.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: counselor am 17:50:54 So. 16.August 2020
Der Facebook-Link führt zum Profil eines "Maik Müller". Der scheint schon irgendwie links eingestellt zu sein, aber zu Belarus finde ich da nichts.

Meiner Meinung nach sollten sich weder der Westen, noch Russland oder eine andere Macht in Belarus einmischen. Es soll doch die Bevölkerung entscheiden, wie sie leben will und wer ggfs regiert.

Vielleicht bringt dieser Artikel etwas Licht ins Dunkel, worum es geht

ZitatBELARUS - Hintergrund: Das Ringen von EU und Russland um die Vorherrschaft über Belarus

Die Hauptforderungen von Swetlana Tichanowskaja und ihrem Mann Sergej Tichanowski sind blass formuliert, als wollten sie ihre wirklichen Ziele nicht nennen.

Sie sagen nicht, wie es in der Ukraine auf dem Maidan war, ,,Anschluss an die EU", sondern: Neuwahlen, Entlassung der politischen Gefangenen und ,,Unabhängigkeit des Landes" oder ,,Veränderung". Aber Sergej Tichanowski setzt auch hinzu: ,,Ich bin kein Russlandfreund". Freunde hat er allerdings in der EU. So titelte die FAZ am 5. August: ,,Die EU muss die Eigenständigkeit von Belarus stützen".

Belarus mit seinen 9 Mio. Einwohnern liegt wie ein Pufferstaat zwischen EU und Russland. Bedrängt von beiden Seiten. In Belarus wurden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die meisten Fabriken und die Landwirtschaft nicht privatisiert. So dass es heute nur wenige Oligarchen gibt. Der Großteil der Industrie ist staatlich.

Von Russland erhielt Belarus bisher zu russischen Inlandspreisen Erdöl, das hier in großen Raffinerien zu Diesel und Benzin verarbeitet, dann in den Westen verkauft wurde. 8 Mrd. Euro flossen jährlich aus diesem Geschäft in die Staatskasse. Auch sonst exportierte das Land Milch, Traktoren, Kühlschränke, Busse und Textilien - vor allem nach Russland, aber auch in die EU. So dass auch bestimmte soziale Bereiche erhalten blieben: Schulen, Krankenhäuser. Das ändert sich jetzt im Zusammenhang mit der begonnenen Weltwirtschaftskrise und der Corona-Pandemie.

.Russland hat seine Ölexporte nach Belarus drastisch eingeschränkt und das Land war gezwungen, Öl aus den USA für seine Raffinerien einzukaufen. Russland will insgesamt mehr Profite aus dem Handel mit Belarus ziehen und sämtliche Sonderbestimmungen bis 2025 abbauen. Schon für dieses Jahr wird ein Rückgang der Wirtschaft von Belarus um zwei bis vier Prozent erwartet. Das schränkt den Spielraum für Zugeständnisse an die Bevölkerung ein.

Die EU-Monopole drängen ihrerseits auf Öffnung des Landes für Investitionen, nach Zugang zum Markt und wollen Russland die Vorherrschaft abringen. Bisher standen Einschränkungen und Verbote bezüglich des Verkaufs von Fabriken ihren Investitionen entgegen. So scheiterte zum Beispiel der Aufkauf einer Reifenfabrik durch Continental, oder der Kauf einer Kältefabrik durch die Linde AG. Um das zu ändern, hob die EU die Sanktionen gegen Belarus im Jahr 2016 auf, mit der Hoffnung, bessere Bedingungen für das Eindringen in die Wirtschaft des Landes zu schaffen. Dazu gibt es eine Menge von Institutionen, z.B. eine mit dem Namen: German Economic Team Belarus. Ziel ist, den ,,Transformationsprozess der belorussischen Volkswirtschaft zu begleiten". Damit verbunden pflegen sie eine enge Zusammenarbeit mit der sogenannten ,,Zivilgesellschaft".

Zu ihr gehören auch Blogger wie Sergej Tichanowski, der in Youtube-Filmen besonders Geschäftsleute und ihr positives Leben ins Zentrum rückte. Auf EU-Ebene gibt es die Association of European Business, deren Ziel verbesserte Investitionsbedingungen sind. Inzwischen gibt es im Land sechs sogenannte ,,Freie Wirtschaftszonen". In der in Minsk sind 120 Unternehmen mit gemischtem inländischen und ausländischen Kapital angesiedelt, angelockt auch durch Vergünstigungen bei Zoll und Steuern. Auch das geht voll auf Kosten der Bevölkerung.

Die Kritik in Rote Fahne News vom 13. August, dass die Hintergründe der führenden Personen und der ganzen Situation und der Einfluss des Westens nicht vernachlässigt werden dürfen, ist richtig und wichtig. Die hier herrschende komplizierte Situation eines Landes zwischen dem EU und dem neuen russischen Imperialismus darf nicht unterschätzt werden. Die Arbeiter und die Massen des Landes stehen in einem mutigen, schwierigen Kampf, der sich gegen beide imperialistische Mächte richten muss. Ihnen gehört unsere Solidarität.

Quelle: https://www.rf-news.de/2020/kw33/hintergrund-das-ringen-von-eu-und-russland-um-die-vorherrschaft-ueber-belarus
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: CubanNecktie am 18:29:18 So. 16.August 2020
ah, versteh, sorry - sein Beitrag ist nicht öffentlich, man muss also Fressenheftmitglied sein ...
wir werden sehen was sich entwickelt, hoffentlich nicht so, wie in der Ukraine.

wenigstens kann ich seine Bilder teilen:
(https://scontent-frx5-1.xx.fbcdn.net/v/t1.0-9/117540146_2672420649743115_4833162671471349489_n.jpg?_nc_cat=105&_nc_sid=8024bb&_nc_ohc=K9072msfc90AX95EIBE&_nc_ht=scontent-frx5-1.xx&oh=2680ed96c3627f887ed9a827d708b7d5&oe=5F5E8EF2)

(https://scontent-frt3-1.xx.fbcdn.net/v/t1.0-9/117713394_2672421059743074_5784731112182937605_n.jpg?_nc_cat=102&_nc_sid=8024bb&_nc_ohc=r6RP9pXeG-cAX8qhrgJ&_nc_ht=scontent-frt3-1.xx&oh=f868876dbfd693d1d1c1096242003d2b&oe=5F5E9C44)

(https://scontent-frt3-1.xx.fbcdn.net/v/t1.0-9/117866145_2672421149743065_5809358097908790876_n.jpg?_nc_cat=106&_nc_sid=8024bb&_nc_ohc=vy9wRPLgoyQAX-6nMcz&_nc_ht=scontent-frt3-1.xx&oh=091f38b6081a84eab99d1bfe7fb9aca9&oe=5F5ED0EC)
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 18:39:49 So. 16.August 2020
In der Ukraine waren es anfangs auch Sozialproteste. Man protestierte gegen Verarmung, Korruption und Machtmißbrauch. Es mischten sich dann immer mehr Faschisten, Geheimdienstleute und Militionäre in die Auseinandersetzungen. Das Blutbad ging von rechten Kräften aus.

Das war nicht Schuld derjenigen, die für ein besseres Leben demonstriert haben.

Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: counselor am 18:42:58 So. 16.August 2020
Wir kennen das Phänomen ja auch von den Hygiene-Demonstrationen. Die Faschisten marschieren mit und versuchen, die Proteste zu kapern. Und die EU hat sicher kein Problem mit Faschisten zusammenzuarbeiten.

Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: NachbarArsch am 19:53:04 So. 16.August 2020
Versteh das jetzt nicht mit den Flaggen.
Die Weiß-Roten mit dem Reiter beziehen sich auf die Weißrussische Volksrepublik
https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Frussische_Volksrepublik (https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Frussische_Volksrepublik)

Oder waren die Braun? ich weiß echt wenig über dieses Land.

Auch dort wirds mindestens vereinzelt Nazis oder Faschisten geben. Und klar versuchen die in dieser Situation zu profitieren und nach vorn zu kommen. Hoffe das sind da nicht so viele und die haben keine Chance.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: admin am 20:50:43 So. 16.August 2020
Ich war öfter in Belarus und habe Freunde dort.
Ich bin kein Weißrußlandkenner, habe aber folgende Eindrücke mitgebracht:
Es ist ein freundliches, aber sehr konservatives Land von den Menschen her.
Das Lohnniveau und die Freiheiten sind unterhalb denen von China anzusiedeln. Die Leute haben sich da eingerichtet. Auf dem Land bekommen die Bewohner nur Informationen aus staatlichen Medien, sind religiös und lieben Lukaschenko. In den Städten sind die Menschen oppositioneller. Junge Leute träumen dort vom Riots und Aufständen, doch es herrscht(e) Friedhofsruhe. Es gibt da vergleichbare Jugendsubkulturen wie bei uns, tätowiert, gepierct, Dreadlocks, Punk-Look. Da die Regierung sich "kommunistisch" nennt, sind junge Opppositionelle eher anarchistisch eingestellt. Es gibt auch junge Leute, die geben sich als Faschos. Das ist eher eine Protesthaltung, weil Lehrer, Sozialarbeiter und der Staat sich als "antfaschistisch" geben. Ich hatte nicht den Eindruck, daß die Rechten eine starke Kraft oder Bewegung darstellen. Vieles ist dort eigen, anders. Ich hab gesehen, wie Anarchisten sich in der Kirche bekreuzigt haben.
Ich habe mich dort immer wohl gefühlt. Ich mochte die Leute, die es sich in schlimmen Verhältnissen irgendwie eingerichtet haben und so klarkommen. Junge Leute gehen über die Grüne Grenze (die Schengen-Visa sind unglaublich teuer), trampen nach  Berlin, putzen dort gegen Trinkgeld Autoscheiben an einer Ampel und finden Berlin total aufregend. Sie trampen aber auch mal zu einem Konzert nach Moskau. Die Menschen mögen in einigen Sachen etwas verwirrt sein, aber sie sind trotzdem recht gut davor. Die haben keinen Bock auf Rußland und betrachten es ähnlich, wie wir die Amis. Aber sie schwenken auch keine EU Fahnen. Sie wollen in Ruhe gelassen werden und ihr Leben leben.

Wir sollten Solidarität zeigen, ihnen aber nicht sagen, was sie machen sollen.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: admin am 09:04:09 Mo. 17.August 2020
Nachtrag:

Die deutsche Wehrmacht hat in Weißrußland brutal gewütet.
ZitatVon 1941 bis 1944 ermordeten Wehrmacht und SS rund zweieinhalb Millionen Einwohner Weißrusslands – mehr als ein Viertel der Bevölkerung. Die deutschen Soldaten führten einen Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung. Es wurden mehr als 200 Städte und 9000 Dörfer zerstört. Vielfach trieben die deutschen Soldaten die Dorfeinwohner in Scheunen und brannten diese nieder, wie 1943 in Chatyn (nicht zu verwechseln mit Katyn). Heute ist dieser Ort nahe Minsk eine Gedenkstätte für die Opfer des Zweiten Weltkrieges. Allein in Minsk ermordete die deutsche Besatzungsmacht mehr als 100.000 Einwohner. Die jüdische Bevölkerung Weißrusslands wurde fast vollständig ermordet. Etwa acht bis neun Prozent aller umgebrachten europäischen Juden stammten aus Weißrussland. Fast alle Städte des Landes waren völlig zerstört. Die Industriebetriebe waren um 85 Prozent, die Industriekapazität um 95 Prozent, die Saatfläche um 40 bis 50 Prozent, der Viehbestand um 80 Prozent zurückgegangen. Es gab nach dem Kriegsende drei Millionen Obdachlose. 25 Prozent der weißrussischen Bevölkerung waren umgekommen. Weiterhin wurde ein Großteil der ethnischen Polen (etwa 300.000) in die Polen zugeschlagenen deutschen Ostgebiete zwangsumgesiedelt. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Weißrussland zehn Millionen Menschen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Wei%C3%9Frusslands

Der Widerstand gegen die Faschisten war vorbildlich:
ZitatDie bewaffnete Widerstandsbewegung Weißrusslands galt als eine der stärksten Europas. Es gab über 1000 Partisanengruppen, welche zumeist kommunistisch, aber auch nationalistisch orientiert waren.
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Wei%C3%9Frusslands

Zitat1943 soll es sowjetischen Quellen zufolge in Weißrussland allein 375.000 Partisanen gegeben haben, davon seien 65 Prozent Weißrussen gewesen. Die weiteren 35 Prozent setzten sich aus 45 verschiedene Ethnien, wie 4.000 Polen, 400 Tschechen und Slowaken, 300 Jugoslawen und weitere, zusammen.

Nach einer Aktennotiz des Befehlshabers des Rückwärtigen Heeresgebietes der Heeresgruppe Mitte Max von Schenckendorff vom 6. September 1942 sank durch die Partisanen die Transportleistung der Bahn unter 50 % und die direkte Versorgung der Armee auf 2 Drittel. So fuhren zwischen dem 24. August und dem 17. September 1942 statt der geplanten 672 Züge nur 343, wobei selbst Munitionszüge mit höchster Priorität ausfielen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetische_Partisanen

Stalin hatte panische Angst vor der Widerstandskraft der weißrussischen Bevölkerung. Er überschüttete sie mit Lob und Auszeichnungen. Die weißrussischen Städte Brest und Minsk erhielten den Titel "Heldenstadt". Große Erfolge im Kampf gegen die Wehrmacht wurden in den weißrussischen Sumpfgebieten erzielt. Stalin ließ einen Großteil der Sümpfe trockenlegen.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 08:47:27 Di. 18.August 2020
Einschätzung vom Neuen Deutschland, warum Belarus nicht mit der Ukraine zu vergleichen und ein Maidan nicht zu erwarten ist.

ZitatDer wesentliche Unterschied ist jedoch, dass die Kiewer Taktik in Minsk nicht anwendbar wäre. In der Ukraine konnte sich der kleine, aber militärisch gut vorbereitete rechtsradikale Teil der Protestierenden auf Augenhöhe mit den schwachen Sicherheitsbehörden behaupten. In Belarus gibt es weder einen rechten Sektor noch eine schwache Polizei. Die sehr vereinzelten Versuche am Montag, Molotowcocktails zu werfen, wurden schnell wieder aufgegeben. Stattdessen setzt man auf kleinere, friedliche Demonstrationen, die an sehr vielen Orten gleichzeitig stattfinden, um die Polizei zu erschöpfen. Und auch auf die von Frauen angeführten Ketten der Solidarität, die kaum angreifbar sind. Das zeigt auf eine ganz andere Art als in Kiew, dass weder die Sondereinsatztruppen der Polizei noch das berüchtigte belarussische Überwachungssystem allmächtig sind.

Dennoch muss der Schlüssel für den Sieg gegen Lukaschenko nicht auf der Straße liegen. Seit Donnerstag wird in immer mehr größeren Betrieben des Landes, die fast alle in staatlicher Hand sind und deren wichtigster Abnehmer Russland ist, protestiert oder gestreikt. Am Freitag gewann diese Entwicklung erneut an Dynamik. Die Arbeiter fordern von Lukaschenko Neuwahlen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1140474.belarus-kein-maidan.html
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 10:39:54 Di. 18.August 2020
Leseempfehlung:

Perspektive:
ZitatWir sprachen mit einem der Aktivisten der Gruppe ,,SabastowkaBY" (,,Streik Belarus"), die neben politischen Parolen drängende soziale Probleme aufgreift, von denen die Erwerbstätigen in Belarus betroffen sind.
https://perspektive-online.net/2020/08/arbeitergruppe-streik-belarus-im-land-ist-eine-neue-generation-linker-aktivistinnen-herangewachsen/
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 18:25:12 Mi. 19.August 2020
(https://abload.de/img/vakju.png) (https://abload.de/image.php?img=vakju.png)
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: BGS am 23:19:25 Mi. 19.August 2020
Zitat von: admin am 20:50:43 So. 16.August 2020
Ich war öfter in Belarus und habe Freunde dort.
Ich bin kein Weißrußlandkenner, habe aber folgende Eindrucke mitgebracht:
Es ist ein freundliches, aber sehr konservatives Land von den Menschen her.
Das Lohnniveau und die Freiheiten sind unterhalb denen von China anzusiedeln. Die Leute haben sich da eingerichtet. Auf dem Land bekommen die Bewohner nur Informationen aus staatlichen Medien, sind religiös und lieben Lukaschenko. In den Städten sind die Menschen oppositioneller. Junge Leute träumen dort vom Riots und Aufständen, doch es herrscht(e) Friedhofsruhe. Es gibt da vergleichbare Jugendsubkulturen wie bei uns, tätowiert, gepierct, Dreadlocks, Punk-Look. Da die Regierung sich "kommunistisch" nennt, sind junge Opppositionelle eher anarchistisch eingestellt. Es gibt auch junge Leute, die geben sich als Faschos. Das ist eher eine Protesthaltung, weil Lehrer, Sozialarbeiter und der Staat sich als "antfaschistisch" geben. Ich hatte nicht den Eindruck, daß die Rechten eine starke Kraft oder Bewegung darstellen. Vieles ist dort eigen, anders. Ich hab gesehen, wie Anarchisten sich in der Kirche bekreuzigt haben.
Ich habe mich dort immer wohl gefühlt. Ich mochte die Leute, die es sich in schlimmen Verhältnissen irgendwie eingerichtet haben und so klarkommen. Junge Leute gehen über die Grüne Grenze (die Schengen-Visa sind unglaublich teuer), trampen nach  Berlin, putzen dort gegen Trinkgelt Autoscheiben an einer Ampel und finden Berlin total aufregend. Sie trampen aber auch mal zu einem Konzert nach Moskau. Die Menschen mögen in einigen Sachen etwas verwirrt sein, aber sie sind trotzdem recht gut davor. Die haben keinen Bock auf Rußland und betrachten es ähnlich, wie wir die Amis. Aber sie schwenken auch keine EU Fahnen. Sie wollen in Ruhe gelassen werden und ihr Leben leben.

Wir sollten Solidarität zeigen, ihnen aber nicht sagen, was sie machen sollen.

Danke fuer diese treffende Beschreibung + Worte. Werde gleichfalls wieder dorthin mich begeben, wenn mehr Zeit. " bed neyshka".

MfG

BGS
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 10:00:05 Do. 20.August 2020
Zitat von: BGS am 23:19:25 Mi. 19.August 2020
Werde gleichfalls wieder dorthin mich begeben, wenn mehr Zeit. " bed neyshka".

Das wäre super. Ich würde mich über Berichte mit deinen Eindrücken sehr freuen.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 13:22:15 Fr. 21.August 2020
Aktuelle Streikkarte:

(https://pbs.twimg.com/media/Ef7QvHbWAAUfphV?format=png&name=small)

https://belzabastovka.org/
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 16:58:54 Mo. 24.August 2020
(https://forum.chefduzen.de/proxy.php?request=http%3A%2F%2Ffluter.de%2Fsites%2Fdefault%2Ffiles%2Fstyles%2Fborealis_teaser_respondmedium%2Fpublic%2Fcms-image-000048907_0.jpg%3Fitok%3Dxhwuufjd&hash=495c98ee52f8ce4e64dad4a9f19b342bad8debe7)

Ziemlich Underground

Die Proteste in Belarus haben eine Vorgeschichte: Ein Theater spielt seit Jahren gegen den autoritären Präsidenten an

http://fluter.de/vorhang-ab

Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 17:22:09 Di. 25.August 2020
https://youtu.be/eopt_IqefTk
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 08:51:13 Di. 01.September 2020
ZitatOpposition kündigt Massenstreiks gegen Lukaschenko an

Die Opposition in Belarus will den Druck auf Machthaber Lukaschenko weiter erhöhen. Sie kündigte landesweite Streiks an - und gab die Gründung einer neuen Partei bekannt.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/belarus-opposition-kuendigt-massenstreiks-gegen-alexander-lukaschenko-an-a-2a38011c-e3a7-423d-9523-d0cf07443386
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 18:31:49 Mi. 02.September 2020
ZitatIn Belarus sind nach Erkenntnissen der Vereinten Nationen seit der umstrittenen Präsidentenwahl mehrere hundert oppositionelle Gefangene misshandelt und gefoltert worden.

Entsprechende Berichte seien äußerst beunruhigend, erklärte der UNO-Sonderberichterstatter für das Thema Folter, Melzer, in Genf. Es seien mehr als 450 Fälle dokumentiert worden. Die UNO forderte die Behörden in Belarus auf, alle Menschenrechtsverletzungen umgehend zu beenden. Sie geht davon aus, dass in den vergangenen Wochen insgesamt 6.700 Menschen im Zuge der Proteste festgenommen wurden.

Unterdessen sind in Belarus mehrere hundert Studierende dem Aufruf der Oppositionspolitikerin Tichanowskaja gefolgt und haben den Beginn des neuen Studienjahres boykottiert. Augenzeugenberichten zufolge schwenkten sie in Minsk Fahnen der Opposition und sammelten Unterschriften.
https://www.deutschlandfunk.de/belarus-uno-berichtet-ueber-folter-und-misshandlungen.2932.de.html?drn:news_id=1168258

ZitatStreik-Anführer Anatoli Bokun festgenommen

Nach erneuten Demonstrationen gegen Staatschef Lukaschenko in Belarus hat die Polizei den Streik-Anführer einer der größten Produktionsstätten im Land festgenommen.


Dem Mann namens Anatoli Bokun drohen 15 Tage Haft, weil er einen Protest beim Kali-Salzhersteller Belaruskali organisierte. Das Unternehmen ist der weltweit fünftgrößte Produzent von Kalisalz und wichtigste Einkommensquelle für Belarus.

Auch weitere Oppositionelle wurden inhaftiert. Das Auswärtige Amt bestellte den belarussischen Botschafter ein, um gegen die Festnahme zahlreicher ausländischer Journalisten in Minsk zu protestieren. Die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland verhängten Einreisebeschränkungen gegen den belarussischen Staatschef Lukaschenko und 29 seiner Unterstützer.
https://www.deutschlandfunk.de/belarus-streik-anfuehrer-anatoli-bokun-festgenommen.1939.de.html?drn:news_id=1167839
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 17:50:07 So. 06.September 2020
(https://pbs.twimg.com/media/EgQOr16WsAEpoH7?format=jpg&name=large)

https://twitter.com/NordkurveBBG
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 18:03:12 So. 06.September 2020
Aus der Googleübersetzung:

ZitatItalienische Streiks werden unter den Beschäftigten immer beliebter.
https://belzabastovka.org/news/kak-provodit-italyanskuyu-zabastovku/

Italienischer Streik? Ich fand folgende Erkärung: "Dieses Konzept ist eine Protestaktion, bei der die Menschen, anstatt ihre Funktionen aufzugeben, im Gegenteil beginnen, sie so sorgfältig und wortwörtlich auszuführen, dass die Effizienz der Arbeit erheblich sinkt."

Gestern gab es auch einen Radiobericht darüber, daß das Langsamarbeiten zu einer immer beliebteren Kampfform in Belarus wird.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Ferragus am 13:39:27 Mo. 07.September 2020
Hier gibts einen englischen Aufruf, Flugschrift aus Belarus - von Linksradikalen:

https://dasgrossethier.wordpress.com/2020/08/31/belarus-to-the-communists-and-leftists-of-the-world/

Da wird unter anderem kritisiert, dass die liberale Opposition nur zu Streiks im Staatlichen Sektor ermuntert, obwohl die Mehrheit der Lohnabhängigen im privaten Sektor arbeitet.
Sie suchen Leute, die sie bei der Agitation unterstützen können und entsprechende sprachliche Kenntnisse haben.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 20:30:31 Di. 08.September 2020
Zwei dieser Aufrufe in schneller Eigenübersetzung:

AN DIE ARBEITER!

Belarus wird von Protesten überrollt. Jeden Tag hört man auf den Straßen Schreie und Schüsse, jeden Tag werden von der Polizei mehrere hundert bis mehrere tausend Menschen verhaftet. Der Konflikt eskaliert, und es hat bereits mehrere Opfer gegeben.

Die Menschen haben das Recht zu protestieren, und wir verstehen, dass viele von ihnen durch das Gefühl der Empörung und Ungerechtigkeit auf die Straße getrieben werden, doch wenn sie sich den Kugeln und Schlagstöcken stellen und mit der Spezialeinheit der Polizei (ОМОН) kämpfen, riskieren die Menschen ihre Gesundheit, ihre Freiheit und sogar ihr Leben.

Es gibt wirksamere Wege zu kämpfen.

Nicht nur für freie Wahlen, sondern auch für die Möglichkeit, Ihr Leben hier und jetzt zu verbessern. Es gibt eine sehr wirksame und lang erprobte Methode - einen Streik.

Viele rufen jetzt die Betriebe auf, die Arbeit einzustellen, um der Brutalität der Polizei Einhalt zu gebieten.

Aber das reicht nicht aus.

Ein einmaliger Streik für freie Wahlen würde nicht ausreichen. Wir brauchen eine Organisation, die die Arbeiterinnen und Arbeiter jedes Mal aufbringt, wenn der Chef oder der Besitzer "wild" werden. Jeder von uns verbringt die meiste Zeit an seinem Arbeitsplatz, und gerade wegen der dortigen Situation, wegen der Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, wächst das Gefühl, der Freiheit beraubt zu werden.

Wir brauchen eine gute, dauerhafte Organisation der Arbeiter, unabhängig von der Regierung oder dem Eigentümer.

Außerdem werden solche Arbeiterorganisationen nicht nur in den staatlichen Industriegiganten benötigt. Auch heute noch arbeiten die meisten Belarussen in der Privatwirtschaft, und die Situation dort ist oft nicht besser als in den staatseigenen Unternehmen. Und die privaten Eigentümer sind nicht weniger ein "Sponsor des Systems" als die staatlichen Unternehmen.

Es wird seltener darüber gesprochen, weil kein einzelner Geschäftsmann gerne Organisationen in seinem Unternehmen hätte, die seinen Appetit zügeln würden. Doch ohne Arbeiterorganisationen und ohne Kampf im privaten Sektor wird der bedrückende Mangel an Freiheit für die meisten Belarussen nicht verschwinden.

Wofür sollen wir kämpfen?

    Verbot der Privatisierung von Unternehmen
    Erhaltung von Arbeitsplätzen
    Demokratisierung des politischen Systems
    Unverzügliche Freilassung der bei den Kundgebungen grundlos Festgenommenen
    Aufhebung der Verordnung Nr. 3 "Über die Verhütung der sozialen Abhängigkeit".
    Verbot von Bußgeldern und Verlust von Boni
    Annullierung des Vertragssystems
    Erhöhung der sozialen Unterstützung
    Annullierung der Rentenreform
    Schaffung von Gewerkschaften, die unsere Interessen verteidigen werden

Was ist zu tun?

    Sprecht mit euren Kollegen.
    Organisiert einen Chat in sozialen Netzwerken oder auf Messaging-Plattformen.
    Findet die Arbeitsstätten, in denen ein Streik die Produktion oder Dienstleistungen stoppen wird.
    Tretet unseren Medien bei und bereitet euch  darauf vor, die Arbeit zum richtigen Zeitpunkt niederzulegen.

Telegramm: @zabastabel

http://zbstby.org/to-collectives-eng.html



Belarus: An die Kommunisten und Linken der Welt!


Liebe Genossen!

Wir, belarussische Marxisten, Vertreter der wichtigsten kommunistischen und linken Gruppen, Organisationen und Parteien, die die Initiative "StrikeBY" organisiert hatten, möchten Euch bitten, Unterstützung und Hilfe zu leisten.

Die Präsidentschaftswahlen, die in Weißrussland stattfanden, hatten zu einer politischen Krise geführt. Der Konflikt wird sowohl von der politischen Opposition als auch von den Behörden weiter angefacht. All dies führte zu einer beispiellosen Polizeigewalt, die sich niemand in Belarus hätte vorstellen können. Während der langen Jahre der Herrschaft Lukaschenkos, insbesondere in den letzten Jahren, wurde die Gesellschaft immer müder und unzufriedener. Wir sahen Machtmissbrauch durch die Bürokratie und die Gerichte, Gesetze, die sich gegen das Volk und die Arbeiter richteten, schleichende Privatisierung und ein anhaltendes Wachstum des Privatsektors. Die liberale Opposition, die sich an der internationalen Hauptstadt orientiert, nutzt die Wut der Massen und fordert Lukaschenko auf, den Posten zu räumen, und tut dies unter dem Deckmantel friedlicher Proteste, die brutal unterdrückt werden. Der Grad der Unzufriedenheit wächst, und Gewalt wird zur neuen erschreckenden Normalität. Die Opposition ist darauf aus, um jeden Preis zu gewinnen, ebenso wie das Regime, das bereit ist, sich mit allen Mitteln zu verteidigen. Wir sind jetzt Zeugen des Kampfes zwischen dem staatskapitalistischen System, verkörpert durch Lukaschenko, seinem Staatsapparat, und verschiedenen internationalen imperialistischen Kräften, vertreten durch die Opposition.

Zum ersten Mal seit langer Zeit ruft die Opposition die Arbeiter zum Streik auf, allerdings nur in den staatlichen Unternehmen, während die Mehrheit der Belarussen im privaten Sektor arbeitet, wo die Bedingungen häufig schlechter sind als in den staatlichen Unternehmen.

Welche Solidarität suchen wir?

Wir müssen den Arbeitern die wahren Gründe ihrer Unzufriedenheit vermitteln, nämlich dass sie nicht durch die sprechenden Köpfe im Fernsehen hervorgerufen wird, egal vieviel Macht diese Köpfe auch immer besitzen mögen, sondern durch sie tatsächlichen Bedingungen. Dies kann nicht einfach durch Abstimmung oder Sturz des Präsidenten korrigiert werden. Der einzige Weg, die Situation zu korrigieren, ist eine organisierte Kraft der Arbeiter, die hier und jetzt für ihre wirklichen Klasseninteressen eintritt. Und die Arbeiterklasse von Belarus beginnt, sich ihrer Macht bewusst zu werden; es war die Arbeiterklasse, die (wenn auch vielleicht vorübergehend) die Polizeigewalt auf den Straßen stoppte. Und wir müssen diesen Kampf jetzt beginnen, während die Massen radikalisiert und zum Handeln bereit sind.

Was brauchen wir dazu?

Wir brauchen dringend jegliche Hilfe von Kommunisten und Linken, die Russisch und Weißrussisch sprechen, da sie bei Agitation und Kampagnen helfen können. Das Internet und die sozialen Netzwerke geben uns direkten Zugang zu den Menschen, fast auf individueller Basis. Wir müssen diese Gelegenheit nutzen, anfangen zu agitieren und versuchen, so gut wir können, den Klassenkampf, der der Situation zugrunde liegt, zu erklären und ihre tatsächlichen Interessen darzulegen. Wir zählen darauf, dass Ihre Organisationen mit uns Kontakt aufnehmen, sich an der Arbeit beteiligen und die Agitation organisieren.

Wenn ihr Vertreter einer Organisation oder der Medien seid, setzt euch mit unseren Genossen via Telegramm (@zbstSocNet_bot) in Verbindung, um die Zusammenarbeit fortzusetzen.

Ihr könnt uns helfen, indem ihr einfach die Verbreitung unserer Aufrufe und Kampagnenmaterialien über eure Kanäle fördert. Ihr könnt auch mehr tun, wenn ihr oder eure Genossen bereit seid, mit der Online-Verteilung unserer Flugblätter an die Arbeiterinnen und Arbeiter zu beginnen. Es ist eine langweilige und sich wiederholende Aufgabe, die dennoch unserer gemeinsamen Sache helfen könnte. Wenn nötig, erhaltet ihr eine detaillierte Anleitung, wie ihr vorgehen könnt.

https://dasgrossethier.wordpress.com/2020/08/31/belarus-to-the-communists-and-leftists-of-the-world/
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: admin am 19:33:05 Do. 10.September 2020
Am Montag war ich bei einer Diskussion über die Situation in Belarus.
Es war ein Aktivist online aus Minsk zugeschaltet. Es war sehr spannend.

Aus den vielen Informationen will ich die zusammenfassen, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind.

Das Land liegt zwischen Rußland und der EU, doch es ist nicht wirklich interessant für sie. Das Land ist arm, die Landwirtschaft ist unterdurchschnittlich produktiv, denn der Boden ist nährstoffarm und meist zu feucht (Sumpfland). Belarus besitzt außer großer Kalivorkommen kaum Bodenschätze. Die Industrie stammt hauptsächlich aus Sowjetzeiten. Das einzig Moderne ist eine große IT Wirtschaft. Ansonsten ist für ausländische Investoren das niedrige Lohnniveau und die (bisher) politische Ruhe interessant.

Der Minsker Aktivist beschrieb die Belarussen, als die deutschesten Osteuropäer. Sie liebten Ordnung, Anpassung, Bürokratie und auch einen starken Mann. Sie würden die Menschen in den Nachbarstaaten (Polen, Rußland, Ukraine) als Brüder und Schwestern betrachten, doch sie mögen nicht das Extreme. Sie mögen den aggressiven Nationalismus der Ukrainer nicht, die Gewalt und das Geprotze mit Reichtum der Russen nicht. Sie seien bereit auf ökonomisch niedrigen Niveau zu leben, aber extreme Armut ist für sie inakzeptabel und es sei Aufgabe des Staates, da Abhilfe zu schaffen. Extremen Reichtum mögen sie aber auch nicht und halten ihn für obzön. Weißrussische Oligarchen müssen ihren Reichtum eher verstecken, um sich nicht unbeliebt zu machen.

Lukaschenka hatte lange eine große Unterstützung der Bevölkerung, hauptsächlich der ländlichen. Das Monopol staatlich kontrollierter Medien auf dem Land ließ nicht aufrechterhalten und wurde durch die allmaßliche Verbreitung der Internetnutzung in ländlichen Regionen aufgeweicht und aufgehoben. Und mit den ökonomischen Grundlagen des Lebens im ländlichen Raum ging es rapide bergab. Die junge Generation fand dort keine Jobs mehr und wurde in die Arbeitsmigration nach Rußand, Polen und in die Ukraine gezwungen. Den offensichtlichen Wahlbetrug hat die Bevölkerung als Beleidigung aufgefaßt. Es regte sich spontan öffentlicher Protest.

Dieser Protest war jedoch nicht wie die Protestwellen vergangener Jahre ein Produkt bürgerlicher und akademischer städtischer Milieus, sondern es ging nun ein Querschnitt der Gesamtbevölkerung auf die Straße.

Die Staatsorgane glänzten durch Überreaktionen, Zusammenknüppeln von Demonstranten und Massenfestnahmen. Das machte die Menschen noch wütender und gab der Protestbewegung weiteren Zulauf.

An dieser Stelle sind mir viele Parallelen zu Hongkong aufgefallen. Die Selbstorganisation läuft zu einem Großteil über verschlüsselte Telegramkommunikation. (Der wichtigste Telegramkanal ist von einem 16 jährigen gegründet worden. Als man ihm auf die Spur zu kommen drohte, hat er das Land nach Polen verlassen. Es gab eine halbe Million Nutzer des Kanals. Während der momentanen Protestbewegung ist die Zahl auf 2 Millionen gestiegen.) Man organisiert sich weitgehend horizontal, führerlos. Die drei Forderungen der belarussischen Bewegung sind nahezu deckungsgleich mit den 5 Forderungen der Hongkonger. Man will, daß die Behörden sich für das getane Unrecht an der Bevölkerung offiziell entschuldigen. Die Gewalt von Polizei und Milizen soll aufgearbeitet werden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Lukaschenka soll zurücktreten und den Weg für Neuwahlen freimachen.

In Hongkong und Belarus sind es Massenbewegungen geworden, die von einem Großteil der Bevölkerung Sympathie und Unterstützung erhalten. In beiden Ländern sind es heterogene Bewegungen.

In Belarus handelt es sich inzwischen nicht mehr um Repression nach den Regeln eines autoritären Staates, sondern die staatlichen Schergen gehen ohne Regeln gegen den Protest vor. Hausbesuche und Razzien ohne Durchsuchungsbescheid, Folter und Vergewaltigungen von Inhaftieren, Erstürmung einer Uni mit ziellosen Knüppeleinsätzen gegen Studenten. In den letzten Tagen sind wohl mehrere tausend Staatsdiener in Zivil gegen die Protestierenden vorgegangen, haben innerhalb der Demos angefangen auf die Demonstranten einzuknüppeln. Bisher kosteten die Auseinandersetzungen mindestens 5, wahrscheinlich 6 Menschenleben. (Ähnliche Maßnahmen hat es, wohl weniger ausgeprägt, auch in Hongkong gegeben.)

Ich mache die Unterschiede zwischen den Bewegungen in Hongkong und in Belarus hauptsächlich an zwei Merkmalen fest:
1. In Hongkong hat man gerlernt, sich militant gegen die Staatsmacht zu wehren. In Belarus sieht man sich dafür nicht vorbereitet und die Mehrheit lehnt bisher Gewalt ab. Ein besonderes Merkmal ist die Rolle der Frauen, die die Polizeigewalt dadurch aufhalten, daß sie sich unbewaffnet und oft mit weißen Kleidern und Blumen sich den Polizisten entgegenstellen. Teilweise werfen sie sich auch bei unübersichtlichen Handgemengen einfach dazwischen.

2. Mögen beide Länder zwichen Machtblöcken und deren Interessen liegen, gehen sie unterschiedlich damit um. Ein Teil der Bewegung Hongkongs erhofft sich Vorteile aus den Machtinteressen der Blöcke und Unterstützung aus dem Ausland. Die Protestbewegung in Belarus sieht es scheinbar sehr anders. Sie sehen es als ein Problem, daß sie mit ihrer Regierung haben und das sie lösen müssen. Sie sind der Meinung, daß Rußland und die EU nichts damit zu tun haben und auch nichts damit zu tun haben sollten. Sie wollen ihr Problem selbst lösen.

Der Minsker Aktivist versuchte die Situation folgendermaßen zu beschreiben: Die meisten Menschen in der Bewegung haben sich nicht nur noch nie zuvor politisch engagiert, großteils nicht einmal politisch interessiert. Sie sind jetzt erwacht und betreten Neuland. Zu großen Teilen können sie nicht auf existierende oppositionelle Strukturen zurückgreifen, um sich zu engagieren, zu kämpfen, sondern diese Strukturen entstehen zumeist erst durch die Auseinandersetzung. Kaum etwas hat man vorhersehen können. Die Situation ändert sich jeden Tag. Die Streikwelle war nicht vorherzusehen. Auch an dieser Front kann sich alles ändern, vielleicht entwickelt sich in wenigen Wochen ein Generalstreik. Man hat kaum Erfahrung in diesen Dingen und keinen Plan. Man ist sich aber einig, es gibt kein Zurück.

Die Forderungen erscheinen erst einmal zurückhaltend, fast zahm. Man will in Belarus ein Leben, das ökonomische Mindeststandards einhält, damit man nicht mehr zur Arbeitsmigration gezwungen ist. Ansonsten kämpft man für die Würde der Menschen, die sich nicht länger vor gewalttägigen "Ordungshütern" herumkommandieren lassen wollen.

Ein paar Worte zur Rolle Rußlands. Nach Einschätzung des Aktivisten ist Belarus für Rußland eher ein Problem, als nützlich. Der Vorteil von Belarus war bisher die politische Stabilität (Friedhofsruhe) des Landes und als Puffer vor dem immer aggressiver auftretenden Westen. Wirtschaftlich ist Belarus nicht von Interesse, sondern ein Kostenfaktor. Rußland liefert Gas und Rohöl zu besonders günstigen Konditionen. Das Rohöl wird in belarussischen Raffinerien verarbeitet und die Endprodukte werden zu einem hohen Preis an die EU verkauft. Das betrachtet Rußland als eine Dauersubvention für das Land und hat zur Zeit selbst wachsende wirtschaftliche Probleme und würde gern auf diese Ausgaben verzichten. Man will aber weder politisches Chaos, noch einen vorrückenden Westen.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 15:07:22 So. 13.September 2020
ZitatIn der belarussischen Hauptstadt Minsk haben neue Massenproteste gegen Präsident Lukaschenko begonnen.

Nach Schätzungen von Augenzeugen beteiligen sich mindestens 100.000 Menschen. Etwa 250 Personen seien festgenommen worden, erklärte das Innenministerium. Die Polizei habe sie in mehreren Vierteln der Stadt in Gewahrsam genommen. Der Unabhängigkeitsplatz im Zentrum von Minsk wurde mit Stacheldraht abgeriegelt. Bewaffnete Einsatzkräfte sperrten Teile der Innenstadt ab.

In Belarus gibt es seit der Präsidentschaftswahl Anfang August Proteste gegen Staatschef Lukaschenko. Gestern gab es bei einer Demonstration von Frauen in Minsk erneut viele Festnahmen; das Innenministerium bestätigte 114.

Inmitten der angespannten Lage werden russische Soldaten morgen in Belarus an einer Militärübung teilnehmen. Laut der Nachrichtenagentur RIA entsendet die russische Armee Spezialisten einer Fallschirmjäger-Division in das Land. Die Übung werde gemeinsam mit dem belarussischen Militär abgehalten und rund zehn Tage dauern, heißt es unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Moskau.
https://www.deutschlandfunk.de/minsk-wieder-massenproteste-gegen-lukaschenko.2932.de.html?drn:news_id=1172372
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 11:32:05 Sa. 19.September 2020
Fundierte Infos.
In Interview der Deutschen Welle mit Daniel Krutzinna. Er ist Wirtschaftsberater und lebt seit vielen Jahren in Minsk. Er war bis zum Frühjahr im Vorstand der Belarussischen Entwicklungsbank und wirkte auch als Berater des inzwischen zurückgetretenen Regierungschefs Rumas.

https://www.dw.com/de/nicht-die-wirtschaft-hat-die-krise-in-belarus-ausgel%C3%B6st/a-54713191
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 19:37:32 Mo. 12.Oktober 2020
ZitatBelarus:
Polizei droht Demonstranten mit Schusswaffengebrauch
Bei den Kundgebungen gegen den belarussischen Machthaber Lukaschenko geht die Polizei gewaltsam gegen Demonstranten vor. Nun soll sie auch scharf schießen dürfen.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-10/belarus-polizei-schusswaffengebrauch-drohung-demonstranten
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 20:15:20 Di. 13.Oktober 2020
ZitatDie Opposition in Belarus hat Präsident Lukaschenko ultimativ zum Rücktritt aufgefordert.

Wenn die Forderungen der Opposition nicht bis zum 25. Oktober erfüllt würden, werde das gesamte Land in einen Streik treten und friedlich auf die Straße gehen, heißt es in einer Erklärung der ins Exil geflohenen Politikerin Tichanowskaja. Zudem müssten alle politischen Gefangenen freigelassen sowie das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Regierungsgegner gestoppt werden. Sollte das nicht der Fall sein, werde am 26. Oktober in allen Fabriken gestreikt, die Straßen würden blockiert und staatliche Geschäfte würden nichts mehr verkaufen.

Bei Protesten von Senioren gegen Lukaschenko waren zuletzt mehr als 180 Menschen festgenommen worden.
https://www.deutschlandfunk.de/belarus-opposition-stellt-lukaschenko-ein-ultimatum.2932.de.html?drn:news_id=1183077
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 18:41:36 Mi. 14.Oktober 2020
Ein paar Bilder von der "Großelterndemo" in Minsk.

https://twitter.com/nordkiez/status/1315666697668489216
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 09:49:27 Do. 22.Oktober 2020
(https://abload.de/img/rljpa.jpg) (https://abload.de/image.php?img=rljpa.jpg)
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 20:01:33 So. 25.Oktober 2020
ZitatPolizisten schießen mit Blendgranaten

Seit Wochen fordern Demonstranten in Belarus den Rücktritt von Präsident Lukaschenko. Doch der geht massiv gegen die Kritiker vor. Auch heute: Polizisten schossen mit Blendgranaten. Es gibt Berichte über Verletzte und Festnahmen.


Das Innenministerium bestätigte den "Einsatz der Spezialmittel gegen gewaltbereite Demonstranten". Sie sollen zuvor eine Absperrung durchbrochen haben. Laut ARD-Korrespondent Jo Angerer wurden mindestens 60 Menschen festgenommen. Im Vergleich zu den Vorwochen eine geringe Zahl. Das Menschenrechtszentrum Wesna berichtete von rund 100 Festnahmen in verschiedenen Städten des Landes, in denen es ebenfalls Proteste gab. In der Stadt Lida bestätigten die Behörden den Einsatz von Tränengas.

Insgesamt sollen mehr als 100.000 Menschen auf den Straßen des Landes unterwegs sein. Unabhängige Zahlen für die Demonstration gibt es nicht. Staatsmedien zeigen die Bilder mit den Massen gegen Lukaschenko nicht.

Hundertschaften von Polizei und Militär hatten das Zentrum von Minsk abgeriegelt. Bewaffnete Uniformierte mit Sturmhauben bezogen Stellung, um die Sonntagsdemonstration zu verhindern. Die Behörden sperrten sämtliche Metrostationen im Zentrum, um den Zustrom von Menschen aus den Stadtteilen zu verhindern. Sie schalteten auch das mobile Hochgeschwindigkeitsinternet ab, damit sich die Menschen nicht zu Protesten verabreden können.
https://www.tagesschau.de/ausland/minsk-proteste-109.html

ZitatLetzter Tag des Ultimatums an Lukaschenko

«Heute ist ein besonderer Tag», sagte die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja in ihrem Exil in der EU in einer Live-Schalte. Am Sonntag sollte ihr Volks-Ultimatum an Lukaschenko auslaufen. Die Demokratiebewegung fordert ein Ende der Polizeigewalt, die Freilassung aller politischen Gefangenen und den Rücktritt Lukaschenkos sowie eine Neuwahl. Zwar sind einige Oppositionelle aus dem Gefängnis entlassen, mehr Entgegenkommen ist aber nicht in Sicht.

Deshalb rief Tichanowskaja mit Nachdruck dazu auf, sich an diesem Montag an einem landesweiten Generalstreik zu beteiligen oder einfach zuhause zu bleiben. «Der Weg wird nicht leicht sein.» Der Kampf gegen Lukaschenko brauche Kraft und Ausdauer, betonte sie.
https://www.srf.ch/news/international/proteste-in-belarus-in-minsk-demonstrieren-hunderttausend-gegen-lukaschenko

Ich war auf einer Veranstaltung mit einer Live Schaltung zu einem Aktivisten in Minsk. Es war sehr interessant. Er bestätigte, daß die Mehrheit der Bewegung keine äußere Einmischung der Machtblöcke Rußland und dem Westen will. Man will Lukaschenka loswerden, die staatliche Gewalt beenden, die Verantwortlichen der Gewalt zur Rechenschaft ziehen und Neuwahlen unter fairen Bedingungen.

Zum anstehenden Generalstreik: Für zahlreiche Betriebe gilt, daß sie nicht mehr profitabel arbeiten. Sie haben die Lager mit Produzierten Dingen gefüllt, die für einen Monat reichen. Ein Streik von 2 Wochen wäre für die (staatlichen) Unternehmen von Vorteil, man hat keine (Lohn-)Kosten, kann aber weiter liefern. Einen ökonomisch große Wirkung hätte ein Streik in dem 5 wichtigsten Staatsbetreiben, die für den Export arbeiten. Das wäre ein echtes Druckmittel. Streiks in den kleineren Betrieben wären symbolisch und würden Solidarität ausdrücken.

Putin übt wohl massiven Druck auf Lukaschenka aus. Er soll durch entgegenkommen der Bewegung gegenüber den Protesten das Wasser abgraben. Für Rußland sind die Proteste bedrohlich, da sie als Vorbild für Unruhen in Rußland dienen können. 
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 19:34:27 Di. 27.Oktober 2020
Hintergrundinfo:
Die Arbeiterbewegung gilt als weitgehend zerschlagen. In den 90ern gab es eine massive Streikwelle im Land. Lukaschenka ging mit äußerster Repression gegen die Streikenden vor. Es gab hilfe aus Rußland: Man schickte Streikbrecher, um die Arbeitskämpfe zu brechen.

Heute gibt es eine Gleichzeitigkeit von Kämpfen in den Fabriken der Reste der alten Arbeiterbewegung und von der Protestbewegung auf der Straße. Man ist sich nicht immer einig. Jetzt hatte Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja zum Generalstreik aufgerufen, um beide Bewegungen zusammenzubringen und zu stärken. Die Umsetzung ist jedoch weitaus schwieriger, als erhofft. Es hat weder zu dem Fanal im Kampf gegen den Autokraten geführt, noch ist dieser Schritt gescheitert. Lukaschenka weiß ob der Bedeutung und Macht der Arbeiter und droht ihnen besonders hart. Ein Artikel der FAZ gibt einen recht guten Eindruck:

ZitatStreik in Belarus
Lukaschenka lässt ,,Volksultimatum" verstreichen

Spätestens am Sonntagabend hätte Alexandr Lukaschenka nach dem Willen von Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja zurücktreten sollen. Das tat er nicht. Der Protest geht weiter.


In den vergangenen elf Wochen des Protestes gegen die Fälschung der jüngsten Präsidentenwahl haben sich die Belarussen schon viele Formen des friedlichen Widerstands erdacht. Zum Beispiel mobilisieren Frauen, Studenten und Pensionäre regelmäßig gegen Machthaber Alexandr Lukaschenka. Am Montag marschierten Rentner gemeinsam mit Studenten und Medizinern durch Minsk, Beobachter schätzen die Teilnehmerzahl auf bis zu 8000. Eine ältere Frau ermutigte die Demonstranten, indem sie einen Pudel im weiß-rot-weißen Leibchen ans offene Fenster hob.

Diese Protestfarben prägten neuerlich das Bild, ältere Frauen schwenkten weiße und rote Rosen. Montag war auch der erste Tag nach Ablauf des ,,Volksultimatums", das eine der Oppositionsführerinnen, die im August vom Regime nach Litauen ins Exil gezwungene Swetlana Tichanowskaja, Lukaschenka am 13. Oktober gestellt hatte. Demnach sollte der Machthaber bis Sonntagabend um Mitternacht seinen Rückzug ankündigen, die Gewalt gegen Demonstranten einstellen und alle politischen Gefangenen freilassen; als Letztere sieht die Menschenrechtsgruppe ,,Wjasna" (Frühling) aktuell hundert Personen.

Andernfalls, hatte Tichanowskaja angekündigt, werde ,,das ganze Land friedlich auf die Straßen gehen", zudem würden alle Unternehmen bestreikt und Straßen blockiert. Die Antwort gab das Regime auf seine Weise: Es ließ am Sonntagabend, nachdem abermals mehr als 100.000 Menschen durch Minsk gezogen waren, Lärm- und Blendgranaten auf Demonstranten feuern. Mehrere Personen wurden verletzt, Hunderte festgenommen.

Die Druckmittel des Regimes

Zu den zahlreichen Belarussen, die derzeit Arreststrafen absitzen, zählt der Minsker Dichter Dmitrij Strozew; er war am vergangenen Mittwoch verschwunden und erst nach längerer Ungewissheit auf einer Liste von Inhaftierten aufgetaucht. Ein weiterer Dichter, Eduard Akulin, wurde am Montagmorgen festgenommen, als er laut Angehörigen in einer der zahlreichen Solidaritätsketten gegen Gewalt stand, wie sie in Belarus häufig stattfinden. Die Philosophin Olga Schparaga, die in diesem Monat ebenfalls eine Arreststrafe absitzen musste, floh am Wochenende aus Minsk nach Vilnius; sie berichtete auf Facebook, man habe ihr gleich weitere zwölf Tage Arrest anhängen wollen, ,,das kann auch überhaupt nicht mehr aufhören".

Gegen die Arbeiter der Staatsbetriebe, die nun aufgerufen sind zu streiken, hat das Regime nicht nur die Hebel seiner Polizeigewalt und seiner Justiz in der Hand. Schon im August war es ihm gelungen, Streiks in den Staatsbetrieben weitgehend niederzuschlagen. Diese Betriebe sind vielfach unrentabel und zugleich Stützen von Lukaschenkas System, denn sie sind in die Organisation und Fälschung der Wahlen eingebunden.

Gegen unbotmäßige Arbeiter helfen Drohungen mit Entlassung, Druck auf nicht mitprotestierende Verwandte, die im selben Betrieb arbeiten, und andere Mittel; so gewähren die Betriebe ihren Beschäftigten auch Kredite für Hausbau, Auto oder die Ausbildung der Kinder. Wer aufbegehrt, droht, alles zu verlieren. Die Opposition versucht, diese Risiken über Hilfen aus einem Solidaritätsfonds abzufedern, aber die Gefahren bleiben. Viele sind daher skeptisch, was die Erfolgsaussicht von Tichanowskajas Aufruf betrifft.

Knapp 200 Festnahmen am Montag


Dennoch gab es am Montagmorgen Streiks und Protestaktionen von Arbeitern, etwa in einem Chemiekombinat in Hrodna im Westen von Belarus mit Tausenden Beschäftigten. Rund hundert Arbeiter protestierten am Morgen, einige von ihnen wurden von Omon-Sonderpolizisten festgenommen. Laut Arbeitern gelang es, mehrere Schichten zu verhindern, Tichanowskajas Team rügte, dass die vorher eingesetzten Arbeiter länger an ihren Arbeitsplätzen behalten worden seien. Das Werk in Hrodna teilte mit, die Mehrheit der Protestierenden sei gar nicht beim Unternehmen beschäftigt. ,,Provokative Handlungen wurden lokalisiert. Es gibt keinen Streik des Unternehmens", hieß es in der knappen Mitteilung.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in den großen Staatsbetrieben der Hauptstadt wie der Minsker Traktorenfabrik. Manche Arbeiter kamen nicht zur Arbeit, andere versammelten sich auf dem Werksgelände oder am Eingang. Die Unternehmensführungen teilten mit, es werde normal gearbeitet. Eine Reihe von privaten Betrieben wie Cafés, Sprachschulen, Fitnessstudios und Schönheitssalons erklärten den Montag zum freien Tag. Mitarbeiter des Telekommunikationsunternehmens MTS protestierten auch, angeblich drohte man danach mit Kündigung. Besonders aktiv, schon vor dem Schulterschluss mit den Pensionären, waren Studenten in Minsk; Omon-Polizisten trieben sie auseinander und nahmen mehrere Menschen fest. Insgesamt wurden bis Montagabend laut ,,Wjasna" in mehreren Städten knapp 200 Personen festgenommen.

Swetlana Tichanowskaja rief am Montag über ihren Telegram-Kanal dazu auf, die streikenden Arbeiter zu unterstützen. Diejenigen, die sich für den Streik entschieden hätten, müssten sehen, ,,dass sie nicht allein sind mit ihrer Entscheidung". Auch glaube sie, Tichanowskaja, dass die Privatwirtschaft, religiöse Gemeinden, Kulturschaffende und Sportler die Streikenden unterstützen würden und ,,ihre Arbeit für einen Tag anhalten".
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/belarus-lukaschenka-laesst-volksultimatum-verstreichen-17021053.html

Die Gewalt, mit der die Bewegung konfrontiert ist, ist unglaublich. Es gibt nicht nur einige Hundert Folteropfer, es sind Tausende.

Die Schergen gehen gegen jeden vor, der Widerstand zeigt oder auch nur dazugehören könnte.

ZitatDie belarussische Opposition drängt mit einem Generalstreik Präsident Alexander Lukaschenko zum Rücktritt. Der spricht von "Terrorismus" und lässt erneut Hunderte festnehmen.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/belarus-alexander-lukaschenko-wirft-demonstrierenden-terrorismus-vor-a-d504de19-36a1-439f-9100-91d43f09690a

ZitatVerfolgt bis in die Wohnung
Uniformierte im Flur, verängstigte Menschen auf dem Boden: Aufnahmen aus Belarus zeigen brutale Sicherheitskräfte in einer Privatwohnung.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/belarus-demonstranten-bis-in-wohnung-verfolgt-a-9a288913-31bb-49a7-bbd6-d838fe49eae2

https://youtu.be/cWHKMrQVWQY

Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 08:56:03 Mi. 28.Oktober 2020
Die Probleme des Generalstreiks...

ZitatIn der Nacht zuvor war ein Rücktritts-Ultimatum von Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja an Lukaschenko ohne Reaktion ausgelaufen. Die Opposition hatte für diesen Fall landesweite Streiks und Verkehrsblockaden angekündigt.

Auch am Dienstag gingen die Proteste weiter. Studierende zahlreicher Universitäten veranstalteten Sitzstreiks oder gingen auf die Straße, um den allgemeinen Boykott gegen den Staat zu unterstützen, ebenso Gymnasiallehrer:innen und medizinisches Personal. In Grodno, wo schon am Montag zwei Zechen der Chemiefabrik ,,Grodno Asot", eines der größten Betriebe des Landes, bestreikt wurden, verweigerten nach Angaben des Streikkomitees auch gestern ganze Schichten die Arbeit. Ein Großteil der Belegschaft habe sich krank gemeldet, die Direktion suche nach Arbeitswilligen. Ein Firmensprecher sprach von einem Fake-Streik.

Offenbar funktioniert der von der Opposition ausgerufene Generalstreik nur teilweise. Von 18 800 Beschäftigten hätten bisher nur 43 die Arbeit niedergelegt, sagte Gleb Sandras, Sprecher des Streikkomitees beim Düngerkonzern ,,Belaruskali", der FR.

,,Leider haben 26 Jahre unter Lukaschenko ihre Wirkung hinterlassen. Viele Leute haben Angst, haben sich an dieses Leben gewöhnt, jetzt wachen sie nicht so schnell und zahlreich auf, wie wir uns das wünschen." Allerdings würden viele Arbeiter bei ,,Belaruskali" wie in anderen Fabriken am Arbeitsplatz nichts oder nur sehr wenig tun, so Sandras.

Das Streikkomitee versucht auch mit der Bochumer Firma Eickhoff, die Belaruskali Maschinen liefert, über einem Boykott des weißrussischen Konzerns zu verhandeln, bisher vergeblich. Sandras: ,,Wir wollen die Gelder weiter drosseln, die das Regime braucht, um die Bereitschaftspolizei mit ihren Knüppeln zu ernähren."

Gestern ließen auch zahlreiche Restaurants und Kleinunternehmen die Arbeit ruhen. Und schon in der Nacht zu Dienstag wurden tatsächlich mehrere Gleisanlagen in der Umgebung von Minsk lahmgelegt, von Unfällen ist nichts bekannt. Laut dem Staatsfernsehen fand man bei Gomel Gegenstand, der einer selbstgebastelten Bombe ähnelte, eingewickelt in eine Protestfahne. Und seit Tagen veröffentlicht der Telegram-Kanal ,,Harakiri" persönliche Daten von Beteiligten aus Oppositionschats. ,,Harairi" soll dem Geheimdienst nahe stehen.
(...)
Sechs Ingenieure und Mechaniker des Staatskonzerns ,,Belorusneft" wurden am Dienstag entlassen, weil sie auf Video gegen die Übergriffe der Lukaschenko-Polizei protestiert hatten. Die Ölmänner blieben gelassen. ,,Über zwei Monate leben wir in diesem Alptraum, uns reicht es. Wir sind die ersten hier, aber keineswegs die letzten", sagte einer dem Nachrichtenportal tut.by. ,,Und Sie glauben nicht, wie viele Leute uns jetzt anrufen, schreiben, unterstützen." So solidarisch sei das Volk in Belarus noch nie gewesen.
https://www.fr.de/politik/80-tage-dauerstreik-90082429.html
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 19:12:13 Sa. 31.Oktober 2020
ZitatProteste in Belarus
"Sie kamen mit Schlagstöcken, um uns zur Arbeit zu treiben"
Nichts fürchtet der belarussische Diktator Lukaschenko so sehr wie Streiks in den Staatsbetrieben. Wer protestiert, wird verfolgt und eingeschüchtert.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/belarus-proteste-in-staatsbetrieben-sie-kamen-mit-schlagstoecken-a-f80b1e2f-afd2-4c7e-aaad-4ecaac3794e9
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 19:09:59 Mo. 02.November 2020
ZitatMan werde ,,keine Gefangenen machen", hatte Machthaber Lukaschenka im Vorfeld angekündigt: Die Polizei hat Proteste in der Hauptstadtregion am Wochenende gewaltsam aufgelöst.

Die Polizei in Belarus hat im Zuge der Proteste gegen den autoritär regierenden Staatschef Alexandr Lukaschenka am Wochenende nach eigenen Angaben rund 300 Menschen festgenommen. Das Innenministerium in Minsk teilte am Montag mit, die Polizei habe ,,wiederholt vor der Unzulässigkeit illegaler Aktivitäten gewarnt und Maßnahmen ergriffen, gegen Gesetzesverstöße vorzugehen". Die rund 300 Festnahmen seien am Sonntag in der Hauptstadtregion erfolgt.

In Belarus gibt es seit dem umstrittenen Sieg Lukaschenkas bei der Präsidentschaftswahl Anfang August Massenproteste. Am Sonntag waren abermals zwischen 20.000 und 30.000 Menschen auf die Straße gegangen, um Lukaschenkas Rücktritt zu fordern. Die Polizei löste die Demonstration gewaltsam auf. Zuvor hatte sie Warnschüsse abgegeben.

Am vergangenen Freitag hatte Lukaschenka ein hartes Vorgehen gegen Demonstranten bei regierungskritischen Protesten angekündigt. Die Regierung werde ,,keine Gefangenen machen", sagte er. Wer seine Hand gegen Polizeibeamten erhebe, solle ,,mindestens seine Hände verlieren".
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/belarus-300-festnahmen-bei-protesten-gegen-lukaschenka-17032100.html
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 20:23:21 Fr. 13.November 2020
ZitatProteste nach Tod von Regierungsgegner

Die belarusische Opposition spricht von Mord, die Regierung von einem Streit zwischen Zivilisten - fest steht, dass der Oppositionelle Bondarenko tot ist. Die Demokratiebewegung reagiert mit erneuten Protesten im ganzen Land.


Nach dem Tod eines Regierungsgegners hat es in Belarus erneut Massenprotesten gekommen. Tausende gingen in der Hauptstadt Minsk und in anderen Städten auf die Straßen, nachdem der Tod des 31-jährigen Oppositionellen Roman Bondarenko bekannt wurde. Er starb im Krankenhaus und war nach Angaben von Demonstranten zuvor von Sicherheitskräften zuvor misshandelt.
https://www.tagesschau.de/ausland/belarus-proteste-205.html
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 18:33:50 Di. 17.November 2020
ZitatBei der Sonntagsdemonstration gegen Machthaber Alexander Lukaschenko in Belarus (Weißrussland) sind nach Angaben der Menschenrechtsgruppe Wesna mehr als 1000 Demonstranten festgenommen worden. Das Menschenrechtszentrum listete in der Nacht auf seiner Internetseite die Namen von mehr als 1120 Festgenommenen auf. Die meisten von ihnen kamen in der Hauptstadt Minsk in Polizeigewahrsam. Darunter waren auch mehrere Journalisten. Viele kamen nach einer Überprüfung wieder auf freien Fuß. Die Behörden veröffentlichten bisher keine Zahlen zu den Festnahmen.
https://www.n-tv.de/politik/Mehr-als-1000-Festnahmen-bei-Massenprotest-article22171028.html
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 21:12:08 So. 29.November 2020
Man sollte den kontinuierlichen Kampf der Menschen in Belarus nicht vergessen.

ZitatMinsk. Bei den wöchentlichen Protesten in Belarus gegen den autoritär regierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko haben die Demonstranten ihre Taktik geändert. Statt einer einzigen Großdemonstration meldeten lokale Medien am Sonntag etwa 20 dezentrale Kundgebungen in ganz Minsk. ,,Die Lukaschenko-Polizei eilt verzweifelt von Bezirk zu Bezirk", hieß es in der Gruppe Nexta Live im Messenger-Dienst Telegram, mit deren Hilfe die Massenproteste koordiniert werden.

In ausnahmslos allen Vierteln der belarussischen Hauptstadt fanden den Angaben zufolge Demonstrationen statt. Mit der Änderung der Taktik reagierten die Teilnehmer auf die regelmäßige, gewaltsame Niederschlagung ihrer Proteste und hunderte Festnahmen in den vergangenen Wochen. Viele Oppositionsanhänger berichteten von Folter und Misshandlungen während ihrer Haft.

Bei der Sonntagsdemonstration gingen Sicherheitskräfte erneut zum Teil rabiat vor. Videos im Nachrichtenkanal Telegram zeigten, wie vermummte Uniformierte auf Menschen am Boden einprügelten. Das Menschenrechtszentrum Wesna listete zunächst die Namen von mehr als 280 Festgenommenen auf. Die Polizei sprach am Abend von etwa 250 Festnahmen. Am vergangenen Sonntag waren es etwa 300, in der Woche davor rund 1000.
https://www.berliner-zeitung.de/news/demonstranten-in-belarus-aendern-ihre-taktik-li.122520
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: admin am 10:54:43 Mo. 28.Dezember 2020
Ich habe gerade eine Mail von einem Bekannten aus Minsk gekriegt:

ZitatDer Kampf geht weiter. Die friedliche Revolution ist eine mühsame Sache. Das Erstaunliche daran ist die Dezentralisierung, die Entwicklung der direkten Demokratie, der lokalen Führung und der soziallibertären Richtung auf der sehr basisnahen Ebene der Volksorganisation.

Ich hoffe, dass der Übergang fruchtbar sein wird und wir am Ende den Sieg feiern werden ;-)

Die dunkelste Zeit ist vor Sonnenaufgang!
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Troll am 11:18:04 Mo. 28.Dezember 2020
WAAAAS, das läuft noch? Aber unsere Qualitätsmedien haben es doch beendet, ich dachte diese blonde kurzhaarige Oppositionelle ist längst weißrussische Präsidentin und damit beschäftigt Putin zu bezwingen.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: admin am 18:42:32 Mo. 24.Mai 2021
Ich war öfter in dem Land und habe Freunde dort. Einer von ihnen, hat, nachdem er von der Polizei verprügelt wurde und auch inhaftiert wurde, das Land verlassen und befindet sich nun im polnischen Exil. Er hofft wieder zurückzukommen, wenn sie die Situation im Land bessert.

Danach sieht es im Moment nicht aus.

Tut.by war vielleicht das wichtigste Alternativmedium während der Proteste.
ZitatPressefreiheit in Belarus
Tut.by durchsucht und abgeschaltet

Nach den Protest-Organisatoren stehen in Belarus unabhängige Journalisten im Visier: Tut.by, das beliebteste Onlinemedium des Landes, ist nicht mehr erreichbar. Büros und Privatwohnungen von Mitarbeitern wurden durchsucht.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/belarus-tut-by-101.html

ZitatBelarussischer Aktivist Aschurok in Haft gestorben
Knapp fünf Monate nach seiner Inhaftierung erlitt der Oppositionspolitiker einen Herzstillstand.


Der 50-Jährige war als Politiker der Oppositionspartei Belarussische Volksfront und Koordinator der Bürgerbewegung Für die Freiheit bekannt geworden. Nach seiner Teilnahme an einer Demonstration gegen den autoritär regierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko wurde er im Januar zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-05/belarus-witold-aschurok-tod-oppositionsaktivist-haft

ZitatLukaschenko zwingt Ryanair-Flugzeug in Minsk zur Landung
Ein Ryanair-Flug mit 171 Passagieren auf dem Weg nach Vilnius muss in Minsk zwischenlanden. Ein von Weißrussland gesuchter Blogger wird festgenommen.
https://www.handelsblatt.com/politik/international/weissrussland-lukaschenko-zwingt-ryanair-flugzeug-in-minsk-zur-landung-eu-beraet-am-montag-ueber-sanktionen/27216922.html

Gysi hat die beste mir bekannte Stellungnahme dazu abgegeben:
ZitatGysi wirft Belarus "Akt staatlicher Luftpiraterie" vor

Aufruf an internationale Staatengemeinschaft: Kreislauf der mal geduldeten und mal angeklagten Völkerrechtsbrüche beenden


Osnabrück. Der außenpolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, hat die erzwungene Umleitung des Ryanair-Fluges Athen-Vilnius nach Minsk und die anschließende Festnahme des belarussischen Oppositionsaktivisten Roman Protasewitsch als einen "Akt staatlicher Luftpiraterie" verurteilt. Gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung" erinnerte Gysi zugleich an umstrittene Aktionen der USA und Russlands. Nach seinen Worten kann es deshalb nur eine Antwort geben: "Die internationale Staatengemeinschaft muss kollektiv aus dem Kreislauf der mal geduldeten und mal angeklagten Völkerrechtsbrüche ausbrechen. Der Weg dorthin kann nur politischer Dialog sein - auch mit Minsk und vor allem mit Moskau."

Der Linken-Politiker betonte, in der Geschichte habe letztlich keine Repression einem Machthaber dabei geholfen, dauerhaft die Überwindung seiner Macht zu verhindern. Das müsse auch Alexander Lukaschenko in Belarus begreifen.

Gysi erinnerte zudem daran, "wie die USA das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten Evo Morales 2013 zur Landung in Wien zwangen, weil Washington fälschlicherweise hoffte, dort den Whistleblower Edward Snowden zu finden und festnehmen zu lassen. Auch dadurch verkam der Völkerrechtsbruch scheinbar zu einer Bagatelle." So gebe es keine moralische Instanz mehr, die das Völkerrecht wirksam verteidigen könne. "Wer gestern selbst das Völkerrecht gebrochen hat, kann heute nicht glaubhaft einen anderen anklagen, der ebenfalls das Völkerrecht bricht. Dasselbe gilt für das Kosovo und die Krim."
https://www.presseportal.de/pm/58964/4922963

ZitatFamilie des in Belarus festgenommenen Bloggers Protasewitsch
»Als Mutter flehe ich Sie an«
Roman Protasewitsch ist in Haft. Seinetwegen ließ Diktator Lukaschenko ein Passagierflugzeug abfangen. Die Mutter des belarussischen Bloggers bittet die Welt um Hilfe.


(https://cdn.prod.www.spiegel.de/images/9e8dfd3c-8da2-442d-a173-3b52761eac4b_w948_r1.77_fpx54_fpy45.jpg)
https://www.spiegel.de/ausland/luftpiraterie-ueber-belarus-mutter-des-festgenommenen-bloggers-roman-protasewitsch-bittet-um-hilfe-a-141a1c59-3eef-477f-b1a6-47bb60d3b2ec

Mir geht das Ganze sehr nah.
Es ist menschlich und politisch eine Katastrophe.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 18:25:44 Do. 27.Mai 2021
Daß die Politik herumeiert, wundert mich wenig.
Jaja, es ist Lukaschenko, der böse Putinfreund. Auf den darf man ja schimpfen. Und plötzlich merkt man, daß es mehr wirtschaftliche Interessen um das kleine Belarus gibt, als man gedacht hat. Will man die wirklich riskieren für einen blöden Wirtschaftboykott? Eher nicht. Und der erhobene Zeigefinger ist auch nur bedingt überzeugend. Auch die Amis haben eine Passagiermaschine zur Landung gezwungen in der Hoffnung, so Assange festnehmen zu können.

Mich nervt aber die Junge Welt mit ihrer Scheißrußlandhörigkeit.
Ja, sie findet es scheinbar auch nicht so schlimm mit der quasi Flugzeugentführung. Jaja, die Amis haben schließlich auch...
Und mir scheint, sie haben auch kein so großes Problem damit, daß Lukaschenko den Blogger von einem internationalen Flug gekidnappt haben. Es war ja schließlich ein Rechter.

Leckt's mich am Arsch! Was soll diese Haltung!?!
Wir können nicht einfach zulassen, daß die Herrschenden meinen, daß für sie keinerlei Regeln mehr gilt. Kein Internationales Recht. Kein Menschenrecht. Keine Grundrechte. Keine Rechtsstaatlichkeit.

Das kann man doch nicht allen Ernstes hinnehmen!
Man muß unbedingt gemeinsam mit bürgerlichen Kräften einfordern, daß die Mindeststandards eingehalten werden, im Internationalen Recht, in den Menschenrechten und in einer Rechtsstaatlichkeit. Es ist doch scheißegal, ob irgendwelche durchgekanllten Dikatoren oder die US Regierung das Recht brechen. Man darf nicht einfach Flugzeuge entführen. Man darf keine Oppositionellen einfach entführen. Man darf poltische Gegner nicht foltern, auch wenn es Rechte sind.
Das darf man nicht hinnehmen! Nie und nimmer. Wir sind am Arsch, wenn es normal wird, daß Regierungen nicht einmal mehr so tun müssen, als gäb es eine Rechtsstaatlichkeit.
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Fritz Linow am 23:15:06 Fr. 28.Mai 2021
ZitatMich nervt aber die Junge Welt mit ihrer Scheißrußlandhörigkeit.

Der Hinweis darauf, was das überhaupt für ein Typ sein könnte, wird andererseits ansonsten kaum erwähnt:

Zitat29.5.21.
Die Amis und der Neonazi

Belarus: Festgenommener Blogger hat im faschistischen Bataillon »Asow« in der Ukraine gekämpft und ist im State Department empfangen worden
(...)
https://www.jungewelt.de/artikel/403260.belarus-die-amis-und-der-neonazi.html

Mich würde eher interessieren, was es mit diesen Freien Wirtschaftszonen in Belarus auf sich hat und wie die Verflechtungen mit Westeuropa so aussehen, zumal nun ja gerade mit Wirtschaftssanktionen gedroht wird, (wäre ich an geostrategischen Gedankenspielen interessiert) , zum Beispiel:
https://grodnoinvest.by/en/residents/
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 08:22:23 So. 29.August 2021
ZitatEine Milliarde Dollar für Lukaschenko

Der Internationale Währungsfonds gewährt Belarus Sonderziehungsrechte – ohne Bedingungen für den Diktator.
https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/warum-die-sanktionen-nicht-funktionieren-eine-milliarde-dollar-fuer-lukaschenko/27546350.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 17:03:57 Do. 23.September 2021
ZitatAnfang September wurden führende Aktivisten der unabhängigen belarussischen Gewerkschaft (BITU) und Mitglieder des dem IGB angeschlossenen Belarussischen Kongresses der Demokratischen Gewerkschaften (BKDP) festgenommen, inhaftiert und von den staatlichen Sicherheitsdiensten durchsucht.

Damit setzt sich die weit verbreitete Repression gegen BKDP-Mitglieder fort, die sich ein Jahr nach Lukaschenkos fehlerhaftem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen im August 2020 verschärft hat.

IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow sagte dazu: "Die Nachrichten aus Weißrussland sind entsetzlich. Zu lange haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dort unter diesem korrupten Regime gelitten, das ihnen grundlegende Arbeitnehmerrechte und Freiheiten verweigert.
(...)
Der Globale Rechtsindex des IGB für 2021 stuft Weißrussland als eines der zehn schlimmsten Länder für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein, in dem es "keine Garantie für Rechte" gibt.

Der IGB und IndustriALL haben den weißrussischen Premierminister Roman Golowtschenko schriftlich aufgefordert, alle Gewerkschaftsführer, Aktivisten und Mitglieder freizulassen, die aufgrund ihrer Gewerkschaftsarbeit und ihres Kampfes für den Schutz der Grundrechte unrechtmäßig inhaftiert wurden.
Premierminister der Republik Belarus
https://www.ituc-csi.org/ituc-condemns-wave-of-attacks-belarus?lang=en
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 13:21:58 Do. 28.Oktober 2021
ZitatBelarussische Gewerkschaft ruft zum landesweiten Streik am 1. November auf

Syarhei Dyleuski, Vorsitzender der belarussischen Gewerkschaft, kündigte den Beginn eines landesweiten Streiks am 1. November an.


    "Es muss etwas geschehen. Es ist höchste Zeit, dass die Arbeiter ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen. Wir haben kein Recht, den Streik hinauszuzögern, während unsere Verwandten, Freunde und Kollegen in Gefängnissen sitzen, während unsere Mütter und Schwestern, Brüder und Väter in überfüllten Krankenhäusern an COVID-19 sterben. Wir können nicht tatenlos zusehen, wie einige dumme Bürger unsere Unternehmen und die Wirtschaft des Landes ruinieren. Wir können nicht zulassen, dass unser Land durch die Unterzeichnung von Eingliederungsverträgen verkauft wird!" so Dyleuski in seiner Videobotschaft.
https://belsat.eu/en/news/25-10-2021-belarusian-workers-union-urges-people-to-join-nationwide-strike-on-november-1/

(https://i.c97.org/ai/441805/aux-head-1635154589-20211025_Strike_1.11_2021.jpg)
https://charter97.org/en/news/2021/10/25/441805/#.YXb5Oy2k7gc.twitter
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Troll am 09:40:38 Sa. 27.November 2021
Warum berichten deutsche Korrespondenten nicht aus den Flüchtlingslagern in Weißrussland?
https://youtu.be/GNSG_6WwlVY

Via NDS (https://www.nachdenkseiten.de/?p=78393#h09)
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 09:50:30 Fr. 31.Dezember 2021
ZitatBelarus: 32 journalists will spend New Year's Eve in prison

(https://europeanjournalists.org/wp-content/uploads/2021/12/000_9AZ8E2-1-800x400.jpg)
https://europeanjournalists.org/blog/2021/12/29/belarus-32-journalists-will-spend-new-years-eve-in-prison/
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Frauenpower am 08:39:50 So. 13.März 2022
Esslinger Menschenrechtspreis für Maria Kolesnikova

https://www.sueddeutsche.de/leben/auszeichnungen-esslingen-am-neckar-belarussische-oppositionelle-erhaelt-menschenrechtspreis-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220312-99-494132
Titel: Re: Weißrußland
Beitrag von: Kuddel am 09:29:14 Sa. 21.Mai 2022
ZitatGeorge Orwells Roman ,,1984" war ein Besteller in Belarus. Nun wurde das Buch verboten – und sein Verleger verhaftet.
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/staatsterror-in-belarus-george-orwells-1984-verboten-verleger-verhaftet-18043784.html
Titel: Aw: Weißrußland
Beitrag von: ManOfConstantSorrow am 20:54:16 Fr. 11.November 2022
https://twitter.com/JuraMachnow/status/1591061840808771584