Einmalige Beihilfe für Fußballschuhe

Begonnen von Hajo, 16:42:01 Sa. 24.Juli 2004

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Hajo

§§ 12, 21 BSHG

Einmalige Beihilfe für Fußballschuhe

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.3.1987
- 7 K 4439/86

Prozessbevollmächtigter des Klägers: Rechtsanwalt Gödde,
Duisburg

Leitsatz (der Redaktion):

Fußballschuhe können in besonderen Fällen zum notwendigen Lebensunterhalt gehören.

(nicht rechtskräftig) Tatbestand:

Die Kläger beantragten mit Schreiben vom 24. März 1986 -eingegangen am 26. März 1986 - bei dem Beklagten, ihnen eine einmalige Beihilfe zur Anschaffung von einzelnen Bekleidungsstücken und Schuhen - darunter Fußballschuhe - aus Sozialhilfemitteln zu bewilligen. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 30. April 1986 einen Teil dieser Sachen, lehnte jedoch eine Beihilfe für die Fußballschuhe ab. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 26. Mai 1986 Widerspruch ein. Der Beklagte bewilligte den Klägern am 24. Juni 1986 weitere Sachen, darunter nicht die Fußballschuhe. Nach einem erneuten Widerspruch der Kläger vom 4. Juli 1986 - eingegangen am 9. Juli 1986 - bewilligte der Beklagte am 24. Juli 1986 den Klägern Trainingsanzüge. Mit Bescheid vom 23. September 1986 wies der Beklagte nach Anhörung sozialerfahrener Personen gemäß § 114 Abs. 2 BSHG den Widerspruch der Kläger bezüglich der Fußballschuhe zurück. Zur Begründung führte er aus, die Kläger könnten eine Sportart betreiben, die nur ein Minimum an sportlicher Ausrüstung notwendig mache. Es sei nicht erforderlich, im Fußballverein H. Fußball zu spielen.

Die Kläger haben am 8. Oktober 1986 Klage erhoben ... ... In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger erklärt, daß sie die Fußballschuhe bereits vor 4 oder 5 Monaten gekauft hätten. Die Großmutter habe den Kaufpreis Darlehensweise zur Verfügung gestellt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Es handelt sich um eine Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. l VwGO. Zwar haben die Kläger ihren Bedarf gedeckt, da die Fußballschuhe bereits angeschafft worden sind. Bei der gerichtlichen Entscheidung ist jedoch auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides - also auf den 23. September 1986 - abzustellen. Nach den glaubhaften Angaben des Vaters der Kläger sind die Fußballschuhe aber erst vor 4 oder 5 Monaten, also nach Erlaß des Widerspruchsbescheides gekauft worden. Hinzu kommt, daß die Großmutter der Kläger für den Kauf der Fußballschuhe ein Darlehen zur Verfügung gestellt hat, das je nach Ausgang des Rechtsstreits zurückgezahlt werden muß.

Die Klage ist auch gemäß dem im Tenor ersichtlichen Ausspruch begründet (§ 113 Abs. 4 Satz 2 VwGO). Die Fußballschuhe gehören wegen der Besonderheit des vorliegenden Falles zum notwendigen Lebensunterhalt, und die Kosten für die Fußballschuhe werden von dem Regelbedarf des § 22 Abs. l BSHG nicht erfaßt. Nach § 3 Abs. l richten sich Art, Form und Maß der Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles, vor allem nach der Person des Hilfeempfängers, der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen. Der notwendige Lebensunterhalt umfaßt besonders Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehören in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben (§ 12 Abs. l BSHG). Bei Kindern und Jugendlichen umfaßt der notwendige Lebensunterhalt auch den besonderen, vor allem den durch das Wachstum bedingten Bedarf (§ 12 Abs. 2 BSHG).

Zwar haben Kinder, die Sozialhilfe beziehen, grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Beihilfe für Fußballschuhe. Denn Fußballspielen ist auch mit normalen Schuhen oder Turnschuhen möglich.

Die Kläger sind hier jedoch seit Jahren Mitglied des Fußballvereins H. In diesem Verein können sie nur mit Fußballschuhen spielen. Die Vereinsmitgliedschaft erscheint auch erforderlich, weil die Kläger wegen der Lage ihrer Wohnung, die unmittelbar an der B 8 liegt, keine andere Möglichkeit zum Fußballspielen haben. Gerade unter dem Gesichtspunkt der §§ 3 Abs. l, 12 Abs. 2 BSHG ist daher der Bedarf an Fußballschuhen für die Kläger anzuerkennen. Die Verpflichtung, eine Beihilfe in Höhe von je 69,90 DM zuzusprechen, konnte nicht erfolgen. Insoweit ist der Rechtsstreit nicht spruchreif, (§ 113 Abs. 4 Satz 2 VwGO) und die Klage war insoweit abzuweisen. Es steht nämlich nicht fest, ob Fußballschuhe in dieser Preisklasse angeschafft werden mußten. Möglicherweise gibt es günstigere Angebote. Vor allem war zu prüfen, ob den Klägern nicht der Kauf gebrauchter Fußballschuhe zuzumuten war, wie sie erfahrungsgemäß von Vereinsmitgliedern angeboten und gerade von jugendlichen Fußballspielern angeschafft werden. Dies gilt um so mehr, weil bei Kindern und Jugendlichen Schuhe und somit auch Fußballschuhe infolge des Wachstums schnell zu klein werden...

Die Berufung ist zugelassen worden, weil die Frage, ob Fußballschuhe zum notwendigen Lebensunterhalt gehören, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist.

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