Energieversorgung weg von der Privatisierung

Begonnen von Kuddel, 12:31:09 Di. 15.Februar 2011

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Kuddel

ZitatKommunale Versorger
Energie in Bürgerhand

Bei der Energieversorgung geht der Trend klar weg von der Privatisierung. Die Bürger wollen ihre Gestaltungsmacht zurück, immer mehr Stadtwerke werden neu gegründet.


In Hamburg war das Entsetzen groß, als sich Vattenfall 2008 gegen den Widerstand des Senats entschied, das riesige Kohlekraftwerk Moorburg fertigzustellen. Schmerzlich wurde den Bürgern bewusst, wie viel Gestaltungseinfluss sie mit der Privatisierung ihrer Stadtwerke aufgegeben hatten. 2002 wurden die Hamburgischen Electricitäts-Werke vollständig an Vattenfall verkauft.

Viele Kommunen haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Nach der Privatisierungsorgie, die in den 90er-Jahren im großen Stil begann und bis Mitte des vorigen Jahrzehnts reichte, hat sich die einst vorsichtige Unterstützung in klare Ablehnung verwandelt. 70 Prozent der Bürger sind gegen eine Privatisierung ihrer Stadtwerke, nur 23 Prozent dafür, wie TNS Emnid für den Verband kommunaler Unternehmen (VKU) repräsentativ ermittelte.

Als überhöht empfundene Preise, vor allem aber unliebsame Investitionsentscheidungen haben die Stimmung gegen die privaten Unternehmen gewendet. Überall werden neue Stadtwerke gegründet, abgegebene Konzessionen für den Betrieb der Netze zurückerworben und, sofern Geld da ist, in die kommunale Versorgung investiert.

Bei Wasser sind Bürger besonders skeptisch

In Hamburg gibt es mit Unterstützung fast aller Bürgerschafts-Parteien seit Herbst 2009 die Stadtwerks-Neugründung Hamburg Energie. Sie soll vor allem Vattenfall Kunden abjagen, das immer noch einen großen Marktanteil hält. ,,Der Start war sehr erfolgreich", so der Unternehmenssprecher. Mit Strom- und Gastarifen konnte Hamburg Energie bislang 26500 Kunden gewinnen.

Hamburg ist damit Vorbild für die geplante Stadtwerke-Neugründung in Berlin (wo Vattenfall ebenfalls der Strom-Grundversorger ist) und der prominenteste Fall – aber beileibe keine Ausnahme. Der VKU hat kürzlich durchgezählt: Seit 2007 wurden 40 Stadtwerke neu gegründet, wie es auf Anfrage der FR hieß. Die meisten sind kleine Anbieter wie die Stadtwerke Waldbröhl im Bergischen Land (Nordrhein-Westfalen), die Stadtwerke Kyritz in Brandenburg und in Hessen die Stadtwerke Großalmerode.

Großenteils geht es um die Energieversorgung, schließlich wurde in diesem Bereich auch am gründlichsten privatisiert. Stadtwerk-Verbünde sind darüber hinaus in den vergangenen Jahren verstärkt auf Einkaufstour gegangen und haben den großen Versorgern Beteiligungen und Kraftwerke abgekauft. Am prominentesten ist die Thüga: Rund 50 kommunale Versorger bündelten ihre Finanzkraft und kauften dem Energieriesen Eon die Thüga ab. Die Thüga ist an 90 Unternehmen beteiligt und für sich genommen der fünftgrößte Energieversorger des Landes.

An die Wasserwerke haben sich indes während der Privatisierungswelle die wenigsten Gemeinden herangetraut, schließlich sind die Bürger beim Lebensmittel Wasser besonders skeptisch. Und wenn verkauft wurde, durfte wie in Berlin nur ein Minderheitenanteil abgegeben werden. Dennoch: Wo die Wasserwerke teilverkauft wurden, wird nun häufig versucht, sie wieder komplett in öffentliche Hand zu bringen. Beispiel Stuttgart: Dort hat der Gemeinderat beschlossen, seine Wasserversorgung in den kommenden Jahren vollständig von EnBW zurückzukaufen.

Was können die Bürger erwarten, wenn die eigene Gemeinde wieder Herr über Wasserversorgung, Strom- und Gasnetz ist? Niedrigere Preise wohl eher nicht. Unter den rund 800 kommunalen Versorgern gibt es sowohl sehr teure als auch sehr günstige. Ein klares Urteil, ob die Unternehmen nun schlechter oder besser wirtschaften, ist nicht möglich. Allerdings können die Bürger darauf zählen, dass die Gewinne wieder zurück in die Gemeinde fließen – beliebt ist es zum Beispiel, mit den Einnahmen öffentliche Bäder oder Büchereien zu unterstützen.

Vor allem aber wird politische Gestaltungsmacht zurückgewonnen: Die meisten neugegründeten Stadtwerke investieren nach einer Studie des Bürgerbegehren Klimaschutz überdurchschnittlich viel in erneuerbare Energien.
http://www.fr-online.de/wirtschaft/energie/energie-in-buergerhand/-/1473634/7193302/-/index.html

Troll

ZitatRückkauf der Energienetze
Vattenfall verkauft sich zu teuer

Ein Volksbegehren fordert die Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes. Das kostet bis zu drei Milliarden Euro, sagt der Senat - weil er dem Betreiber blind glaubt. von Sebastian Erb

Am gestrigen Dienstag hat das Bündnis Berliner Energietisch mit der Unterschriftensammlung für ein neues Volksbegehren begonnen. Das Ziel: eigene Stadtwerke und die Rekommunalisierung des Stromnetzes (taz berichtete). Jetzt gibt es Streit um eine zentrale Frage: Wie viel würde es das Land kosten, das Netz von Vattenfall zurückzukaufen?

Auf den Unterschriftenlisten des Energietischs stehen zwei Zahlen. Einmal der Kaufpreis, den die Initiative veranschlagt: 400 Millionen Euro. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft gibt als Kostenschätzung hingegen 2 bis 3 Milliarden Euro an. Ein enormer Unterschied.

Pikant dabei: Die Wirtschaftsverwaltung hat gar keine eigene Schätzung gemacht. ,,Der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung liegen derzeit keine eigenen Datengrundlagen über den Wert des Berliner Stromnetzes vor", erklärte ihr Sprecher am Dienstag gegenüber der taz. Man habe einfach Vattenfall nach dem Preis gefragt.
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Quelle und vollständiger Artikel: taz

So verhandelt der Staat allgemein mit Privatunternehmen, "Was hätten sie gerne?", "Darf's ein bißchen mehr sein ?", "Bedienen sie sich.".
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Nick N.

Pfffh, die hams wieder mal richtig drauf, die Berliner Politiker, die scharfen Hunde, die!
Satyagraha

Kuddel

ZitatDie Macht des Volkes

Energie. Das Berliner Volksbegehren für ein öffentliches Öko-Stadtwerk hat genug Unterschriften gesammelt. Ein lokales Thema? Nein, für ganz Deutschland ist das ein Riesenerfolg



Manchmal ist am Paragrafen 20 des Grundgesetzes doch etwas dran: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. In Berlin haben 265.000 Menschen gezeigt, was das heißt: Sie wollen die ökologische Stadtwerke in öffentlicher Hand, haben für das Volksbegehren unterschrieben – genug für einen Volksentscheid. Nun ließe sich das zu einer lokalen Geschichte erklären, die für die Bundesrepublik keine Relevanz hat. Aber das ist falsch. Das Volksbegehren ist ein Riesenerfolg, vielleicht der größte umweltpolitische Erfolg, der überhaupt in diesem Jahr erzielt wurde.

Am heutigen Donnerstag trifft sich Angela Merkel mal wieder mit den Ministerpräsidenten der Länder zum Energiegipfel. Herauskommen wird dabei nicht viel. Das Volksbegehren aber schafft ganz konkrete Änderungen mit Symbol- und Vorbildcharakter. Berlin soll seinen Strom wieder selbst erzeugen und nicht der Kohle- und Atomkonzern Vattenfall. Das Netz soll zurück in Bürgerhand, Privatpersonen sollen Anreize zum Stromsparen bekommen.

Zum Sammeln nach Berlin gereist

Jahrelang war Privatisierung das Dogma der Politik. Nun wird umgedacht, als erstes von den Bürgern. Nun sollen öffentliche Leistungen wie die Stromversorgung wieder in die öffentliche Hand. Alleine deswegen ist das Volksbegehren ein Erfolg. Alleine deswegen ist es richtig, dass Leute aus ganz Deutschland nach Berlin ins Unterschriften-Sammelcamp gekommen sind und mitgeholfen haben.

In dem Schwarzwald-Ort Schönau haben die sogenannten Stromrebellen schon vor vielen Jahren vorgemacht, dass Bürger ihren Strom selbst produzieren und das Stromnetz übernehmen können. Nun ist es natürlich etwas anderes, ob ein städtisches Unternehmen oder eine Genossenschaft von Bürgern für die Stromversorgung zuständig ist. Die entscheidende Botschaft lautet jedoch: Auch in einer Millionen-Stadt muss die Elektrizität nicht von einem profitorientierten Großkonzern erzeugt werden. Dieser Beweis könnte bald in Berlin erbracht werden.

Von Gewerkschaften bis Linksradikalen


Das Volksbegehren ist aber auch so wichtig, weil es zeigt, dass Bürger nicht der herrschenden Politik ausgeliefert sind. Es wurden nicht nur symbolische Unterschriften gesammelt, die irgendwann übergeben werden und dann im Mülleimer landen. Nein, die Unterschriften haben tatsächlich etwas bewegt. Und die Aktion hat Leute aus allen Spektren zusammengebracht. In dem Bündnis sind Gewerkschaften genauso vertreten wie Parteien, Attac, Umweltverbände oder linksradikale Gruppen wie Fels.

Nun soll über den Gesetzestext vermutlich am 22. September abgestimmt werden, am Tag der Bundestagswahl. Zwar haben die in Berlin regierenden Parteien SPD und CDU ein Interesse, einen anderen Tag zu wählen, um die Wahlbeteiligung zu drücken. Andererseits wäre solch ein Manöver ziemlich durchsichtig und könnte die Befürworter der Initiative erst recht motivieren.

Eine gemeinsame Wahl von Stadtwerk und Bundestag hätte indes noch aus einem anderen Grund seinen Charme: Endlich würde gezeigt, dass zur Demokratie nicht nur die Wahl eines Parlaments gehört. Direkte Abstimmungen sind genauso wichtig.
http://www.freitag.de/autoren/felix-werdermann/die-macht-des-volkes

Kuddel


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